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„Die Bewerbungen laufen fast wie von selbst“

Wie Handwerker Auszubildende und Fachkräfte gezielt finden können

„Die Bewerbungen laufen fast wie von selbst“, sagt Thomas Dresch. Damit das so bleibt, pflegt er den guten Ruf seines Unternehmens. Bild: Dresch

„Wir kommen gerne vorbei“. Sie sind überall dort präsent, wo sie Mitarbeiter finden können – Andreas Schuhmann (li.) und Lars Rückert, Geschäftsführer des Hamburger SHK-Unternehmens Rückert. Bild: Rückert

Onur Ürtülü, Auszubildender bei Kämpf + Co, ist ­zufrieden mit seiner Arbeit. Bild: Kämpf + Co

Willkommen im Team! Das Azubi-Speed-Dating war für Rückert ein Erfolg (v. l.): Jan Breuer, Azubibetreuer, Andreas Schuhmann, Geschäftsführer, und Maximilian Fischbach, zukünftiger Auszubildender bei Rückert. Bild: Rückert

So manchem Friseurunternehmer dürften hier die Haare zu Berge stehen. Das Bäckereiunternehmen Junge sucht auf diesem Weg Quereinsteiger – und dies mit großem Erfolg. Bild: Katja Pötzsch

Locker, frech und unkonventionell – nicht nur Kellner fühlen sich durch solche Anzeigen angesprochen. Noch ist die Bäckerei Junge damit weitgehend ohne Konkurrenz. Bild: Junge

Gerd Benzmüller schaltet keine Stellenanzeigen mehr. Azubis und auch Kunden finden auf Facebook den Weg zu ihm. Bild: Benzmüller

Platz für Nachwuchswerbung ist überall, erst recht auf Baustellen. Diese liegen zudem oft in 1A-Lagen. Bild: Elektro-Esser

„Man muss sich von anderen abheben.“ Das meint Ralf Jakob von Elektro-Esser und gestaltet originelle Stellenanzeigen. Fußball schafft Aufmerksamkeit – und verbindet. Bild: Elektro-Esser

Wer ist noch im Team und wie ist der Chef? Beides interessiert zukünftige Mitarbeiter sehr. Andree Antosch zeigt die Crew – und sich selber. Bild: Antosch

 

Fachkräftemangel? Die Branche klagt über fehlende Kräfte, doch für so manchen Handwerker ist das kein ernsthaftes Problem. Diese Unternehmen werben aktiv – auf vielleicht nicht immer übliche Weise – um Azubis und Monteure und bemühen sich, ihre Beschäftigten langfristig zu halten. Einige von ihnen und ihre Erfolgsrezepte stellen wir hier vor.

Bei Thomas Dresch laufen die Bewerbungen der Azubis „fast wie von selbst“. Anzeigen schalten, das sei nicht nötig, erklärt der Inhaber des 18-Personen-starken Frankfurter SHK-Unternehmens Alfons Dresch. Auch Ralf Jakob, Geschäftsführer von Elektro-Esser in Trier, kann sich über Fachkräftemangel nicht beschweren. Nur die Zahl der Bewerber für Ausbildungsplätze würde jetzt langsam nachlassen. Dies stellt auch Chris­tof Hahn fest, Geschäftsführer von Kämpf + Co in Frankfurt am Main. Das Unternehmen zählt mit zwei Betrieben rund 180 Beschäftigte und ist in den Gewerken Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Kälte- und Elektrotechnik tätig.
Etwas anders sieht die Lage für Andreas Schuhmann aus, Geschäftsführer des Hamburger SHK-Unternehmens Arnold Rückert. Im kaufmännischen Bereich würden sich genug bewerben, im gewerblichen Teil nicht. Fachkräfte seien nur wenige im Markt. Dennoch hätte er meist kein Problem damit, gestandene Monteure anzuwerben. Und mit dieser Meinung steht er nicht allein.
Was macht diese Handwerker so erfolgreich in der Suche nach Azubis und Fachkräften? Die Antworten sind einfach: Sie sind aktiv, sie probieren sich aus und sie kümmern sich, sowohl um ihre Mitarbeiter als auch um ein gutes Betriebsklima. Sie bilden aus. Ihre Devise lautet mitunter: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“.

