Forschen, erfinden, produzieren
Schock. Der führende Hersteller im Bereich Granitspülen startete im Januar mit „Cristalite +“ einen neuen „Lebenszyklus“: Das Programm für den Eigenmarkenvertrieb ist komplett.
Der Werkstoff „Cristalite“ läuft aus und wird von „Cristalite +“ abgelöst. Vorgestellt wurde die Neuheit aus dem Hause Schock während der diesjährigen LivingKitchen in Köln. Erhöhte Funktionalität, verfeinerte Haptik, neue Trendfarben boten optimale Voraussetzungen, um das Fachpublikum zu überzeugen. Trotzdem: Warum erklärt Schock das „Aus“ für den bewährten und bestens eingeführten Vorgänger? Ein Blick auf die Geschichte des Unternehmens schafft Transparenz.
Die Formgebung vom Füllen der Gießform bis zum Entnehmen der Spüle dauert ca. 35 Minuten. Anschließend bringt Markus Shry den Rohling zum „Ausliegen“ auf einen Lagerwagen.
Den Start für die farbigen Granitspülen aus Quarz und Acryl legte 1979 typischer „schwäbischer Tüftlergeist“ hin: Im damaligen Familienunternehmen Schock in Schorndorf nahe Stuttgart wurde die weltweit erste Spüle ihrer Art nach einem eigens entwickelten Reaktionsgussverfahren in Form gegossen. Die Erfinder trafen mit ihrer Innovation den Zeitnerv. Bereits im Folgejahr kooperierte das Unternehmen mit dem Edelstahlspezialisten Blanco, der exklusiv zunächst mit Spülen aus „Silacron“, später aus „Silgranit“ beliefert wurde. 1988 kam die Materialentwicklung „Cristalite“ auf den Markt, und Schock vergab die Lizenz zur Nutzung des Patents – für die Produktion und den weltweiten Vertrieb – 1989 an Carron, die heutige Franke-Gruppe, sowie 1990 an Blanco. Schock, damals reines Erfinder- und Produktionsunternehmen, begründete seine Vorreiterstellung unter den Mitbewerbern im Bereich Granitspülen. Heute werden laut eigener Angaben knapp 75 Prozent aller Granitspülen nach dem von Schock entwickelten Verfahren hergestellt.
Schritte zum Eigenmarkenvertrieb
Um die Jahrtausendwende begann eine neue Ära: Der Familienbetrieb wurde verkauft, der Firmensitz nach Regen in Niederbayern verlegt – und die großen Lizenzverträge liefen aus. „Bis 2009“, erklärt Geschäftsführer Ralf Boberg, „musste teilweise Know-how weitergegeben werden.“ Doch schon 2001 forcierte das Unternehmen den Eigenmarkenvertrieb und arbeitete kontinuierlich an Weiterentwicklungen. Dazu zählt Schock-Antibac aus dem Jahr 2004, nach Firmenauskunft „der weltweit erste und bisher einzige antibakterielle Hygieneschutz“ für Granitspülen.
Wichtiges Thema im Labor: Die Qualitätssicherung durch Josef Geier (links) und Mitarbeiter Raymund Reiter. Dazu gehören regelmäßige Kontrollen mit u.a. Kratz- und Anschmutzungstests.
„Ein wichtiger Schritt“, so Ralf Boberg, „war 2005 die Einführung von ‚Cristadur‘ mit Abperleffekt“ – das Material erhielt einen separaten Patentschutz und leitete damit die „neue Generation“ aus der Werkstoff-Schmiede des Unternehmens ein. 2008 kam „Cristastone“ auf den Markt, patentgeschützt und nur bei Schock erhältlich. Und in diesem Jahr also hatte das ebenfalls patentierte „Cristalite +“ seinen ersten Auftritt, nunmehr anstelle von „Cristalite“ das Basismaterial des Hauses. „Damit stehen wir am Anfang eines neuen Lebenszyklus“, kommentiert Josef Geier, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Schock.
