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Effizienzlabel für Wärmepumpen: Ist die pauschale Einstufung in mindestens A+ gerechtfertigt?

In wenigen Tagen, am 26. September, ist es soweit: Dann müssen bestimmte Wärmeerzeuger mit einem Energieeffizienzlabel versehen werden. Die Skala auf dem Label, wie man es von der „weißen Ware“ her kennt, reicht von E bis A++. Je besser ein Wärmeerzeuger, desto höher wandert er in Richtung A++. Schon während der Angebotsphase – also vor der Kaufentscheidung – muss der Handwerksbetrieb den Kunden darüber informieren, in welche Effizienzklasse der oder die angebotenen Wärmeerzeuger fallen. Die Pflicht dazu resultiert aus einer europäischen Richtlinie, die energieverbrauchsrelevante Produkte (ErP) zum Gegenstand hat und den Primärenergieaufwand bewertet. Sieht man sich nun die generelle Einstufung der Wärmeerzeuger an, zeigt sich folgendes Bild: Die elektrische Wärmepumpe bekommt – i.d.R. – mindestens ein A+, beispielsweise die Luft/Wasser-Wärmepumpe. Die Sole/Wasser-Wärmepumpe erreicht sofort ein A++. Ein Öl- oder Gas-Brennwertkessel findet aufgrund seines Primärenergieaufwands in A seinen Platz. Nur durch besondere Anstrengungen wie eine zusätzliche Solarthermieanlage wäre die nächst höhere Stufe – also A+ – zu erreichen. Die Wärmepumpen laufen nun den Brennwertkesseln den Energieeffizienz-Rang ab. Das verwundert. Schließlich wird den Brennwertkesseln eine hohe Bedeutung bei den Klimaschutzzielen des Bundes beigemessen. Und sie brauchen den elektrischen Strom als Antriebs­energie. Daher stellt sich die Frage, ob die pauschale Einstufung von Wärmepumpen in mindestens A+ tatsächlich gerechtfertigt ist.

Contra: Dipl.-Ing. Jürgen Stefan Kukuk, Geschäftsführer der ASUE (Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e. V.), Berlin

 

Pro

Das Energielabel für Raumheizgeräte, das ab dem 26. September 2015 verpflichtend für viele Wärmeerzeuger ist, soll die Nachfrage nach umweltfreundlichen Heizungen ankurbeln. Als Bewertungsmaßstab dient die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz s. Diese orientiert sich am Primärenergieaufwand und ist insofern gut geeignet, weil hier auch diejenigen Anteile der Energie berücksichtigt werden, die notwendig sind, um den jeweiligen Energieträger zu gewinnen und zu transportieren.
Im Fall von elektrisch betriebenen Geräten wirkt sich der zunehmende Anteil erneuerbaren Stroms vorteilhaft aus: Ihr primärenergetischer Aufwand sinkt. Die gute Einstufung von Wärmepumpen beim Ener­gielabel liegt aber vor allem daran, dass ein großer Anteil Wärme aus Luft, Erdreich oder Grundwasser und nur ein kleiner Teil elektrischer Strom genutzt wird, um die Raumwärme zu erzeugen.
Für die Einordnung der Heiztechnologien in Effizienzklassen nutzt die EU eine Skala, die im ersten Schritt von A++ bis G reicht. Die obersten Klassen sind den effizientesten Technologien vorbehalten, die einen s-Wert von 98 % erreichen. Dafür ist in der Regel die Nutzung Erneuerbarer Energien notwendig. Da alle verfügbaren Wärmepumpen mindestens eine Energieeffizienz von 100 % aufweisen, erfüllen alle Geräte die Voraussetzungen für die Effizienzklasse A+. Effizientere Geräte erreichen A++ (ab 125 %) oder sogar A+++ (ab 150  %, ab 26. September 2019). Fossile Kessel können rein physikalisch nicht mehr als 93 % Effizienz erreichen: Das reicht beim Produktlabel immerhin für ein „A“.
Aufgabe der Energieeffizienzkennzeichnung ist es, die großen Effizienzunterschiede zwischen den einzelnen Technologien für den Verbraucher sichtbar zu machen. Nur so kann die gewünschte Lenkungswirkung zu energieeffizienteren Geräten erreicht werden. Die schlechteste Wärmepumpe in Klasse A+ ist immer noch deutlich effizienter als der beste Brennwertkessel in Klasse A.
Dass der effiziente Betrieb stark von der Einbausituation abhängt, trifft sowohl auf Wärmepumpen wie auf Brennwertkessel zu. Die Energienoten beziehen sich nur auf das Produkt, unterschiedliche Anlagenkonstellationen oder gar Gebäude können nicht praktikabel abgebildet werden.
Manche Kritiker bemängeln, Effizienzklassen von A+ und besser würden dem Endkunden niedrigere Betriebskosten suggerieren. Bei Raumheizgeräten muss das tatsächlich nicht unbedingt stimmen, da unterschiedliche Energieträger eingesetzt werden. Richtig ist: Der Preis für Strom ist in Deutschland verglichen mit dem Gaspreis relativ hoch. Dadurch können sich höhere Betriebskosten trotz effizienterer Geräte ergeben. Die Preise sind politisch bedingt, z. B. durch Stromsteuer, EEG-Umlage etc. und keineswegs in der gesamten EU einheitlich. Jährliche Betriebskosten sind außerdem bei allen Heizgeräten von einer Vielzahl von Randbedingungen abhängig: Neben dem Gebäude selbst sind das vor allem die Witterungsbedingungen und das Nutzerverhalten.
Fazit: Beim Label für Raumheizgeräte geht es um die primärenergetische Effizienz von Produkten, nicht um jährliche Verbrauchskosten einer Heizungsanlage in einem bestimmten Gebäude. Da Wärmepumpen sehr effizient sind und in hohem Maße Erneuerbare Energien nutzen, verdienen sie die besten Klassen. Wie auch bei der „weißen Ware“ wird die Kennzeichnungspflicht dazu beitragen, dass sich effiziente Geräte besser verkaufen.

