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Dezentrale Wärmeerzeugung: optimale Lösung für die Wärmewende?

In Deutschland gibt es rund 20 Mio. Wärmeerzeuger, die in Wohn- und anderen Gebäuden die Beheizung und Trinkwassererwärmung sicherstellen. Oft sind es Heizkessel von einigen wenigen Kilowatt Leistung. Gleichwohl reicht die Bandbreite bis zu einigen Megawatt für große Gebäudekomplexe. Daneben gibt es etwa 1000 Kraftwerke, die von kommunalen Unternehmen betrieben werden oder an denen sie finanziell beteiligt sind. Diese Kraftwerke erzeugen Strom und Wärme in der Leistungsklasse bis zu mehren Hundert Megawatt. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen, muss die Wärme mit möglichst geringen Verlusten zu nahe gelegenen Abnehmern gleitet werden. Ein Netz an Fernwärmeleitungen dient dazu, die Wärme im Versorgungsgebiet zu verteilen. Eine Wahlfreiheit haben die Verbraucher oft nicht. Sie werden über kommunale Satzungen verpflichtet, die Fern- bzw. Nahwärme abzunehmen. Beide Arten der Wärmeerzeugung – die zentrale und dezentrale – haben eines gemeinsam: Sie wollen Energie einsparen. Daher fühlen sie sich auch der ausgerufenen Energiewende verpflichtet und setzen alles daran, in politischen Kreisen gehört zu werden. Mit der Energiewende soll nicht nur die Stromseite gemeint sein, sie soll auch die Hauswärme einbeziehen.

Gerade die dezentralen Wärmeerzeuger, die das SHK-Handwerk plant, installiert und wartet, sollen einen wichtigen, vielleicht sogar den entscheidenden Beitrag zur Energie- und Wärmewende leisten. Erfüllt sie diesen Anspruch?

Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer im VKU (Verband kommunaler Unternehmen), Berlin

 

Pro

Die im BDH organisierte deutsche Heizungsindustrie steht für dezentrale Heizungssysteme und nicht für Fernwärme. Dennoch produzieren einige Mitgliedsunternehmen auch Wärmeerzeuger und Anlagentechnik für Nahwärmesysteme. Wieder andere stellen Übergabestationen her, die in Fernwärme- und Nahwärmenetzen zur Anwendung kommen. Die deutliche Dominanz der dezentralen Systeme im Portfolio der BDH-Mitglieder verleitet den Verband jedoch nicht dazu, unreflektiert und subjektiv Stellung gegen zentrale Wärmeversorgung zu nehmen.
Der weitgehend marktwirtschaftlich ausgerichtete Wärmemarkt sollte allerdings nicht einer ideologisch- oder technologieorientierten Fernwärme-Strategie geopfert werden. Wer Fernwärme möchte, muss die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Konzeptes nachweisen können. Gelingt es, die Wirtschaftlichkeit eines Projektes nachzuweisen, kann niemand, auch nicht die eher auf dezentrale Lösungen setzende deutsche Heizungsindustrie, dagegen opponieren.
Doch nicht nur das Thema der Wirtschaftlichkeit spielt eine Rolle. Auch die Wahlfreiheit des Verbrauchers, sich für das individuell optimale Heizsystem zu entscheiden, sollte gewährleistet bleiben. Logisch, dass sich der BDH nicht zuletzt aufgrund seiner Produktpalette gegen Anschluss- und Benutzungszwänge aussprechen muss. Hier befindet er sich in bester Gesellschaft mit Verbraucherschützern und dem Bundeskartellamt. Diese Institutionen kritisieren neben den oftmals hohen Betriebskosten im Vergleich zur dezentralen Lösung auch den mangelnden oder vollständig ausgehebelten Wettbewerb durch Fernwärme.
Besonders Fernwärme, aber auch einige Nahwärmekonzepte, kommen wirtschaftlich nur dann zustande, wenn ein Großteil der Wärme in den nach wie vor recht gro­ßen Wärmesenken des Gebäudebestandes untergebracht wird. Aufgrund der Gesetzeslage bedarf es hier der Zustimmung der Eigentümer. Vermieter großer Objekte neigen eher dazu, solchen Anschluss- und Benutzungszwängen Folge zu leisten als private Nutzer, die sich ungern in ein i. d. R. teures Kollektiv integrieren lassen. Rechtliche und wirtschaftliche Hürden bestehen besonders in der Erschließung des Gebäudebestandes durch Fern- oder Nahwärmenetze.
Kein Problem sieht der BDH, solange ein fairer Wettbewerb zwischen Fernwärme, Nahwärme und dezentralen Konzepten gewährleistet bleibt. Unter solchen marktwirtschaftlichen Rahmenbe­dingungen ohne Wettbewerbsverzerrungen können die Verfechter der dezentralen Wärme­versorgung zuversichtlich in die Zukunft schauen. Denn dezentrale Wärmeversorgung genießt hohe Akzeptanz und bietet i. d. R. wirtschaftliche Vorteile.
Der BDH erwartet von der Energiepolitik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene eine ideologiefreie Rahmensetzung ohne Begünstigung der einen oder anderen Technologie. Nur so können die Potenziale im Wärmemarkt, Deutschlands größtem Energieverbrauchssektor, optimal gehoben werden. Unter diesen Voraussetzungen werden Diskrimi­nierungen und Ausgrenzungen des für Energieeffizienz stehenden deutschen Handwerks und Wettbewerbsverzerrungen für die deutsche Heizungsindustrie vermieden. Die für den Erfolg der Energiewende dringend notwendig Wärmewende gelingt nicht mit Ideologie, sondern mit Marktorientierung, Innovationen, Wettbewerb und Wahlfreiheit.

