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Die Flüssiggaswirtschaft in der Türkei Im Wettbewerb mit Erdgas

Seit genau 50 Jahren wird Flüssiggas in der Türkei verwendet: 1961 wurden die ersten Aktivitäten der Flüssiggasbranche verzeichnet. Die überzeugenden Vorteile der mobilen Energie haben zu einer raschen Verbreitung in Haushalten und Gewerbe geführt – heute ist die Türkei Europas zweitgrößter Flüssiggasmarkt und der größte Autogasmarkt. Flüssiggas nimmt im Energiemix der Türkei einen bedeutenden Platz ein. Allerdings wurden in den letzten Jahren 55 % der Produktion aus Erdgas erzeugt, Tendenz: steigend.

 

Mit einem Marktanteil von knapp 23 % (2009) über alle Sparten hinweg ist Aygaz der bedeutendste Flüssiggasversorger der Türkei.

Der Flüssiggas-Verband Türkei (TLPGD)
wurde 1972 mit dem Ziel gegründet, die Interessen der Betriebe mit einer gemein­samen Stimme zu vertreten und den Vertrieb zu stärken. Heute unterstützt der Verband die Aktivitäten der Branche, die Flüssiggas als saubere Energie profilieren wollen. Sensibilität für den Umweltgedanken würde man von dem „fernen“ Land zwischen Orient und Occident vorderhand nicht erwarten, und doch wird auf die Frage, warum Flüssiggas einen so bedeutenden Anteil am Energiemix hat, „Umweltfreundlichkeit“ in einem Atemzug mit „Nachhaltigkeit“ und „Energieeffizienz“ genannt – noch vor dem Aspekt der „Versorgungssicherheit“ und der Möglichkeit, Flüssiggas per Lkw und Flasche in jeden noch so entlegenen Winkel des Landes zu bringen. Mit 65 lizenzierten Vertriebsstellen nimmt der Flüssiggassektor einen wichtigen Platz in der Wirtschaft der Türkei ein. Elf davon sind Mitglieder der Flüssiggas-Verband Türkei (TLPGD), und diese elf Unternehmen repräsentieren Daten von 2009 zufolge mit ihren Marktanteilen fast die Hälfte des Marktes.

Stahlflaschen-Produktion in einem der insgesamt zehn lizensierten Betriebe.

Verband und Verbindungen
Präsident der TLPGD ist Yagiz Eyuboglu, Geschäftsführer von Aygaz Inc., Istanbul. Vizepräsident ist Selim Şiper, Geschäftsführer der İpragaz Inc. Der Vorstand besteht aus neun Vertretern der Mitglieds-Unternehmen. Die TLPGD arbeitet eng mit dem türkischen Normungsinstitut zusammen, um national anerkannte  Standards aufzustellen. Bei der Vorbereitung internationaler Normen nehmen die Verbandsmitglieder an den Arbeiten in CEN und ISO teil oder nehmen zumindest schriftlich zu den Aktivitäten dieser Institutionen Stellung. Die TLPGD ist Mitglied der World LP Gas Association. Die Mitgliedschaft an der AEGPL (European LPG Association) wurde vorübergehend eingestellt, „aber wir unterstützen stets die Teilnahme einzelner Mitarbeiter zu Messen, Kongressen und Ausstellungen“, heißt es vonseiten des Verbandes.

LPG ist an über 8000 Autogas-Tankstellen erhältlich.

Der Markt in Zahlen
Mit jährlichen Verbrauch von 3,6 Mio.  t rangiert der türkische Flüssiggasmarkt nach Russland an zweiter Stelle in Europa. Dass Flüssiggas auch in der Zukunft seinen Platz im Energiemix behaupten wird, scheint unbestritten, wenn auch der Anstieg im Erdgasverbrauch ein rückläufiges Flaschen- und Tankgeschäft nach sich zieht. Diese werden vom Zuwachs im Mobilitätsmarkt mehr als ausgeglichen: Im Jahr 2009 hat der Gesamtmarkt im Vergleich zum Vorjahr um 4,6 % zugelegt. Zurückgeführt wird dies auf ein Wachstum von 9 % im Segment Autogas. Insgesamt hat sich der Anteil von Autogas am Gesamtmarkt 2009 von 62 % auf 66 % erhöht. Ein Trend, der sich in 2010 fortsetzt: Dem jüngsten Marktbericht der Energieregulierungsbehörde zufolge ist von Januar bis Juni 2010 der Gesamtverbrauch im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 % (von 1696685  t auf 1723119 t) gestiegen. Den größten Zuwachs verzeichnete Autogas: Der Verbrauch stieg von 1054491 t auf 1141184 t; as entspricht einem Zuwachs von nahezu 11 %. Dagegen ist der Umsatz im Flaschen- und Tankgeschäft rückläufig; beim Flaschengas um 6,3 % (von 551 536  t auf 516 733 t) und im Tankgeschäft von 90 657 t auf  65 201 t, was einem Minus von 28 % entspricht.

Die Nachfrage nach Flaschengas ging in den letzten Jahren zurück.

Einer Meldung der in Deutschland erscheinenden „Türkei-Zeitung“ (vom 24. August 2010) zufolge liegen die Preise für Benzin und Diesel in der Türkei um rund 25 Cent höher als in Deutschland. Das dürfte der Grund sein, warum rund 400 000 Fahrzeuge jährlich auf LPG-Betrieb umgerüstet werden. Der Markt für die Umrüstung hat mittlerweile eine Milliarde türkische Lira erreicht. Galt früher unter Besitzern von Luxus-Fahrzeugen der Umbau auf Flüssiggas-Betrieb als verpönt, so wird – angesichts steigender Kraftstoffpreise – LPG salonfähig: Gleich mehrere Firmen haben sich auf die Umrüstung von Fahrzeugen der Luxusklasse wie BMW, Mercedes, Porsche & Co. spezialisiert; ein Angebot, das von zunehmend mehr Autofahrern wahrgenommen wird.