Contra

Ein Kühlschrank mit dem Label A++ ist besonders effizient, umweltschonend und kostengünstig. Das wissen die Verbraucher seit Jahren. Ein Vergleich ergibt Sinn, denn er zeigt auf, wie man Kosten sparen und das Klima entlasten kann. Und das Label wirkt: Ineffiziente Geräte sind aus den Elektromärkten praktisch verschwunden.
Ab September gibt es auch für Heizungen ein Energieeffizienzlabel. Wer glaubt, eine Heizung mit dem grünen Label A++ sei stets besonders effizient, umweltschonend und kostengünstig, der irrt. Die Sache ist komplizierter. Und so warnt die Verbraucherzentrale NRW: „So kann unter Umständen eine mit A++ gelabelte Luft/Wasser-Wärmepumpe höhere Heizkos­ten verursachen als ein mit A gelabelter Gas-Brennwertkessel.“
Ein Beispiel aus der Studie Modernisierungskompass des Instituts für technische Gebäudeausrüstung macht deutlich, wie leicht das Effizienzlabel zu Missverständnissen führen kann. Eine Erdgas-Brennwertheizung mit Solarthermie erhält ab September das sehr gute Label A+, die Split-Elektrowärmepumpe das noch bessere Label A++. Doch die Modellrechnung zeigt: Das bessere Label ist hier mit Blick auf Kos­ten und Klima die schlechtere Wahl. Die Elektrowärmepumpe ist nicht nur teurer in der Anschaffung, sie bringt auch höhere Betriebskosten mit sich. Und sogar bei der Umweltbelastung schneidet die Kombination Erdgas und Solar besser ab.
Das Problem: Es geht bei dem Label nicht um Heizkosten. Es geht bei der Einteilung in Effizienzklassen auch nicht um das Klima. Das Heizungslabel folgt einer anderen Logik, die für den Verbraucher kaum nachvollziehbar ist: Je weniger fossile Primärenergie eingesetzt werden muss, desto besser werden die Heiztechnologien bewertet. Die Gefahr liegt auf der Hand: Die Verbraucher übertragen ihr Wissen über Effizienzlabel vom Kühlschrank auf die Heizung. Dann könnte es ein böses Erwachen geben – in Form von hohen Betriebskosten. Auch wenn unser Strom heute vermehrt aus erneuerbaren Quellen stammt und daher primärenergetisch relativ positiv bewertet wird: Bezahlt werden muss er trotzdem und in Zukunft ist weiter mit bedeutenden Strompreissteigerungen zu rechnen.
Leider ist das Heizungslabel auch wenig geeignet, um dem Verbraucher eine echte Orientierungshilfe zu bieten. Die Geräte werden pauschal nach Gerätetyp einsortiert. Die Differenzierung in bessere und schlechtere Brennwertkessel oder Wärmepumpen bleibt weitestgehend aus. Besonders problematisch ist das bei Elektrowärmepumpen. Hier sind in der Vergangenheit viele Verbraucher auf vermeintlich güns­tige, aber in Wahrheit sehr teure Angebote hereingefallen: Wer bei der Technik spart, bezahlt das oft mit sehr hohen Betriebskosten.
Die Idee hinter dem Heizungslabel ist gut, das Ziel ehrenwert: Effizientes Heizen ist einer der entscheidenden Schlüssel zur Energie- und Klimawende. Dass hier mehr passieren muss, ist Konsens. Aber es kann nur verglichen werden, was vergleichbar ist.
Somit gilt weiterhin, auf die Beratung vor Ort kommt es an. Der Handwerker verfügt über das nötige Fachwissen, die Verbraucher kompetent und individuell zu beraten und das Heizsystem sinnvoll auszulegen. Denn im Gegensatz zu Elektrogeräten ist die Effizienz von Heizsystemen nicht vom Gerät allein abhängig: Heizungsanlagen sind komplexe Systeme, die nur durch eine ideale Abstimmung aufeinander effizient funktionieren und somit Kosten sparen.

 


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