Die drei Fundamente der Ausbildung: Wissenswertes rund um die Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK
3½ Jahre Ausbildung – eine scheinbar endlose Zeit. Als junger Mensch stellt man häufig fest, dass hier ein ganz anderer Wind weht, als dies in der Schule der Fall war. Man hat es plötzlich mit Vorgesetzten zu tun: mit erfahrenen Monteuren, mit fachlich versierten Obermonteuren – und mit dem Chef. Sie sagen, welche Arbeiten wie zu erledigen sind – und welche Zeit man dafür benötigen darf. Da kann es schon mal zu Meinungsverschiedenheiten und Reibereien kommen. In dieser Serie erfahren Sie Wissenswertes für den Alltag als Auszubildender: Was Sie tun dürfen – und was nicht. Wir wollen aber auch beleuchten, was der Chef darf – und was nicht. Dabei geht es uns nicht darum, Gräben aufzureißen, sondern um sachliche Information. Teil 1 (März-Heft 2012) beantwortete Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten. Dieser Artikel zeigt auf, welche rechtlichen Regeln aufgestellt sind.
Beim Ausbildungsberater
Nach dem Besuch der zehnten Klasse der Realschule möchte Hendrik eine Berufsausbildung beginnen. Weil er gerne unterwegs ist, hat er sich für einen Beruf entschieden, bei dem er auf Baustellen tätig ist. Er hat herausgefunden, dass die Handwerkskammer in seinem Ort eine Ausbildungsberatung anbietet. Bei dem Ausbildungsberater, Herrn Schulze, hat er heute einen Termin. Auf dieses Gespräch hat er sich natürlich vorbereitet und legt, nachdem sich Herr Schulze einen College-Block geholt hat, sofort mit seinen Anliegen los.
Hendrik sagt, dass es ihm wichtig ist, in einem anerkannten Beruf ausgebildet zu werden, da er keine Lust habe, eine Ausbildung in einem Beruf zu machen, den keiner kennt. Herr Schulze schreibt „HwO“ auf seinen College-Block.
Weiterhin ist Hendrik wichtig, dass klar ist, welche Tätigkeiten zu seinem Beruf gehören. Er möchte später ein abgegrenztes Aufgabengebiet haben, in dem er sich auskennt. Herr Schulze schreibt sich „AVO“ auf.
Zum Schluss möchte Hendrik sicherstellen, dass er eine Chance hat, die Abschlussprüfung zu bestehen, um dann im erlernten Beruf arbeiten zu können. Er sieht, wie Herr Schulze nun „GPO“ aufschreibt.
Nun platzt Hendrik aber der Kragen. Er möchte wissen, was die Hieroglyphen auf Herr Schulzes College-Block zu bedeuten haben.
Die Ausbildung läuft zweigleisig
Die handwerkliche Ausbildung ist nach dem dualen Modell aufgebaut. Das heißt, praktische Fertigkeiten werden im Betrieb vermittelt, theoretische Fachkenntnisse in der Berufsschule. Die Ausbildung von Nachwuchskräften ist dem Handwerk seit jeher ein sehr wichtiges Anliegen. Traditionell bildet das Handwerk über seine Bedürfnisse aus, d.h. die Firmen bilden mehr Jugendliche aus als sie später nach bestandener Gesellenprüfung übernehmen. Also profitieren auch andere Wirtschaftszweige wie Industrie und Dienstleistungsgewerbe von der Ausbildungsleistung des Handwerks.
Diese Zusammenhänge sind dem Gesetzgeber natürlich bekannt. Deshalb hat er mit Handwerksvertretern daran gearbeitet, der handwerklichen Ausbildung ein tragfähiges Fundament zu geben. Wie es sich für einen Gesetzgeber gehört, besteht dieses Fundament aus Regelwerken, in denen die durch Hendrik angesprochenen Gesichtspunkte geordnet werden: Die Bedingungen zur Ausübung eines Handwerks, die fachlichen Inhalte der Ausbildung und die Anforderungen an die Gesellenprüfung.
