Feuerwerk aus Innovationen
Interzum 2011. Erhöhte Funktionalität, Ergonomie, Komfort: Die internationale Produktschau in Köln zog alle Register. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Messehighlights aus dem Beschlägesegment.
Als „wahres Feuerwerk“ feiert der Schlussbericht der Kölner Messegesellschaft die diesjährige Zuliefermesse Interzum. Augenzeugen wissen dies zu bestätigen. Und davon gab es reichlich: Insgesamt zählte der Veranstalter 52.400 Fachbesucher – und damit 6000 Gäste mehr als 2009. Das macht eine Steigerung von rund 13% aus. Die Stimmung war durch die Bank hervorragend. Die Besucher vergaben Bestnoten für das hohe Niveau neuer Produktdesigns. Die Aussteller äußerten sich hoch zufrieden über die Quantität und die Qualität der in- und ausländischen (Neu-)Kontakte, wobei auf den Ständen die ausgeprägte Entscheidungskompetenz besonders wohlwollend registriert wurde.
Entspannungspause im Büro. Häfele setzt dies mit einer kleinen Golfpartie für zwischendurch um.
Dem Fachbesucherandrang stand eine ebenfalls gestiegene Ausstellerzahl von 1356 im Jahr 2009 auf aktuell 1434 gegenüber. Das entspricht einem Zuwachs von 6%. Das wiederum hatte die Öffnung einer weiteren Halle zur Folge. Kurz: Die Interzum 2011 war ein umfassender Erfolg und konnte sich souverän als Weltleitmesse der Zulieferindustrie bestätigen. Unsere Übersicht zeigt, welche Trends in den künftigen Küchenmöbelbau einfließen (können).
Blum-Neuheit „Legrabox pure“: Geradlinig, klar, elegant mit schlank gewählter Zarge – und ausgezeichnet mit dem interzum award 2011. Das neue Boxprogramm wird auch in der Ausführung „Free“ mit Einschubelementen erhältlich sein.
Megatrend Lifestyle
Ein geballtes Aha-Erlebnis präsentierte Häfele mit einer furios bestückten Lifestyle-Impression unter dem Motto „Functionality for you“. Umgesetzt wurde ein „fließender Raum“, gespickt mit allen technischen Raffinessen, die Häfele auf Lager hat. Zentrales Element die Kochinsel mit mehreren Verstellfunktionen: Manuell und ohne Anstrengung drehbar bis 340 Grad, eine integrierte hochfahr- und absenkbare Theke, ein Gewürzbord, das auf Klick nach oben fährt. Der perfekt organisierte Stauraum lag verborgen hinter elektrisch angetriebenen Schiebetüren. Es war der Prototyp eines Schubladen-Kühlers von Pandora zu sehen. Esstisch? Couchtisch? Das elegante Teil war höhenverfahrbar und hatte beides zu bieten. Das bereits auf der LivingKitchen gezeigte Homeoffice hatte seinen Platz. Zum Relaxen zwischendurch sorgte Beschlagstechnik dafür, dass sich eine Golfbahn aus dem Schrank auf den Boden ergoss. Die Beleuchtung war aus LEDs der Eigenmarke Loox konzipiert... In dieser gebündelten Form und erwähnt sind nicht alle integrierten Details, mutete das bewegliche Geschehen futuristisch an. Oder als Spielwiese für Technik-Freaks. Tatsache ist: „Functionality for you“ demonstrierte spektakulär die Komfortoptionen heute und morgen.
Der synchronisierte Schwebelauf soll bei „Movento“ von Blum für noch bessere Laufeigenschaften und besonders hohe Laufruhe und -qualität sorgen.
Schubladen- und Auszugtechnik
Komfort war übergeordnetes Leitthema bei allen Komponenten, auch bei den Führungssystemen. Verbesserte Laufeigenschaften wurden unisono vermeldet, wichtige Themen sind Spurstabilität und geringe Absenkwerte: Schubladen werden breiter, Auszüge höher und breiter, und diese sollen mit bestmöglichem Komfort ausgestattet sein. Darüber hinaus spielen Aspekte wie die vereinfachte Montage, gezielter ergonomischer Mehrwert für die Nutzer, implizierte Gestaltungsoptimierungen eine zunehmend wichtige Rolle. Blum beispielsweise stellte das verdeckte Führungssystem „Movento“ für Schubladen und Auszüge aus Holz vor – „synchronisierter Schwebelauf“ ist Laufqualitäts-Stichwort – das unter anderem eine vierdimensionale Frontverstellung aus Höhen- und Neigungsverstellung sowie neu Seiten- und Tiefenverstellung beinhaltet – jeweils ohne Werkzeug akkurat einstellbar, selbst bei kleinsten Fugen. „Eingeführt“, so Blum, „wurde die Produktgruppe für aktuelle Designtrends wie breite und bodennahe Auszüge sowie für die Verwendung schwerer Frontmaterialien.“ Die Belastbarkeit reicht bis 40 und 60 kg. Lieferbar sei die Neuheit ab Herbst 2011.
