FAQs zur Hygiene in der Trinkwasser-Installation
Fragen und Antworten zur Ausführungspraxis
Das Thema Trinkwasserhygiene ist im Laufe der vergangenen Jahre zunehmend in den Fokus der Planung und Installation von Trinkwasseranlagen gerückt. Auslöser dafür sind u. a. die Überarbeitungen der Trinkwasserverordnung – zuletzt im Jahr 2012 – sowie zahlreicher Regelwerke zum Schutz des Trinkwassers. In der Praxis tauchen durch die verschärften Anforderungen immer wieder Fragen auf. Einige dieser sogenannten FAQs (Frequently asked Questions) werden nachfolgend von Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik des Fachverbands SHK Bayern und Mitglied in verschiedenen Normungsgremien, beantwortet.
Die Änderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) 2001 im Jahr 2011 bzw. 2012 enthalten, z. B. hinsichtlich Untersuchungspflichten, Probennahmen, Gefährdungsanalysen, einige wesentliche Neuerungen, deren Umsetzung für alle Beteiligten – sprich Betreiber, Planer und SHK-Unternehmer – eine erhebliche Herausforderung bedeuteten. Beispielweise fordert der § 17 (1) der TrinkwV von den genannten Beteiligten: „Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser sind mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben.“ Wer vorsätzlich oder fahrlässig dagegen verstößt, begeht nach § 25 der TrinkwV eine Ordnungswidrigkeit. Wer vorsätzlich handelt, und Krankheitserreger, wie z. B. Legionellen, dadurch verbreitet, macht sich strafbar. Diese Situation macht es erforderlich, dass sich sowohl der Planer als auch der ausführende Installationsbetrieb mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) auseinandersetzt. Bei deren Nichtbeachtung gibt es dazu noch die bekannten Folgen aus dem Werkvertragsrecht.
Zudem ist der Betreiber vom Planer und Installateur über seine Pflichten aufzuklären, deren Einhaltung wesentlichen Einfluss auf die Trinkwasserhygiene haben.
Übersicht Regelwerke
Tabelle 1 zeigt eine Übersicht technischer Regelwerke für die Trinkwasser-Installation, die die a. a. R. d. T. nach Meinung von Fachleuten zum großen Teil gut abbilden und die grundsätzlich einzuhalten sind. Allerdings muss beachtet werden, dass die Regelwerke keine Rechtsnormen sind, sondern Empfehlungscharakter haben. Für die Praxis bedeutet dies, dass es im Einzelfall zu Abweichungen vom Regelwerk kommen kann, wenn es technisch-sachlich begründbar ist und die Schutzziele erfüllt werden. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Regelwerke hinter den a. a. R. d. T. zurückbleiben oder auch, wenn Inhalte in der Praxis bei den Fachleuten keine Anerkennung finden. Den Nachweis zu führen kann jedoch schwierig sein. Dies ist dann auch im Vertrag mit dem Auftraggeber zu regeln, einschließlich der Aufklärung über die Folgen der Abweichung. Dies ist einer der Punkte, mit denen sich der Verfasser des Beitrags in seiner täglichen Berufspraxis aufgrund von Anfragen durch Installateure beschäftigt. Nachfolgend eine Auswahl häufig gestellter Fragen und deren Beantwortung.
Installationsschächte: Wohin mit der Kalt- und Warmwasserleitung? Sollten diese voneinander getrennt werden?
