Fach-Know-how mit Blick nach vorn
Können Heizöl-Bestandsanlagen mit Green-Fuels betankt werden? Mit dieser für die Branche wichtigen Frage beschäftigte sich die Überwachungsgemeinschaft Technische Anlagen der SHK-Handwerke (ÜWG) auf der Mitgliederversammlung im Juli in Fulda. Daneben wurden die politischen und branchenseitigen Herausforderungen thematisiert und diskutiert.
Die fachkompetente Betreuung der knapp 5. Mio. Heizölverbraucheranlagen in Deutschland ist nach wie vor das wesentliche Geschäftsfeld der ÜWG-Fachbetriebe. Damit stehen die Fachhandwerker für den umweltschonenden und sicheren Betrieb der Anlagen ein. Doch der Wärmemarkt verändert sich. Ölheizungen werden weniger, Hybridsysteme und Wärmepumpen gewinnen immer mehr Kunden. In diesem Umfeld blickt die Organisation nach vorn und erschließt kontinuierlich neue Themenbereiche. So macht die ÜWG mit dem Geschäftsfeld „Erdwärme, Klima, solarthermische Anlagen und Wärmepumpen“ ihre Mitglieder schon heute fit für künftige Anforderungen, die aus dem verstärkten Einsatz von Wärmepumpen in neuen und bestehenden Gebäuden resultieren – auch in Hybridanlagen. Überdies müsse mit Blick auf den Umstieg zu erneuerbaren Energien schon langsam von „Verbraucheranlagen für flüssige Brennstoffe“ gesprochen werden, statt nur von Heizölverbraucheranlagen, wie der ÜWG-Vorsitzende Andreas Kröckel zur Eröffnung der ÜWG-Mitgliederversammlung in Fulda betonte. Denn mit flüssigen Energieträgern könne schon heute und sofort mit der Modernisierung im Heizungskeller begonnen werden. Grüne Fuels würden kommen, die Hybridisierung lasse sich schon heute vorbereiten. Die ÜWG sei für diese Entwicklung gut aufgestellt, und Andreas Kröckel ist sich sicher: „Flüssige Brennstoffe verschwinden auch in den kommenden Jahrzehnten nicht einfach vom Markt, sondern werden als Lösung dringend gebraucht.“
Green Fuels in Bestandsanlagen
Genau diesem Thema widmete sich Wolfgang Dehoust, Chef des gleichnamigen Behälter- und Speicher-Spezialisten aus Leimen auf der ÜWG-Tagung. Er gab differenzierte und praxisnahe Antworten auf die Frage: Was muss beachtet werden, wenn man Green Fuels in bestehenden Heizölverbraucheranlagen einsetzen will? Dabei unterschied er nicht nur zwischen den Begriffen „geeignet“ und „zugelassen“, sondern beschrieb auch die dafür ausschlaggebenden Normen und gab praktische Handlungsempfehlungen.
Entscheidend sei zu klären, inwieweit bereits im Bestand befindliche Tanks nach den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) mit erneuerbaren Flüssigbrennstoffen befüllt werden könnten. Für die ÜWG-Fachbetriebe sei das ebenso wichtig wie für den Heizölhandel und die Kunden beider Gewerke. Green Fuels hätten zwar den großen Vorteil, dass sie drop-in-fähig sind, klassischem Heizöl also in unterschiedlicher Menge beigemischt werden könnten. Das nütze aber wenig, wenn dies in den einschlägigen abZ nicht abgebildet würde, wie Dehoust zu bedenken gab.
Um hier Klarheit zu schaffen, hat er die bestehenden Bauartzulassungen und Heizöl-Normen unter die Lupe genommen. Resultat: „Seit 2011 erlaubt die DIN 51603 Zumischungen von paraffinischem Heizöl. Zulassungen, die seit 2011/2012 bestehen, decken demnach 35 bis 40 % HVO in den Tanks ab. Denn bis zu diesem Beimischungsgrad wird die in der Norm festgelegte Mindestdichte für Heizöl EL von 815 kg/m³ rechnerisch nicht unterschritten.“
Wird also ein Sachverständiger in der Praxis darauf angesprochen, kann er davon ausgehen, dass eine abZ für einen Kunststofftank, die aus dem Jahr 2012 stammt, diese Regelung in der Heizölnorm abdeckt und HVO entsprechend verwendet werden kann, fasst Dehoust zusammen.
Dehoust verweist dazu auch auf einen Arbeitskreis bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), in dem gemeinsam mit dem DIBt und den Sachverständigenorganisationen ein Papier mit Handlungsempfehlungen für die Sachverständigen für den täglichen Gebrauch erstellt wird. Im Entwurf der Fachlichen Stellungnahme zur technischen Eignung von Anlagenteilen von bereits in Betrieb befindlichen und neu zu errichtenden Heizölverbraucheranlagen und Notstromanlagen bei der Verwendung von paraffinischen Heizölen nach DIN 51603-1:2024 findet sich diese Argumentation wieder – die Endfassung sei abzuwarten, wie Dehoust berichtet.
