Druck halten, Gas meiden
Gerade in größeren Heizungsanlagen haben der Anlagendruck und die Menge an freien und gelösten Gasen großen Einfluss auf den Anlagenbetrieb
Exakt geregelte Kreisläufe, Pufferspeicher, Temperaturschichtungen, Mischer, Regelventile und Pumpen sorgen für die erwartete hohe Effizienz und den zuverlässigen Betrieb moderner Heizanlagen – ein fein abgestimmtes System, das empfindlich auf Abweichungen reagiert. Insbesondere müssen die Drücke stimmen und es darf nicht zu korrosionsbedingten Veränderungen kommen.
Der Befund des ZIV (Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks) und des BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) ist ebenso klar wie ernüchternd: Mehr als die Hälfte der in Deutschland installierten Heizungsanlagen ist unzureichend effizient. Konkret: Es sind rund 12 Mio. der installierten 21 Mio. Anlagen – 57 %. Die Verbände leiten das insbesondere aus dem Alter der Technik ab.
Praktisch gesehen ist die Situation sogar noch ungünstiger: Beispielsweise wenn aufgrund eines falsch dimensionierten oder defekten Membranausdehnungsgefäßes die Druckverhältnisse nicht wie geplant stimmen – die Druckhaltung ist elementar wichtig für die Verteilung der Heizwärme. Oder wenn aufgrund eintretender Luft ins System Leitungen und Armaturen korrodieren, die Strömungsverhältnisse, gar das Regelverhalten beeinflussen – beides reduziert die Effizienz der Heizanlage. Unter Umständen kommt es zur Kavitation an der Umwälzpumpe (Abnutzungserscheinungen an den Schaufelrädern durch Unterdruck).
„Korrosion ist der Feind der Heizungsanlage“ – das könne ohne Übertreibung so gesagt werden, schreibt der VDZ (Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik) in seiner lesenswerten Druckschrift „Druckhaltung und Wasserbeschaffenheit von Heizungsanlagen“. Die Vermeidung von Korrosion sei jedoch keine einfache Aufgabe, da die Ursache in verschiedenen und teilweise sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren begründet ist.
Die am häufigsten auftretende Korrosionsart ist die Reaktion von im Wasser vorhandenem Sauerstoff mit Bauteilen aus Stahl, z. B. Rohren, Wärmeerzeugern oder auch Heizkörpern. Daher ist es wichtig, dass während des Betriebs keine Luft (und damit auch kein Sauerstoff) in die Heizungsanlage gelangen kann. Bei erhöhtem Lufteintritt in die Anlage hat die technische Fehlerbeseitigung Vorrang vor dem Einsatz von chemischen Mitteln zur Sauerstoffbindung.
Gase lassen sich nicht vermeiden, aber entfernen
Eine absolute Dichtheit gibt es jedoch nicht. Geringe Mengen Luft (bzw. Sauerstoff) können durchaus – z. B. durch Diffusionsvorgänge – in die Anlage gelangen, ohne dass dies jedoch zu Störungen oder Schäden führt. Der Entwurf VDI 2035 Blatt 1 spricht daher auch von einem „korrosionstechnisch geschlossenen System“. Dies wird erreicht durch eine funktionsfähige und ausreichend bemessene Druckhaltung, die Verwendung diffusionsdichter Materialien sowie eine regelmäßige Wartung.
Generell gibt es nach dem Henry-Gesetz1) zwei Möglichkeiten, Gase aus dem Anlagenwasser zu lösen: Durch eine Temperaturerhöhung oder eine Druckabsenkung. Da die Temperatur für ein wirtschaftliches Arbeiten der Anlage und zur Schonung ihrer Komponenten nicht zu hoch sein darf, ist das Absenken des Drucks empfehlenswerter. Hier gibt es zwei Lösungen: Zum einen die Normalentgasung mit einer pumpengeregelten Druckhaltung. Dabei wird das Heizungswasser, das auf einem anlagenbedingten Überdruck gehalten wird, einem drucklosen Behälter zugeführt. Durch die Druckdifferenz lösen sich die im Wasser enthaltenen Gase, sodass eine relative Gasfreiheit herrscht. Anmerkung: Bei Kühlanlagen ist die Normalentgasung jedoch nicht sehr effektiv, weil hier die Temperatur des Wassers zu niedrig ist.
