Werbung

Feindosierung der Wassermenge Hydraulischer Abgleich im Gebäudebestand

Im Zuge der Überlegungen zur Energieeinsparung rückt auch der hydraulische Abgleich zurück in das Bewusstsein. Denn für den Betrieb einer nicht abgeglichenen Heizungsanlage müssen höhere Heizkosten bezahlt werden.

Bild 1: Die Software „EasyPlan“ (TA Heimeier GmbH) begnügt sich für die Ventilauslegung im Gebäudebestand mit einer Skizze.

 

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass sich mit in einer optimierten im Vergleich zu einer nicht optimierten Anlage bis zu 20 % Energie einsparen lassen. Diese Erkenntnisse haben auch dazu geführt, dass die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) bzw. die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) Fördergelder für den Tausch eines alten Wärmeerzeugers gegen moderne Technik (z. B. Brennwerttechnik, Wärmepumpe, Solar) nur dann gewähren, wenn der Handwerker den hydraulischen Abgleich bestätigt. Der hydraulische Abgleich ist im Gebäudebestand allerdings nicht immer einfach durchzuführen, da die zur Berechnung erforderlichen Auslegungsparameter nur teilweise oder gar nicht bekannt sind. Mittlerweile haben aber unabhängige Untersuchungen ergeben, dass eine überschlägige Berechnung und Einstellung von Armaturen und Pumpe(n) in vielen Fällen ausreicht.

Im folgenden Beitrag werden Lösungsmöglichkeiten für die einzelnen Planungsschritte vorgestellt:
• vereinfachte Heizlastberechnung,
• Nachrechnung der installierten Heizflächen, Festlegung der Systemtemperaturen,
• Dimensionierung von Thermostatventilen und/oder Rücklaufverschraubungen,
• überschlägige Berechnung des Heizungs-Rohrnetzes,
• Dimensionierung von Strangarmaturen,
• Zusammenfassung einschließlich Dimensionierung der Heizungsumwälzpumpe.

Vereinfachte Heizlastberechnung
Der Grundstock für eine Optimierung der Heizungsanlage besteht in der Ermittlung der Verlustleistung für jeden Raum. Eine ausführliche Ermittlung nach DIN EN 12831 ist dabei sehr zeitaufwendig und darüber hinaus im Gebäudebestand nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Eine Erleichterung bietet daher das sogenannte Hüllflächenverfahren, bei dem nur die Bauteile betrachtet werden, die an die Außenluft oder das Erdreich angrenzen. Aber auch hier müssen natürlich noch Angaben über die U-Werte der Bauteile zur Berechnung herangezogen werden, was im Altbau oftmals nur ungenau möglich ist.
In einigen Softwareprogrammen werden daher die U-Werte für typische Bauteile der jeweiligen Baualtersklassen angeboten. Die Ergebnisse derartiger Berechnungen liefern für jeden Raum einen akzeptablen Wert, der aufgrund der vorgenannten Vereinfachungen auch noch ausreichend Reserven gegenüber der tatsächlichen Heizlast beinhalten kann. Noch schneller und einfacher kann die Heizlast geschätzt werden, wenn die in der prEN 15 378 – Inspektion von Heizungsanlagen – genannte typische Gebäudeheizlast je Baualtersklasse mit entsprechenden Korrekturen versehen auf die jeweiligen Raumflächen umgerechnet wird.
Die vorgenannten Methoden empfehlen sich, wenn seit Erstellen des Gebäudes die Verluste über die gesamte Gebäudehülle durch Wärmedämmung, neue Fenster o. ä. reduziert worden sind. Gebäude aus den 1980er-Jahren oder jüngeren Datums werden in der Regel heute (noch) nicht im Bereich der Gebäudehülle saniert, sodass in diesen Häusern die erforderliche Heizleistung je Raum über die installierten Heizflächen ermittelt werden kann. Das gilt natürlich auch für ältere Gebäude vor den 1980er-Jahren, ohne sanierte Gebäudehülle.

Nachrechnung der installierten Heizflächen, Festlegung der Rücklauftemperaturen
Die Leistungsabgabe der installierten Heizflächen sowie die erforderlichen Vor- und Rücklauftemperaturen beeinflussen sich gegenseitig und sind daher im Zusammenhang zu betrachten. Als Ausgangspunkt ist in der Regel lediglich die maximale Rücklauftemperatur durch den eingesetzten Wärmerzeuger bekannt. Wird die benötig­te Heizwärme z. B. durch ein Gas-Brennwertgerät geliefert, so sollte die Rücklauftemperatur 45 °C nicht überschreiten. Beim Öl-Brennwertgerät liegt die maximale Rücklauftemperatur bei 40 °C.
Die zugehörige Vorlauftemperatur ergibt sich jetzt aus den installierten Heizflächen und den zur Versorgung notwendigen Massenströmen. Generell liefert dabei eine hohe Vorlauftemperatur eine höhere Heizkörperleistung sowie einen kleineren Massenstrom und umgekehrt. Wobei der kleinere Massenstrom wiederum niedrigere Pumpenleistungen erfordert und auch kleinere Einstellungen an den Thermostatventilen und/oder Rücklaufverschraubungen nach sich zieht.

