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Energiespeicherung: Schlüsseltechnologie für ein zeitgemäßes Energiemanagement

Den Verbrauch an fossilen Brennstoffen massiv einzudämmen und damit eine weiter zunehmende Deckung des Energiebedarfs aus nachhaltigen Quellen, ist erklärtes Ziel nationaler und europäischer Energiepolitik. Die Zielgröße der Europäischen Kommission für diesen Anteil ist 20% bis 2020 [1]. Um dieses ehrgeizige Vorhaben zu erreichen, müssen verstärkt neue Technologien für einen rationelleren Umgang mit Energie eingeführt und die Nutzung Erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Effiziente und wirtschaftliche Speichertechnik ist dabei der Schlüssel zu mehr Flexibilität in den Energiesystemen und wird hier wesentliche Beiträge zu ihrer Zukunftsfähigkeit liefern.

Bild 2: Einfluss der Wärmeleitfähigkeit von PCM-Speichermedien auf die benötigte Zahl paralleler Wärmeübertragerrohre pro m² Querschnittsfläche des Speichers bei unterschiedlichen Wärmeflussdichten.

Bild 3: Aluminiumrippen auf Wärmeübertragerrohren.

Bild 4: Wärmeleitstrukturen am schematisch dargestellt.

Bild 5: Testmodul eines Latentwärmespeichers für den Einsatz in solarthermischen Kraftwerken mit solarer Direktverdampfung (14 t NaNO3, Phasenwechsel bei 305°C).

 

Energiewirtschaftlich relevante Anwendungen thermischer Speicher sind die solare dezentrale und zentrale Wärmebereitstellung, die Effizienzverbesserung industrieller Prozesse durch verbessertes Wärmemanagement und Abwärmenutzung, intelligentes Wärmemanagement bei KWK Anlagen sowie im Bereich der Kraftwerkstechnik ein verstärkter Beitrag solarthermischer Stromerzeugung, die Erhöhung der Flexibilität fossiler Kraftwerke und die Realisierung von adiabaten Druckspeicherkraftwerken mit integriertem Hochtemperaturspeicher.

Kommerziell verfügbar und bereits etablierte Technik sind Wasserspeicher für Niedertemperaturanwendungen (< 100°C) zur Bereitstellung von Raumwärme (oder Kälte) und Warmwasser. Die Vorteile sind die geringen Kosten und die Möglichkeit, Wasser als Speichermedium und Wärmetransportmedium zu nutzen, wodurch die Speicherintegration effizient realisiert werden kann. Einschränkungen und Nachteile des Wasserspeichers sind dann gegeben, wenn Wasser nicht als primäres Wärmeträgerfluid eingesetzt werden kann (z.B. Sole, Kältemittel, Luft, Dampf, hohe Temperaturen, etc.), wenn große Speicherkapazitäten benötigt werden und bei hohen Speichertemperaturen.

Im Temperaturbereich über 100°C kommen bisher Gleitdruckspeicher für Anwendungen mit diskontinuierlichem Prozessdampfbedarf zur Bereitstellung von Spitzenlast-Dampf bis ca. 250°C kommerziell zum Einsatz. Bei solarthermischen Kraftwerken werden 2-Tank-Flüssigsalzspeicher bis ca. 400°C kommerziell eingesetzt.

Bei Anwendungen mit geringer Temperaturspreizung bietet sich der Einsatz von Latentwärmespeichern an, weil diese ihren Vorteil der großen Wärmekapazität bei kleinen Temperaturdifferenzen voll ausspielen können. Die Idee des Latentwärmespeichers wenden wir in unserem Alltag bereits in vielfacher Weise an, z.B. für Wärmekissen, Transportbehälter oder auch in moderner Outdoor-Funktionskleidung. Das Schmelzen von Eis zur gezielten Kühlung von Räumen oder Nahrungsmitteln, also der Übergang von fest zu flüssig, ist gar schon aus der Antike überliefert. An diesem Beispiel lässt sich die große Energiemenge, die durch den Phasenübergang gespeichert werden kann, leicht nachvollziehen: Um Eis von 0°C in Wasser von 0°C zu schmelzen, wird in etwa gleich viel Energie benötigt, wie um Wasser von 0°C auf 80°C zu erhitzen. Beim Phasenübergang von flüssig zu gasförmig, also von Wasser zu Wasserdampf, ist der Effekt noch um ein Vielfaches höher. Im Niedertemperaturbereich sind Latentwärmespeicher also bereits kommerziell verfügbar. Für den Hochtemperaturbereich steht diese Technologie kurz vor dem Durchbruch.