Wirkungsvoller sowohl bei Heizungs- als auch bei Kühl- und Kälteanlagen sind Vakuumentgaser, wie Flamco Meibes sie mit der Produktlinie „Vacumat“ im Sortiment hat. Sie erzeugen ein Vakuum, indem die Pumpe mehr Wasser aus der Säule des Gerätes zieht als zulaufen kann. Im Vakuum wird das Gas freigesetzt und sammelt sich über dem Wasserspiegel. Durch Herunterfahren der Pumpe wird der Druck kurzzeitig erhöht, wodurch die freigesetzten Gase abgeschieden werden. Praktisch: Bei zu niedrigem Systemdruck speisen die Entgaser vollautomatisch nach, bis der voreingestellte Betriebsdruck wieder erreicht ist.
Über zwei Jahrzehnte etabliert, zählt die Vakuum-Sprührohrentgasung von Reflex zur Optimierung von Wasserqualität und Betriebssicherheit heute zu den etablierten Systemen im Markt. Jüngst wurde das Programm um das System „Servitec S“ erweitert. Der Neuzugang ist für den Einsatz in Anlagen mit einem Wasservolumen bis zu 6 m3 bzw. Wasser-Glykol-Mischungen bis zu 4 m3 vorgesehen, wie sie beispielsweise in Mehrfamilienhäusern, Schulgebäuden wie auch kleinen Geschäfts- und Bürogebäuden zu finden sind. Konventionelle Heizsysteme werden ebenso wirkungsvoll unterstützt wie Flächenheiz- und Kühlsysteme. Grundsätzlich, also unabhängig vom Hersteller, sind die Anlagen sowohl im Neubau wie im Altbau einsetzbar.
Über Bluetooth nimmt der Installateur per Smartphone und der App „Reflex Control Smart“ die „Servitec S“ in Betrieb. Überwachen und Instandhalten ist auf Basis des Wartungs- und Fehlerbehebungsassistenten realisierbar. So lassen sich unter anderem Entgasungszeiten wie Wochentage und Uhrzeiten anpassen. Auch die Anzeige von Störungsmeldungen – wenn beispielsweise ein Wassermangel festgestellt wird – sowie die Abfrage des Anlagendrucks sind mit der App möglich.
Die Vakuumentgaser „Spirovent Superior S400“ und „... S600“ von Spirotech arbeiten auch bei statischen Höhen über 15 m bzw. bei weit verzweigten Anlagen – zumal sie an nahezu jeder Stelle einer Anlage installiert werden können, so der Anbieter. Zudem lassen sie sich in die Gebäudeleittechnik einbinden und über mobile Endgeräte per Fernzugriff kontrollieren. Spirotech empfiehlt die Kombination mit einer Nachspeisung, die sich bei diesen Modellen als Option direkt integrieren lässt.
Mikroblasen hat der „Discal Slim“ von Caleffi fest im Blick: Der Mikroblasenabscheider mit einem Gehäuse aus Technopolymer-Kunststoff nutzt für diese Aufgabe die physikalische Gesetzmäßigkeit des Venturi-Effekts: Das Medium fließt im Differenzdruckprinzip durch eine Kammer; dabei wird die Fließgeschwindigkeit verringert. Es entstehen automatisch Turbulenzen mit der Folge, dass die Mikroblasen vom Medium getrennt werden. Sie steigen nach oben und werden dort in einem kontinuierlichen Prozess ausgeschieden. Durch die zweifache Strömung in der Kammer ist keine Fließrichtung vorgegeben. Somit kann der „Discal Slim“ sowohl horizontal als auch vertikal in die Vorlaufleitung der Heizungsanlage als Permanententlüfter eingebaut werden.