Azubis und Monteure werden vor Ort gewonnen
Es sind nicht unbedingt die großen Auftritte im Internet, die dafür sorgen, dass Bewerber zu diesen Handwerkern finden. Eine Webseite ist wichtig, keine Frage. Was aber wirklich zählt, das sind Aktivitäten vor Ort und der gute Ruf des Unternehmens. Und das hat seine Gründe. Umfragen zeigen regelmäßig seit Jahren, dass Azubis und Fachkräfte für Ausbildung und Job sehr ungern umziehen wollen. Vor allem Azubis sind beruflich kaum mobil. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter vor allem vor Ort rekrutieren.
Aber wo und wie kann ein Handwerksunternehmen z. B. Azubis für sich gewinnen? Für die Beantwortung der Frage muss man zunächst wissen, wer ihre Berufswahl beeinflusst. Einige Studien und vor allem der gesunde Menschenverstand geben Antworten. Es sind die Eltern und Großeltern, die Freunde, die Lehrer und zum Teil auch die Berufsberater, auf deren Rat Schüler bei der Wahl ihres Ausbildungsplatzes bauen. Ratgeber sind heute wichtiger denn je für die Jugendlichen.
Bei 350 Ausbildungsberufen und 16 000 Studiengängen fühlen sich die meisten Schüler mit ihrer Berufswahl überfordert. Kein Wunder, dass sich viele für einen der Top Ten-Ausbildungslehrgänge entscheiden. Die Handwerksbetriebe haben es in der Hand, mit Rat und Tat deren Berufswahl zu erleichtern. Dies tun einige auch, und das sehr erfolgreich.

Kontakt zu Schulen nutzen, um Azubis anzusprechen
Ralf Jakob war zweimal in Schulen zu Vorträgen präsent. Drei Azubis „blieben dabei hängen“, wie er sagt. Andreas Schuhmann berichtet von einem Azubi-Speeddating an einer Hamburger Schule, das ihm gut gefallen hatte. Die Gespräche dauerten im Schnitt acht Minuten, die Jugendlichen mussten sich vorab entscheiden, mit wem sie sprechen wollten. So fanden nur die wirklich Interessierten zu ihm.
Darüber hinaus war Schuhmann in Begleitung eines Azubis und eines Bachelors auf einer Zukunftsmesse. Besonders gut aber fand er die Kooperation mit zwei Schulen. Mit einem Azubi war er in die Eltern­abende von vier siebten Klassen gegangen und hatte über den Einstieg ins Berufsleben gesprochen. Der Handwerksunternehmer als Berufsberater – ein bestechendes Modell. Denn schließlich brechen viele Jugendliche die Ausbildung ab, weil sie sich den Job anders vorgestellt haben. Es kann also gar nicht genug kompetente Beratung geben. Schuhmann hat kein Problem damit, Schulen anzuschreiben und anzubieten „wir kommen gerne vorbei“. Seine Devise lautet, überall dort präsent zu sein, wo er Mitarbeiter finden kann. Der Mix macht es für ihn. Dies sieht Christof Hahn ähnlich. Sein Unternehmen ist auf Berufsbildungstagen und auf regionalen Messen präsent.
Thomas Dresch ist Lehrlingswart der Innung Sanitär Heizung Klima Frankfurt, was ihm eine gewisse Bekanntheit unter den Schülern verschafft. Seine Azubis stellt er nach Praktika ein – eine sinnvolle Lösung. Umfragen unter Azubis haben gezeigt, dass sich diese vor allem durch ein Praktikum für eine bestimmte Ausbildung begeistern lassen. Die Praktikanten vermittelt ihm das Frankfurter Hauptschulprojekt. Dieses unterstützt in Zusammenarbeit mit Lehrern Schüler bei der Berufswahl. Von Betreuern des Hauptschulprojekts begleitet, stellen sich die Kandidaten Dresch vor.