Ziele der Speicherintegration

Die Effizienz von Energieprozessen wird durch den Einsatz von thermischen Speichersystemen deutlich gesteigert. Die Integration von Speichersystemen kann dabei unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen [2]:

  • Bei zyklischen Prozessabläufen kann Energie, die sonst am Ende eines Zyklus verloren gehen würde, gespeichert und im nachfolgenden Zyklus genutzt werden.
  • Besteht in einem System ein zeitlicher Versatz zwischen dem Angebot an thermischer Energie und dem Bedarf, so können Speicher eingesetzt werden, um diese zeitliche Differenz zwischen Erzeuger und Verbraucher auszugleichen.
  • Bei Prozessen mit ausgeprägten zeitlichen Lastspitzen können Systemkomponenten für ein mittleres Leistungsniveau dimensioniert werden, der Speicher wird in Phasen mit hohem Leistungsbedarf entladen, während bei Unterschreitung der durchschnittlichen Leistung Energie zwischengespeichert wird. Die optimale Ausnutzung der Systemkomponenten vermeidet Teillastverluste und reduziert Investitionskosten. Die Belastung des Systems durch thermische Transienten wird reduziert, wodurch die Lebensdauer der Komponenten erhöht wird.
  • Bei Systemen, deren zeitliche Auslas­tung kurzfristigen Schwankungen unterliegt, die nicht vorausbestimmt werden können, bietet sich ein Einsatz von Speichern zur Reduzierung von Anfahrzeiten an. Gespeicherte Energie wird genutzt, um die Komponenten auf Betriebstemperatur zu halten und damit die Dynamik und Effizienz des Systems zu verbessern.

Die Bereitstellung einer effizienten und wirtschaftlichen Speichertechnik erfordert die Anpassung an periphere Komponenten und Prozessparameter, d.h. eine optimale Systemintegration. Aufgrund deutlich variierender Anforderungsprofile (Temperaturen, Kapazität und Leistung) müssen für thermische Energiespeicher jeweils spezifische Lösungen hinsichtlich Effizienz und Wirtschaftlichkeit gefunden werden. Das hat zur Konsequenz, dass es nicht den einen optimalen Energiespeicher für alle Anwendungen geben kann.

Entsprechend ist ein breites Spektrum an Speichertechnologien, Materialien und Methoden gefordert. Übergeordnete Ziele, die auf dem Gebiet Speichertechnik erfüllt werden müssen, sind die Reduktion der spezifischen Investitionskosten und die Erhöhung von Effizienz und Zuverlässigkeit. Dabei müssen Materialaspekte, Auslegungsfragen und Systemintegration gleichermaßen berücksichtigt werden.

Speicherkonzepte

Für den Temperaturbereich > 100°C kann Wasser unter Umgebungsdruck nicht mehr als Speichermedium eingesetzt werden, sodass unterschiedliche direkte und indirekte Speicherverfahren und Konzepte, wie in Abbildung 1 dargestellt, herangezogen werden müssen [2].

Fluidspeicher nutzen ein flüssiges Medium zur Speicherung sensibler Wärme. Das Arbeitsmedium der Solarkollektoren kann direkt gespeichert werden, oder die Energie wird an ein flüssiges Speichermedium übertragen. Voraussetzung ist, dass der Siedepunkt des Speichermediums oberhalb der maximalen Betriebstemperatur der Solarkollektoren liegt. Hier bieten sich Thermoöle bzw. Wasser unter entsprechendem Druck an. Bei Thermoölen sind Investitionskosten, Sicherheits- und Umweltaspekte zu beachten. Grundsätzlich ist auch Flüssigsalz als Medium geeignet. Hier ist der Fokus aber eher auf den Temperaturbereich über 300°C für den Einsatz in solarthermischen Kraftwerken gerichtet.

Bei Feststoffspeichern wird die Energie zwischen dem Arbeitsmedium der Kollektoren bzw. des Prozesses und einem festen Speichermedium übertragen. Der Wärme­übertrager ist dabei in das Speichermedium integriert. Wesentlich für eine wirtschaftliche Auslegung ist die Wahl eines kostengünstigen Speichermediums, das im Hinblick auf die erforderliche Wärme­übertragerfläche jedoch auch eine möglichst hohe Wärmeleitfähigkeit aufweisen sollte. Im Hinblick auf Fertigungsaspekte eignet sich hier temperaturbeständiger Beton, der eine einfache Integration des Wärmeübertragers ermöglicht.