Die Schubkastenzarge ArciTech von Hettich wird auch für alle Frontauszugs-Varianten verwendet: Ob mit Reling, TopSide aus Stahl oder DesignSide aus Glas. Auch schwer beladen zeichnet sich die Hettich-Innovation durch optimale Stabilität aus.
Bei Hettich ermöglicht es das Schubkastensystem „ArciTech“ den Küchen- und Möbelherstellern, schnell auf Kundenwünsche und Markttrends zu reagieren: Auf Basis einer einzigen Zarge seien Schubkästen und Auszüge mit unterschiedlichen Höhen und Gestaltungsformen realisierbar, durchgängig in den Farben Weiß, Silber und Anthrazit. Die Führungen gibt es in den drei Belastungsstufen 40, 60 und 80 kg. In der Summe geschaffen wurde mit „ArciTech“ ein wirtschaftliches Plattformkonzept mit breitem Standardsortiment: Zwei Zargenhöhen, sechs Rückwandhöhen, Relinge, Stahl-TopSides und DesignSides in je zwei Höhen sowie eine niedrige Zargen- und Rückwandhöhe für besondere Einsatzzwecke lassen überaus zahlreiche Varianten realisieren.
Schiebetüren liegen im Trend: Selbst Türfronten bis zu 70 kg werden von dem Schiebetürsystem „Slider L“ von Bortoluzzi (Salice-Gruppe) perfekt bewegt. Auf Wunsch mit elektrischem Antrieb.
Ebenfalls neu bei Hettich ist die Schwerlastführung „Quadro V6+“ für Holzschubkästen mit bis zu 50 kg Inhalt. Lieferbar auch mit der mechanischen Öffnungsfunktion Push to open, sodass breite Auszüge im grifflosen Design optimal realisierbar seien.
Die Salice-Gruppe konzentrierte sich mit „Futura Smove“ und „Unica“-Auszugsführungen der Marke Adar auf Neuerungen, die für die schraublose Schnellmontage der Serien produzierenden Möbelindustrie konzipiert sind. „Unica“ zeichnet sich als Auszugführung mit komplett integriertem Mechanismus aus, der „die gedämpfte Schließung mit Selbsteinzug für Schubladen mit Griff und die Pushöffnung für grifflose Möbelfronten in nur einer Auszugsführung vereint“, so das Unternehmen.
Hinter Schiebetüren mit „E-Drive“ die perfekte Stauraumorganisation: Ästhetische und ergonomische Funktionalität, hier demonstriert von Julia Hauser aus dem Produkt-Management von Häfele, als ausgereifte Option für „fließende Räume“.
Türen im Leichtgang-Modus
Der Komfortgedanke mit Gestaltungs-Plus für den Endkunden durchzieht auch die Beschlagstechnik für Türen. Grass präsentierte das Scharnier-System „Tiomos“ mit stufenweise regulierbarer „Soft close“-Schließdämpfung; die Dämpfungstechnologie ist unsichtbar im Scharniergehäuse integriert. Unabhängig von Größe und Gewicht lassen sich Möbeltüren sehr leicht öffnen und ab einem Öffnungswinkel von 20 Grad gleichmäßig und übergangslos schließen. Zusatzeffekt auch hier: Ermöglicht werden Fugenbilder mit minimalen Spaltmaßen.
Marketingleiter Andreas Marosch ist hoch zufrieden mit der Kundenresonanz. Das Angebot an Bewegungslösungen von Grass für den Unterschrank ist technisch ausgefeilt und breit gefächert. Darunter die „DWD CP“ Auszugssysteme, die mit den zwei innovativen Öffnungssystemen „Tipmatic Plus“ und „Sensomatic“ angeboten werden.
Die Marke „Salice“ der Salice-Gruppe erweiterte die „Silentia“-Scharnierkonzepte Serie 800 und 900 (Bohrtiefe 12 mm), sodass jetzt Lösungen für Türstärken ab dünnen 15 mm bis hin zu kompakten 35 mm zur Verfügung stehen, einsetzbar für alle Arten von Möbelanschlägen.
