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Das wahrscheinlich erste CO²-neutrale Fußballstadion der Welt - Neuartiges Konzept für Heizung und Kühlung

Sie finden sich in Schwimmbädern, Wäschetrocknern und jetzt auch in Fußballstadien. Die Einsatzmöglichkeiten effizienter Wärmepumpen sind längst nicht mehr auf das althergebrachte Einfamilienhaus beschränkt. Auf dem 7. Forum Wärmepumpe (22. und 23.10.2009, Berlin Ellington Hotel) informieren renommierte Praktiker über den neuesten Stand der Technik. Lesen Sie hier vorab den Vortrag von Arno Pöhlmann vom BWP, der das Konzept des neuen Fußballstadions in Augsburg vorstellt.

Am 26. Juli wurde in Augsburg die Impuls-Arena, das neue Fußballstadion des FC Augsburg, in Betrieb genommen.

Einzigartig für Fußballstadien ist das neuartige Konzept für Heizung und Kühlung.

Das Konzept der Impuls-Arena in Augsburg.

 

Am 26. Juli wurde in Augsburg das neue Fußballstadion des FC Augsburg in Betrieb genommen. Die Bauzeit betrug weniger als 2 Jahre, die Baukosten etwa 45 Mio. Euro. Wie bei allen neuen Fußballarenen stehen bzw. sitzen die Zuschauer unmittelbar an der Spielfläche. Durch die relativ steile Anordnung der Tribünen haben sie von jeder Stelle im Stadion optimale Sicht auf das Geschehen auf dem Spielfeld. Das Stadion umfasst in der heutigen Ausbaustufe eine Gesamtkapazität von 30660 Plätzen, davon sind mehr als 19000 Sitzplätze vorhanden. Die eingeplanten 52 Logen bieten jeweils komfortable 10 Plätze. Einige der Logen wurden als Doppellogen mit einer Kapazität von 20 Plätzen ausgebaut und vermarktet.
Einzigartig für Fußballstadien ist das neuartige Konzept für Heizung und Kühlung. Der FC Augsburg entschied sich für eine effiziente und umweltfreundliche Lösung und wird nur Energieträger auf der Basis von Strom aus EE oder Bio-Energie aus nachwachsenden Rohstoffen einsetzen. An der Erstellung des Konzepts waren neben dem FCA maßgeblich auch die beiden Energieversorger Lechwerke AG und Stadtwerke Augsburg sowie als Planer die econ AG in Memmingen beteiligt.

Wozu heizen und kühlen?

Wozu muss denn ein Stadion überhaupt beheizt oder gekühlt werden? Die Spiele finden doch im Freien statt. Gerade bei den neuen Stadien zeigt sich, dass rund um das Spiel eine riesige Infrastruktur aufgebaut werden muss.
Da gibt es zunächst für die Spieler und Schiedsrichter beheizte und belüftete Umkleidekabinen mit Duschen. Darüber hinaus sollen sogenannte Entmüdungsbecken nach dem Spiel für eine schnelle Regeneration der Spieler sorgen.
Etwa 1600 Kunden mit sogenannten „Business-Seats“ haben Zugang zum Businessclub. Das ist ein Restaurantbereich mit einem extrem großen Anspruch an die Regelungstechnik für Heizung, Kühlung und Belüftung, weil die Frequentierung der Räumlichkeiten kurz vor und nach dem Spiel sowie besonders in der kurzen Halbzeitpause stark zunimmt.
Weiterhin gibt es natürlich die bereits erwähnten VIP-Logen mit 520 Plätzen, die Funktionsräume für Presse, Polizei oder Verein, Küchen-, Vorbereitungs- und Lagerräume für das Catering, Kioske, Toilettenanlagen und sonstige. Eine sehr große Heizleistung von etwa 1200 kW – das entspricht etwa der Heizleistung von 100 Einfamilienhäusern – muss für die Rasenheizung vorgehalten werden. Diese wird zwar nur an wenigen Tagen des Jahres zugeschaltet werden müssen, um die Rasenfläche wasserdurchlässig zu halten, derzeit wird hierfür mit etwa 750 Vollbenutzungsstunden im Jahr gerechnet.

Hohe und tiefe Außentemperaturen

Das komplette Stadion unterliegt einem extremen Wechsel: Hohe und tiefe Außentemperaturen, kurze Zeiten mit hoher Besucherfrequenz, Nutzung von Teilbereichen für Geschäftsbesprechungen in den Logen oder Veranstaltungen im Businessclub außerhalb des Spielkalenders. Auf alle diese Anforderungen hin musste die Heizung ausgelegt werden.
Zunächst stand einmal eine Bedarfsaufnahme im Raum. Der Heizenergiebedarf wurde  mit 1,7 Mio. kWh pro Jahr, der für Kühlung mit 440 kWh ermittelt. Bei einem Wohngebäude würde dafür ein Wärmeerzeuger mit einer Kesselleistung von 900 kW locker ausreichen. Nicht so bei der Arena: Zur Beheizung der Anlage wurden zwei Großwärmepumpen mit einer Heizleistung von jeweils 620 kW eingebaut.

Das technische Heizungskonzept lässt sich wie folgt beschreiben:
Wärmepumpen benötigen zum einwandfreien Betrieb eine Wärmequelle. Diese fand sich auf dem Augsburger Lechfeld in Form von Grundwasser. Zwei mächtige Brunnen mit einem Durchmesser von je 83 cm wurden bis in eine Tiefe von etwa 45 m gebohrt. Schon in einer Tiefe von 11 m stand Grundwasser an, sodass sich bei der tatsächlichen Bohrtiefe genug Reserve für den Pumpbetrieb ergibt.
Zwei Umwälzpumpen pumpen das Wasser über Leitungen mit einem Durchmesser von 25 cm über einen Sandabscheider zu zwei Plattenwärmetauschern. Dort wird dem Grundwasser Wärme entzogen. Das abgekühlte Wasser wird ohne sonstige Beeinflussung mittels zwei weiteren Schluckbrunnen wieder dem natürlichen Grundwasserstrom zugeführt. Bis zu 200000 l/h werden auf diese Weise umgewälzt. Eine der beiden Umwälzpumpen ist elektronisch geregelt. Damit kann die umgewälzte Menge immer dem Heizenergiebedarf angepasst werden.

