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Energieeffizienz bei der WarmwasserversorgungKompakte Rohrnetze und eine wärmebrückenfreie Dämmung sind von elementarer Bedeutung

Mit einer heißen Dusche starten Millionen Deutsche jeden Morgen in den Tag. Sie ist selbstverständlicher Teil des Wohnkomforts - zugleich aber auch ein maßgeblicher Energiefresser. In Altbauten fällt das Warmwasser gegenüber der Raumheizung oft kaum ins Gewicht. Bei energieeffizienten Neubauten sieht das schon ganz anders aus, vor allem bei Passivhäusern mit ihrem drastisch reduzierten Heizwärmebedarf von weniger als 15 kWh/(m² a). Hier liegt der Energieverbrauch für Warmwasser in derselben Größenordnung wie der für die Heizung, oft ist er sogar noch höher - und die heiße Dusche schlägt dabei besonders zu Buche.

 

 

Auch wer auf Energieeffizienz bedacht ist, muss deswegen aber nicht auf Komfort verzichten. Denn in allen Bereichen der Warmwasserversorgung von Gebäuden gibt es Ansatzpunkte für Einsparungen - bei der Erwärmung und Speicherung ebenso wie bei der Verteilung. Große Potenziale bestehen zudem in der Reduzierung des Warmwasservolumens. Hinzu kommt die Möglichkeit der Wärmerückgewinnung aus Grauwasser. Wichtig sind bei all dem natürlich auch hygienische Aspekte, etwa der Schutz vor Legionellen. Eine Reihe wirksamer Lösungen dafür, wie ohne Einbußen bei Komfort oder Hygiene die Energieeffizienz bei der Versorgung mit Trinkwarmwasser gesteigert werden kann, ist im Rahmen des vom Land Hessen geförderten Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser erarbeitet worden1).
Durchschnittlich verbraucht jeder Deutsche eine Warmwassermenge von 25 l pro Tag bei einer Temperatur von 60
C. Damit ergibt sich eine jährliche Nutzwärme von etwa 530 kWh pro Person und Jahr. Hinzu kommen erhebliche Wärmeverluste bei der Speicherung und Verteilung von Trinkwarmwasser - der Energiebedarf erhöht sich dadurch oft um 50 % oder mehr.
Ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Effizienz ist der Einsatz von Wasserspar-Armaturen. Allein durch Sparbrausen in Duschen können die zu erwärmenden Kaltwassermengen um etwa 20 % reduziert werden. Welches Warmwassersystem darüber hinaus zum Einsatz kommen sollte, hängt immer von den Randbedingungen ab. Die Anforderungen verschiedener Gebäudetypen unterscheiden sich stark - was für ein Einfamilienhaus gilt, ist nicht einfach auf ein
Bürogebäude zu übertragen, beim Neubau sind andere Dinge zu beachten als bei einem Sanierungsprojekt. Insbesondere die Anordnung der Zapfstellen ist im Einzelfall genau zu prüfen.
Der Planer hat die Aufgabe, die bestmögliche Lösung für das individuelle Projekt zu finden. Um Anhaltspunkte und Orientierungswerte zu definieren, hat das Passivhaus Institut verschiedene Trinkwarmwasser-Systeme im Vergleich betrachtet - jeweils für ein beispielhaftes Reihenhaus und für ein Mehrfamilienhaus. Grundlage für die Berechnungen war das Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP 8).
Die Trinkwarmwasserbereitung erfolgt sehr häufig in Kombination mit der Brauchwasserbereitung für die Gebäudeheizung. Indirekt besteht eine weitere Kopplung zwischen den beiden Bereichen: Gerade im Winter tragen die Wärmeverluste bei der Speicherung und Verteilung des Trinkwassers zur Raumheizung bei. Die "nutzbaren Wärmeverluste" verursachen zunächst also keinen erhöhten Energiebedarf, sondern nur eine Verschiebung des Wärmebezugs von der Heizungsanlage zum System des Trinkwarmwassers. Der Nutzungsgrad bezüglich dieser Wärmeverluste liegt bei Wohngebäuden im jährlichen Durchschnitt bei etwa 45 %. Ein energetisches Einsparpotenzial besteht nur bei den übrigen 55 % - bei den "nicht-nutzbaren Wärmeverlusten", die tatsächlich einen erhöhten Heizenergieverbrauch verursachen.

