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Entrauchung kleiner Nutzungseinheiten Ein Lösungsansatz für die Planungspraxis

Immer wieder stehen Feuerwehrleute vor dem Problem des Löschens von Kellerbränden ohne oder mit nicht ausreichenden Entrauchungsöffnungen zur Abführung von Brandgasen und insbesondere heißer Löschwasserrückstände. Fehlende Abzugsöffnungen ins Freie behindern die Feuerwehrleute nicht nur, sie führen auch zu hohen Brandtemperaturen. Im schlimmsten Fall können vermeintliche Rettungswege nicht mehr genutzt werden. Planerisch kann man diesem Dilemma vorbeugen. Der Beitrag beschreibt eine praxisbezogene Lösung zur Vereinfachung der Entrauchung von „kleinen Nutzungseinheiten“ (Räume bis 200 m²). Für die erforderliche Berechnung wurden ein Excel-Tool sowie ein Rechenschieber entwickelt.

Feuerwehrmänner im Einsatz.

 

Kellerbrände, die über einen innen liegenden Treppenraum erreicht werden müssen, haben bei fehlender Entrauchungsöffnung im Brandraum (z.B. zugemauerte Kellerfens­ter) zwei Gefahrenschwerpunkte: Zum einen ist die Verbrühungsgefahr der vorgehenden Feuerwehrtrupps durch den aufstauenden Wasserdampf beim Löschen nicht zu unterschätzen. Zum andern ist die Rauchverschleppung in benachbarte Nutzungseinheiten in dahinter oder darüber liegende Geschosse oder Gebäudeteile, besonders über den Treppenraum, unausweichlich. Eine Parallellüftung der Feuerwehren mittels mobiler Überdruckbelüftung ist kaum hilfreich, da bei der so entstehenden Rauch- und Hitzebelas­tung im Kellergeschoss die zur Erleichterung des Löschangriffes durchzuführende  Rauchgasableitung in der oberen Hälfte der Zuluft­öffnung (Haustür) erfolgen muss. Dies ist thermisch ohnehin meist nicht zielführend, da eher die höher liegenden Geschosse verraucht würden, als dass die Rauchgase den Weg über die obere Hälfte der Zuluftöffnung ins Freie finden. Mehr noch: Beim Öffnen eines im Treppenraum vorhandenen Rauchabzuges würde sich durch den Einsatz der mobilen Überdruckbelüftung die Situation verschlimmern.

Entrauchung des Brandraumes mittels Überdrucklüfter, z.B. über Kellerlichtschächte oder Rohrleitungen ins Freie, ohne andere Geschosse zu verrauchen.

Die gleiche Situation findet man auch in anderen Etagen, vom Lagerraum im Erdgeschoss bis zur Energiezentrale oder zum Laboratorium im Obergeschoss, wenn keine Fenster in diesen Nutzungseinheiten vorhanden sind, die sich öffnen lassen. Schuld an dem Dilemma ist der Umstand, dass die DIN 18232-2 – natürliche Rauchabzugsanlagen – eine Entrauchung erst ab 200 m² Nutzungsfläche fordert. Ähnlich die DIN 18232-5 – maschinelle Rauchabzugsanlagen. Hier fängt die Berechung aus der Bemessungstabelle erst ab 400 m² Grundfläche an, außerdem spielen durch die hohen Kosten von Rauchabzugsanlagen wirtschaftliche Gründe eine Rolle.

Risiken minimieren
Über die Normierung der Rauchabzüge ist der §17 (1) der Bauordnung NRW ein wenig in den Hintergrund getreten, in dessen Verschriftlichung auch die Ausführung wirksamer Löschmaßnahmen ermöglicht werden muss. Der §37 (4) Musterbauordnung wird hier konkreter und fordert explizit Öffnungen im Kellergeschoss, um eine Rauchableitung zu ermöglichen. Hierbei sind auch die eingangs erwähnten Nutzungseinheiten, d.h. Räume bis 200m²  Grundfläche, zu berücksichtigen. Durch die gezielte Abführung von Wärme und Rauch (heiße Brandgase) wären zum einen geringe Sachschäden zu erwarten, zum anderen würde durch löschwirksame Maßnahmen das Risiko von Personenschäden (sowohl Eigen- als auch Fremdschäden) minimiert. Es gilt also, Lösungen zu finden, wie man für die Praxis und innerhalb des Genehmigungsverfahrens wirksame, sinnvolle, einheitliche und praxisbezogene Lösungen auf wirtschaftlichen Grunddaten zur Vereinfachung der Entrauchung von „kleinen Nutzungseinheiten“ (Räume bis 200 m²) erreichen kann.