Eine allgemeine Aussage zu bestehenden Tanks könne zwar nicht gegeben werden, er stehe aber zu der Aussage: „Zweiwandige Kunststofftanks sind seit 2011 sicher bis zu 40 % HVO einsetzbar. Ältere Behälter und vor allem einwandige, sollten ausgetauscht werden.“
In der Ausgabe der Heizölnorm von 2024 sei nun im Teil 8 zusätzlich ein Brennstoff mit einer Mindestdichte von 765 kg/m³ definiert. Unter der Bezeichnung „Heizöl EL A X“ würden Mischungen zwischen 0 und 100 Volumenprozent synthetisch hergestellter paraffinischer Bestandteile aufgelistet. Für alle neuen Tanks sei das Thema damit geklärt.
Einzige Schwierigkeit: Bisher sind Wechselbefüllungen mit verschiedenen Brennstoffen nicht zulässig. Aber auch hierzu werde laut Dehoust an einer Lösung gearbeitet. Ein entsprechendes Gutachten des SKZ (Süddeutsches Kunststoff-Zentrum) liege bereits vor.
Für Verunsicherung sorge der „Forschungsbericht“ 838 der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft für nachhaltige Energieträger, Mobilität und Kohlenstoffkreisläufe (DGMK), der zwar Beeinträchtigungen von Tankwandungen älterer Tanks nicht ausschloss, diese aber nicht quantifiziert habe. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie des OWI-Instituts bestätige indes, dass bei Tanks aus Polyethylen, in denen über Jahre Heizöl gelagert wurde, keine negativen Veränderungen der Materialkennwerte festzustellen seien, wenn danach paraffinische Brennstoffe gelagert würden. Die von OWI ermittelten Werte lägen alle innerhalb der Tank-Norm EN 13341 bzw. der DIBt-Vorgaben. Das Fachmagazin Fuels|Lubes|Energy werde voraussichtlich in der September-Ausgabe über die OWI-Studie berichten.
ÜWG – stabiler, verlässlicher Partner
Für Uwe Loth, dem Landesinnungsmeister des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima Hessen, ist es besonders wichtig, dass sich die ÜWG nach wie vor als eine stabile Gemeinschaft präsentiert, die sich unverändert durch hohes Fachwissen, Verantwortung und Verlässlichkeit auszeichnet. „Das ist aber in bewegten Zeiten keine Selbstverständlichkeit und unter den besonderen Bedingungen erst recht nicht. Aber Gemeinschaft zeigt sich nicht, wenn alles glatt läuft, dann geht es von allein. Gemeinschaft zeigt sich, wenn es schwierig wird.“
Neben allen politischen und branchenseitigen Herausforderungen habe die Organisation auch intern einige Herausforderungen zu meistern. Derzeit werde ein neuer Geschäftsführer gesucht. Bis der gefunden ist, hat der ÜWG-Vorsitzende Andreas Kröckel in enger Zusammenarbeit und ständigem Austausch mit dem Vorstand, insbesondere mit seinem Vorstandskollegen Thorsten Jakob, interimsmäßig die operative Geschäftsführung der Überwachungsgemeinschaft übernommen.
Und Aufgaben gibt es zur Genüge zu bewältigen: Regulatorische Anforderungen nähmen auch für das Handwerk zu. Die politischen Rahmenbedingungen seien alles andere als langfristig sicher planbar, und das gesamtwirtschaftliche Umfeld bleibe auch für die ÜWG-Betriebe nicht ohne Konsequenzen. Mit der Elektrifizierung auch im Wärmemarkt tauchten außerdem neue Player mit teils aggressiven Geschäftsmodellen auf und teils völlig ohne Handwerksverständnis, wie es Uwe Loth beschreibt. Umso wichtiger sei es, „dass wir als SHK-Handwerk eine starke ÜWG haben, ein Siegel für Verantwortung und Nachhaltigkeit“.
Facharbeit für die Mitglieder
Dr.-Ing. Harald Richter stellte in Fulda die vor einiger Zeit überarbeitete ÜWG-Fachinformation Nr. 6 Heizölverbraucheranlagen vor, die als Praxisleitfaden zum Umgang mit bereits in Betrieb befindlichen Heizölverbraucheranlagen einschließlich deren Modernisierung dient. Zu finden ist die Fachinformation auf der ÜWG-Homepage oder im Gewässerschutzhandbuch. Interessant war auch die Präsentation der Firma LORO beim anschließenden Austausch der ÜWG-Sachverständigen. Hier wurde eindringlich darauf hingewiesen, wie wichtig der Einbau eines Schutzrohres für eine sichere Wanddurchführung von Füllrohren für Heizölverbraucheranlagen ist.
Autor: HH Manz