Werbung

Das Gesamtkonzept muss stimmen Energieeffiziente Architektur erfordert ganzheitlichen Planungsansatz und interdisziplinäre Zusammenarbeit

Glas bestimmt seit einigen Jahren die moderne Architektur wie kein anderes Material. Vorausgesetzt Glasprodukte werden ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend in ein planerisches Gesamtkonzept integriert, dann prägen sie nicht nur das Erscheinungsbild von Fassaden, sondern tragen auch im erheblichen Maße zur Energieeffizienz von Gebäuden bei.

Die Glasfassade des Düsseldorfer Stadttores ist zweischalig aufgebaut. Die innere Elementfassade mit zu öffnenden Holzfenstern und die äußere Glashülle aus 12 mm ESG trennt ein 1,4 m breiter Klimapuffer. Auf Höhe der Geschossdecken befinden sich Luftein- und -auslässe.

 

Basierend auf den Erfahrungen erster Großprojekte mit hohem Glasflächenanteil spielt dabei heute insbesondere der Aspekt des sommerlichen Wärmeschut-zes eine entscheidende Rolle. Sonnenschutzeinrichtungen kompensieren einen Nachteil, den die Transparenz der Glasarchitektur zum Leidwesen von Architekten häufig mit sich bringt – das unerwünschte Aufschaukeln der Raumtemperatur im Sommer. Durch den Einsatz von beschichteten Sonnenschutzgläsern modernster Bauart lässt sich dieser Effekt zwar erheblich reduzieren, aber nicht gänzlich vermeiden. Im Winter sind die solaren Energiegewinne durchaus erwünscht, im Sommer hingegen können sie zu unangenehm hohen Lufttemperaturen im Gebäudeinneren führen.

Die punktgehaltenen Elemente der ESG-Fassade des Düsseldorfer Stadttores sind in den Büroarealen auf ihrer Innenseite mit Jalousien bestückt.


Optimiertes Zusammenspiel

Um die unerwünschte Erwärmung der Innenräume zu vermeiden, werden in der Glasarchitektur Sonnenschutzsysteme in zahlreichen Ausführungsvarianten verbaut. Sie sind elementarer Bestandteil eines effizienten Zusammenspiels von wirksamem Wärmeschutz, maximaler Tageslichtnutzung und zuverlässiger Raumbelüftung. Die komplexen Wechselbeziehungen von äußeren und gebäudeinternen Einflüssen so zu steuern, dass in den Nutzräumen ganzjährig angenehme Temperaturen vorherrschen, ist eine der größten Herausforderungen in der modernen Glasarchitektur.

Zweischaliger Fassadenaufbau mit wärmedämmender Holz-Elementfassade und vorgesetzten Glasschuppen.

Prof. Anton Maas, Leiter des Fachgebietes Bauphysik an der Universität Kassel, verdeutlichte auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Flachglas im April 2010 die aktuelle Problematik. Er prognostizierte, dass der sommerliche Wärmeschutz in Zukunft an Bedeutung gewinnen werde, betonte aber auch die Leistung von Fenstern und Fassaden als hocheffiziente Energiegewinner, mit denen sich massiv Heizenergie einsparen lasse.

Die gläsernen Fassadenelemente des Capricorn Hauses in Düsseldorf sind multifunktional. Neben jedem Kastenfenster mit integriertem Sonnenschutz befindet sich ein 1,80 m hohes rotes Glaspaneel. Dahinter verbirgt sich ein Fassadenmodul mit Kühl-, Heiz- und Lüftungsfunktion, inklusive Wärmerückgewinnung, sowie Beleuchtungs-, Schallabsorptions- und Raumakustikelemente..

Die Fachwelt ist sich grundsätzlich einig darüber, dass zur effizienten Nutzung der energetischen und architektonischen Potenziale von großflächigen Glasanteilen in der Gebäudehülle ein integraler Planungsansatz notwendig ist. Fachplaner und Fassadenbauer müssen möglichst bereits in der Entwicklungsphase eines Projektes interdisziplinär zusammenarbeiten. Nur so kann unter Einbeziehung der jeweiligen klimatischen Rahmenbedingungen am Gebäudestandort ein optimiertes Zusammenspiel von sommerlichem Wärmeschutz, Lüftungstechnik und Heiz- bzw. Kühltechnologie gewährleistet werden.

Eine hohe Energieeffizienz der Glasfassade schließt die klassische Spaltlüftung nicht aus.

