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Dicht, aber gut belüftet

Lüftungskonzepte für die Sanierung

Geräteinstallation auf dem Dach: Abluft- und Zuluftkanäle sollten gut gedämmt und auf möglichst direktem Wege ins Gebäude geführt werden. Bild: Lüfta

Speziell für die Sanierung sind in den letzten Jahren zunehmend platzsparende KWL-Geräte verfügbar, die zumeist in der Küche oder im Badezimmer in oder an der Wand- bzw. in der abgehängten Deckenkonstruktion platziert werden können. Im Bild links: Zehnder Group Deutschland, im Bild rechts: Brink Climate Systems

Kanalsysteme für die Sichtmontage können den Aufwand bei der Installation erheblich reduzieren. Bild links: Helios Ventilatoren, Bild rechts: Lindab

Zulufteinbringung mittels Weitwurfdüsen: Durch Ausnutzung des Coanda-Effekts (die Decke wirkt wie eine verlängerte Kanalseite) kann die Zuluft ohne lange Kanäle weit in den Raum transportiert werden. Bild: Passivhaus Institut

Kombinierte Einheit aus Schalldämpfer, Volumenstromregler und Verteilkasten. Einige Hersteller bieten vorgefertigte Komponenten und Systemlösungen an, die helfen, ein kompaktes Kanalnetz zu realisieren. Bild: J. Pichler GmBH

 

Ein wesentlicher Bestandteil sowohl von Neubauten als auch von energetischen Sanierungen ist die Ausstattung des Gebäudes mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung (KWL). Im Altbau ist diese u. a. meist nach dem Austausch der Fenster und der damit verbundenen Verbesserung der Gebäudeluftdichtheit erforderlich. Der Markt bietet somit zahlreiche Systeme und Varianten an. Welche Aspekte gilt es bei der Auswahl zu beachten?

Kontrollierte Wohnraumlüftungsanlagen bieten zahlreiche Vorteile, angefangen von der Energieeinsparung bis hin zur Luftqualität, die bei entsprechender Filtertechnik zu einer messbaren Verringerung der Feinstaubbelastung in der Raumluft führt. Um den wachsenden Sanierungsmarkt mit energetisch hochwertigen Lüftungsanlagen zu versorgen, sind vor allem kostengünstige Lösungen gefragt. Um das geeignete System zu finden, sind einige Kriterien zu beachten.

Gerätepositionierung
Unabhängig davon, ob zentrale oder dezentrale Geräte eingesetzt werden, sollten diese möglichst nahe an der thermischen Gebäudehülle platziert werden. So lassen sich meist die wärmegedämmten Kanalabschnitte minimieren. Bei zentralen Geräten ist in der Regel die Aufstellung im Dachbereich vorteilhaft, da hier die Außenluftansaugung auf kurzem Wege und mit guter Luftqualität realisiert werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die Außenluft an der Nordfassade angesaugt werden sollte. So lässt sich verhindern, dass über Solareinstrahlung in den Sommermonaten vorerwärmte Luft in das Gebäude gelangt, die zu Überhitzung führen kann.
Bei einer Sanierung ist der Dachbodenbereich für die Geräteplatzierung von Vorteil. Alternativ bieten sich auch Kellerräume als Technikraum an. Erfahrungsgemäß ist dann aber meist ein höherer Aufwand für die Außenluftansaugung und den Fortluftauslass erforderlich. Hinsichtlich der architektonischen Gestaltung ist diese Variante eher schwieriger umzusetzen.
Speziell für die Sanierung sind in den letzten Jahren zunehmend platzsparende dezentrale Geräte verfügbar, die zumeist in der Küche oder im Badezimmer in oder an der Wand- bzw. in der abgehängten Deckenkonstruktion platziert werden können. Diese platzsparende Bauweise ist zudem für den Neubau interessant, da hier Technik- bzw. Hauswirtschaftsräume oft nicht realisiert werden.