Die Dämmung hilft bei Stagnation im Schacht nur kurzzeitig für einen Zeitraum von einigen Stunden. Je geringer der Wasserinhalt der Rohre ist, desto schneller erfolgt der Temperaturausgleich mit der Umgebung. Um eine Temperaturüberschreitung des Kaltwassers zu vermeiden, fordern die einschlägigen Regelwerke einen Schutz der Kaltwasserleitungen durch thermische Entkopplung bis zur räumlichen Trennung. Letzteres wäre der Idealfall, ist aber oft nicht umsetzbar. Allgemein sollte die Kaltwasserleitung von den warmgehenden Leitungen so weit wie möglich im Schacht voneinander getrennt verlegt werden, z. B. mit einer Abwasserleitung als „Puffer“ dazwischen. Dazu ist zu beachten, dass die Dämmstärke, wie jetzt im Regelwerk gefordert, im Schacht generell der der Warmwasserleitung entsprechen muss. Grundsätzlich hilft aber nur der „Wasseraustausch“.
Ist die T-Stückinstallation noch erlaubt?
Sie ist erlaubt! Bei häufig genutzten Zapfstellen stellt diese Installationsart kein Problem dar. Selten genutzte Verbraucher können durch geschicktes Einschleifen bei einer häufig genutzten Zapfstelle gespült werden. Für jede Art der Verlegung gilt grundsätzlich, dass die Trinkwasser-Installation gemäß den Anforderungen der Regelwerke regelmäßig gespült bzw. durchflossen wird. Das kann den Betreiber, der letztlich für den Wasseraustausch zu sorgen hat, mitunter vor eine Herausforderung stellen. Auf diese Anforderung ist der Betreiber nach VDI/DVGW 6023 schon während der Planung sowie in den zu übergebenden Unterlagen schriftlich hinzuweisen.
Müssen „totraumfreie Armaturen“ eingebaut werden?
Totraumfreie Armaturen werden generell in keiner a. a. R. d. T. gefordert. Allerdings muss beachtet werden, dass es z. B. bei den RKI-Richtlinien für Krankenhaushygiene die Anforderung gibt, Toträume zu vermeiden. Es gibt auch Produktanforderungen, wie z. B. DVGW W 570, nach denen der Kugelhinterraum eines Kugelhahns vollständig verfüllt oder durchflossen sein muss. Dieser Aspekt ist auch bei dem Einbau als Wartungsarmatur zu beachten.
Darf der Trinkwasserspeicher bei Einsatz einer Wärmepumpe vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit auf 50 °C eingestellt werden?
Das Regelwerk fordert allgemein eine Speicheraustrittstemperatur von 60 °C. Bei Einsatz von zentralen Trinkwassererwärmern mit hohem Wasseraustausch ist darauf zu achten, dass im Betrieb 50 °C nicht unterschritten werden. Vor diesem Hintergrund ist, um die Mindestbetriebstemperatur im System nicht zu unterschreiten, die Speichertemperatur abhängig von der Anlage eher auf 55 °C einzustellen. Der Betreiber ist unbedingt über die Legionellenproblematik aufzuklären.
Wie sollte sich der Installateur verhalten, wenn beim Kundenbesuch festgestellt wird, dass der Trinkwasserspeicher auf z. B. 50 °C eingestellt ist?
Der Kunde sollte in diesem Fall auf die möglichen hygienischen Probleme hingewiesen werden. Zudem empfiehlt es sich, diesen Hinweis auf dem Stundenzettel oder der Rechnung zu vermerken.
Ist für den wärmeleitungsfreien Anschluss einer Armatur die Bildung eines Thermosiphons ausreichend?
Grundsätzlich ist diese Art der Leitungsführung ein richtiger Ansatz, um die Erwärmung einer Armatur und des Kaltwassers zu verhindern. Bei der Ausführung kommt es aber auf die Länge der nichtzirkulierenden Warmwasserleitung bis zur Armatur an. Es gibt hierzu Hinweise von Herstellern, die einen Abstand von 10 bis 15 cm von der durchgeschleiften Warmwasserleitung bis zur Armatur vorschlagen. Im Rahmen von Untersuchungen durch den Sachverständigen Harald Köhler wurde allerdings festgestellt, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Abstand von nur 10 cm weiterhin zu Temperaturerhöhungen an der Armatur führen kann.
