Werbung

Energie, die aus der Tiefe kommt

Bereits seit Jahren werden mit schöner Regelmäßigkeit die Energiepreise von den Versorgern angehoben. Da wundert es nicht, dass sich immer mehr Hausbesitzer nach preisgünstigen Alternativen zu Erdöl und Erdgas umsehen. Eine wachsende Zahl von ihnen interessiert sich im Rahmen dieser Suche für die Erdwärme. Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick über das Thema Geothermie. In den nächsten Heften der IKZ-ENERGY wird das Thema weiter vertieft. Es werden dann die einzelnen Verfahren zur Gewinnung der Erdwärme ausführlich vorgestellt. Ebenso werden die Themen Bohrtechnik und Finanzierung und Förderung der Geothermie behandelt.

 

Bilder: Vaillant



Der Anteil von Erdwärmesystemen nimmt im Neubaumarkt seit einigen Jahren kontinuierlich zu. Wurden im Jahr 2004 bundesweit noch rund 10000 Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren und Grundwasserwärmepumpen in Deutschland installiert, vermeldete die Branche für das Jahr 2006 knapp 29000 neue Anlagen. Die Steigerungsraten liegen derzeit bei über 100%.

Die Branche boomt

Die Präsidentin des Bundesverbandes Geothermie (GtV-BV), Simone Probst, zeigte sich in einer Presseerklärung entsprechend zufrieden und betonte angesichts dieser Entwicklung, die Geothermie habe das Potenzial zu Deutschlands wichtigster Wärmequelle zu werden. "Oberflächennahe Erdwärmesysteme lassen sich fast überall einsetzen", so Probst. Korrekt ausgelegt und installiert verfüge man über eine Wärmequelle, die in Kombination mit der Wärmepumpe die Versorgung mit ­Heizenergie und Warmwasser dauerhaft und vollständig übernehmen könne. Aber auch ohne Wärmepumpe lässt sich die Erdwärme - zumindest im Sommer - gut nutzen, nämlich, um Gebäude zu kühlen. Klimakälte kann man dabei über Erdwärmesonden, Energiepfähle, Grundwasserbrunnen usw. direkt aus dem Boden in ein Gebäude leiten. Es wird in solchen Systemen lediglich die in der Anlage kreisende Wärmeträgerflüssigkeit genutzt bzw. mit Pumpen in den Gebäuden umgewälzt. Der Energieaufwand beschränkt sich also auf den Stromverbrauch eben dieser Pumpen. Mit 1 kWh elektrischer Energie können so bis zu 100 kWh thermischer Energie bereitgestellt werden. Schließlich ist es auch noch möglich, mithilfe der Erdwärme Strom zu erzeugen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Technologie, die nur in seltenen Fällen für Privathaushalte sinnvoll erscheint. Geothermische Stromerzeugung dürfte ihre größten Potenziale in Großprojekten haben.

###newpage###

Oberflächennahe ­Geothermie

Bei der Erschließung von Erdwärme in Tiefen von bis zu 400 m spricht man von oberflächennaher Geothermie. Dabei betragen die Temperaturen in den oberen Bodenschichten bis circa 100 m (der Bereich zwischen 1,2 und 100 m wird hier am häufigsten genutzt) im Durchschnitt lediglich 8 bis 12 °C. In größeren Tiefen nehmen sie schließlich um circa 3 °C pro 100 m zu. Somit erhält man bei 400 m also eine Temperatur von ungefähr 20 °C. Obwohl diese Werte nur wenig spektakulär erscheinen, reichen sie vollkommen aus, um bis zu 80 % der benötigten Heizenergie zur Verfügung zu stellen.

Um auf eine solch hervorragende Bilanz zu kommen, ist eine besonders effiziente Technologie zum Erreichen des für die Heizung benötigten Temperaturniveaus nötig. Die bereits eingangs erwähnten Wärmepumpen stellen genau diese Technologie zur Verfügung. Die größte Verbreitung im Zusammenhang mit der Nutzung von Erdwärme haben hier elektrisch betriebene Kompress­ionswärmepumpen, gasbetriebene Geräte findet man in erster Linie im Zusammenhang mit Großprojekten. Wärmepumpen arbeiten dann am effizientesten, wenn der Temperaturunterschied zwischen der Wärmequelle (hier also der Erdwärme) und den Wärmeverbrauchern möglichst gering ist. Es bietet sich also an, ein Niedertemperatur-Heizsystem wie eine Fußbodenheizung zu verwenden.

###newpage###

Erschließung der ­Erdwärme

Bevor die ausgeklügelte Technologie der Wärmepumpen jedoch ins Spiel kommt, muss die Wärme aus der Erde zunächst einmal erschlossen werden. Hier gibt es prinzipiell mehrere Möglichkeiten: Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren, Grundwasserbrunnen oder erdberührte Betonteile (sogenannte Energiepfähle). Welches Verfahren an einem Standort zum Einsatz kommt, hängt nicht zuletzt von den geo­logischen Gegebenheiten vor Ort ab. Erdwärmesonden finden sich in Mittel- und Nordeuropa am häufigsten. Sie bestehen aus senkrechten, zumeist 30 bis 100 m tiefen Bohrungen. In diese Bohrungen werden für gewöhnlich Kunststoffrohre installiert und dann mit einer Wärmeträgerflüssigkeit gefüllt. Erdwärmekollektoren hingegen werden lediglich in einer Tiefe von 80 bis 160 cm verlegt. Dabei handelt es sich um Wärmetauscherrohre aus Kunststoff, die horizontal im Boden liegen. Über eine zirkulierende Wärmeträgerflüssigkeit wird hier dem Boden die Wärme entzogen. An einigen Standorten kann man das Grundwasser über Brunnen entnehmen und dann direkt zur Wärmepumpe bringen. Dabei ist es aber wichtig, das Wasser wieder in den Untergrund einzuleiten. Neben dem Förderbrunnen ist bei diesen Anlagen also auch eine zweite Bohrung, der sogenannte Schluckbrunnen, nötig. Eine besonders elegante Variante stellen die Energiepfähle dar. Bei ihnen handelt es sich zumeist um statisch notwendige Bauteile oder Gründungsväter von größeren Gebäuden. Diese können bei Neubauten mit Wärmetauschern ausgerüs­tet werden und so nicht nur ihre wichtige statische Funktion übernehmen, sondern auch zur Bereitstellung der Heizwärme beitragen. Energiepfähle kommen besonders im Zusammenhang mit größeren Bauvorhaben zum Einsatz.