Welche Werbemaßnahmen sind sinnvoll?
Was können Unternehmen noch tun? Die Brandbreite ist groß. Folgendes sollte man dabei wissen. Jugendliche nutzen zur Suche eines Ausbildungsplatzes meist die Informationsquellen und Medien vor Ort. Facharbeiter auf der Jobsuche halten es ähnlich. Hier können also die Tageszeitung oder das Anzeigenblatt noch ihre Stärken ausspielen, der örtliche Radiosender ebenfalls. Anzeigen werden wahrgenommen, aber vor allem Berichte im redaktionellen Teil schaffen Aufmerksamkeit.
Manche Handwerksbetriebe setzen auf Außenwerbung, etwa durch originelle Aufkleber auf den Firmenfahrzeugen, Plakate an Bushaltestellen oder im Geschäft. Dazu ein Blick über den Tellerrand: Die Stadtbäckerei Junge mit Sitz in Lübeck und Rostock macht dies seit einiger Zeit mit gro­ßem Erfolg. Unter dem Motto „Bäckerei sucht Friseure“ oder „Bäckerei sucht Kindergärtner“ versucht sie, Quereinsteiger zu einem Wechsel zu motivieren. Junge hatte auch ausgefallene Ausbildungsvideos produziert und diese auf YouTube eingestellt. Außenwerbung hilft dabei, ein Unternehmen bekannt zu machen. Wer bekannt ist, hat mehr Bewerber.
Andere versuchen sich mit Facebook. Der Aufwand ist beachtlich, die Ergebnisse sind nicht immer vielversprechend. Doch es gibt Ausnahmen. So berichtet Gerd Benzmüller, Geschäftsführer von Elektro Benzmüller in Saarburg, dass er seit Jahren alle Azubis über Facebook gewinnen würde. Er würde weder Anzeigen schalten noch die Arbeitsagentur bemühen, das sei alles nicht mehr notwendig. Benzmüller hat „einfach mal gemacht“, ausprobiert und ist erfolgreich damit. Face­book kann sinnvoll sein, um den Kontakt zu Azubis und deren Eltern sowie zu Fachkräften zu halten. Allerdings müssen diese Menschen erst einmal auf die Facebook-Seite kommen.
Es empfiehlt sich, zunächst einmal die eigene Webseite auf den neuesten Stand zu bringen. Denn diese ist der Anlaufpunkt für viele, die sich für ein Unternehmen interessieren. Eine Webseite hatte beispielsweise Thomas Dresch bisher nicht, es war schlicht nicht nötig. Das soll sich in naher Zukunft aber ändern, die nächste Unternehmergeneration von Alfons Dresch arbeitet daran.

Was muss auf eine Webseite?
Ralf Jakob, der Geschäftsführer von Elektro-Esser, hat eine Webseite. Und die kann sich sehen lassen, denn sie ist modern gestaltet, ein professioneller Auftritt. Es gibt eine Rubrik „Ausbildung“, wo wirklich etwas über die Ausbildung zu erfahren ist, nicht nur ein paar Anzeigen. Eine solche Seite ist eine gute Basis, die sich ausbauen lässt. Denn man könnte hier die eigenen Azubis zu Wort kommen lassen, die tägliche Arbeit schildern, das Team zeigen – und den Chef oder die Chefin. Auch gestandene Monteure interessieren sich für solche Dinge, etwa für eine Rubrik „Unser Team stellt sich vor“ oder „Wie wir arbeiten“.
Jakob probiert immer wieder neue Wege in der Ansprache von potenziellen Mitarbeitern aus. Er nutzt Facebook und hat dadurch einen Monteur für sich gewonnen, den es von Berlin nach Trier gezogen hat. Seine Ideen für die Mitarbeiterwerbung bekommt Jakob etwa beim Einkaufen im Supermarkt, er kopiert erfolgreiche Werbeauftritte. Wenn er etwas Interessantes sieht, dann ruft er seinen Grafiker an, der diese Ideen dann umsetzt. „Nicht nur Trainer in der Bundesliga wechseln ihren Job“, so lautet das Motto in der Rubrik „Stellengesuche“ auf seiner Webseite. „Wir bieten und wir brauchen – das schreibt schließlich jeder“, meint Jakob. Man müsse originell sein, sich von den anderen abheben.
Eine Webseite kann zeigen, welche Mitarbeiter sich in einem Unternehmen wohlfühlen. Sie kann zudem als Aushängeschild für die professionelle Arbeit eines Handwerkers dienen. Wer das besonders gut hinbekommen hat, das ist – nochmals mit Blick über den Tellerrand – Andree Antosch aus Hamburg. Der Handwerker kann mit Farben umgehen, das ist beim ers­ten Blick auf die Webseite erkennbar. Das muss auch so sein, denn Antosch ist Malermeister. Er sagt, welche Art Mitarbeiter er schätzt und welche Dinge ihm wichtig sind. Sein Team stellt er komplett auf der Seite vor, versehen mit der starken Aussage „solche Mitarbeiter brauchen wir“.
Ein Tipp aus aktuellem Anlass: Die Webseiten sollten mobiltauglich sein, also per Smartphone und Tablet lesbar. Das ist spätestens seit dem 21. April ein Muss, denn nicht mobiltaugliche Seiten straft Google seit diesem Termin im Suchergebnis ab.