Contra

Eine klimaverträgliche Energieversorgung sicherzustellen zählt zu den zentralen Herausforderungen der nationalen und europäischen Energiepolitik. Insbesondere die Fernwärme, die ganze Städte und große Stadtteile versorgt, leistet einen zentralen und kosteneffizienten Beitrag der Energiewirtschaft zum Klimaschutz.
Der Grund dafür ist einfach: Fernwärme wird zu einem großen Teil durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt. Als hocheffiziente und klimafreundliche Technologie leistet sie einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Viele Stadtwerke haben in hocheffiziente KWK-Anlagen investiert, die neben Strom auch Wärme für Heizung und Warmwasser produzieren.
Die bei der Stromerzeugung entstehende Wärme wird hier genutzt, sodass zur Wärmeerzeugung weniger oder gar keine weiteren Brennstoffe eingesetzt werden müssen. Mit einem Wirkungsgrad von bis zu 90 % trägt die Kraft-Wärme-Kopplung maßgeblich zur effizienten Verwendung von Energierohstoffen und zur Senkung der CO2-Emissionen bei. Allein die Stadtwerke in Deutschland haben 2011 dadurch rund 10 Mio. t CO2 eingespart.
Durch die gekoppelte Erzeugung von Strom und Nutzwärme hat Kraft-Wärme-Kopplung den mit Abstand niedrigsten Primärenergiefaktor, was beispielsweise beim Gebäude-Energieausweis oder bei Investitionen in Neubau oder Sanierung von Vorteil sein kann. Kunden, die sich für Fernwärme entscheiden, erfüllen das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) – denn die Bundesregierung stellt KWK-Wärme auf eine Stufe mit den Erneuerbaren Energien.
Aber die KWK ist auch eine Brücke, um auf Erneuerbare Energien umzustellen. Bei ihr kommen zunehmend Regenerative Energien zum Einsatz, z. B. Biogas oder Holzhackschnitzel. Viele KWK-Anlagen, die einst mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden, sind bereits umgestellt worden. Das ist hier sehr viel effizienter und kostengünstiger zu machen als in Hunderten individuell beheizten Einzelgebäuden.
Fernwärme wird aber nicht nur effizient erzeugt, sondern auch effizient verteilt – so lassen sich Verluste in der Verteilung und kostensteigernde Effekte in der Wärmeversorgung vermeiden. Vom Heizkraftwerk gelangt Fernwärme über ein Leitungssystem zum Verbraucher. Praktisch jeder mögliche Abnehmer im Versorgungsgebiet wird erschlossen, wodurch Verbraucher ganz einfach auf die kostengünstige Fernwärme umstellen können. Aus unserer Sicht sollte individuelles Heizen nur da eingesetzt werden, wo eine Fernwärmeversorgung nicht zweckmäßig erscheint. Die dezentrale Versorgung stellt in Gebieten ohne Fernwärmeversorgung oder mit nur geringer Anschlussdichte eine durchaus sinnvolle Ergänzung zur Fernwärme dar. Die Stadtwerke sind hier der ideale Partner, um die umweltfreundlichste und effizienteste Möglichkeit der Heizung zu finden.
Um die Wärmewende voranzutreiben, gewinnen auch Energiedienstleistungen zunehmend an Bedeutung. Stadtwerke sind hier deutschlandweit bereits sehr aktiv. Sie bieten ihren Endkunden – z. B. Haushalts-, Gewerbe- oder Industrieunternehmen oder Kommunen – eine Vielzahl von Energiedienstleistungen an, um die passende Lösung zu finden. Diese reichen über Energieberatung, Durchführung von Energieaudits und Energiemanagementsys­teme bis hin zu umfangreichen Contracting-Angeboten, z. B. Druckluft- oder Kältecontracting.

 


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