Die GAS TURKEY, die vom 17. bis 20. März 2011 zum 4. Mal stattfindet, umfasst unter anderem die Bereiche Speichersysteme und Druckbehälter, Ausstattung für Autogas Tankstellen und Zapfsäulen, Sicherheits- und Messsysteme, Gasarmaturen, Pumpen, Pipelines, so wie Industrie- und Medizingase.

Flüssiggas Importe und Exporte
Die Inlandsproduktion von Flüssiggas macht mit 604 365 t einen vergleichsweise geringen Teil des Gesamtverbrauchs aus. Aus Einfuhranmeldungen von Vertriebsgesellschaften und Tüpraş ist ersichtlich, dass die Türkei aus 17 Ländern Flüssiggas importiert; allen voran aus Algerien, Norwegen, Russland, Kasachstan und Nigeria. Die Importe sind 2009 um 12 % gestiegen: Waren es 2008 „nur“ 2 761 586 t, die über sechs LPG-Terminals an den Landesgrenzen eingeführt wurden, so waren es 2009 3 086 257 t LPG. Den Importen stehen Exporte gegenüber: Die Freihandelszonen eingeschlossen, haben die Vertriebsgesellschaften und Tüpraş im Jahr 2009 insgesamt 87 685 t LPG exportiert. Wichtigster Abnehmer ist Tunesien mit 67 %, es folgen Nord-Zypern (23 %) und Jordanien (5 %).

Auch für 2010 liegen erste Zahlen vor. Demnach betrugen die Importe durch die Vertriebsgesellschaften und Tüpraş in den ersten 9 Monaten insgesamt 2 234 650 t. Die Lieferanten sind die gleichen geblieben, doch das Ranking hat sich geändert. Lieferant Nr. 1 ist Algerien, gefolgt von Kasachstan, Russland, Norwegen und Nigeria. Und auch bei den Exporten haben sich die Prioritäten verlagert. Größter Abnehmer ist Nord-Zypern mit 34,5 %; es folgen der Libanon (23,3 %) und Jordanien (19,3 %).

Der Flaschenmarkt

Zehn Betriebe sind lizenziert für die Produktion von Stahlflaschen, die für Mengen von 2 kg, 12 kg, 24 kg und 45 kg hergestellt werden. Der Vertrieb von Flaschengas für Haushalte, Gewerbe und Industrie erfolgt über Vertragshändler der Vertriebsgesellschaften. Die Preisbildung erfolgt nach Artikel 10 des „Gesetz für den LPG-Markt (Nr. 5307)“, das besagt: „Beim An- und Verkauf von LPG entstehen die Preise gemäß erreichbaren Bedingungen des freien Marktes.” Die Unternehmen sind also in ihrer Preisgestaltung frei von staatlicher Einflussnahme. Die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt hat lediglich Aufsichts- und Kontrollfunktion.

Bei Fahrten in die Türkei empfiehlt es sich, den passenden LPG-Tankadapter mitzuführen.

Erdgas im „Wettbewerb“
Die größte Sorge der türkischen Flüssiggasbranche gilt der Benachteiligung gegenüber Erdgas; der Verband spricht von einem im Vergleich zu Erdgas „ungerechtfertigten höheren Anteil der Verbrauchssteuer“, die das größte Hindernis für den Einsatz von Flüssiggas im ländlichen Siedlungsraum ist. Wer hier mit Flüssiggas kochen oder heizen will, zahlt eine um den Faktor 40 höhere Steuer als die Nutzer von Erdgas in städtischen Gebieten. Das ist der Grund, warum private und gewerbliche Nutzer geneigt sind, Erdgas den Vorzug
zu geben – trotz der bekanntermaßen niedrigeren Energiewerte. An diesem Punkt unternimmt die TLPGD den Versuch, eine auf den Brennwert bezogene Besteuerung von Erdgas und LPG zu initiieren. Darüber hinaus engagiert sich der Verband für Steuerbefreiungen für Fahrzeuge mit LPG-Antrieb und eine Senkung der Steuer für Autogas, von dem man sich als Kraftstoffalternative positive Auswirkungen auf die Umwelt verspricht.


Die Türkei
Mit 814 578 km2 ist die Türkei mehr als doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Geografisch erstreckt sie sich über zwei Kontinente: Den europäischen Teil bildet das östliche Thrakien, er umfasst nur etwa 3 % der Landesfläche. Die restlichen 97 % entfallen auf Anatolien, den asiatischen Teil des türkischen Staatsgebiets. Die Türkei zählt rund 71 Mio. Staatsbürger, 99 % der Bevölkerung sind Muslime. Für Europa ist die Türkei zweifelsohne ein wichtiger strategischer Partner, doch nur wenige Themen spalten die Europäische Union so sehr wie der im Raum stehende Beitritt der Türkei: Spätestens seit der offiziellen Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 streiten Länder, Parteien und Intellektuelle darüber, ob das stark muslimisch geprägte Land den Anforderungen der EU genügt.

Bild: iStock.com


Der Markt in Zahlen
● 65 lizenzierte Vertriebsgesellschaften
● über 20 000 Flaschengas- und Autogas-Händler
● etwa 30 000 Subunternehmer
● 50 000 Lieferwagen
● etwa 450 000 Beschäftigte ein sehr großer Dienstleistungssektor
mit
● fast 15 Mio. Verbrauchern aus dem privaten und industriellen Bereich
● über 20 000 Tank-Kunden
● ca. 2,6 Mio. Fahrzeuge mit Gasanlage

 

 


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