Wie schafft sich ein Unternehmen einen guten Ruf unter Azubis und Monteuren?
Für alle der hier vorgestellten Handwerksunternehmen arbeitet ihr guter Ruf. Mund-zu-Mund-Propaganda und Mitarbeiterempfehlungen sind für sie bewährte Mittel, um Azubis und Fachkräfte zu rekrutieren. Diesen guten Ruf haben sie sich erarbeitet.
Ralf Jakob setzt auf Betriebsbesprechungen und Betriebsausflüge, Mitarbeitergespräche und Mitarbeiterstammtische sowie auf Weiterbildung. Andreas Schuhmann hält es ähnlich, auch Firmenwagen, Arbeitskleidung und Krankenzusatzversicherungen sind im Angebot.
Für Christof Hahn ist moderne Unternehmensführung selbstverständlich. Dazu zählt, als Chef wertschätzend zu kommunizieren und vor allem auch zuzuhören. Weiterbildung ist ebenfalls ein Thema. Thomas Dresch setzt auf die Stärken eines kleineren Unternehmens. Hier sieht der Chef alle Mitarbeiter jeden Tag, Probleme sind ohne Umstände angesprochen und gelöst, der Kontakt ist individuell und persönlich.
Am Geld liegt es nicht unbedingt, dass die Mitarbeiter von der Ausbildung bis zur Rente in den Unternehmen bleiben. „Es ist nicht der Euro mehr oder weniger die Stunde. Das Klima stimmt, weil die Leute das machen, was ihnen Spaß macht“, meint Christof Hahn.
Viele Umfragen bestätigen genau dies. Das Gehalt muss natürlich stimmen. Aber ein gutes Arbeitsklima, spannende Arbeitsinhalte, Spaß an der Arbeit und ein nettes Team sind ebenso wichtig. Respekt und Wertschätzung spielen eine ganz erhebliche Rolle. Auch Weiterbildung zählt. Nur so können Unternehmen ihre Mitarbeiter langfristig an sich binden.

Monteure gewinnen – eine nicht ganz leichte Aufgabe
Das zahlt sich aus. Gute Monteure sind heute kaum zu bekommen. Wer einen Job sucht, geht ganz schnell „unter der Hand weg“, sagt Thomas Dresch. Man könne nur darauf hoffen, dass Betriebe schließen und man die Leute übernehmen könne.
Unternehmen haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, zu gestandenen Fachkräften zu kommen. Entweder sie bilden aus und binden ihre Mitarbeiter dann langfris­tig an das Unternehmen. Die für diesen Beitrag befragten Unternehmen haben sich für diese Lösung entschieden. Und wenn sie Monteure suchen, dann hilft ihnen ihr guter Ruf.
Die Alternative lautet: Massiv für das Unternehmen werben. Außenwerbung und originell gestaltete Stellenanzeigen zählen dazu, Mitarbeiterempfehlungen, Ausbau der Webseite, Facebook, gezieltes Abwerben. Dieser Aufwand rechnet sich aber nur, wenn die nach außen hin kommunizierten Vorteile des Unternehmens mit der Realität übereinstimmen. Denn sonst gehen die neuen Mitarbeiter ganz schnell wieder. Ein gut geplanter öffentlicher Auftritt kann somit helfen, die gewünschten Kräfte zu bekommen. Denn viele Handwerksunternehmen werben gar nicht für sich.
Wer heute als Unternehmer über Fachkräftemangel klagt, aber nichts unternimmt, der erntet bei den um ihre Mitarbeiter bemühten Handwerksunternehmern wenig Mitleid. „Laden schließen und die Monteure zu uns schicken“, meint Chris­tof Hahn. Das ist eine Option. Die andere könnte lauten: Aktiv werden.

Autor: Helge Weinberg, Berater und Journalist, spezialisiert auf Arbeitgeberkommunikation und Nachwuchskampagnen, Hamburg

 


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