Qualität der KWL-Anlage
Für Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind die wesentlichen Energiekenndaten der Wärmebereitstellungsgrad und die elektrische Leistungsaufnahme. Bei der Ermittlung des Wärmebereitstellungsgrads ist es wichtig, dass das gesamte Gerät (nicht nur der Wärmeübertrager) messtechnisch untersucht wurde und der Wärmebereitstellungsgrad fortluftseitig bestimmt wird. Das heißt: Wärmeverluste und Leckagen des Gerätegehäuses sind bereits berücksichtigt.
Damit sich die Investition in eine Wärmerückgewinnungsanlage auch lohnt, werden Wärmebereitstellungsgrade von mehr als 75 % (Empfehlung > 80 %) gefordert. Zudem ist die elektrische Leistungsaufnahme zu beachten, damit die Energieeinsparung durch die Wärmerückgewinnung nicht durch den Stromverbrauch für den Betrieb der Anlage wieder aufgehoben wird. Die Anforderung liegt hier bei einer spezifischen Leistungsaufnahme für das gesamte Gerät bei 0,45 Wh/m³. Durch hocheffiziente Ventilatormotoren kann der Wert heute schon deutlich unterschritten werden. Eine Hilfestellung für die Suche eines passenden Gerätes (nach Passivhaus-Kriterien) bietet z. B. die Komponentendatenbank auf www.passiv.de. Hier können die Geräte auch nach den Ener­giekenndaten sortiert werden. Darüber hinaus sollte auf folgende weitere Qualitätskriterien geachtet werden:

  • Luftdichtheit: Interne und externe Leckage maximal 3 % des mittleren Volumenstroms des Einsatzbereichs. Diese Anforderung wird von allen Passivhaus-Lüftungsanlagen erfüllt.
  • Filter: Außenluftfilter der Qualität F7 oder besser. Sofern keine Standardgeräteausstattung, ist dieser meist als optionale Geräteausstattung oder Zubehör beim Hersteller erhältlich.
  • Schall: Schalldruckpegel im Aufstellraum max. 35 dB(A), Schalldruckpegel im Wohnraum max. 25 dB(A). Sofern das Gerät selbst die Anforderungen nicht erfüllt, müssen entsprechende Zusatzmaßnahmen (Schalldämpfer, Einhausung) berücksichtigt werden.
  • Frostschutz für Wärmeübertrager und ein optionales hydraulisches Nachheizregister: Sicherstellung der regulären Gerätefunktion bis zu einer Außenlufttemperatur von - 15 °C durch eine geräteinterne oder bauseitige Frostschutzeinrichtung.

Planungsaspekte und Umsetzung
Außenluft und Fortluftkanäle sollten bei Geräten, die innerhalb der thermischen Gebäudehülle platziert werden, möglichst kurz gehalten und dampfdiffusionsdicht gedämmt werden (Empfehlung 10 cm). Gleiches gilt für Abluft- und Zuluftkanäle bei einer Gerätepositionierung außerhalb der thermischen Gebäudehülle. Hier muss die Dämmung nicht Dampfdiffusionsdicht ausgeführt werden, jedoch ist ein guter Wärmeschutz und Wetterschutz erforderlich. Zudem sollten die Kanäle auf möglichst direktem Wege ins Gebäude geführt werden. Für den Fall, dass die Zuluft beheizt werden soll, wird empfohlen, das Zuluftheizregister erst innerhalb der thermischen Gebäudehülle zu installieren.