Sind die Probennahmearmaturen unbedingt vor den Rückflussverhinderer und die Zirkulationspumpe zu setzen?
Das erspart zumindest in vielen Fällen die Diskussion, dass die Zirkulationsleitung beprobt werden soll und eine Beeinflussung durch den Speicherinhalt möglich ist, bei Anordnung der Probennahmearmatur direkt vor dem Speichereintritt. Aber: Es muss immer anlagenbezogen geplant werden. Das heißt, eine pauschale Aussage ist nicht möglich, denn es gibt auch Stimmen, die darauf hinweisen, dass bei der Anordnung vor der Zirkulationspumpe und den Armaturen diese nicht erfasst werden.
Welche Ausführungsart von Membranausdehnungsgefäßen ist noch zugelassen?
Falls man sich dafür entscheidet, ein Ausdehnungsgefäß in der Trinkwasser-Installation einzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit einer Druckerhöhungsanlage, ist darauf zu achten, dass dieses der DIN 4807-5 entspricht, also durchströmt ist. Des Weiteren sollte die Membrane auf hygienische Unbedenklichkeit geprüft sein (KTW-Leitlinie, DVGW-Arbeitsblatt W 270).
Gibt es Bestandsschutz für alte MAGs und nasse Feuerlöschleitungen, die nicht durchströmt sind?
Bestandsschutzfragen sind Rechtsfragen und vor diesem Hintergrund sollte sich der Techniker hier in erster Linie eher zurückhalten. Gewisse Kenntnisse sind inzwischen jedoch auch „Allgemeingut“. So kann in der Regel gesagt werden, dass kein Bestandsschutz bei Gefahr für Leib und Leben gilt. Bestandsschutz ist der Vertrauensschutz auf das Fortbestehen einer einmal legal errichteten Anlage. Der Gesundheitsschutz geht aber vor dem Bestandsschutz.
Speziell für nasse Feuerlöschleitungen finden sich zahlreiche Aussagen, wie z. B., dass wenn die Anforderungen der
TrinkwV nicht eingehalten werden, kein Bestandsschutz mehr besteht, bis dahin, dass sie grundsätzlich hygienisch nicht sicher betrieben werden können und umzubauen sind. Letzteres hat auf jeden Fall Bedeutung in Gebäuden mit besonderen Anforderungen, also z. B. Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser. Letztlich muss jedes Objekt für sich betrachtet und bewertet werden. Hilfreich ist es den Betreiber der Anlage über die Gefahren und Folgen aufzuklären (schriftlich). Für alte MAGs gilt sinngemäß das Gleiche.
Müssen Sammelsicherungen zurückgebaut werden?
Nein. Wenn wesentliche Änderungen an der Trinkwasser-Installation vorgenommen werden, sollte man dies aber empfehlen. Während früher in solchen Fällen der Umbau auf Einzelsicherungen vorgenommen wurde, hat die Industrie inzwischen auf diesen speziellen Punkt reagiert und bietet Spülsysteme als Lösungen an.
Sollten Leitungen auf den letzten Metern bewusst ausgekühlt werden, indem die Dämmung weggelassen wird?
Der Grundsatz ist, dass Kaltwasserleitungen vor Erwärmung zu schützen sind. Daher ist unbedingt davon abzuraten, die Leitungen ohne Weiteres nicht zu dämmen. Maßgeblich für die Dämmung der Kaltwasserleitung ist die DIN 1988-200, Kapitel 14. Für eine Abweichung davon müsste man den Nachweis technisch-sachlich führen können, dass sich hinsichtlich der Hygiene durch den Verzicht auf die Dämmung eine Verbesserung ergibt und dies den a. a. R. d. T. entspricht.
Nach Rückbau einer Regenwassernutzungsanlage: Der Kunde möchte, dass die Trinkwasserinstallation jetzt direkt an die vorhandenen Leitungen für Gartenwasser und WC angeschlossen werden. Ist dies erlaubt?