Wahl des Systems entscheidet über die Nachhaltigkeit

Bei zentralen Systemen wird das Trinkwasser an einer Stelle, meist kombiniert mit dem Heizungswasser, erwärmt und anschließend verteilt. Bei dezentralen Systemen erfolgt die Verteilung dagegen als Kaltwasser und die Erwärmung findet in der Nähe der Zapfstellen, unabhängig vom Heizsystem
statt. Die Verteilverluste sind bei der dezentralen Erwärmung daher deutlich geringer. Dennoch sind zentrale Systeme bezüglich der Energieeffizienz und des Primärenergieeinsatzes oft die bessere Wahl. Denn während eine dezentrale Wassererwärmung auf Strom oder Gas als Energieträger beschränkt ist, können bei zentralen Systemen auch andere Ressourcen genutzt werden - beispielsweise regenerative Quellen wie Pellets, Solarthermie oder Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung.
Bei der primärenergetischen Bewertung schneiden gerade diese Energiequellen besonders gut ab. Das zeigt eine Berechnung des Passivhaus Instituts für ein beispielhaftes Reihenhaus. Grund hierfür sind die niedrigen Primärenergie-Faktoren für Holz (0,2) und Fernwärme (0,7) - zu bedenken ist dabei allerdings, dass auch Holz nur in begrenzten Mengen zur Verfügung steht. Der mit Abstand schlechteste Wert wird, beim heutigen Primärenergie-Faktor für Strom von 2,6, mit direktelektrischer Heizung und Warmwasser-Bereitung erreicht.
Diese Bewertung deckt sich aber immer weniger mit der Realität. Der Primärenergie-Faktor für Strom ist angesichts des Ausbaus erneuerbarer Quellen in den letzten Jahren deutlich gesunken - und dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen. Bei allen Versorgungsvarianten führt dies, wegen des immer benötigten Hilfsstroms, zu einem geringeren Primärenergie-Bedarf. Die größte Reduktion tritt bei direktelektrischer Erwärmung und beim Einsatz von Wärmepumpen auf. Hinter der weiterhin am günstigsten bewerteten Pelletheizung liegt dann die Außenluftwärmepumpe - mit einem etwa halb so großen Primär
energie-Bedarf wie die Gasbrennwertheizung. Hilfreich wäre hier ein langfristig stabileres Bewertungssystem für nachhaltige Energieerzeugung.

Kompakte Netze halten die
Wärmeverluste gering

Trinkwarmwasser ist mit bis zu 60 °C deutlich wärmer als die umgebende Raumluft. Wärmeverteilverluste auf dem Weg zur Zapfstelle sind daher unvermeidbar. Und sie verursachen nicht nur einen erhöhten Energieverbrauch, sondern als unkontrollierte Wärmequelle können sie auch lokale Überhitzung verursachen und damit den Raumkomfort maßgeblich beeinträchtigen, insbesondere im Sommer.
Es gibt diverse Möglichkeiten, Wärmeverteilverluste zu verringern. Die mit Abstand effektivste ist eine Reduktion der Leitungslängen. Die wichtigste Planungsaufgabe besteht demnach darin, das Verteilnetz so kompakt wie möglich zu gestalten - was natürlich stark vom Grundriss und der Raumaufteilung begünstigt oder erschwert sein kann.
Zirkulationsleitungen führen über lange Zeiträume warmes Wasser und sind somit die Hauptverursacher von Wärmeverteilverlusten. Eine bedarfsgeregelte Kürzung der Zirkulationszeiten und eine Senkung der Temperatur bewirken spürbare Einsparungen. Überdies gilt: Je länger die Zirkulationszeiten und -temperaturen, je kälter die Umgebung, desto wichtiger die Dämmung. Nach Berechnungen des Passivhaus Instituts liegt das Kostenoptimum hinsichtlich der Dämmstärke für Zirkulationsleitungen im Gebäudeinneren fast unabhängig von der Rohrdimension bei etwa 50 bis 70 mm. Demnach gilt es für Rohrdimensionen bis etwa DN 40
mit 2 x DN oder gar mehr zu dämmen - und damit über die Anforderungen der Energieeinsparverordnung hinaus.
Oft vernachlässigt werden die Wärmebrückeneffekte in der Leitungsdämmung. Den Ergebnissen dreidimensionaler Wärmestromberechnungen zufolge verursacht eine einzige ungedämmte Rohrschelle eines DN-20-Rohres mit 1 x DN Dämmstärke einen Wärmebrückenverlustkoeffizienten
von = 0,06 W/K. Dies entspricht für eine dauerhaft betriebene Zirkulationsleitung mit 60C außerhalb der thermischen Hülle Zusatzkosten von 2,60 Euro pro Jahr. Eine nachträgliche Umdämmung der Schelle entschärft die Problemstelle um über 50 %. Empfohlen wird jedoch eine Anbringung der Schellen außen um die Dämmung herum, z. B. mithilfe von vorgefertigten, gedämmten Schellen.
Auch Verbindungsstücke und Armaturen sind Wärmebrücken. Ungedämmt verursacht eine Armatur ähnlich hohe Wärmeverluste wie etwa 1,5 m ungedämmte Rohrleitung. Mit Dämmschalen in adäquaten Dämmstärken können die Verluste auf das äquivalent von nur etwa 0,1 m Rohrlänge reduziert werden. Dabei ist unbedingt auf eine fachgerechte Anbringung zu achten - denn eine Hinterströmung oder schlechte Übergänge machen den Dämmeffekt einer Schale schnell zunichte.