Abluftöffnungen notwendig
Ein praktikabler Lösungsansatz sieht wie folgt aus: Die zur Entrauchung notwendigen Zuluftmengen und -größen werden durch die bei den Feuerwehren vorhandenen mobilen Überdruckbelüftungsgeräte als Ausgangsbelüftung herangezogen. Versuche von britischen Feuerwehren haben gezeigt, dass bei einer Abluftöffnung, die halb so groß ist wie die Zuluftöffnung, ein Luftdurchsatz von ca. 3 m³/s ansteht. Das führt zu einem Druckanstieg im Innern eines Gebäudes auf etwa 0,3 mbar, wodurch die kürzesten Entrauchungsphasen erreicht werden können. Als Durchschnittswert wird für ein von der Feuerwehr eingesetztes mobiles Überdruckbelüftungsgerät mit ca. 3 m Abstand zur Zuluftöffnung und einem daraus resultierenden Luftkegeldurchmesser von ca. 2,4 m eine Luftleistung von 30.000 bis 35.000 m³/h angenommen. Berücksichtigt man optimale Entrauchungsszenarien, wie ein Brandereignis im gleichen Geschoss der Angriffsebene, kurze Wege von der Zuluftöffnung bis zum Brandgeschehen und entsprechend großer Zuluft­öffnung mit vorgesehenem Luftkegeldurchmesser eines mobilen Überdruckbelüftungsgerätes von 2,4 m, kann mit Luftgeschwindigkeiten von bis zu 3 m/s gearbeitet werden.

Für die schnelle Berechnung der erforderlichen Querschnitte steht ein Rechenschieber zur Verfügung. Er kann zum Selbstkostenpreis per E-Mail (schuemmer-VB@gmx.de) bestellt werden.

Sind lange Zuluftführungen oder zu große -öffnungen vorhanden, sinkt die Luftgeschwindigkeit auf 2,5 m/s, und bei einem weiteren Handicap (z.B. Änderung der Geschossigkeit des Brandereignisses zur Ebene der Zuluftöffnung,) sinkt die Luftgeschwindigkeit dann auf 2,0 m/s.
In Tabelle 1 wurden Luftgeschwindigkeiten von 3 m/s bzw. 2,5 m/s oder 2,0 m/s bei einem 10-fachen Luftwechsel (? 0,3 mbar Druckanstieg) in die Berechnungen aufgenommen. Interessierten steht unter www.ikz.de ein Excel-Tool zur Verfügung, mit dem sich die erforderlichen freien Querschnittsdaten berechnen lassen. Für manuelle Berechnung der Entrauchungsöffnungen wurde ein Rechenschieber zur Dimensionierung der Entrauchungsöffnungen bzw. -rohre entwickelt.
Als freier Querschnitt wird eine Fensteröffnung oder ein Jalousienverschluss direkt in der Außenwand oder über einen gleichgroßen Lichtschacht für den eckigen Querschnitt in m² verstanden. Sind keine direkten Öffnungen realisierbar, so ist der erforderliche Querschnitt über ein oder mehrere Rohre (Parallelverlegung) mit Mündungsaustritt ins Freie oder in einen Lichtschacht entsprechend umzurechnen.
Die Gefahr der ungewollten Rauchverschleppung durch zu kleine Entrauchungsöffnungen kann vernachlässigt werden, da einerseits die Nutzungseinheiten keine anderen Öffnungen besitzen und andererseits bis zum Eintritt in den Brandraum seitens der Feuerwehrleute unter schwerem Atemschutz die mobile Überdruckbelüftung keine rauchfreie, jedoch raucharme Zuluftströmung vorfinden lässt.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass der Einbau von Entrauchungsöffnungen auch bei Nutzungseinheiten unter 200 m² Grundfläche sowohl einen erhöhten Personen- als auch Sachschutz im Feuerwehrein­satz bietet.

Literatur: Die Roten Hefte, Heft 203, Überdruckbelüftung, Kohlhammer Verlag, 1. und 2. Auflage

Autoren: Dipl.-Ing. Hans-Georg Schümmer, Abteilung Vorbeugender Brandschutz bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Aachen, Dipl.-Ing. Herbert Kruse, Abteilung Bauen im Bestand beim Bauordnungsamt der Stadt Aachen

 


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