Auf die Mischung kommt es an
Vermarktet werden die drei Eigenmarken wie in den Anfangszeiten unter dem Begriff „Granitspülen“. Diese Bezeichnung ist eingebürgert für Spülen, die sich aus Quarz, dem härtesten Bestandteil von Granit, und einem Bindemittel – Acryl oder Polyester – zusammensetzen. Im Schock-Verfahren wird seit Beginn der Produktion vor 30 Jahren hochwertiges Acryl als Bindemittel verwendet, das im Unterschied zu Polyester UV-beständig ist und nicht porös wird – wesentliche Qualitätsmerkmale. Füllstoff sind Quarzsande aus eiszeitlichen Ablagerungen, die Schock aus Hirschau in der Oberpfalz bezieht. Der Natur-Rohstoff wird dort abgebaut, gereinigt und nach Korngrößen getrennt. Im Werk in Regen werden die einzelnen Sande erneut gemischt, und zwar exakt definiert nach Rezeptur: „Der Anteil und die verschiedenen Korngrößen des Quarzsandes sorgen für die nötigen Fließeigenschaften der Gießmasse“, erklärt Josef Geier.
Erwartet Schwarz auch als künftige Trendfarbe: Schock-Geschäftsführer Ralf Boberg, hier im Showroom des Unternehmens.
Körnungen und Kornform verantworten die Beständigkeit und Langlebigkeit des Materials – dass eine Spüle auch nach 20 Jahren noch gut aussehen muss, ist Teil der Schock-Philosophie, die Nachhaltigkeit sehr nachhaltig im Blick hat. Das Material ist kratzfest, die Oberfläche ist zu 100 Prozent porenfrei, es ist resistent auch gegen aggressive Chemikalien, es ist pflegeleicht. Die Anwender erhalten sozusagen ein Produkt mit Anti-Age-Genen.
„Der Markt will Qualität“, betont Ralf Boberg, und diesem Gedanken folgt die Entwicklung von „Cristalite +“: Eine neue Zusammensetzung des Füllstoffs aus 75-80 Prozent Quarzsand in unterschiedlichsten Korngrößen (ca. 0,03 bis 0,8 mm) sorgt für eine deutlich erhöhte Schlagzähigkeit, wodurch das Risiko von beispielsweise Transportbruch noch weiter herabgesetzt wird. Eine speziell gerundete Kornform erweitert die „Flankenwinkel“ der Sande, wodurch sich das fertige Produkt regelrecht sanft anfühlt, vor allem aber noch reinigungsfreundlicher wird. Darüber hinaus sind „Cristalite +“-Spülen generell mit Antibac ausgestattet. „Wir konnten feststellen, dass sich Hygieneschutz seit etwa eineinhalb Jahren zu einem großen Thema entwickelt hat“, so Ralf Boberg.
Werkstoff-Einordnung
Bleibt die Frage, ob der Kunde sich irritiert fühlt, wenn ihm im Küchenstudio eine „Granitspüle“ offeriert wird. Der Gedanke an den Naturstein liegt nahe, und Granit als Werkstoff fürs Zuhause ist nicht jedermanns Sache. Schock selbst spricht in seinen Unterlagen von Kompositmaterial und verneint die Vermutung, es handle sich aufgrund der Zusammensetzung aus Quarz und Acryl um Mineralwerkstoff; diese Gruppe bedient das Unternehmen mit „Cristalan“ (Vertrieb an Plattenlieferanten). Die Entwicklungen „Cristalite +“, „Cristadur“ und „Cristastone“ sind keine Mineralwerkstoffe. Josef Geier sagt, warum: „Ausschlaggebend für die Zuordnung in eine Werkstoff-Gruppe ist die Art der Materialbearbeitung. Für Mineralwerkstoff werden Werkzeuge aus der Holzbearbeitung eingesetzt. Granitspülen müssen dagegen mit Diamant-Werkzeugen bearbeitet werden und lassen sich deshalb den ‚Engineered Stones’ zuordnen, den Quarzwerkstoffen.“ Das bedeutet für die Argumentation im Handel: Die Hauptbestandteile des Werkstoffs für Granitspülen sind zwar im Mengenverhältnis dem Mineralwerkstoff vergleichbar, aufgrund der speziellen Quarzsandmischung und des spezifischen Herstellungsverfahrens erhält er jedoch die Eigenschaften von Quarzwerkstoff.