Dynamische Druckhaltung
Zu häufiges Nachfüllen ist ein sicherer Hinweis, dass die Anlage nicht dicht ist oder die Druckhaltung nicht funktioniert. Die VDI 2035 sieht eine Nachspeisung von 10 % der Füllmenge pro Jahr als Indikator für eine erhöhte Nachfüllmenge. Hier wird dringend empfohlen, die Ursache für den Wasserverlust aufzuspüren. Mögliche Ursachen sind z. B. eine Leckage aufgrund beschädigter Bauteile oder Dichtungen (seltener) oder eine mangelhafte Druckhaltung (häufigste Ursache).
Im Gegensatz zu Membranausdehnungsgefäßen arbeitet die dynamische Druckhaltung mit Fremdenergie. Auf dem Markt sind in diesem Bereich Anlagen erhältlich, die entweder mit Kompressoren oder mit Pumpen gesteuert werden. Der Einsatz einer Kompressor-Druckhaltung erfolgt vor allem dort, wo Kompaktheit und Präzision gefragt sind. Der bevorzugte Anwendungsbereich liegt bei Anlagen bis 800 kW bzw. Nenndrücken von bis zu 6 bar, so die Aussage von IMI Hydronic Engineering. Durch die natürliche Elastizität des Luftpolsters könne der Druck bis auf ± 0,1 bar konstant gehalten werden. Selbst bei Stromausfall bleibe die Kompressor-Druckhaltung, z. B. das Modell „Compresso“ weitestgehend arbeitsfähig. Das Nennvolumen des Ausdehnungsgefäßes kann dabei fast vollständig zur Wasseraufnahme genutzt werden.
Die Pumpen-Druckhaltung gewährleiste ebenfalls einen konstanten Anlagendruck mit einer hohen Präzision von ± 0,2 bar. Eingesetzt werden die Systeme überwiegend in Großanlagen oder im mittleren Leistungsbereich als Kombigerät mit Nachspeisung und Entgasung. Zum Schutz der Pumpe gegen Trockenlauf kann das Nennvolumen des Ausdehnungsgefäßes allerdings nicht vollständig, sondern etwa zu 90 % genutzt werden. Darüber hinaus ist bei Stromausfall ein Notbetrieb als MAG nicht möglich.
Moderne Druckhaltestationen mit Pumpen bieten zudem eine Reihe von Zusatzfunktionen. Vor allem im mittleren Leistungsbereich werden bevorzugt Multifunktionslösungen eingesetzt. Der „Transfero TV Connect“ (IMI Hydronic Engineering) etwa kombiniert die Pumpen-Druckhaltung mit der Vakuumentgasung in einem Gerät. Auf diese Weise wird platzsparend in parallel verlaufenden Prozessen der Anlagendruck mit hoher Präzision konstant sowie das Anlagenwasser mindestens doppelt so effektiv wie bei alternativer Pumpendruckhaltung mit atmosphärischer Entgasung von gelösten Gasen befreit. Über die serienmäßig integrierte „Braincube Connect“-Steuerung lässt sich das System in Echtzeit von jedem internetfähigen Gerät aus über eine webbasierte Benutzeroberfläche oder ohne Internetzugang über ein internes Serverinterface bedienen und überwachen.
Das „Sunline Druckhaltungs- und Entgasungssystem“ („SDE“ des Anbieters Sunline) besteht aus einem geschlossenen, drucklosen Edelstahlbehälter mit einer Reinigungsöffnung und einer Wasserstandsanzeige. Das System ist eine kompakte Einheit mit Druckhaltepumpe sowie dem Steuer- und Regelungsmodul. Das „SDE“ ist komplett elektrisch und hydraulisch vormontiert und wird entsprechend den Objektvorgaben werksseitig auf die richtigen Betriebsparameter voreingestellt.
Fazit
Viele Störungen in Heizungsanlagen haben direkt oder indirekt mit zu viel Gas im Heizwasser und/oder mit der mangelnden Druckhaltung im System zu tun. Mit den vorgestellten technischen Lösungen sollte der Installateur/Heizungsbauer einen Großteil von Problemen in den Griff bekommen. Da die Zunft derzeit mehr als gut zu tun hat, empfiehlt es sich, nicht das kostengünstigste Standardprodukt zu wählen, sondern mehr auf die Effektivität zu schauen.
Autor: Hans-Jürgen Bittermann, freier Journalist mit Pressebüro bitpress