Gestaltungsalternativen hatte Salice mit seiner dritten Marke Bortoluzzi im Neuheiten-Portfolio: das faltbare Schiebetürsystem „Folder“, die selbst einziehende und in der Korpusseite versenkbare Drehschiebetür „Eclipse“ sowie die flächenbündigen Schiebetürsysteme „Slider S“ für Türfronten von 20 kg, „Slider M“ für 35 und 50 kg und „Slider L“ für bis zu 70 kg. Für den Premium-Bereich ist der motorische Antrieb vorgesehen – das Standkonzept mit Empore ließ die auf dem Schrank installierte Technik bestens demonstrieren.
Mit dem für alle Materialien einsetzbaren Scharniersystem Tiomos will sich Grass an den Endverbraucher wenden: Die Funktionen wie Gewicht der Tür, Dämpfungsstärke, Schließgewohnheiten sind nach Bedürfnissen einstellbar.
Elektrische Antriebstechnik
Der Markt für Schiebetüren wächst. Trends wie Homing und Entgrenzung von Räumen prädestinieren die mobilen Modelle als Raumteiler und zum Verdecken von Arbeitsbereichen. Nutzwertiger Komfort beim Handling wird wertgeschätzt. Bei Häfele heißt der elektrische Schiebetüren-Antrieb „E-Drive“. Konzipiert ist das Novum für ein-, zwei- und dreiflügelige Schiebetüren, die vor dem Schrank bewegt werden. Die Türen öffnen und schließen sich durch leichtes Antippen – vollständig und vollständig geräuschlos. Der Antrieb ist nachrüstbar; die Montage erfolge schnell und einfach, eine weitere Bearbeitung der Schranktüren sei nicht notwendig. Geeignet ist „E-Drive“ nach Firmenangaben für die Kombination mit Vorfrontbeschlägen aller Art und für Schiebetüren mit einem Gewicht zwischen 20 und 100 kg. Schrankbreiten sind zwischen 160 und 240 cm sowie zwischen 240 und 400 cm möglich.
Das innovative „Convoy“-Konzept für die vertikale Küchenarchitektur wurde um zwei Linien ausgebaut, darunter „Lavido“ – universell einsetzbar, frontenunabhängig planbar. Und ausrüstbar mit der neuen „TouchControl C“, einer elektrischen Öffnungs- und Schließtechnik.
Für jede Zielgruppe der perfekte Beschlag – diese Forderung bedient Blum unter anderem mit mehreren Komfortstufen. Das Führungssystem „Movento“ wird in drei Komfortstufen lieferbar sein. 1. In Kombination mit „Blumotion“-Dämpfung. 2. Für grifflose Möbel mit integrierter mechanischer Öffnungsunterstützung „Tip-On“. 3. Mit der elektrischen Öffnungsunterstützung „Servo-Drive“.
Auch Grass sieht den Trend zu immer stärkerer Elektrifizierung und bietet das Auszug-System „Nova Pro“ neben den Varianten „Tipmatic Plus“ und „Sensomatic“ mit dem elektronisch gesteuerten Führungssystem „Sensotronic“ an – zur Interzum wurde das Programm unter anderem durch eine zeitaktuelle Glasvariante erweitert.
Optimale Stauraumnutzung durch Platzgewinn, ergonomischer Zugriff und sehr viel Eleganz und Ästhetik: Die neue Ecklösung „Recorner maxx“ von Vauth-Sagel, ausgestattet mit der ebenfalls neuen Korbvariante „Premea Glassline“.
Bei Kesseböhmer nimmt das „Convoy“-Programm das Thema auf: Die Linie wurde ausgebaut, zum bereits lieferbaren „Centro“ kamen die Varianten „Premio“ und „Lavido“ hinzu. Für alle Varianten wird die Öffnungsautomatik „TouchControl“ angeboten. Neu ist „TouchControl C“, die sowohl Öffnungs- als auch Schließbewegung elektrisch unterstützt. Beim „Premio“, der Schrankvariante für den High-End-Küchenbereich, wird die Schranktür auf einmaliges Klopfen hin mit einer harmonisch geführten Bewegung weit aufgedreht. Gleichzeitig mit dem Öffnen der Tür wird das Schrankinnenleben mit den „schwebenden“ Tablaren automatisch vor den Korpus geführt, sodass der Inhalt von drei Seiten frei zugänglich ist – „ein absolutes Novum und ein hochemotionales Erlebnis in jeder Küche“, kommentiert das Unternehmen. Zweimal klopfen, Tür und Innenleben ziehen sich zurück.
Ninka-Marketingleiter Andreas Stolle demonstriert das Novum des Hauses: Die Eckschrank-Lösung „mondo Carve“ für organisch geformtes, weich geschwungenes Möbeldesign.
