Die Vorstellung fällt ins Wasser
Fluten Sprinkleranlagen deutsche Theater?
„Theater ahoi: Löschanlagen sorgen für Millionenschäden auf deutschen Bühnen“, „Kulturbürgermeisterin kritisiert Auflagen für Löscheinrichtungen“, „Wasser marsch auf dem Theater“: So oder ähnlich reißerisch sind Berichte über spektakuläre Wasserschäden an einigen deutschen Theatern übertitelt. Schuld seien – oft vereinfachend als „Sprinkler“ bezeichnet – automatische Löschanlagen, die „häufig aus ungeklärter Ursache“ auslösen würden. Im gleichen Atemzug werden vermeintlich unnötige und „zu teure“ Brandschutzauflagen kritisiert. Der Fachmann reibt sich verwundert die Augen, gelten doch gerade automatische Löschanlagen als ausgesprochen zuverlässig.
Automatische Löschanlagen detektieren nicht nur ein Feuer, sondern bekämpfen es aktiv. Brände werden bereits in der Entstehungsphase gelöscht oder bis zum Eintreffen der Feuerwehr wirksam eingedämmt. Das ist besonders in großen Theatern und Bühnen gefordert, wo in Dekorationen, Bühnenbildern und Magazinen häufig große Brandlasten verbaut oder gelagert sind. Elektrische Anlagen, Scheinwerfer und andere Bühnentechnik stellen vielfältige Zündquellen dar. Während der Vorstellungen sind zahlreiche ortsunkundige Besucher und Mitarbeiter anwesend, sodass für einen effektiven Personenschutz die Verhinderung eines Feuers und seiner Ausbreitung oberste Priorität haben. Aus diesem Grund schreiben die Landesbauordnungen basierend auf der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO) [1] für Theater und Bühnen ab einer bestimmten Größe unter anderem automatische Brandmeldeanlagen und Löschanlagen vor.
Flexible Löschtechnik
Für den Bühnenbereich von Großbühnen sieht die MVStättVO eine automatische Sprühwasserlöschanlage vor (Bild 1), die gleichzeitig den obligatorischen Schutzvorhang kühlt, der im Brandfall und in arbeitsfreien Zeiten heruntergefahren wird und den Zuschauerraum vom Bühnenraum trennt. Sprinkler sind hier wegen der meist großen Höhe der Bühne bzw. der Bühnenöffnung nutzlos. Während einer Aufführung wird die Löschanlage manuell von der vorgeschriebenen Brandsicherheitswache bedient. Die Automatik der Sprühwasserlöschanlage kann auch „während der Dauer der Anwesenheit der Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik“ abgeschaltet werden [1], also beispielsweise bei Proben. Im manuellen Betrieb sind mit gut geschultem Personal versehentliche Fehlauslösungen äußerst unwahrscheinlich.
Im automatischen Betrieb lösen Sprühwasserlöschanlagen üblicherweise erst dann aus, wenn gleichzeitig zwei automatische Brandmelder ein Feuer erkannt haben. Auch diese Bedingung bietet eine hohe Sicherheit gegenüber Fehlauslösungen. Als Alternative zu Sprühwasser stehen Wassernebellöschanlagen zur Verfügung, die bei vergleichbarem Löscheffekt mit wesentlich weniger Löschwasser arbeiten und damit einen möglichen Wasserschaden weiter minimieren.
Sprinkler schützen zuverlässig
In anderen brandgefährdeten Räumen, z. B. in Magazinen und Werkstatträumen mit hohen Brandlasten, werden häufig Sprinkleranlagen eingesetzt (Bild 2). Diese verhindern auch in arbeitsfreien Zeiten zuverlässig die Ausbreitung von Entstehungsbränden, die sich sonst rasend schnell zu einem Vollbrand inklusive Totalverlust des Gebäudes entwickeln können.
Märchen und Mythen über Sprinkler
Über Sprinkler sind selbst bei Fachleuten zahlreiche Märchen und Mythen in Umlauf, die jeder Grundlage entbehren. So lösen Sprinkler nicht flächendeckend aus, sondern löschen selektiv nur in der Nähe des Brandherdes. Dabei verbrauchen sie weitaus weniger Löschwasser, als die Feuerwehr benötigen würde. Mit Sprinkleranlage kann deshalb ein Löschwasserrückhaltebecken deutlich kleiner dimensioniert werden. Der bvfa (Bundesverband Technischer Brandschutz) hat diese und weitere Märchen auf seiner Internetseite zusammengestellt [2].
Menschliches Versagen
Doch warum kommt es trotz ausgefeilter Technik immer wieder zu gleichwohl spektakulären Wasserschäden durch Löschanlagen? Die Antwort ist so einfach wie unbefriedigend: Häufig ist menschliches Versagen die Ursache. So hatte im Oktober 2017 ein Wartungstechniker versehentlich über der Hauptbühne zwei Brandmelder gleichzeitig ausgelöst. Obwohl in Revision, löste die Brandmeldeanlage Feueralarm aus. Der viel gescholtenen Sprühwasserlöschanlage blieb nichts anderes übrig, als die Ventile zu öffnen. Am Heiligen Abend 2017 hatten in der Berliner Staatsoper „Reinigungskräfte durch unbeabsichtigtes Fehlverhalten die Löschanlage in Funktion gesetzt“. Auch das Nicht-Abschalten der Brandmeldeanlage bei staubigen Bauarbeiten führt mit ziemlicher Sicherheit zu einem Täuschungsalarm. So geschehen im Jahr 2008 im Kleinen Haus in Dresden.
Der Bundesverband Technischer Brandschutz hatte sich in einem Arbeitskreis gemeinsam mit dem Verband der Sachversicherer (VdS) bereits im Jahr 2009 mit der Thematik beschäftigt. Auch die überwiegende Mehrzahl der dort untersuchten Fälle der Fehlauslösungen von Sprühwasserlöschanlagen ging auf fehlerhafte Bedienung zurück, beispielsweise durch das versehentliche Aktivieren der Handauslösung. In München wurde nach einer Bühnenprobe mit Rauch die Löschanlage zu früh wieder auf Automatikbetrieb umgestellt, sodass noch vorhandener Rauch die Brandmeldeanlage und damit die Sprühwasserlöschanlage auslöste. In Berlin wurde die Löschanlage nach dem Tausch des Anregerrohrnetzes gegen Rauchmelder durch ein Bühnenfeuerwerk ausgelöst (ein Anregerrohrnetz mit Auslösesprinklern detektiert Brände und steuert die Löschanlage hydraulisch an).
Wartung und Instandhaltung sind essenziell
Ebenso führt die unterlassene oder mangelhaft ausgeführte Wartung von Sicherheitsanlagen fast zwangsläufig zu technischen Fehlern (Bild 4) oder – noch schlimmer – zum Versagen im Brandfall (Bild 5). Einen ebenso großen Einfluss hat die regelmäßige Modernisierung der Anlagen (Bild 6). Wird diese unterlassen, sinkt die Verfügbarkeit der Anlage auch bei vorschriftsmäßiger Wartung nach einiger Zeit ab, bzw. die Fehlerwahrscheinlichkeit steigt stark an.
In der – normativ so vorgesehenen – Instandhaltung nach DIN 31051 ist die Modernisierung („Verbesserung“) fester Bestandteil. Der Instandhalter hat dazu im Zuge der Instandhaltungsarbeiten eine Analyse durchzuführen und dem Betreiber entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Die Betreiber von Löschanlagen sind auch direkt in der Pflicht: Sie haben entsprechend geschultes Personal zu benennen („Sprinklerwart“ mit Vertreter) und je nach Brandschutzkonzept für tägliche, wöchentliche und monatliche Kontrollen zu sorgen.
Als positives Beispiel stellvertretend für viele andere Häuser kann die Leipziger Oper gelten. Die Löschanlage wird von einem Meister für Sicherheitstechnik regelmäßig gewartet und betreut. Mit Erfolg: Seit 25 Jahren gab es weder einen größeren Brand noch einen nennenswerten Wasserschaden. Der bvfa (Bundesverband Technischer Brandschutz) hat auf seiner Internetseite zahlreiche Informationen zur fachgerechten Instandhaltung zusammengetragen [3].
Verhinderung von Fehlauslösungen
Der störungsfreie Betrieb von Löschanlagen beginnt bereits mit der Konzeption bzw. der Planung bei Neubau bzw. Modernisierung. Insbesondere die Auslösemechanismen im Automatikbetrieb von Sprühwasserlöschanlagen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Eine hohe Sicherheit gegen Falsch- bzw. Täuschungsalarme bieten beispielsweise vorgesteuerte Trockenanlagen (Typ A, „Anregungssprinkler“). Diese werden erst dann aktiv, wenn zwei Brandmelder bzw. ein Handfeuermelder und mindestens ein Sprinkler ausgelöst haben. Die automatische Ansteuerung einer Sprühwasserlöschanlage ausschließlich auf die Brandmeldeanlage zu stützen (mit Zweimeldungsabhängigkeit, Typ B), sollte sorgfältig mit dem Brandschutzkonzept abgestimmt werden. Die Richtlinie VdS 2109 [4] bietet jedenfalls mit hydraulischer, pneumatischer und elektrischer Auslösung bzw. auch Kombinationen davon alle Möglichkeiten.
Auch bei scheinbar harmlosen Umbauten im laufenden Betrieb sollte die Wirksamkeit bzw. die Konzeption der Löschanlage danach genau geprüft werden. So löste an Sylvester 2004 in Berlin ein Bühnenfeuerwerk die Sprühwasserlöschanlage aus, bei der das Anregerrohrnetz gegen Rauchmelder getauscht worden war. Natürlich hätte die Löschanlage jetzt vorher auf manuellen Betrieb umgestellt werden müssen.
Voraussetzung zur Verhinderung von manuellen Fehlauslösungen ist die sorgfältige Schulung des Personals. Auch die besten technischen Maßnahmen nützen nichts, wenn der falsche Schlüsselschalter betätigt wird.
VdS 2109 verbessert
Die Anwendungsrichtlinie für Sprühwasserlöschanlagen (VdS 2109) wurde auch im Hinblick auf den Schutz vor Fehlauslösungen überarbeitet. Gemäß Kapitel 6.9 (Theater und Bühnen) kann „nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen“ jetzt ein nicht rastbarer Schlüsselschalter zur Unterbrechung des Wasserflusses in der Alarmventilstation eingesetzt werden. Im Notfall kann so der Schaden schnell begrenzt werden. Der Betreiber hat zur Bedienung während Proben bzw. Veranstaltungen mindestens zwei Personen abzustellen, die entsprechend eingewiesen/geschult sind.
Fazit
Automatische Löschanlagen schützen Theater und Bühnen zuverlässig vor den Auswirkungen eines Brandes. Seit vielen Jahren ist in Deutschland kein Feuer mit Toten oder Schwerverletzten mehr zu beklagen. Das Risiko von Fehlauslösungen lässt sich durch regelmäßige und fachgerechte Instandhaltung und Modernisierung sowie durch intensive Schulung der involvierten Mitarbeiter deutlich minimieren.
Nichtsdestotrotz sind auch die Hersteller von Löschanlagen in der Pflicht, den Schutz auch vor groben Fehlbedienungen weiter zu erhöhen. Die im bvfa (Bundesverband Technischer Brandschutz) zusammengeschlossenen Unternehmen arbeiten intensiv daran. Als weiterer Schritt wurde die VdS-Richtlinie 2109 überarbeitet. Die Anforderungen von Brandschutz, Denkmalschutz und Wirtschaftlichkeit in Theatern und Bühnen können nur von allen gemeinsam auf einen Nenner gebracht werden. Der bvfa setzt sich für einen regelmäßigen Austausch aller Beteiligten ein.
Literatur:
[1] Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO). Fassung Juni 2005, zuletzt geändert Juli 2014
[2] Die populärsten Märchen über Sprinkleranlagen und was dahintersteckt; bvfa. www.bvfa.de, unter Stationäre Löschtechnik/Wasser-Löschanlagen/Arten der Wasser Löschanlagen
[3] Errichtung/Instandhaltung/Betrieb von Löschanlagen; bvfa. www.bvfa.de, unter Stationäre Löschtechnik/Wasser-Löschanlagen/Fachpublikationen
[4] VdS 2109. VdS-Richtlinien für Sprühwasser-Löschanlagen, Planung und Einbau; VdS. shop.vds.de
[5] Sprinkler Protected; bvfa, www.bvfa.de, unter Infothek
Autor: Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e.V.
Wasserlöschanlagen – zuverlässig und wirtschaftlich
In automatischen Löschanlagen wird Wasser mit Abstand am häufigsten als Löschmittel eingesetzt. Wasser ist preiswert, überall verfügbar und vielfältig einsetzbar. Man unterscheidet grob zwischen drei Anlagentypen.
Sprinkleranlagen
Sprinkleranlagen verteilen das Löschwasser über ein Rohrleitungssystem und Düsen (Sprinkler) selektiv am Brandort. Im Brandfall zerspringt eine Glasampulle und öffnet das Alarmventil des jeweiligen Löschbereiches. Nur dort wird das Feuer über die Sprinklerdüsen gelöscht, die restlichen Sprinkler bleiben geschlossen. In Bereichen, wo es auf eine besonders hohe Falschalarmsicherheit ankommt, werden häufig vorgesteuerte Trockenanlagen (Typ A) eingesetzt. Diese werden erst dann aktiv, wenn zwei Brandmelder bzw. ein Handfeuermelder und mindestens ein Sprinkler ausgelöst haben. Der bvfa zeichnet beispielhafte Sprinkleranlagen, die über die gesetzlichen Sicherheitsvorschriften hinausgehen, mit dem Gütesiegel „Sprinkler Protected“ aus [5].
Sprühwasserlöschanlagen
Sprühwasserlöschanlagen arbeiten im Gegensatz zu Sprinklern mit offenen Löschdüsen und verteilen das Wasser über den gesamten Löschbereich. Sie werden eingesetzt, wenn eine schnelle Brandausbreitung zu erwarten ist und/oder große Brandlasten vorhanden sind. Die Auslösung erfolgt üblicherweise durch Brandmeldeanlagen mit zwei Meldungsabhängigkeiten, um Fehlauslösungen zu vermeiden. Alternativ kann die Auslösung auch durch Düsen mit Glasampulle oder Schmelzlotelement bzw. manuell erfolgen.