Die Verbesserung der thermischen Hülle auf den Punkt gebracht Anpassung der Anlagentechnik nach einer energetischen Sanierung
Nicht immer ist eine Erneuerung oder umfassende Sanierung der Anlagentechnik Bestandteil einer energetischen Sanierung. Dennoch wird durch den Fensteraustausch, Dach- und/oder Fassadendämmung der Heizwärmebedarf erheblich reduziert. Damit auch die bestehende Heizungsanlage davon profitiert, muss diese nicht zuletzt durch entsprechende Regelungsstrategien an die neue „Wärmesituation“ angepasst werden.
Die Priorität der energetischen Sanierung eines Gebäudes liegt oft in der Optimierung der thermischen Hülle. Die Zielsetzung lautet: Reduzierung des Endenergiebedarfs aus der Verbesserung des Wärmeschutzes durch:
- beseitigen von Wärmebrücken,
- Schutz der thermischen Hülle vor Wind und Wetter,
- herstellen der Wind- und Luftdichtigkeit),
- konstruktive Vermeidung von Bauschäden,
- Austausch von Fenstern und Türen inklusive den fachgerechten Einbau von neuen, hochwertigen Fenstern (passive Solarnutzung),
- Anbringung eines Wärmedämm-Verbundsystems an der Fassade,
- Neuaufbau oder ergänzende Wärmedämmung des Daches bzw. der obersten Geschossdecke.
Diese Maßnahmen können den Wärmeverlust durch die Außenbauteile je nach Bestandssituation und Maßnahmenpaket um 30 – 8% reduzieren. Logischer Weise reduziert sich somit auch der Heizwärmebedarf erheblich. Um diese Optimierung auch voll ausschöpfen zu können ist es wichtig, die Anlagentechnik umfassend darauf abzustimmen.
Auswirkungen auf die Anlagentechnik
Obgleich jedes Gebäude spezifisch zu bewerten und neben dem U-Wert noch andere thermische Eigenschaften von Baustoffen für die thermische Behaglichkeit relevant sind, demonstriert das in der Tabelle 1 dargestellte Beispiele allein anhand der Dämmung der Außenwände die Reduzierung der Wärmestromdichte durch die Außenwände nach außen, bei einer Temperaturdifferenz von 30 K (Außentemperatur -10°C – Raumlufttemperatur 20°C).
Tabelle 1: Die Vergleiche zeigen den Unterschied zwischen Materialstärke und Wärmeleitfähigkeit, woraus der Wärmedurchlasswiderstand resultiert, dessen Kehrwert den U-Wert bildet.
Die Qualität von Baustoffen zur Wärmedämmung wird heute leider noch zu sehr auf den U-Wert reduziert und lässt somit weitere Qualitätsmerkmale bezüglich thermischer Eigenschaften von Baustoffen weitestgehend unbeachtet.
Schnittstelle Energetische Sanierung und Heizungsmodernisierung
Nun lässt sich erfahrungsgemäß feststellen, dass es ungenügend ist, wenn die energetische Sanierung sich ausschließlich auf die Optimierung der thermischen Hülle versteift. Ein Minimum an anlagentechnischer Optimierung sollte fester Bestandteil jeglicher energetischen Sanierung sein. Dies ergibt sich allein durch die notwendige Anpassung der Heizungsanlage in der Reduzierung der Wärmestromdichte nach außen. Diese Mindest-Aufwendungen sind durchaus im geringinvestiven Bereich zu veranschlagen.
Die Verringerung der Wärmestromdichte durch die thermische Hülle nach außen führt wesentlich zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs und ermöglicht eine Verringerung der Systemtemperaturen zur Wärmeübertragung an den Raum. Die bestehenden Heizkörper sind zu prüfen und deren Wärmeleistungen im Zusammenhang mit den Systemtemperaturen zu ermitteln. Bei einer Halbierung des Heizwärmebedarfs und bestehenden Platten-Konvektionsheizkörpern ist sehr oft die Reduzierung der Systemtemperaturen im Heizkreis von 50 K (mittlere Übertemperatur) auf 30 K – ohne Austausch der Heizkörper – möglich (siehe Tabelle 2). Die Anpassung der Systemtemperaturen im Auslegungsfall erfolgt an der Heizkennlinie der Heizungsregelung.
Tabelle 2: Genauere Kennwerte zur Leistungsbestimmung von Heizkörpern sind bei den entsprechenden Herstellern zu erfragen.
Sollte es noch nicht geschehen sein, sind bei dieser Gelegenheit Effizienzpumpen in den Heizkreisverteiler zu integrieren, um daraufhin einen hydraulischen Abgleich nicht nur der einzelnen Wärmeübertrager, sondern des gesamten Heizkreises durchzuführen. Allein mit diesen Maßnahmen kann eine Anpassung der Heizungsanlage schon zielführend realisiert werden um sicher zu stellen, dass nur soviel Wärme in den Wohntraum transportiert wie benötigt wird und im Weiteren nur soviel Wärme bereitgestellt wird, wie notwendig ist. Somit werden auch Bereitstellungsverluste und ineffiziente Betriebsweisen der Wärmebereitstellung (Erzeugung und Speicherung von Wärme) vermieden.
Die gewählte Heizkennlinie sorgt für eine stetige Temperaturanpassung im gemischten Heizkreis. Bild: Römer Solargrafik
Regelungsstrategien und Aufteilung der Zonierung
Entsprechend den Nutzeranforderungen der Bewohner und dem daraus resultierenden Nutzerprofil sollte auch über die Möglichkeit eines Absenkbetriebes nachgedacht werden, wie über eine regelungstechnische Zonierung der Wärmeübertragung an den Raum. Diesbezüglich gilt es, thermische Eigenschaften von Dämmstoffen (z.B. Phasenverschiebung, Wärmespeicherkapazität) zu berücksichtigen.
Nicht selten kann durch eine entsprechende Auswahl oder das Vorhandensein von thermisch hochwertigen Materialien die Auskühlzeit eines Gebäudes wesentlich verlängert werden. Dies gilt insbesondere für die thermischen Eigenschaften innerer Bauteile. Massive Bauteile können den Wärmeeintrag passiver Solarnutzung ungleich besser „verwalten“ als Leichtbaustoffe, was sich merklich auf das Auskühlverhalten des Wohnraums auswirkt.
Eine weitere Folge der Verbesserung der Außenbauteile sind höhere Oberflächentemperaturen an den Innenseiten, da das bisherige Mauerwerk auch als Wärmespeicher fungiert. Je besser der U-Wert ist, desto höher ist die mittlere Oberflächentemperatur. Daraus können sehr leicht niedrigere Raumlufttemperaturen resultieren. Berücksichtigt man diesbezüglich auch noch die erzielte Luftdichtigkeit und Reduzierung von Luftbewegungen (welche die Behaglichkeit der Bewohner negativ prägten und sehr oft durch höhere Raumlufttemperaturen kompensiert wurden) können sich Unterschiede von bis zu 3°C von vorher zu nachher einstellen. Vielfältige Untersuchungen und Studien haben ergeben, dass die von der EnEV angesetzte mittlere Raumlufttemperatur von 19°C durchaus ausreichend ist, um die thermischen Behaglichkeit der Bewohner zu gewährleisten.
Das thermische Verhalten von Außen- und auch von Innenbauteilen ist nicht zu unterschätzen, sondern bringt bei entsprechender Beachtung für die Regelungsstrategien die energetische Sanierung erst auf den Punkt.
Dieser Vergleich zeigt: Je höher der Wärmedämmstandard, desto größer ist die Oberflächentemperatur an der Innenseite. Bild: Römer Solargrafik
Grundlast und Spitzenlast
Unabhängig von einem Nachtabsenkbetrieb macht es durchaus Sinn, die Heizperiode in eine Grundlast und eine Spitzenlast aufzuteilen. Denn bei einer energetisch hochwertigen thermischen Hülle muss man in der Übergangszeit, welche den Großteil der Heizperiode ausmacht, nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Als Markierung eines Wechsels von Grundlast auf Spitzenlast bietet sich eine Außentemperatur von 0°C an. Bei entsprechendem Wärmeschutz kann diese Temperatur auch tiefer liegen, zumal sich nach der energetischen Sanierung auch die Heizgrenztemperatur verringert, also der Eintritt in die Grundlast (siehe Grafik zur Heizperiode in Abhängigkeit der Heizgrenztemperatur).
Die wärmesensible Übergangszeit ist jedoch nicht allein in der Außentemperatur dingfest zu machen. Das Wärmebedürfnis des Menschen ist in dieser Zeit besonders sensibel und sollte im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Es unterscheidet sich auch zwischen Sommer/Herbst- und Winter/Frühling-Wechsel. Kritischer Punkt ist der Einstieg in die Heizperiode, wenn der Körper des Menschen noch vom Sommer aufgeladen ist und somit wesentlich sensibler auf Temperaturdifferenzen reagiert als im Winter, wo sich der Organismus auf niedrige Temperaturen eingestellt hat und vielmehr Gefahr läuft, sich im Frühling zu erkälten. Der Eintritt in die Heizperiode sollte auf keinen Fall verpasst werden oder nach hinten verzögert werden. Dies birgt sonst die Gefahr einer Auskühlung des Gebäudes und verlangt dann, wenn die Heizung endlich angeworfen wird, einen ungleich höheren Energieaufwand, da zuerst das Bauteil auf seine Gleichgewichtstemperatur gebracht werden muss, bis schließlich die Raumluft bzw. der Mensch von der Wärmezufuhr profitiert. Aus diesem Grund ist ein rechtzeitiger Einstieg in die Grundlast empfehlenswert, die sich auf die wichtigsten Aufenthaltsbereiche entsprechend der Zonierung von Wärmebereichen konzentriert.
Dauer der Heizperiode in Abhängigkeit der Heizgrenztemperatur. Bild: Römer Solargrafik
Auf Änderungen einstellen
Eine energetische Sanierung ist immer eine Veränderung des Gebäudes und muss umfassend berücksichtigt werden. Nicht nur bauphysikalisch verändert sich das Gebäude, sondern auch die bestehende Anlagentechnik verändert sich und muss daher genau auf die Änderungen eingestellt und somit auf das „neue“ Haus angepasst werden. Dabei gilt es auch, das Nutzerverhalten zu berücksichtigen und die Bewohner mit ihren Anforderungen und Verhalten bei dieser Umstellung zu integrieren.
Autor: IKZ-ENERGY-Autor Frank Hartmann ist Geschäftsführer des Forums Wohnenergie in 97509 Zeilitzheim, Tel. 09381 716831, Fax 09381 716330, hartmann@forum-wohnenergie.de, www.forum-wohnenergie.de