Speicherverluste in der Praxis oft sehr hoch

Die zu erwartenden Wärmeverluste eines spezifischen Speichers werden meist vom Hersteller ange
ben. Eine nähere Betrachtung zeigt jedoch, dass die tatsächlich auftretenden Wärmeverluste häufig um ein Vielfaches höher liegen. Zum einen entsprechen die Messverfahren oft nicht realistischen Nutzungsbedingungen. Zum anderen führt in der Praxis oft eine suboptimale Installation zu erhöhten Energieverlusten. Gängige Schwachpunkte sind dabei Wärmebrücken in der Dämmung des Speichers (z. B. Füße oder ungenutzte Anschlüsse), Konvektion hinter der Dämmung, wenn diese nicht dicht anliegt, und Mikrozirkulation in stillstehenden Rohranschlüssen.
All diese Effekte können verhindert oder zumindest deutlich reduziert werden - durch Hilfslösungen wie die Überdämmung von Wärmebrücken und Thermosiphons in allen Anschlüssen oder allein schon durch eine Qualitätssicherung bei der Installation. Die Wärmeverluste des Speichers sind gerade bei Einfamilienhäusern entscheidend, da sie hier einen besonders großen Anteil der Gesamtwärmeverluste ausmachen. Das Einsparpotenzial mit einem guten Speicher liegt hier bei etwa 50 % - bezogen auf die Summe der nicht nutzbaren Wärmeverluste. Bei einem Mehrfamilienhaus mit zentralem Speicher liegt das Einsparpotenzial hingegen nur bei etwa 15 %. Messdaten in einem Beispiel
objekt haben diesen Zusammenhang bestätigt: Die Wärmeverluste eines Speichers konnten durch nachträgliches Dämmen von 5,2 ± 1,5 W/K auf 2,6 ± 1 W/K gesenkt werden, liegen aber immer noch über der Herstellerangabe von 1,9 W/K.

Mit dem Abwasser geht Wärme verloren

Weiteres Potenzial zu mehr Energieeffizienz besteht in der Wärmerückgewinnung aus Grauwasser. Häusliches Abwasser hat in Deutschland meist eine Temperatur von mehr als 20 °C. Abwasser in Kanälen ist selbst im Winter noch 10 bis 15 °C warm. Das Abwasser von heißen Duschen erreicht sogar etwa 35 °C. Ähnlich wie bei der Wärmerückgewinnung aus der Raumluft bietet es sich daher an, auch diese "Quelle" besser zu nutzen - zu Heizungszwecken, zur passiven Vorerwärmung von Warmwasser oder als Wärmequelle für eine Wärmepumpe.
In anderen Ländern werden Systeme zur Wärmerückgewinnung aus Grauwasser zum Teil bereits in großem Umfang eingesetzt. Technisch ausgereifte Lösungen sind also verfügbar. Der mit Abstand höchste Verbrauch an Trinkwarmwasser fällt beim Duschen an. Und gerade die Duschwasser-Wärmerückgewinnung bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. Sie ist ein einfaches, passives System - das Risiko von Fehlern bei der Planung und Installation ist daher gering. Im Ergebnis kann der gesamte Nutzwarmwasser-Bedarf um 25 bis 35 % gesenkt werden.
Welche der vorgestellten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz eines Gebäudes am besten geeignet sind, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Die Grundvoraussetzung ist aber fast immer ein möglichst kompaktes Leitungsnetz, was sich gleichzeitig sehr positiv auf die Investitionskosten auswirkt. Eine wichtige Erkenntnis des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser ist aber auch die, dass Einsparungen von Energie bei der Trinkwarmwasserversorgung keinesfalls zu Einbußen beim Komfort führen müssen - und auch aus Sicht der Energieeffizienz Millionen Deutsche ruhig weiter mit einer heißen Dusche in den Tag starten können, eine sorgfältige Arbeit der TGA-Planer und des Fachhandwerks vorausgesetzt.

Autoren: Jessica Grove-Smith, Dr. Oliver Ottinger, Dr. Jürgen Schnieders, Passivhaus Institut, Darmstadt

www.passiv.de

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Oft vernachlässigt werden die Wärmebrückeneffekte in der Leitungsdämmung.

Die Wärmeverluste des Speichers sind gerade bei Einfamilienhäusern entscheidend…

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