Gemäß VDI/DVGW-Richtlinie 6023 dürfen Komponenten einer nicht mehr genutzten Nichttrinkwasseranlage (einschließlich der Rohrleitungen) nicht in Trinkwasseranlagen eingebunden werden.
Objektbeispiel zur Legionellenuntersuchung. Eines von neun Untersuchungsergebnissen auf Legionellen hat einen Wert von 500 KBE/100 ml ergeben. Jetzt will der Betreiber so beraten werden, dass für ihn möglichst wenig Kosten enstehen. Wie sollte sich der Installateur verhalten?
Was zu tun ist steht in der TrinkwV, in § 16 Abs. 7. Es müssen Untersuchungen zur Ursachenaufklärung erfolgen, Prüfung auf die Einhaltung der a. a. R. d. T., eine Ortsbesichtigung erfolgen und eine Gefährdungsanalyse erstellt werden. Dazu kommen weitergehende Untersuchungen. Das ganze anlagenbezogen, mit den dafür notwendigen Maßnahmen – auch wenn ein Mehrfamilienhaus kein Krankenhaus ist, aber der Rahmen ist klar vorgegeben. Das heißt, der Installateur sollte durch Auslassen von notwendigen Maßnahmen aus gutem Willen kein Beratungsrisiko eingehen, das der Anlageninhaber bzw. Betreiber zu tragen hat, da er sonst in der Haftung steht. D. h., der Installateur sollte keine unnötige Haftung übernehmen, indem er dem verantwortlichen Anlageninhaber oder -betreiber aus „Verbundenheit“ dazu rät, die in der TrinkwV vorgegebenen Maßnahmen zu kürzen. Einige Gesundheitsämter bieten für die notwendigen Maßnahmen auch Beratung an.
Es soll eine Desinfektion bei einem Mehrfamilienhaus durchgeführt werden. Was ist zu beachten?
Vorweg: Die Durchführung einer Desinfektion ist bei Vorliegen einer Verkeimung immer wieder die erste Überlegung. Diesem „Desinfektionsreflex“ sollte man nicht einfach nachgeben. Zunächst muss der Verkeimungsgrund (z. B. mangelhafter Betrieb und fehlende Instandhaltung) gefunden werden. Daraus ergibt sich überhaupt erst die Erfordernis, die Durchführbarkeit vor Ort, der mögliche dauerhafte Erfolg (es gibt keine Erfolgsgarantie!) einer Desinfektion. Zudem muss u. a. die Desinfektionsmittelbeständigkeit der Bauteile geklärt werden (können Schäden durch die Desinfektion entstehen?). Eventuell führt bereits die Überprüfung dieser Punkte dazu, dass eine nachhaltige Sanierung vorgenommen werden muss. In dieser Situation zeigt sich auch die Bedeutung der Gefährdungsanalyse.
Desinfektionen (und die vorherige „Reinigung“) erfordern eine gründliche Vorbereitung der Maßnahme. Dazu und für die Durchführung gibt es Regelwerke wie das DVGW-Arbeitsblatt W 557 „Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen“ oder die ZVSHK–Fachinformation „Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen“, die genutzt werden sollten. Wenn ein Betrieb noch keine chemischen Desinfektionen durchgeführt hat bzw. nicht über ausreichende Erfahrung verfügt, ist eine Beauftragung spezialisierter Firmen zu empfehlen.
Des Weiteren muss auch darauf geachtet werden, mit welchem Mittel gereinigt
bzw. desinfiziert wird. So sind nach DVGW W 557 z. B. organische Desinfektionsmittel nicht zugelassen, bzw. es wird von dem Einsatz von Reinigungsmitteln mit organischen Bestandteilen (z. B. Essigsäure) abgeraten, da sie zu einer Vermehrung von Mikroorganismen führen können. Auf dem Markt werden jedoch solche Produkte angeboten.