Gleitdruckspeicher nutzen die Speicherfähigkeit von flüssigem Wasser, um sensible Wärme zu speichern. Dabei wird der Gleitdruckspeicher durch Zufuhr von Dampf beladen, der im Druckvolumen kondensiert wird. Die Wassertemperatur im Speicher entspricht der Siedetemperatur. Der Speicher gibt bei der Entladung Sattdampf ab, wobei der Druck abfällt. Dominanter Kostenfaktor ist der Druckbehälter. Charakteristisch für Gleitdruckspeicher ist die schnelle Verfügbarkeit der gespeicherten Energie. Daher sind diese Systeme als Pufferspeicher zur Abdeckung von Leis­tungsspitzen geeignet. Als Energiespeicher sind sie nur sehr eingeschränkt verwendbar, da eine Bereitstellung von Wärme auf gleichbleibendem Temperatur- bzw. Druckniveau nicht möglich ist.

Für die effiziente Speicherung von Wärme oder Kälte sind Latentwärmespeicher besonders geeignet, da sie eine Phasenumwandlung z.B. fest/flüssig (Schmelzen) eines Phasenwechselmaterials (engl. „Phase Change Material“ – PCM) ausnutzen und hierdurch große Wärmemengen in einem schmalen Temperaturbereich speichern können. Gegenüber konventionellen sensiblen Wärmespeichern sind mit PCM-Speichern hohe Energiedichten bei weitgehend konstanter Betriebstemperatur realisierbar. So kann bei einer Temperaturänderung von 10 K im Vergleich zur konventionellen Wärmespeicherung mittels fühlbarer Wärme beim Schmelzvorgang eine 10- bis 20-fach höhere Wärmespeicherdichte erzielt werden, wodurch die Baugrößen der Speicher signifikant reduziert werden können. Wegen dieser Vorteile wurden in den letzten Jahren verstärk­te Anstrengungen für eine technische Realisierung von Latentwärmespeichern gemacht.

Latentwärmespeicher für industrielle Prozesswärme

In der Industrie werden große Mengen an Prozessdampf benötigt. Kommerziell verfügbare Wärmespeicher für das Arbeitsmedium Wasser/Dampf sind die oben beschriebenen Gleitdruckspeicher. Hierbei ist allerdings eine Bereitstellung von Wärme auf gleichbleibendem Temperatur- bzw. Druckniveau nicht möglich. Der Temperatur- bzw. Druckbereich bei diesen Anwendungen liegt zwischen ca. 120°C/2 bar und 320°C/100 bar. Aufgrund der hohen Kos­ten für Druckbehälter haben sich Gleitdruckspeicher in der Prozesstechnik nur für Anwendungen bei moderatem Druck durchgesetzt.

Für alle Anwendungen und Prozesse, in denen eine Energiezufuhr auf gleichbleibendem Temperaturniveau benötigt wird, wie z. B. dampfbetriebene Prozesse, eignen sich Latentwärmespeicher. Diese Art der Speicher nutzen eine Phasenumwandlung, zum Beispiel vom festen zum flüssigen Zustand, eines sogenannten Phasenwechselmaterials (PCM – Phase Change Material) aus. Dadurch können große Wärmemengen in einem schmalen Temperaturbereich gespeichert werden. Besonders für dampfbetriebene Prozesse, wie sie häufig in der Industrie benö­tigt werden, sind La­tentwärmespeicher eine äußerst attraktive Option. Voraussetzung ist, dass die Phasenwechseltemperaturen von Arbeits- und Speichermedium entsprechend angepasst werden.

Als Phasenwechselmaterial werden im Temperaturbereich von 120 bis 350°C vorwiegend Nitrat- und Nitritsalze und deren Mischungen eingesetzt. Das Hauptproblem bei der technischen Umsetzung der Latentwärmespeicherung im Hochtemperaturbereich liegt in der unzureichenden Wärmeleitfähigkeit dieser Speichermedien. Diese liegen typischerweise bei 0,5 bis 1 W/(m K). Will man Latentwärmespeicher mit einer ausreichend hohen Wärmestromdichte bzw. Lade- und Entladeleistung erreichen, so benötigt man entweder sehr große Wärmeübertragungsflächen oder Speichermaterialien mit erheblich höherer Wärmeleitfähigkeit (Bild 2).

Die Erhöhung der effektiven Wärmeleitfähigkeit wird durch das Einbringen einer Wärmeleitstruktur in das PCM-Speichermedium erreicht. Als Wärmeleitmatrix werden Rippen aus Aluminium oder expandiertem Graphit eingesetzt (Bild 3), beide Materialien weisen sehr hohe Wärmeleitfähigkeiten auf. Durch dieses berippte Speicherkonzept (Bild 4) kann die wärmeübertragende Fläche zwischen PCM und den dampfdurchströmten Rohren soweit erhöht werden, dass effektive Wärmeleitfähigkeiten im Bereich 5 bis 20 W/(m K) erreicht werden [4].