Und so sieht diese Ordnung aus:
Handwerksordnung
Die staatliche Anerkennung von Handwerksberufen ist in der Handwerksordnung (HwO) geregelt. Die Zuordnung der fachlichen Aspekte zum Beruf ist auf Meisterebene in der „Meisterprüfungsverordnung“ und auf Gesellenebene in der „Ausbildungsverordnung“ niedergelegt. Für die Anforderungen an die Prüfung, deren Bestehen zur Ausübung des Berufs berechtigt, ist die Gesellenprüfungsordnung maßgebend. Die Handwerksordnung (HwO) ist also das Gesetz, das die Ausübung der Handwerksberufe grundlegend regelt. Sie ist in fünf Teile gegliedert.
- Im ersten Teil wird die Ausübung eines Handwerks bzw. eines handwerksähnlichen Gewerbes geklärt.
- Der zweite Teil regelt die Berufsbildung im Handwerk,
- während sich der dritte Teil Fragen zur Meisterprüfung bzw. zum Meistertitel widmet.
- Der vierte und fünfte Teil organisieren das Handwerk mit seinen Innungen, Verbänden, Kreishandwerkerschaften und Handwerkskammern und regeln Ordnungsverstöße.
Von großer Bedeutung sind die Anlagen A und B der HwO, die festlegen, welche Berufe den zulassungspflichtigen Handwerken zuzuordnen sind und welche Berufe den zulassungsfreien Handwerken oder dem handwerksähnlichen Gewerbe angehören. Für die Betrachtung der drei Fundamente der Ausbildung sind die ersten beiden Teile der HwO maßgebend.
Zunächst ist von Interesse, dass im ersten Teil festgelegt wird, dass das Berufsbild „Installateur und Heizungsbauer“, dem der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik auf Gesellenebene zugeordnet ist, zu den Berufen der „Anlage A“ der HwO gehört. Diese ist die „Königsklasse“ der Handwerksberufe. Die Anlage A der Handwerksordnung gibt nämlich Auskunft darüber, welche Gewerbe als „zulassungspflichtiges Handwerk“ anerkannt sind und damit der Eintragung in die Handwerksrolle bedürfen. Ein wichtiges Kennzeichen dieser Berufe ist die „Gefahrengeneigtheit“, die beim Umgang mit Trinkwasser und Gas unbestritten ist.
In ihrem zweiten Teil trifft die Handwerksordnung auch klare Aussagen zur Ausbildung, die selbstverständlich besonders für die gefahrengeneigten Berufe der Anlage A Gültigkeit haben. Eine wichtige Anforderung ist hierbei die fachliche Eignung zum Ausbilden. Etwas vereinfacht lässt sich sagen, dass die HwO in einem zulassungspflichtigen Handwerk demjenigen die fachliche Eignung zuerkennt, der die Meisterprüfung in dem auszubildenden Handwerk bzw. in einem mit diesem verwandten Handwerk bestanden hat oder die Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt und eine Ausbildereignungsprüfung abgelegt hat.
Weiterhin legt der zweite Teil der HwO fest, dass die Handwerkskammer in Sachen Ausbildung und Prüfung letztlich das Sagen hat. Jedoch können die Gesellenprüfungsangelegenheiten bei Eignung auf die Handwerksinnung übertragen werden. Zudem sind hier die Anforderungen an die Zusammensetzung von Gesellenprüfungsausschüssen, die Voraussetzungen zur Zulassung zur Gesellenprüfung sowie die Anforderungen an die Verkürzung/Verlängerung der Ausbildungszeit beschrieben. Aus dieser kurzen Beschreibung wird bereits deutlich, dass in der Handwerksordnung die verwaltungsmäßigen Angelegenheiten der Berufe und der Ausbildung geregelt sind.
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Ausbildungsverordnung
Die fachlichen Inhalte der Berufe auf Gesellenebene sind in der jeweiligen Ausbildungsverordnung (AVO) geregelt, zu der der Ausbildungsrahmenplan gehört. Hier ist genau beschrieben, welche fachlichen Inhalte zu welchen Zeitpunkten gelehrt werden müssen.
Überdies sind in der AVO die Prüfungsinhalte sowie die Prüfungszeiten und die Bewertungsgrundlagen festgelegt. Leider kommt es nicht selten vor, dass man die AVO bzw. die Meisterprüfungsverordnung aus einem anderem Grund benötigt: Zeitgenossen aus anderen Gewerken verspüren dann und wann den Wunsch, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Dieses Ansinnen führt nicht selten zu Missgunst bei den Betrieben, die damit neue Mitbewerber erhalten. Über die dem Beruf zugeordneten fachlichen Aspekte kann in solchen Fällen sehr schnell geklärt werden, welche Arbeiten zu welchem Gewerk gehören – und wovon man besser seine Finger lassen sollte. Diese Abgrenzungsmöglichkeit bringt natürlich eine gewisse Zukunftssicherheit für die Betriebe und die Beschäftigten.