Aufwärts-Trend für Farbigkeit
Mit den Granitspülen für das Premium-Segment erwirtschaftet das Unternehmen heute rund 50 Prozent seines Umsatzes (Gesamtumsatz 2010: 35 Mio. Euro), daneben werden nach wie vor Edelstahlspülen- und Küchenmöbel-Anbieter im OEM-Geschäft als Originalhersteller beliefert. Vertrieben wird das Schock-Sortiment in mittlerweile über 80 Ländern, der Exportanteil liegt bei ca. 80 Prozent. Neben Deutschland mit 20 Prozent sind die wichtigsten Absatzländer Frankreich, Italien und die USA.
Eyecatcher „Waterfall“ aus Cristadur: Das Spülen-Design entwickelt Schock in Zusammenarbeit mit drei Designern.
In Deutschland und weltweit, so Schock unter Berufung auf AMK-Daten und internationale Studien, sei ein langfristiger Trend zur Farbigkeit erkennbar. In Deutschland werden derzeit Schwarz und Grau am stärksten nachgefragt, und die Zukunft sieht Ralf Boberg ebenfalls in Schwarz – „der heute schon hohe Anteil wird weiter steigen“, so seine Prognose. Das Unternehmen ist vorbereitet, zur Kölner Messe wurde unter anderem ein neues Schwarz für die Farbpalette von aktuell über 50 Farben präsentiert. Mehr noch: Auch für Spülen aus „Cristalite +“ sind farbidentische Armaturen für designorientierte Gesamtplanungen lieferbar; die Rundteile sind zum Patent angemeldet, und seit diesem Jahr steht für die Produktion der Hülsen ein eigener Produktionsraum zur Verfügung.
Zum Thema Arbeitsplatte und Spüle aus einem Guss ging das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Schock und einem italienischen Arbeitsplatten-Anbieter in dessen Heimatland bereits an den Start: Arbeitsplatten aus Quarzwerkstoff, die in Farbe und Oberfläche optimal mit dem Premium-Material „Cristastone“ kombinierbar sind. Die Einführung in Deutschland ist ebenfalls geplant. Damit kann noch stärker als bisher gängigem Verbraucherverhalten entsprochen werden. Dazu Ralf Boberg: „Zuerst wird die Arbeitsplatte gekauft, dann die Spüle. Die Arbeitsplatte wird für die Käufer immer wichtiger, und sie geben deutlich mehr Geld dafür aus als früher. Diese Käufer sind bereit, auch mehr Geld in die Spüle zu investieren.“ Sein Fazit: „Heute entscheidet weit überwiegend der Küchenverkäufer, welche Spüle der Käufer nimmt.“ (hb)
www.schock.de
Produkt(ions)-Chronologie
1960er-Jahre
Formteile aus dem Werkstoff „Artonyx“, eine Mischung aus Polyester und Marmorstaub
1979 Erste Küchenspüle aus Silacron (Acryl und Quarzmehle)
1986 bis 1999
Exklusiv-Produktion in Europa und Exklusiv-Vertrieb in Deutschland von „Corian“-Spülen für DuPont
1988
„Cristalite“, Patentschutz erlosch 2009
1989/1990
Lizenzvergabe von Cristalite an namhafte Marktteilnehmer
2001
Forcierung Eigenmarkenvertrieb
2004
„Antibac“, ein antibakterieller Hygieneschutz für Spülen; weltweit Alleinstellungsmerkmal
2005
Cristadur, patentgeschützt
2008
Cristastone, patentgeschützt
2009
Etablierung der Zweitmarke „Rocasa“, Vertrieb z.B. über Versandhäuser und Möbeldiscounter
2009/2010
Cristalite- und Cristadur-Armaturen, patentgeschützt.
2011
Cristalite +, patentgeschützt.