Die Leistungsfähigkeit dieses berippten Speicherkonzepts konnte erfolgreich in verschiedenen Labor- und Pilotversuchen im Maßstab 5 bis 700 kW in drei verschiedenen Temperaturbereichen demonstriert werden. Dabei wurden KNO3-NaNO2-NaNO3 (Schmelztemperatur ca. 142°C), die eutektische Mischung von KNO3-NaNO3 (Schmelztemperatur ca. 225°C) und NaNO3 (Schmelztemperatur ca. 305°C) als PCM-Speichermedien erfolgreich demonstriert. Weitere PCM-Speichermedien befinden sich in der Entwicklung.

Den derzeit größten Hochtemperatur-Latentwärmespeicher mit 700 kWh Speicherkapazität zeigt Bild 5 [5]. Dieser La­tentwärmespeicher wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen eines BMU-geförderten Projektes für den Einsatz in solarthermischen Kraftwerken mit solarer Direktverdampfung entwickelt. Er beinhaltet 14t Natriumnitrat. Der Phasenwechsel findet bei 305°C statt, was gut zum Dampfturbinenprozess bei ca. 100 bar passt. Der Speicher befindet sich zurzeit im Testbetrieb in einem speziellen Testloop auf dem Gelände des Kraftwerks Litoral von Endesa in Carboneras, Spanien.

Die Machbarkeit effizienter und leis­tungsfähiger Latentwärmespeicher für den Hochtemperaturbereich konnte damit nachgewiesen werden. Die Umsetzung in kommerzielle Produkte erfolgt durch verschiedene Industriepartner.

Fazit

Thermische Energiespeicher sind ein zentrales Element zum effektiven Energiemanagement im Bereich Hausenergieversorgung, Prozesswärme und Kraftwerkstechnik, für solarthermische Anwendungen sind sie unverzichtbar. Ein charakteristisches Merkmal der Speichertechnologie sind die für die jeweiligen Anwendungen hochspezifischen Anforderungsprofile, die ein Portfolio an Speichertypen, Materialien und Methoden erfordern. Für den Bereich Dampferzeugung und Prozessdampf haben Latentwärmespeicher gegenüber sensiblen Wärmespeichern extreme Vorteile. Die Machbarkeit dieser Technologie konnte für verschiedene Temperaturen und Leis­tungsbereiche nachgewiesen werden. Der bis heute größte Hochtemperatur-Latentwärmespeicher mit 700 kWh Speicherkapazität befindet sich derzeit erfolgreich im Testbetrieb. Die Verfügbarkeit verschiedener Auslegungskonzepte ermöglicht die Anpassung des Speichers an eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzgebiete und Betriebsparameter.

Literatur:

[1]    EREC: Directive of the European Parliament and of the Council on the promotion of the use of energy from renewable sources, Januar 2008, www.erec-renewables.org

[2]    Laing, Dörte and Tamme, Rainer and Steinmann, Wolf-Dieter (2007) Innovative Speichertechnologien für eine nachhaltige Energieversorgung. In: World Sustainable Energy Days 2007. o.Ö. Energiesparverband. World Sustainable Energy Days - „Energie-Zukunft 2030“, 2007-02-28 - 2007-03-02, Wels (Österreich).

[3]    Steinmann, Wolf-Dieter and Laing, Dörte and Tamme, Rainer (2010) Latent Heat Storage Systems for Solar Thermal Power Plants and Process Heat Applications. Journal of Solar Energy Engineering, 132 (2), ASME. DOI: 10.1115/1.4001405.

[4]    Bauer, Thomas and Laing, Dörte and Steinmann, Wolf-Dieter and Kröner, Ulrike and Tamme, Rainer (2008) Screening of phase change materials for process heat applications in the temperature range 120 to 250°C. In: Eurosun 2008 - 1st International Conference on Solar Heating, Cooling and Building (Paper ID163). Eurosun 2008 - 1st International Conference on Solar Heating, Cooling and Building, 2008-10-07 - 2008-10-10, Lissabon (Portugal).

[5]    Laing, Doerte and Bahl, Carsten and Fiß, Michael (2010) COMMISIONING OF A THERMAL ENERGY STORAGE SYSTEM FOR DIRECT STEAM GENERATION. In: elektronische Proceedings. SolarPACES 2010, 21. -24. Sept. 2010, Perpig­nan, Frankreich.Autoren: Doerte Laing, Dr. Rainer Tamme, Dr. Wolf-Dieter Steinmann, Maike Johnson, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR).

www.dlr.de

 


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