###newpage###

Tiefengeothermie

Wenn man in Regionen jenseits der 400 m vorstößt, hat man es mit der sogenannten Tiefengeothermie zu tun. Bei diesem Verfahren erreicht man bisweilen Tiefen von 3000 m oder noch darüber hinaus. Die Temperaturen, die in diesen Tiefen herrschen, liegen zwischen 40 °C und knapp über 100 °C. Heißes oder warmes Wasser spielt in der Tiefengeothermie häufig eine wichtige Rolle. Bei der Thermalwassernutzung fördert man das Wasser über eine Tiefbohrung an die Oberfläche. Dort wird ihm - zumeist über einen Wärmetauscher - die Wärme entnommen und an ein Fernwärmenetz übertragen. Das abgekühlte Wasser gelangt dann über eine zweite Bohrung wieder zurück in den Untergrund und kann sich dort erneut erwärmen. Dabei muss man auf jeden Fall darauf achten, dass das abgekühlte Wasser in dieselbe Schicht gelangen kann, aus der es auch entnommen wurde. Auf diese Weise wird das hydraulische Gleichgewicht im Untergrund nämlich erhalten und auch das Thermalwasservorkommen nicht leergepumpt. Bei der Stromerzeugung mit Erdwärme kommen Dampf­turbinen zum Einsatz. Hier sind also Temperaturen jenseits der 100-°C-Grenze erforderlich, um die Turbinen überhaupt antreiben zu können. Da es in Mitteleuropa keine Dampf- oder Heizwasserlagerstätten gibt, man aber nicht auf diese umweltfreundliche Art der Stromerzeugung verzichten möchte, kommt hier ein anderes Verfahren zum Einsatz. Dr. Axel Rogge, Geschäftsführer der Rogge & Co. Hydrogeologie GmbH, erläutert das Hot-Dry-Rock-Verfahren in einem Interview so: "Bei dieser Technologie wird Wasser unter hohem Druck in eine Bohrung gepresst, um in großer Tiefe bereits vorhandene Gesteinsklüfte und -risse zu öffnen und damit die Wasserdurchlässigkeit des Gesteins zu erhöhen. Das Risssystem verbindet als Wärmetauscherfläche zwei Tiefbohrungen hydraulisch miteinander. Über eine Injektionsbohrung wird kaltes Wasser eingeleitet, erwärmt sich auf den heißen Gesteinsflächen und wird über die Förderbohrung der energetischen Nutzung zugeführt."###newpage###

Standortcheck

Grundsätzlich ist an jedem Standort zumindest ein Minimum an Erdwärme verfügbar. Dennoch muss ein Bauherr bei der Auswahl des Verfahrens zur Nutzung der Erdwärme geologische, wirtschaftliche und rechtliche Gegebenheiten Vorort berücksichtigen. So ist eine geothermische Nutzung beispielsweise in Trinkwasserschutzgebieten entweder komplett untersagt oder nur unter Auflagen erlaubt. Eine Errichtung von Erdwärmesonden/-brunnen in den Trinkwasserschutzzonen I und II ist generell unzulässig. Es gilt also immer zunächst mit der Unteren Wasserbehörde des zuständigen Kreises zu klären, ob eine Bohrung überhaupt zulässig ist. Sollte aus rechtlicher Hinsicht der Nutzung von Erdwärme nichts mehr entgegenstehen, ist ein geologischer Check des Standortes nötig. Leicht lösliche Gesteine im Untergrund, artesisch gespanntes Grundwasser, Karsthohlräume oder Gasführung im Untergrund können für den Bau einer Erdwärmesonde ein großes Risiko darstellen. Hier gilt es dann zu entscheiden, ob eine Tiefenbohrung unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden kann oder grundsätzlich unterbleiben muss. In diesem Fall muss ein Bauherr aber dennoch nicht auf die Geothermie verzichten. Hier würde die Wahl dann gegebenenfalls auf die flach verlegten Erdwärmekollektoren fallen.###newpage### Auch wenn einer Bohrung prinzipiell nichts mehr entgegensteht, ist der Planungsprozess noch nicht beendet, denn es muss u. a. festgelegt werden, welche Tiefe die Erdwärmesonde haben soll. Auch hier spielen eine Reihe verschiedener Faktoren eine Rolle: Die gebrauchte Wärmemenge ist natürlich entscheidend, aber auch die Wärmeleitfähigkeit des Gesteins, die Oberflächentemperatur und die Grundwasserführung im Untergrund. Unter bestimmten Umständen kann es auch günstiger sein, mehrere Sonden in geringerer Tiefe zu betreiben als eine tiefe Bohrung vorzunehmen.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: