Der Elektronik-Armatur gehört die ZukunftEin Interview mit dem Oras-Gesamtvertriebsleiter für Europa, Johannes Behrens
Der finnische Armaturenhersteller Oras mit deutscher Niederlassung im sauerländischen Iserlohn setzt stark auf elektronische Armaturen. Zuständig für Kontinentaleuropa und damit auch für Deutschland ist Johannes Behrens. Zudem ist er Mitglied der Oras-Gesamtunternehmensleitung. Mit ihm sprach Detlev Knecht über Badarmaturen und Potenziale, über seine Ziele und seine Visionen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Behrens, Oras sieht sich als europäischer Marktführer im Segment der elektronischen Armaturen. Gilt das auch für Deutschland?
Behrens: Das trifft auf Deutschland – in Klammern „noch“ – nicht zu. Man muss den Begriff „europäischer Marktführer“ auch etwas relativieren. Wir sind Marktführer im Bereich der Badezimmerarmaturen – Waschtisch und Dusche – sowie Küche. Was bei uns noch nicht das geplante Niveau hat, sind Urinale und Toilettenlösungen. Hier sind wir an der Entwicklung von Produktlösungen.
Johannes Behrens, zuständig für den Oras-Vertrieb in Kontinentaleuropa, also auch für Deutschland.
IKZ-HAUSTECHNIK: Ich schließe daraus, dass ihr Schwerpunkt auf dem privaten Sektor liegt.
Behrens: Eindeutig ja. Oras sieht hier – nicht nur in Deutschland, auch in Europa – in fünf bis zehn Jahren den Wachstumsbereich für elektronische Armaturen schlechthin.
IKZ-HAUSTECHNIK: Mit welchem Personalstamm ist Oras hier in Deutschland vertreten?
Behrens: Wir sind elf eigene Mitarbeiter und sechs Handelsvertreter. Oras selbst produziert die Armaturen in Finnland, Norwegen und Polen. Insofern konzentrieren wir uns hier allein auf den Vertrieb, Marketing und Logistik mit einer Zentrallagerlösung für Europa in Hamburg.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wollen Sie das mit gerade einmal aufgerundet 20 Mitarbeitern schaffen? Deutschland ist groß.
Behrens: Wir wollen ja nicht alle Zigtausend Installateure besuchen. Aber denken Sie an social-media, digitales Marketing, Pressearbeit und Kooperationen. Ich sehe das als Entwicklungsprojekt. Und die letzten drei Jahre haben mir Recht gegeben. Nun gut, ich möchte keine Luftschlösser aufbauen. Von der Größe her sind wir in Deutschland nicht vergleichbar mit einigen unserer Mitbewerber. Aber wir haben einen Vorteil: Wir konzentrieren uns auf eine bestimmte Strategie.
Für mich ist die am besten geeignete Person der Installateur.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sagen Sie ein paar Worte zum Vertriebsweg. Hier haben Sie sich ja eindeutig aufgestellt.
Behrens: Sehr gerne. Wir sind zu 100 % dreistufig. Gleichwohl akquirieren wir direkt im Objektgeschäft und in der Wohnungswirtschaft. Die Armaturen aber gehen ausschließlich über den Fachgroßhandel und das Handwerk.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sie konzentrieren sich ganz aktuell sehr stark auf elektronische Armaturen. Haben Sie auch konventionelle – sprich Einhebelmischer u. ä. im Programm?
Behrens: Aber ja. In Skandinavien sind wir sogar Marktführer, und zwar mit dem kompletten Programm: Einhebelmischer, Thermostate, elektronische Armaturen. Hier in Deutschland sehen wir den Markt bei konventionellen Armaturen als relativ stark verteilt an. Daher werden wir diese Armaturen natürlich auch zukünftig vertreiben, aber nicht besonders hervorheben. Aber wir haben sie im Programm und finden auch ihre Abnehmer.
IKZ-HAUSTECHNIK: Auf welche Verteilungsraten kommen Sie da bei elektronischen und konventionellen Armaturen hier in Deutschland?
Behrens: Es sind aktuell ca. 30 % elektronische und 70 % konventionelle Armaturen. Die letzt genannten gehen in großem Maße in die Wohnungswirtschaft. Doch haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Verteilung bis zum Jahr 2015 zu verschieben: 60 % elektronische und 40 % Normalarmaturen.