Kompakte Kanalnetze
Kompakte Kanalnetze reduzieren nicht nur den Druckverlust im späteren Betrieb, sondern auch den Aufwand für die Installation. Komfortlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung (Zu-/Abluftanlagen) können wesentlich effizienter, kostengüns­tiger und wartungsärmer gebaut werden,
wenn die Luftführung konsequent nach dem Prinzip der gerichteten Durchströmung erfolgt. Dabei kann die Zuluft nicht nur von den Zulufträumen in Flure und Ablufträume überströmen, sondern auch z. B. vom Schlafraum in den Wohnraum oder vom Abstellraum in das WC (Doppelnutzen der Zu- bzw. Abluft). Wichtig ist eine behagliche und zugfreie Einbringung der Zuluft in die Wohn- und Schlafräume.
Um das Kanalnetz möglichst kurz zu halten, sollten vorzugsweise Weitwurfdüsen verwendet werden. Durch Ausnutzung des Coanda-Effekts kann auf diese Weise die Zuluft weit in den Zuluftraum eingebracht werden, ohne dass der Zuluftkanal bis an die gegenüberliegende Raumseite geführt wird. Die Zulufteinbringung vom Flur aus über der Zimmertür ist für eine gute Belüftung des Raums meist ausreichend.

Vorgefertigte Komponenten und Systemlösungen
Einige Hersteller bieten vorgefertigte Komponenten und Systemlösungen an die helfen, ein kompaktes Kanalnetz zu realisieren. Dazu zählen ein schallgedämmter Verteilkasten für die Luftverteilung zentraler Anlagen oder kombinierte Volumenstromregler und Schalldämpfer für den Abluft- und Zuluftstrang. Solche Systemlösungen reduzieren den Aufwand für die Installation, zudem sind sie vor allem platzsparend und bereits aufeinander abgestimmt. Zudem kann bei Gebäudesanierungen durch die Verwendung von Komponenten, die für eine Sichtmontage geeignet sind, der Aufwand für die Einhausung von Kanälen und Geräten (Zwischendecke, Vorwand oder Abkofferung) erheblich reduziert werden.

Korrekte Einregulierung
Letztlich ist für einen guten und effizienten Betrieb der Anlage noch die korrekte Einregulierung des Systems erforderlich. Die Volumenströme müssen an den einzelnen Durchlassventilen einjustiert und die Ventilatoren abgeglichen werden. Damit am Ende die Abweichung zwischen Zuluft- und Abluftvolumenstrom weniger als 10 % beträgt, ist eine sehr genaue Volumenstrommessung an den Ventilen erforderlich. Empfohlen wird die Volumenstrommessung mit einem Messgerät, das mit einem Stützventilator arbeitet. Dadurch kann der Druckverlust des Messgeräts selbst kompensiert werden.

Literatur:
[1] AkkP 50: Kostengünstige Lüftungslösungen für den Wohnbau; Protokollband des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase V, Passivhaus Institut; Darmstadt2015
[2] AkkP 30: Lüftung bei Bestandsanierung; Protokollband Nr. 30 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2004
[3] Komfort- und kostenoptimierte Luftführungskonzepte für energieeffiziente Wohnbauten „Doppelnutzen“. Berichte aus Energie- und Umweltforschung, 37/2013

Autoren: Kristin Bräunlich,
Passivhaus Institut Darmstadt,
Rainer Pfluger, Universität Innsbruck

 

Component Award 2016: Lüftungskonzepte für die Sanierung

Der „Component Award 2016: Lüftungskonzepte für die Sanierung“ hat nach energetisch hochwertigen und kostengünstigen Lösungen von kontrollierten Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung für die Altbausanierung gesucht. Im Fokus stand die Sanierung am Beispiel eines typischen Gebäudes aus den 1960er-Jahren, ein Mehrfamilienhaus mit acht gleichen 3-Zimmer-Wohnungen. Das Ergebnis hat gezeigt, dass für weniger als 70 Euro Zusatzkosten pro Wohneinheit und Jahr im Vergleich zu einer reinen Abluftanlage der Komfortgewinn durch gefilterte und warme Zuluft erzielt werden kann. Weitere Informationen und eine Broschüre zum Component Award: „Lüftungskonzepte für die Sanierung“ stehen unter www.passiv.de/award zur Verfügung.

 


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