Einstweilige Verfügung gegen Stadtwerke München
Ein Update zum Beitrag „Enthärtung birgt Konfliktpotenzial“
Unter der Überschrift „Enthärtung birgt Konfliktpotenzial“ haben wir in der vergangenen Ausgabe (9/2020) über ein Rundschreiben der Stadtwerke München berichtet, in dem sich der Versorger deutlich gegen den Einbau von Enthärtungsanlagen auf Ionenaustauscherbasis für die Aufbereitung von Trinkwasser kalt positioniert. Unter Sachverständigen ist das Thema nach wie vor strittig. Das belegen zahlreiche Diskussionsbeiträge in den sozialen Netzwerken. Zumindest juristisch ist die Streitfrage aktuell aber erst einmal gegenstandslos, denn inzwischen hat die Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH eine einstweilige Verfügung gegen die Stadtwerke München erwirkt.
In einer Stellungnahme der Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH zum IKZ-Artikel heißt es, dass es seit November 2019 eine „intensive persönliche und schriftliche Diskussion“ mit den Stadtwerken München (SWM) und einigen Behörden über die unterschiedlichen Auffassungen zum Einsatz von Enthärtungsanlagen in der Trinkwasserinstallation gegeben habe. Dabei seien die geltenden Anforderungen auf Basis der technischen Normen, ergänzender Klarstellungen der zuständigen Normungsgremien wie auch wissenschaftlicher Studien erörtert worden.
Von dem Rundschreiben der SWM an die eingetragenen Installateure sei das Unternehmen „negativ überrascht“ gewesen. „Die darin enthaltenen Aussagen waren teilweise schlicht falsch und standen im krassen Widerspruch zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Wir waren daher gezwungen, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erklärt Dr. Günter Stoll gegenüber unserer Redaktion. Der Grünbeck-Geschäftsführer führt aus: „Am 29. Mai hat das Landgericht München I eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der SWM Infrastruktur GmbH unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro untersagt wird, die wesentlichen Kernaussagen aus dem Rundschreiben zu wiederholen. Unter anderem wurde die Aussage untersagt, dass die Installation von Trinkwasserbehandlungsanlagen nur im Kaltwasserzulauf zum Warmwasserbereiter erfolgen darf. Diese einstweilige Verfügung ist zwischenzeitlich rechtskräftig.“
Fachverband SHK Bayern begrüßt die Entscheidung
Die Stadtwerke München haben ihr Rundschreiben inzwischen als gegenstandslos zurückgezogen. Der Fachverband SHK Bayern begrüßt diese Entscheidung. Laut Aussage von Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik im Fachverband SHK Bayern, hätte das Rundschreiben nicht nur zur Verunsicherung von Verbrauchern geführt. Es drohten auch Auswirkungen auf bestehende oder künftige Vertragsverhältnisse zwischen Endkunden und SHK-Betrieb, wenn beispielsweise die Stadtwerke den Einbau eines solchen Gerätes als Mangel betrachteten. Schütz: „Damit bleibt es also wie gehabt, Wasserbehandlungsanlagen, die den anerkannten Regeln der Technik entsprechen (z. B. mit DIN / DVGW- oder DVGW-Zeichen) können entweder das gesamte Kaltwasser behandeln oder auch nur in den Kaltwasserzulauf zum Warmwasserbereiter eingebaut werden. Dazu werden vor der Planung der Anlage in einem Beratungsgespräch zwischen Kunde und SHK-Fachfirma zunächst Zweck und Ziel besprochen, die mit dem Einbau erreicht werden sollen. Bei dieser Gelegenheit kann bereits auch der richtige Betrieb und die regelmäßige Wartung besprochen werden.“
Und was sagt der Jurist dazu?
Wir haben Thomas Herrig, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, um eine Stellungnahme zum Beschluss des Landgerichts München und um eine Einschätzung gebeten, ob die Entscheidung des Landgerichts einen Freibrief für den Einsatz von Enthärtungsanlagen darstellt.
Dazu der Baurechtsexperte: „Entscheidungen eines Gerichtes beziehen sich immer auf einen konkreten Sachverhalt, der in den Gründen des Urteils oder – wie hier – in den Gründen des Beschlusses dargestellt ist. Vorliegend ging es um Aussagen der Stadtwerke München (SWM Infrastruktur GmbH) in einem Rundschreiben, das den Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens bildete. Fest steht damit, dass die Stadtwerke die in dem Rundschreiben wiedergegebenen Aussagen, z. B. dass die Installation einer Enthärtungsanlage nur im Kaltwasserzulauf zum Warmwasserspeicher zu erfolgen hat, nicht mehr tätigen darf.“
Laut Herrig wird man zudem davon ausgehen dürfen, dass die Aussagen der Stadtwerke München nicht als Begründung für die angebliche Mangelhaftigkeit einer Wasserbehandlungsanlage herangezogen werden können. Es dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handele. Die jeweils von den Parteien vorgetragene Argumentation werde summarisch geprüft mit dem Ziel, eine vorläufige Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses herbeizuführen.
Doch was heißt das nun konkret? Dazu Thomas Herrig: „Auch wenn zwischen den technischen Fachleuten der Einsatz von Wasserbehandlungsanlagen umstritten ist, ändert das nichts daran, dass diese sowohl aus rechtlichen als auch aus technischen Gesichtspunkten nach wie vor zulässig sind. Mit Interesse darf man auch die Diskussion verfolgen, ob die Mitteilung DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NA119-07-07AA) aus dem April 2018 tatsächlich den Status einer anerkannten Regel der Technik hat. Diese Diskussion wird zwischen den beteiligten Fachleuten zu führen sein.“
Einen praktischen Hinweis hat der Baurechtsexperte zum Schluss: „Laut Entscheidung des OLG Koblenz in einem Urteil vom 19.07.2001 hat der Installateur, der mit der betriebsfertigen Montage einer Wasserenthärtungsanlage beauftragt ist, die ganz speziellen Anforderungen genügen soll, die konkreten Betriebsbedingungen zu ermitteln und die Anlage entsprechend zu programmieren. Er hat außerdem den späteren Betreiber (Auftraggeber) in den Betrieb der Anlage einzuweisen (OLG Koblenz, Urteil 19.07.2001, – 5 U 1732/00).
Schlussbemerkung
Nach der vorliegenden juristischen Einschätzung ist der Einsatz von Trinkwasserenthärtern an zentraler Stelle für Trinkwasser warm und kalt uneingeschränkt zulässig. Die Aufklärung des Kunden und damit verbunden eine sorgfältige Bedarfsabfrage, der Einsatz zertifizierter Produkte und eine regelmäßige Wartung der Geräte sind in diesem Zusammenhang von elementarer Bedeutung und gehören deshalb ins Pflichtenheft des Installateurs.