Der größte Unterschied ist der, dass Oras bereits vor über zwanzig Jahren begonnen hat, elektronische Armaturen systematisch und modular zu entwickeln und herzustellen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Prozentangaben sind immer tückisch. Deshalb die Frage: Soll es nur eine Verschiebung, sprich Umverteilung der Menge geben oder wollen Sie mehr elektronische Armaturen in den Markt bringen?
Behrens: Wir gehen davon aus, dass der Absatz über die Wohnungswirtschaft recht konstant verläuft. Daher wird das Wachstum kreiert im privaten Elektronikbereich.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Rolle spielt da das Handwerk?
Behrens: Für mich ist die am besten geeignete Person der Installateur. Er muss diese Materie als Zukunftschance aufgreifen. Einem Endkunden über eine schlüssige Argumentation den Mehrwert der Elektronik nahezubringen, gerade im Hinblick auf die zukünftige Altersstruktur in Deutschland, zeugt meiner Meinung nach von Kompetenz, Innovations- und Technikaffinität. Höherwertige Produkte mit Zusatznutzen sind eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Der Installateur ist der entscheidende Faktor für die Akzeptanz von elektronischen Armaturen beim Endkunden.
Die Hürden befinden sich u. a. in den Großhandelsausstellungen, aber auch bei vielen Installateuren, die sich bei elektronischen Armaturen immer noch etwas schwer tun.
IKZ-HAUSTECHNIK: Alle Armaturen werden in Skandinavien designed, und zwar für ganz Europa. Einigt man sich da nicht auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner?
Behrens: Das war tatsächlich in der Vergangenheit teilweise so: Die Modelle für alle europäischen Länder waren stark auf den skandinavischen Markt ausgerichtet. Doch seit drei Jahren gibt es ein internationales Produkt-Portfolio-Team, dem auch ich angehöre. Damit bekommen wir schon mehr Einfluss auf das Design. Und da Oras in Mitteleuropa das größte Wachstumspotenzial sieht, muss man dem zwangsläufig mehr Gewicht geben.
Johannes Behrens setzt auf elektronische Armaturen wie die „Eterna“. Sie dient dem Wasser- und Energiesparen und verbindet weitere nutzerfreundliche Eigenschaften.
IKZ-HAUSTECHNIK: Unter einer elektronischen Armatur versteht man zunächst einmal die berührungslos arbeitende. Greift die Definition da nicht zu kurz?
Behrens: Ja, durchaus. Wir haben z. B. die „Eterna“ im Programm. Eine Badewannen- oder Duscharmatur, die elektronische Elemente enthält. Per Tastendruck wird der Wasserfluss gestartet. Nach zwei Minuten gibt die Duscharmatur optische Signale: „Sie duschen zu lange“, „Sie verschwenden Wasser“. Und nach vier Minuten schaltet sie ganz ab. Selbstverständlich lässt sich die Armatur sofort wieder öffnen. Beim Badewannenmodell wird einmal die Wanne gefüllt und speichert das Volumen. Für das nächste Wannenbad reicht dann ein Knopfdruck.
In Skandinavien sind wir sogar Marktführer, und zwar mit dem kompletten Armaturen-Programm.
IKZ-HAUSTECHNIK: Worin unterscheiden sich Ihre Armaturen von denen Ihrer Mitbewerber? Warum sollte der Handwerker und Endkunde sich für Ihre Produkte entscheiden?
Behrens: Der herausragendste Unterschied ist der, dass Oras bereits vor über zwanzig Jahren begonnen hat, elektronische Armaturen systematisch und modular zu entwickeln und herzustellen. Es steht also eine langjährige Kompetenz und damit auch eine hohe Qualität und vor allem Produktsicherheit dahinter.
IKZ-HAUSTECHNIK: Seit Jahren versuchen Sie, den Absatz von Elektronikarmaturen im privaten Bereich zu forcieren. So hatten wir vor vier Jahren ein Editorial von Ihnen in der IKZ-HAUSTECHNIK. Hat sich seit dem etwas bewegt?