 

Bild 2: Tabellenverfahren für die Ermittlung der Ventileinstellung an V-exakt Thermostat-Ventilunterteilen (TA Heimeier GmbH).

 

Dimensionierung von Thermostatventilen und/oder Rücklaufverschraubungen
Es besteht die langläufige Meinung, dass ein System mit Thermostatventilen an den Verbrauchern nicht mehr hydraulisch abgeglichen werden muss, weil ja die Thermostate den Massenstrom durch das Ventil verringern, wenn die eingestellte Raumtemperatur erreicht ist. Diese Aussage ist vom Kern her korrekt, aber wie so oft steckt auch hier die Tücke im Detail.
Nach der Nachtabsenkung sind Thermostatventile wegen der abgesenkten Raumtemperatur weiter geöffnet. Das führt zu einer höheren Wassermenge. Das ist auch so, wenn an kalten Tagen das Fenster geöffnet wird, ohne gleichzeitig den Thermostatkopf auf die kleinste Position zu drehen. Natürlich kann auch eine Fehlbedienung ein Grund für eine erhöhte Wassermenge sein. Die durchströmte Wassermenge hat allerdings nur eine untergeordnete Bedeutung. So liefert ein Heizkörper, dem der doppelte Durchfluss angeboten wird, nur ca. 10 % Mehrleistung, die jedoch eine (unzulässig) hohe Rücklauftemperatur sowie Unterversorgung der entfernteren Heizkörper zur Folge haben kann. Wenn also ein nicht abgeglichenes Thermostatventil an einem Heizkörper zur Überversorgung führt, so erzielt dies keinerlei Vorteile.
In einer abgeglichenen Heizungsanlage sorgt die Durchflussbegrenzung am Thermostatventil bzw. an der Rücklaufverschraubung dafür, dass überwiegend die richtige Wassermenge durch den Heizkörper fließt und alle Verbraucher entsprechend ihres Bedarfs versorgt werden.
Um den hydraulischen Abgleich berechnen zu können, ist normalerweise auch die Berücksichtigung des Rohrnetzes erforderlich. Dies erweist sich als überaus schwierig, wenn weder die Leitungslängen noch die Rohrdimensionen bekannt sind – wie typischerweise im Gebäudebestand. Abhilfe schaffen Software-Lösungen, die die fehlenden Informationen des Rohrnetzes simulieren. Mitunter begnügt es sich mit einer Skizze des Rohrnetzes. Für die Ermittlung der richtigen Einstellung am Ventil ist nämlich in erster Linie die Anordnung der einzelnen Heizflächen zueinander von Bedeutung. Die Rohrnetzwiderstände sind untergeordnet und werden von der Software pauschal berücksichtigt. Der Anwender entscheidet lediglich, ob in der Anlage niedrige, hohe, oder mittlere Rohrnetzwiderstände erwartet werden.
Für den zuvor beschriebenen Fall, dass keine bedeutenden Energiesparmaßnahmen an der Gebäudehülle vorgenommen worden sind, lässt sich der Aufwand für die Ermittlung der erforderlichen Voreinstellwerte weiter reduzieren. Bei Gebäuden bis max. 500 m2 Wohn-/Nutzfläche je Pumpe kann für die Rohrnetztopografie davon ausgegangen werden, dass keine überwiegenden horizontalen Ausdehnungen zwischen den einzelnen Heizkörpern bestehen. Daher kann der Einfluss des Rohrnetzes bei der Ermittlung der Ventileinstellung in der Regel vernachlässigt werden. Unter der Annahme, dass die installierten Heizkörper überdimensioniert sind, lassen sich die ursprünglichen Systemtemperaturen absenken, z. B. auf brennwertgerechte Vor-/Rücklauftemperaturen.
Der zugehörige Differenzdruck über das Thermostatventil wird pauschal auf 100 mbar gesetzt. Mit diesen Daten kann anschließend für jede Heizkörpergröße die jeweilige Ventileinstellung ermittelt werden.

 

Bild 3: Diagramm aus EN 15378 mit typischen Differenzdrücken für die Wärmeverteilung.

 

Bild 4: Einsatz eines Strang-Differenzdruckreglers.

 

Überschlägige Berechung des Heizungsrohrnetzes
Der hydraulische Abgleich ist mit der Auswahl der erforderlichen Ventileinstellungen aber noch nicht abgeschlossen, da erst das optimale Zusammenspiel aller Komponenten zu einem guten Ergebnis führt. Das bedeutet, basierend auf den ermittelten Heizkörpermassenströmen und den sich daraus ergebenden Differenzdrücken ist noch die erforderliche Pumpenleistung zu ermitteln und sicherzustellen. Dabei ist zu beachten, dass neben den Thermostatventilen auch andere Bauteile (Mischer, Schmutzfänger, etc.) des Systems und auch das Rohrnetz Widerstände darstellen und somit einen Anteil der von der Pumpe zu liefernden Druckdifferenz einfordern. Der Einfluss der Rohrnetzwiderstände ist in der Gesamtbilanz nicht sehr gravierend. So beträgt der Differenzdruck einer 10 m langen Kupferrohrleitung bei der max. in Wohngebäuden üblichen Geschwindigkeit von 0,5 m/s ca. 20 mbar, während der Differenzdruck des Thermostatventils bei 60 bis 100 mbar liegt. Auch die Widerstände von Formteilen machen nur wenige mbar Druckverlust aus, die die Gesamtbilanz nicht verfälschen. Für die Pumpendimensionierung ist also ausreichend, das Rohrnetz pauschal mit dem Widerstand des längsten Fließweges zu betrachten, also z. B. 1 mbar/m Rohrleitung multipliziert mit der Länge des längsten Fließweges.
Auf dieser Basis arbeiten auch Software-Programme: Der Projektant wählt hier pauschal für die Installation aus, ob das Rohrnetz hohe, mittlere oder niedrige Widerstände aufweist. Basierend auf dieser Vorgabe, sowie der Anordnung der einzelnen Heizkörper zueinander, werden von der Software Rohrleitungslängen angenommen und die entsprechenden Differenzdrücke berechnet. Die Software gibt anschließend den von der Pumpe zu erbringenden Differenzdruck aus, wobei die Druckverluste für Schmutzfänger o. ä. Einbauten noch hinzuzuaddieren sind.

 

Bild 5: Nachrüst-Oberteil für die Umrüstung älterer Standard-Thermostatventile auf Voreinstellung.

 

Dimensionierung von Strangarmaturen
Wird bei der Ermittlung der Pumpenförderhöhe ein Wert über 150 mbar ermittelt, ist der Einsatz von Strangarmaturen zu empfehlen. Es kommt nämlich nicht auf die Gebäudegröße an, sondern auf die eingebaute Pumpe. Die Ursache von Strömungsgeräuschen liegt an einem zu hohen Differenzdruck, der über das Thermostatventil abgebaut wird. Häufig wird der empfohlene Maximalwert von 150 mbar deutlich überschritten. Dies ist der Fall, wenn sich z. B. im Teillastfall durch schließende Thermos­tatventile die Differenzdrücke über den geöffneten Thermostatventilen erhöhen.
Dieses Phänomen ist nicht auf Großanlagen beschränkt, sondern auch in kleinen Heizungsanlagen (Einfamilienhaus, Etagenheizung) zu finden. Die hier häufig eingesetzten Wandgeräte werden von der Leis­tungsfähigkeit so ausgewählt, dass nicht nur der Heizwärmebedarf, sondern auch die Trinkwassererwärmung gedeckt wird. Der Hersteller des Wärmeerzeugers muss die in sein Gerät eingebaute Pumpe so dimensionieren, dass ein Fußbodenheizungssystem genauso zuverlässig versorgt wird wie eine Radiatorenheizung.
Anhand der in Bild 4 gezeigten Förderhöhen ist zu erkennen, dass die Pumpe im Wandgerät bei Einsatz in einer Radiatorenheizungsanlage schon erheblich heruntergeregelt betrieben wird. Ist ein Großteil der Thermostatventile auf Frostschutz gestellt, fließt nur noch ein Bruchteil der dimensionierten Wassermenge. Dadurch reduziert sich einerseits der Widerstand des Wärmeerzeugers erheblich und andererseits kann die Regelung die Förderhöhe der Pumpe unter Umständen nicht weiter herunterfahren. Somit steht nahezu der volle Pumpendruck am Thermostatventil an – die Gefahr von Strömungsgeräuschen ist gegeben.
Dabei lässt sich sehr einfach feststellen, ob der Grenzwert für die Thermostatventile erreicht ist oder nicht. In der DIN 18380 (VOB – Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B) wird der Handwerker darauf hingewiesen, dass er entsprechende Maßnahmen zu treffen hat, wenn Strömungsgeräusche zu erwarten sind. Das bedeutet, selbst wenn nur ein Thermostatventil geöffnet ist, also praktisch kaum Durchfluss herrscht, muss die Anlage frei von Strömungsgeräuschen sein. Es reicht also ein Blick in das Pumpendia­gramm bei Durchfluss Null. Die Kontrolle der sich dann ergebenden Förderhöhe entscheidet, ob Strang-Differenzdruckregler erforderlich werden oder nicht. Strang-Differenzdruckregler passen den zur Versorgung des nachgeschalteten Anlagenabschnitts erforderlichen Differenzdruck kontinuierlich an den aktuellen Bedarf an und helfen somit wirkungsvoll, Strömungsgeräusche zu vermeiden. Ihre Dimensionierung wird von den Softwareprogrammen gleich mit vorgenommen. Genauso schnell lassen sich diese Armaturen aber auch überschlägig und von Hand auslegen.
Aus den Herstellerunterlagen ist die benötigte Dimension in Abhängigkeit vom erforderlichen Durchfluss zu entnehmen. Für einen Massenstrom von z. B. 1000 kg/h ist dabei ein Differenzdruckregler der Nennweite DN 20 in der Regel ausreichend. Am Regler selbst gilt es jetzt noch, den benötig­ten Differenzdruck einzustellen. Dieser wird z. B. überschlägig durch Aufsummierung der Widerstände über den ungünstigsten Fließweg (z. B. entferntester Heizkörper) berechnet.
Angenommen, der ungünstigste Heizkörper benötigt einen Massenstrom von 130 kg/h. Aus dem Ventildiagramm für das Thermostat-Ventilunterteil werden z. B. 80 mbar abgelesen und für die Rücklaufverschraubung 10 mbar. Im Einfamilienhaus ist der ungünstigste Heizkörper vielleicht 15 m vom Wärmeerzeuger entfernt. Die gesamte Leitungslänge über Vor- und Rücklauf beträgt dann angenommen 30 m. Bei einem Druckverlust von ca. 1 mbar/m Rohrleitung sind das 30 mbar. Der am Differenzdruckregler einzustellende Differenzdruck beträgt demnach

Ap = ApThermostatventil + ApVerschraubung +
ApRohrleitung
Ap = 80 mbar + 10 mbar + 30 mbar
Ap = 120 mbar.

 

Bild 6: Nachrüst-Set für Standard-Thermostatventile, bestehend aus Ventileinsatz und Thermostatkopf – hier mit °C-Leitzahlen.

 

Zusammenfassung
Der hydraulische Abgleich im Gebäudebestand ist eine einfach zu handhabende Maßnahme zur Energieeinsparung. Denn eine detaillierte Rohrnetzberechnung zur Ermittlung der Ventileinstellung sowie zur Pumpendimensionierung ist nicht erforderlich. Die Einstellung der Thermostatventile anhand von Tabellen oder einer Software hilft, Energie einzusparen. Sind keine voreinstellbaren Thermostatventile installiert, lassen sich die vorhandenen Ventile in der Regel aber durch den Austausch des Ventileinsatzes modernisieren.
In diesem Zusammenhang sollte der Thermostat-Kopf gleich mitgetauscht werden. In der neuen prEN 15378 – Inspektion von Heizungsanlagen – wird nämlich der Austausch von Thermostatköpfen, die älter als 15 Jahre sind, empfohlen. Diese alten Köpfe funktionieren zwar noch. Der technische Fortschritt hat aber dazu geführt, dass ein neues Produkt wesentlich genauer regelt. Damit sind Energieeinsparungen von weiteren 5 % - 10 % möglich.

Wichtiger Bestandteil des hydraulischen Abgleichs ist neben den Thermostatventilen auch die Umwälzpumpe. Nach erfolgter Ventileinstellung ist diese auf die neue Förderhöhe einzustellen, damit keine Strömungsgeräusche entstehen. Wenn die Pumpe nicht durch eine Leistungsregelung auf Maximal-Förderhöhen < 150 mbar einstellbar ist, wird die überschüssige Druckdifferenz durch Strang-Differenzdruckregler wirkungsvoll kompensiert. Diese Armaturen können ebenfalls überschlägig und ohne Kenntnis des Rohrnetzes einfach dimensioniert und eingestellt werden.

Autor: Rüdiger Werthschulte, TA Heimeier GmbH, Erwitte

Bilder: TA Heimeier

www.taheimeier.de

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: