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Die Potenziale des Wärmemarkts heben Baden-Württemberg übernimmt Vorreiterrolle: Erneuerbare-Wärme-Gesetz nun auch für Altbauten Pflicht

Seit 2009 gilt bundesweit das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Es regelt die Pflicht, den Wärmebedarf in Wohngebäuden zu einem bestimmten Anteil mit Erneuerbaren Energien zu decken. Die Wärmeversorgung in bestehenden Gebäuden wird darin nicht erfasst. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber den Ländern für diesen Bereich eine Regelungskompetenz durch eine Öffnungsklausel im Gesetz überlassen. Vor diesem Hintergrund behält das in 2008 eingeführte baden-württembergische Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) weiterhin Gültigkeit. Konkret: Seit dem 1. Januar 2010 gilt für den Wohngebäudebestand eine Nutzungspflicht zugunsten Erneuerbarer Wärmeenergie, wenn im Einzelfall die zentrale Heizanlage ausgetauscht wird.

Das EWärmeG legt verbindlich fest, dass in bestehenden Wohngebäuden nach einem Heizungsaustausch 10% des jährlichen Wärmebedarfs mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden müssen.

 

Knapp 30% der CO2-Emissionen in Baden-Württemberg werden durch Heizen und Warmwasserbereitung in Gebäuden verur­sacht. Es gibt rund 2,3 Mio. Wohngebäude im Bestand, jährlich entstehen zwischen 15.000 und 20.000 neue Wohngebäude. Rund 67% des Gebäudebestandes, nämlich Gebäude, die vor 1978 errichtet wurden, verursachen dabei rund 90% der CO2-Emissionen von Gebäuden. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung beträgt in Baden-Württemberg derzeit 8,6%. Dieser Anteil soll nach dem aktuellen Energiekonzept Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020 auf 16% ausgebaut werden. Die Bundesregierung hat sich bis 2020 einen Anteil von 14% vorgenommen.

Das EWärmeG legt verbindlich fest, dass in bestehenden Wohngebäuden nach einem Heizungsaustausch 10% des jährlichen Wärmebedarfs mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden müssen.

Fördermaßnahmen allein reichen jedoch nicht aus, um die großen Potenziale des Wärmemarkts im angestrebten Umfang zu mobilisieren. Dies haben die Entwicklungen in der Vergangenheit gezeigt. Die nötigen Technologien stehen zur Verfügung. Die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen nimmt mit technologischem Fortschritt und steigenden Energiepreisen weiter zu. Dennoch werden die vorhandenen Potenziale bei Weitem nicht ausgeschöpft. Ziel in Baden-Württemberg ist es, im Interesse des Klimaschutzes Erneuerbare Energien im Wärmebereich auszubauen und damit zu einer nachhaltigeren Energieversorgung beizutragen. Durch den Einsatz Erneuerbarer Energien wird ein wichtiges Stück Unabhängigkeit erreicht, zum einen von Energieimporten und den damit verbundenen Unwägbarkeiten und zum anderen von Preissteigerungen auf dem ­Energiemarkt.

Wesentliche Vorgaben für den Wohngebäudebestand
Das EWärmeG legt verbindlich fest, dass in bestehenden Wohngebäuden nach einem Heizungsaustausch 10% des jährlichen Wärmebedarfs mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden müssen. Als Bestandsgebäude gelten im Sinne des Gesetzes Wohngebäude, für die vor dem 1. April 2008 das Bauverfahren eingeleitet wurde bzw. die bis dahin bereits errichtet wurden.
Anknüpfungspunkt der Pflicht ist also der Austausch der Heizanlage. Unter dem Begriff Heizanlage versteht das Gesetz eine zentrale Anlage, die wesentlicher Bestandteil des Wohngebäudes ist. Der Austausch der Heizanlage ist gleichzusetzen mit Austausch des Kessels oder eines anderen zentralen Wärmeerzeugers. Die Nutzungspflicht wird dagegen nicht ausgelöst, wenn nur eine Etagenheizung ausgetauscht wird, da dies kein geeigneter Anknüpfungspunkt ist, um die Wärmeversorgung des gesamten Wohngebäudes auf Erneuerbare Energien umzustellen. Kommt es jedoch zu einem gleichzeitigen Austausch aller Etagenheizungen und werden diese durch eine zentrale Heizanlage ersetzt, so wird nach Sinn und Zweck des Gesetzes die Verpflichtung ausgelöst.

Erfüllungsmöglichkeiten
Zur Erfüllung der Verpflichtung sieht das Gesetz eine ganze Reihe von Möglichkeiten vor sowie alternativ Ersatzmaßnahmen, die der besonders effizienten Energiegewinnung oder der Energieeinsparung dienen. Als Möglichkeiten der Erfüllung gelten: Solarthermie, Geothermie, Nutzung von Umweltwärme einschließlich Abwärme durch Wärmepumpen sowie Biomasse.

  • Solarthermie: Konkret sieht das Gesetz die Verwendung von 0,04 m2 Solarkollektor pro m2 Wohnfläche vor, unabhängig davon, ob im Einzelfall mit dieser Fläche 10% des Wärmebedarfs tatsächlich gedeckt werden oder nicht. Diese Regelung beinhaltet eine sogenannte "Erfüllungsfiktion", die der Erleichterung in der praktischen Umsetzung dient und eine Berechnung im Einzelfall entbehrlich macht. Auf der anderen Seite sind kleinere Kollektoren nicht ausgeschlossen, wenn sie im Einzelfall tatsächlich10% des jährlichen Wärmebedarfs decken können.
  • Wärmepumpen: Beim Einsatz von elektrisch betriebenen Wärmepumpen muss eine Jahresarbeitszahl von mindestens  3,5 erreicht werden, wenn mit der Wärmepumpe der gesamte Wärmebedarf des Gebäudes gedeckt wird. Deckt die Wärmepumpe nicht den gesamten Wärmebedarf, gilt bei der Berechnung des Pflichtanteils nur der Anteil als Erneuerbare Energie, der mit einer Jahresarbeitszahl über 3,0 hinaus bereitgestellt wird.
  • Feste Biomasse: Der Einsatz von fester Biomasse kann über Biomassezentralfeuerungen wie z.B. Scheitholz- oder Pelletkessel aber auch über Einzelraumfeuerungen erfolgen, wenn bestimmte Standards eingehalten und mindestens 25% der Wohnfläche überwiegend mit dem Ofen beheizt werden oder ein Wasserwärmeübertrager vorhanden ist.
  • Bioöl, Biogas: Bioöl oder Biogas können ebenfalls als Erfüllungsmaßnahme dienen.

Ersatzmaßnahmen
Als Maßnahmen der ersatzweisen Erfüllung gelten ein verbesserter Wärmeschutz  gegenüber den Standards der Energieeinsparverordnung, die Nutzung von Heizanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung, der Anschluss an ein Wärmenetz oder die Photovoltaik, soweit dadurch kein Platz mehr für die Solarthermie bleibt. Hintergrund der letzten ­Alternative ist, dass es aus kompetenzrechtlichen Gründen problematisch gewesen wäre, mit einer landesrechtlichen Pflichtregelung zugunsten solarthermischer Anlagen, die bundesrechtlich mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geförderte Photovoltaik von den Dächern zu verdrängen. Vielmehr war es notwendig, dem Eigentümer die Entscheidung für die Photovoltaik offen zu halten, allerdings mit der zulässigen Einschränkung, dass die Pflicht zur Nutzung Erneuerbarer Wärmeenergie nur dann als erfüllt gilt, wenn die Photovoltaikanlage so groß ist, dass kein Platz mehr für die Solarthermie bleibt.

Der Austausch der Heizanlage ist gleichzusetzen mit dem Austausch des Kessels oder eines anderen zentralen Wärmeerzeugers.

Die Möglichkeit der ersatzweisen Erfüllung durch Wärmeschutz bedarf einer genaueren Betrachtung, da diese gerade im Gebäudebestand eine wichtige Option ist. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Wärmeschutzmaßnahmen, die bereits in der Vergangenheit getätigt wurden, angerechnet werden können. Das EWärmeG sieht in §5 vor, dass zum einen bestimmte Bauteile, die beheizte Räume nach oben gegen die Außenluft abgrenzen wie Dächer oder Dachschrägen und oberste Geschossdecken, so gedämmt werden, dass die Anforderungen der Energieeinsparverordnung an den Wärmedurchgangskoeffizienten dieser Bauteile in bestimmtem Umfang unterschritten werden. Entsprechendes gilt bei der Dämmung der ­Außenwände.
Zum anderen gibt es die Möglichkeit, durch eine geeignete Kombination von Maßnahmen, den Transmissionswärmeverlust des Gebäudes so zu reduzieren, dass je nach Gebäudealter die Anforderungen der Energieeinsparverordnung an den Transmissionswärmeverlust entweder nur in bestimmtem Umfang überschritten werden - dies gilt bei älteren Wohngebäuden, für die der Bauantrag bis zum 31. Dezember 1994 gestellt wurde - bzw. bei neueren Gebäuden (mit Bauantrag ab 1995) in bestimmtem Umfang unterschritten werden. Das Gesetz legt also differenzierte Anforderungen in Abhängigkeit vom Gebäudealter fest. Grundlage der bestehenden Regelung ist die damals geltende Energieeinsparverordnung 2007. Der Gesetzgeber hat zugleich eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, wonach das Umweltministerium im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium ermächtigt wurde, eine Anpassung der Anforderungen nach dem EWärmeG im Falle einer Novellierung der Energieeinsparverordnung vorzunehmen. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Ausnahmen
Das EWärmeG sieht insgesamt vier Ausnahmefälle vor. Bezugspunkt der technischen, baulichen und rechtlichen Unmöglichkeit ist dabei die Solarthermie, die auch als "Ankertechnologie" des Gesetzes bezeichnet wird. Hintergrund ist, dass die Solarthermie eine marktgängige Technologie ist, die flächendeckend zur Verfügung steht und den Pflichtanteil von 10% genau decken kann, ohne dass es zu einer Übererfüllung kommt. Zwar können Bioöl und Biogas ebenfalls zu einer punktgenauen Erfüllung herangezogen werden. Es sollte jedoch keine gesetzliche Verpflichtung zum Einsatz dieser Erfüllungsoptionen entstehen, wenn die Solarthermie nicht realisierbar ist. Deshalb knüpft das Entfallen der Nutzungspflicht an die Solarthermie wie folgt an:
1. Wenn die Nutzung einer solarthermischen Anlage aus baulichen oder technischen Gründen unmöglich ist. Bauliche Gründe können z.B. eine Dachkonstruktion (Fenster, Gauben etc.) sein, die keine Fläche mehr für den Solarkollektor übrig lässt. Technische Gründe stehen der Nutzung einer solarthermischen Anlage z.B. bei einer sehr verschatteten Lage entgegen.
2. Wenn der Nutzung einer solarthermischen Anlage öffentlich-rechtliche Gründe entgegenstehen, wie zum Beispiel die Vorschriften des Denkmalschutzes oder örtliche Bausatzungen.
In diesen Fällen entfällt die Pflicht zur Nutzung Erneuerbarer Energien. Es besteht dann auch keine Pflicht zu einer ersatzweisen Erfüllung.
Weitere Gründe für das Entfallen der Nutzungspflicht liegen vor:
3. Wenn bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2008 Erneuerbare Energien zur Wärmeversorgung genutzt werden, unabhängig vom konkreten Umfang. Hintergrund dieser Regelung ist der Bestandsschutz.
4. Wenn im Einzelfall auf Antrag eine Befreiung wegen unbilliger Härte durch die untere Baurechtsbehörde erteilt wird. Neben den tatsächlichen Gegebenheiten (z.B.: Restnutzungsdauer des Gebäudes) werden bei dieser Einzelfallprüfung auch die individuellen monetären Belastungen des Hausbesitzers berücksichtigt.

Nachweis- und Hinweispflichten
Die Eigentümer der Wohngebäude sind verpflichtet, nachzuweisen, dass sie geeignete Erfüllungsmaßnahmen getroffen haben bzw. in ihrem Fall eine Ausnahme vorliegt. Im Regelfall müssen sie innerhalb von drei Monaten nach  Austausch der Heizanlage der unteren Baurechtsbehörde einen Nachweis vorlegen, der die Bestätigung durch einen Sachkundigen beinhaltet. Sachkundige sind die zur Ausstellung von Energieausweisen Berechtigten oder einschlägige Fachhandwerker des Bau-, Ausbau- oder anlagentechnischen Gewerbes sowie Schornsteinfeger.
Beim Anschluss an ein Wärmenetz genügt die Bestätigung des Wärmenetzbetreibers. Im Falle von Bioöl oder -gas ist eine Bestätigung des Brennstofflieferanten nach der erstmaligen Abrechnung vorzulegen. Diese sind fünf Jahre aufzubewahren. Bei rechtlicher Unmöglichkeit genügt eine formlose Anzeige bei der unteren Baurechtsbehörde. Für die Nachweisführung werden Vordrucke bei den unteren Baurechtsbehörden sowie auf der Homepage des Umweltministeriums unter www.um.baden-wuerttemberg.de, Stichwort Erneuerbare-Wärme-Gesetz für Altbauten, zur Verfügung gestellt. Auf der Website findet sich darüber hinaus umfangreiches Informationsmaterial und auch der Gesetzestext.
Die Sachkundigen haben ihrerseits eine Hinweispflicht gegenüber den Verpflichteten, wenn sie für diese Aufgaben im Zusammenhang mit der Installation bzw. dem Austausch einer Heizanlage wahrnehmen also z.B. ein Angebot für eine entsprechende Leistung erstellen. Diese Hinweispflicht kann durch die Übergabe eines Merkblatts erfüllt werden. Auch hierfür gibt es bei den zuständigen Behörden ein Muster. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei Verstößen gegen die Erfüllungs-, Nachweis- oder Hinweispflichten Bußgelder durch die unteren Baurechtsbehörden verhängt werden können.
Autorin: Dr. Svea Wiehe, Referentin im Umweltministerium Baden-Württemberg
www.um.baden-wuerttemberg.de

 


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