Behrens: Ich muss offen zugeben: Nicht in der Geschwindigkeit, wie wir es erwartet hätten. Die Hürden befinden sich u. a. in den Großhandelsausstellungen, aber auch bei Handwerkern, die sich bei Elektronikbauteilen noch etwas schwer tun. Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass die Preisdifferenz zwischen den konventionellen und Elektronik-Armaturen in der Vergangenheit noch recht groß war. Doch das hat sich deutlich, deutlich verringert. Und wenn der Unterschied nur noch gering ist, kommen die Argumente der Elektronikarmaturen zum Tragen: Wasser- und Energiesparen, Hygiene, Design, Sicherheit.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was mach eine elektronische Armatur hygienischer als andere?
Behrens: Weil eine solche Armatur nicht angefasst werden muss. Damit verbinden die Kunden einen entscheidenden Aspekt.
Zudem lassen sich die Armaturen auf eine zeitlich begrenzte Zwangsspülung einstellen: Alle 12, 24 oder 72 Stunden öffnet die Armatur und löst damit eine Spülung des Trinkwassernetzes aus.
Wir haben einen Vorteil: Wir konzentrieren uns auf eine bestimmte Strategie.
IKZ-HAUSTECHNIK: Nun ist es um Oras recht still geworden. Man liest und hört wenig von Ihrem Unternehmen. In der Vergangenheit war das anderes.
Behrens: Das sehe ich nicht so. Wir waren in Deutschland sehr erfolgreich zu unserer Zeit als Hausmarkenproduzent. Nach der Beendigung der Kooperation ist Oras durchaus in ein kleines Loch gefallen. Das ist kein Geheimnis. Doch in den letzten Jahren haben wir uns wieder daraus befreit. Fakt ist aber, dass unsere Position im deutschen Markt noch nicht unserer Stellung in Europa entspricht. Aber sein Sie sicher, wir arbeiten dran.
Oras-Deutschland-Chef Johannes Behrens (links) stellte sich den Fragen des stv. Chefredakteurs Detlev Knecht.
IKZ-HAUSTECHNIK: Blicken wir mal auf den Endkunden. Nach welchen Kriterien erfüllt er sich den Wunsch nach einer elektronischen Armatur?
Behrens: Meiner Meinung nach ist der Endkunde noch viel zu wenig über eine elektronische Armatur informiert, weil sie ihm nicht angeboten wird, sei es beim Großhandel, sei es beim Installateur. Die wichtigsten Argumente sind Wasser- und Energiesparen. Daneben aber auch der Bereich des barrierefreien und altersgerechten Wohnens, also vor allem Sicherheit und einfache Bedienung.
IKZ-HAUSTECHNIK: Seit wann sind Sie bei Oras, Herr Behrens?
Behrens: Angefangen hat meine Tätigkeit bei Oras im Jahr 2000 als Produktmanager für elektronische Armaturen. Nach einer Unterbrechung von zweieinhalb Jahren bin ich wieder dabei seit 2005, zuerst als Geschäftsführer für Deutschland und dann seit 2008 als Gesamtvertriebsleiter für Europa.
Die Entwicklung vom Einhebelmischer auf elektronische Armaturen sehen wir genauso gerne entgegen wie den damaligen Wechsel von der Zweigriffarmatur auf die heutigen Einhebelmischer.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Visionen haben Sie?
Behrens: Die Oras-Vision ist, dass das Unternehmen unbestrittener europäischer Marktführer im Bereich elektronischer Armaturen ist.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sprechen von der Oras-Vision. Ist das auch Ihre?
Behrens: Ich teile sie sehr stark. Deshalb habe ich mich im Jahr 2005 auch wieder entschlossen, zu einem so innovativen Unternehmen wie Oras zu wechseln. Der Entwicklung vom Einhebelmischer auf elektronische Armaturen sehen wir genauso gerne entgegen wie dem damaligen Wechsel von der Zweigriffarmatur auf die heutigen Einhebelmischer. Eben weil sich auch das Preisniveau angleichen wird. Meine Vision geht soweit, dass ich sage, der Absatz wird sich in den nächsten fünf Jahren mindestens verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen. Es ist nicht einfach, aber ich glaube daran.
www.oras.de