Gesellenprüfungsordnung
Wer aber die fachlichen Inhalte für einen Beruf genau definiert, muss auch die Hürde festlegen, die genommen werden muss, um im Beruf tätig werden zu können. Eine Gesellenprüfung umfasst wesentlich mehr, als „nur“ das Prüfen der Lehrinhalte. Hier treten verwaltungstechnische Fragen auf, die berufsübergreifend geregelt werden müssen. Diese Regelung ist in der „Gesellenprüfungsordnung“ (GPO) niedergelegt.
Wie bereits erwähnt, haben bei der Prüfung die Handwerkskammern „den Hut auf“. Insofern gibt es auch für jeden Handwerkskammerbezirk eine GPO. Um aber unterschiedliche Prüfungsanforderungen zu vermeiden, sind die GPOs der Kammern weitestgehend vereinheitlicht worden. In ihren Aussagen greifen die GPOs teilweise auf Aussagen der HwO zurück und legen u.a. fest, wie Gesellenprüfungsausschüsse errichtet, zusammengesetzt und berufen werden und wie Gesellenprüfungen vorbereitet, durchgeführt und bewertet werden. Zudem legen sie die Anforderungen fest, um eine vergeigte Gesellenprüfung wiederholen zu dürfen.
Eine interessante Aussage der GPO ist zum Beispiel, dass der Prüfling bei nicht bestandener Prüfung auf eigenen Antrag eine „selbstständige Prüfungsleistung“ dann nicht wiederholen muss, wenn er darin mindestens ausreichende Leistungen erbracht hat. Die Antragsfrist beträgt zwei Jahre – gerechnet vom Tag der Feststellung des Ergebnisses der nicht bestandenen Prüfung.
„Selbstständige Prüfungsleistungen“ sind solche, die thematisch klar abgrenzbar und nicht auf eine andere Prüfungsleistung bezogen sind und eigenständig bewertet werden.
Für die Gesellenprüfung des Anlagenmechanikers SHK heißt das, dass auf Antrag des Prüflings der praktische Prüfungsteil sowie die Prüfungsbereiche „Arbeitsplanung“, „Anlagenanalyse“ und „Wirtschafts- und Sozialkunde“ aus dem theoretischen Prüfungsteil im Wiederholungsfall angerechnet werden können, sofern diese mit ausreichend oder besser bewertet wurden.
Gesellenprüfungsordnungen geben also eher denen Sicherheit, die sich aus juristischer Perspektive mit der Prüfung beschäftigen müssen. Der Normalfall sollte folglich so aussehen, dass sich alle Prüfungsbeteiligten an die Regelungen aus der GPO halten und somit der Ordner mit diesem Werk im Schrank bleiben kann.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass drei solide Fundamente gelegt wurden, um den Handwerksberufen eine tragfähige Grundlage zu geben.
Fazit
Beim Betrachten der fundamentalen Regelwerke wird deutlich, dass Hendrik bei seinen Anliegen mit einer Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik gut beraten ist. Denn dieser Beruf ist über die Einordnung in die Anlage A der HwO anerkannt, bietet eine große, aber klar abgegrenzte Palette von Qualifikationen und wird durch seine energetische Ausrichtung in Zukunft eher an Bedeutung gewinnen. Eine faire Gesellenprüfung sollte, wie in allen anderen Handwerksberufen, über die GPO sichergestellt sein.
Alle genannten Aussagen gelten selbstverständlich für männliche und weibliche Auszubildende und Ausbilder.
Autor: Ulrich Thomas, Beauftragter für Berufsbildung im Fachverband SHK NRW
Sites im Internet
- Die Handwerksordnung ist im Internet hier zu finden: www.gesetze-im-internet.de/hwo.
- Die Ausbildungsverordnung findet, wer den Begriff „Jobstarter“, „Ausbildungsverordnung“ und „Anlagenmechaniker“ googelt.
- Das Beispiel für eine Gesellenprüfungsordnung findet man im www auf der Homepage seiner zuständigen Handwerkskammer.