Weniger Kosten

Über einen zweiten Wasserkreislauf wird die in den Plattenwärmetauschern aufgenommene Wärme weiterverarbeitet. Im Regelfall geht das über den Carnot-Prozess der Wärmepumpen, wo ein Kältemittel schon bei relativ niedrigen Temperaturen verdampfen kann und in einen gasförmigen Zustand übergeht. Nach der sich anschließenden Druckerhöhung über einen elektromotorisch betriebenen Kompressor wird dieses Gas ziemlich heiß und kann nun diese Hitze über einen weiteren Kreislauf an einen Heizungsspeicher mit 12000 l Inhalt abgeben. Je nach benötig-tem Wärmebedarf schalten ein bis zwei baugleiche Wärmepumpen und eventuell sogar der Spitzenlastkessel zu und sorgen damit immer für ausreichend Wärme.
Eine weitere Besonderheit haben sich die Anlagenplaner einfallen lassen. Die bereits erwähnte Rasenheizung im Stadion dient einzig zur Frostfreihaltung der Rasenfläche und nicht zur Schneeabschmelzung. Deswegen müssten eigentlich schon ganz geringe Vorlauftemperaturen in den Kunststoffrohren diesen Zweck erfüllen.
Ohne Einsatz der Wärmepumpe kann die bei den Plattenwärmetauschern anstehende Wärme aus dem Grundwasser einem zusätzlichen Wärmetauscher zugeführt werden. Diese hat die Aufgabe, den mit Glykol befüllten Rasenheizungskreislauf mit Wärme zu bedienen. Anders als bei allen anderen Rasenheizungen in anderen Sportstätten werden nur die Umwälzpumpen in Betrieb gehalten und sparen erhebliche Mengen an Primärenergie. Sollte diese Wärmeabgabe an extrem kalten Tagen des Jahres nicht ausreichen, schalten automatisch Wärmepumpen zu.
Eine weitere Besonderheit ist die Kühlung. Im Stadion wurde auf den Einbau einer Kältemaschine mit 600 kW Kälteleistung verzichtet. Stattdessen wurden die Lüftungsregister größer ausgelegt. Üblicherweise werden diese Register mit etwa 5°C angefahren. In der Arena nutzt man nun die natürliche Kälte des Grundwassers und betreibt die größer dimensionierten Register mit einer Temperatur von etwa 11°C. Die teure Kälteerzeugung kann weitgehend entfallen. Auch für diesen Fall sind nur Umwälzpumpen in Betrieb. Die Energiekosten sinken auf einen Bruchteil der sonst üblichen Kosten bei der Kälteerzeugung.

In wenigen Jahren amortisiert

Sollte der passive Kühlbetrieb wider Erwarten an besonders heißen Tagen des Jahres nicht ausreichen, so werden die Wärmepumpen reversibel in den Kühlbetrieb versetzt und kühlen das Gebäude. Als Abfallprodukt fällt quasi kostenlos Wärme an, die zur Warmwasserbereitung eingesetzt werden kann.
Die Investitionskosten für die Umsetzung dieses innovativen Konzepts liegen über denen für konventionelle Heiz- und Kühlsysteme. Langfristig machen sich die höheren Ausgaben jedoch aus mehreren Gründen bezahlt:

  1. Die Wärmepumpe erzeugt Wärme und Kälte durch die im Grundwasser vorhandene Energie. Lediglich zum Antrieb des Kompressors wird noch Strom benötigt. Mit einem Teil Antriebsenergie erschließt die Wärmepumpe rund drei Teile Umweltenergie. Dieser stammt im Fall der impuls arena aus Erneuerbaren Energien (Wasserkraft) und ist damit weitgehend CO2-frei.
  2. Der Spitzenlastkessel wird mit Bio-Erdgas betrieben. Nachwachsende Rohstoffe sind die Grundlage für dieses Gas. Weil Biomasse beim Wachstum etwa soviel CO2 bindet, wie bei seiner Verbrennung freigesetzt wird, kann man auch hier von einem CO2-neutralen Betrieb sprechen.
  3. Die Anlage spart insgesamt jährlich etwa 700 t CO2 ein.
  4. Der Markt für fossile Brennstoffe ist von starken Preisschwankungen geprägt. Je nach Entwicklung der Preise für fossile Brennstoffe in den kommenden Jahren amortisieren sich die höheren Anfangskosten schneller oder langsamer. In jedem Fall macht sich die Investition mittel- und langfristig bezahlt.

FCA, Lechwerke und Stadtwerke Augs-burg haben sich dazu entschlossen, die Anlage im Contractingverfahren zu betreiben. Dabei übernehmen die Stadtwerke Augsburg und die Bayerischen Elektrizitätswerke BEW als Tochtergesellschaft der LEW zunächst die Investition und liefern Strom und Gas aus EE. Die Stadtwerke Augsburg übernehmen die Betriebsführung. Der FC Augsburg bezahlt einen Wärmepreis, der den vollen Service für die Anlage beinhaltet.

Bilder: BWP

Kontakt: Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., 10117 Berlin, Tel. 030 208799711, Fax 030 208799712, info@waermepumpe.de, www.waermepumpe.de

 


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