Der „Convoy Lavido“ hat ein „Premio“-identisches Innenleben mit ausfahrbarer Tragsäule, Tablaren und Führungstechnik und damit auch den identischen ergonomischen Bedienkomfort. Das Plus liegt in der Türöffnung: Diese ist nicht mit dem Auszug verbunden, die zwei Bewegungen laufen getrennt ab. Kesseböhmer hat damit universell einsetzbaren Stauraum geschaffen: „Die Entkopplung von Auszug und Tür hat den Vorteil, dass der ‚Lavido’ frontenunabhängig einbaufähig ist“ – in Hochschränken mit Drehtüren, Schiebe- und Einschubtüren oder auch ganz ohne Tür wie beispielsweise in Vorratskammern oder begehbaren Kleiderschränken. Bei „Lavido“ wurde darüber hinaus die elektrische Bedienung auf Knopfdruck demonstriert.
Ideenpool für Ecklösungen
Organische Formen kündigen sich als Trend an, die grifflose Frontoptik ist Trend. Um gestalterische Konsequenz zu ermöglichen, entwickelte Ninkaplast den symmetrischen Eckschrank „mondo Carve“ mit Drehbodensystem. Kernelement ist die nach innen gewölbte, grifflose Front mit eigens entwickeltem Öffnungsmechanismus: Die Front wird sanft ins Schrankinnere gedrückt, dadurch ermöglicht der Beschlag das Drehen der Böden innerhalb des Schrankes und so den unmittelbaren Zugriff auf das Staugut.
Bei der Vauth-Sagel-Neuentwicklung „Recorner maxx“ für Unter-, Hoch- und Oberschränke im Eckbereich überzeugte die optimale Stauraumausnutzung: Die Innovation verzichtet auf das Mittelrohr, die Rundböden basieren stattdessen auf einer quer durch den Korpus laufenden Traverse. Montiert wird die senkrechte Halterung an der Innenseiten des Korpus. Die Mechanik des Beschlags bleibt nahezu unsichtbar. Die neue Lösung ist laut Anbieter absolut kompatibel zu Eckunter-, Eckober- und Eckschränken mit 3/4- oder 4/4-Rundböden. Perfekt kombinierbar ist das Design mit dem ebenfalls neuen Holzbodenprogramm „Premea Glassline“. Seine Stärke heißt Individualisierung: Als Seitenteile der Korbvariante lassen sich je nach Wunsch Kunststoff, Glas, Holz, Stein, Mineralwerkstoff einsetzen.
„LeMans II“ von Kesseböhmer ist mit zusätzlichen, Endkunden- und Monteur-freundlichen Funktionen ausgestattet: Die Tragarme mit den Tablaren werden an einer neuen, am Korpus montierten Säule einfach nur eingehakt und können werkzeuglos in der Höhe verstellt und persönlichem Bedarf angepasst werden. Die Tragfähigkeit wurde um 25 Prozent erhöht. Die Tablare können bereits bei einem Öffnungswinkel von 85 Grad vollständig ausgefahren werden. Ein neuer, gedämpfter, werkzeuglos aufsteckbarer Selbsteinzug wirkt schon ab einem Türwinkel von 60 Grad. Beim Öffnen fährt ein Mitnehmer das untere Tablar automatisch ein Stück aus dem Korpus heraus, für den Griff auf häufig genutztes Utensil. Zum vollständigen Ausfahren lässt sich der Mitnehmer mit einem Handgriff lösen.
Bewegliche Aussichten
Vorgestellt ist hier eine konzentrierte Auswahl der gezeigten Innovationen. In der Summe eröffnen sich für den Küchenmöbelbau ungemein komfortable Gesamtlösungen, bei denen Ergonomie als wichtigstes Prinzip vollendete Ästhetik vereint. Dass dabei keinesfalls ein Schlusspunkt erreicht ist, zeigt ein Blick auf eine Produktstudie aus dem Hause Blum, einen elektrisch absenkbaren Oberschrank: Zugrunde liegt der Entwicklung die Tatsache, dass bei Oberschränken die Mengen von Türen ab- und die von Klappen zunehmen. Um Ergonomie und Komfort zu steigern, lassen sich bei dem gezeigten Prototypen drei Bewegungsabläufe miteinander kombinieren und verbinden: Das Öffnen und Schließen der Klappe, das Absenken und Heben des Schrankes sowie des innen liegenden Regalsystems. Die Inhalte rücken in komfortable Greifnähe des Nutzers. Warten wir’s ab, ob auf der Küchenmeile im September die eine oder andere eigene Testmöglichkeit per Fernbedienung bereits eingebaut ist. (hb)
www.interzum.de
www.kuechenplaner-magazin.de