Neue Chancen durch GIPV
Zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden wird, auch die fassadenintegrierte oder gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV) künftig eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Obwohl im Markt mittlerweile zahlreiche Produktlösungen verfügbar sind, findet sich diese Anwendung bisher nur an vereinzelten Objekten. Als Grund dafür machten Experten aus der Solarbranche auf dem internationalen Fachkongress Solar Summits im Jahr 2009 die mangelnde Berücksichtigung seitens der Architekten aus. Dabei lassen sich PV-Module mittlerweile ähnlich systematisch verbauen wie herkömmliche Fassadenelemente aus anderen Materialien.
Vor dem Hintergrund der gerade novellierten Europäischen Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden gewinnt die fassadenintegrierte Photovoltaik aber zwangsläufig an Bedeutung. Die Richtlinie fordert ab 2019 (öffentlicher Bau) bzw. 2021 (Privatbau) bei neu erstellten Gebäuden das Nahezu-Null-Energie-Niveau, wobei die benötigte Rest-Energie weitestgehend aus regenerativen Quellen generiert werden soll. Diese Vorgabe wird die Entwicklung entsprechender Systeme weiter vorantreiben und Architekten die Aufnahme von integrierten Photovoltaik-Elementen in ihre Planungskonzepte schmackhaft machen.

Gebäudeintegrierte, farblich variierbare Dünnschicht-PV-Module mit feingliedriger Nadelstreifen-Optik für den Einsatz in vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden.


Schon heute lassen sich PV-Elemente mit neuester Dünnschicht-Technologie in unterschiedlichen Farben ausführen und schaffen damit neuen Gestaltungsspielraum in der Fassade. Prof. Eike Weber, Direktor des Fraunhofer Instituts für Solare Energie Systeme ISE, geht davon aus, dass neue Farbstoffsolarzellen in den nächsten Jahren den Durchbruch in der gebäudeintegrierten Photovoltaik bringen werden. Diese Zellen, an deren Entwicklung das ISE mitarbeitet, basieren auf völlig anderen Prinzipien als die bisherigen Halbleitertechniken. Da die Technologien für ihre Herstellung bereits in ähnlicher Form in der industriellen Glasverarbeitung existieren, ist eine wirtschaftliche Herstellung möglich. Neben ihrem Einsatz an Neubauten eröffnen die integrierbaren PV-Module auch im Bereich der Fassadensanierung vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.
Zwingende Voraussetzung für die Realisierung nachhaltiger, energieeffizienter Glasarchitektur ist die Kenntnis der im Markt verfügbaren Produkte und ihrer Wirkungsweisen. Erst unter Einbeziehung der für ein Bauprojekt infrage kommenden Varianten lassen sich in interdisziplinärer Zusammenarbeit ganzheitliche Gebäudekonzepte entwickeln, die den hohen Anforderungen seitens der Gesetzgeber und Bauherren gerecht werden.

_____________________

Effiziente Gebäudeinfrastruktur der Zukunft – Nachhaltiges Bauen ist gefragt
Zukunftsfähige Gebäude müssen hohe Ansprüche an Qualität, Flexibilität, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz erfüllen. Technische Lösungen werden dabei künftig eine sehr viel größere Rolle spielen als bislang. Doch wie lassen sich diese Potenziale in Architektur und Technik erkennen und systematisch ausschöpfen? Im Rahmen eines Architekten- und Planersymposiums „Effiziente Gebäudeinfrastruktur der Zukunft“ informierten und diskutierten Experten über Möglichkeiten und Vorteile nachhaltiger Architektur.
Nach europäischen Vorgaben muss Deutschland bis zum Jahr 2020 seinen CO2-Ausstoß um 40% senken und den Anteil Erneuerbarer Energien um 20% ausbauen. Vertraut man der Aussage von Professor Manfred Hegger von der Technischen Universität Darmstadt, zugleich Vorstandsvorsitzender der HHS Architekten, so ließe sich der Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland durchaus ohne spürbare Einschränkungen für Verbraucher von bisher 11 t auf 3 t pro Jahr reduzieren – allein durch Schonung der vorhandenen Ressourcen.
Wie einfach es gelingt, in der Architektur mit Energieeffizienz und Nachhaltigkeit umzugehen, zeigte Prof. Hegger mit seinem Vortrag. Anhand des Energieparks Mont-Cenis in Herne-Sodingen - einem Stadtteilzentrum unter Glas, erbaut 1994 – erläuterte er vorbildliche Architektur. Sie schließt neben ökologischen und ökonomischen auch sozio-kulturelle Bedingungen ein. Als mustergültiges Beispiel für ein nachhaltiges Einfamilienhaus mit effizienter Haustechnik stellte er das Plus-Energie-Haus vor, mit dem er und seine Studenten den Solar-Decathlon-Wettbewerb 2007 in den USA gewinnen konnten. Hegger fasste zusammen: „Wir müssen leichter werden beim Bauen: Indem wir weniger Materialien einsetzen und auch die Lebenszyklen von Baustoffen infrage stellen. Indem wir alte Bestandsgebäude in neue Nutzungen strukturieren und beim nachhaltigen Umbau die Behaglichkeit verbessern. Indem wir uns stärker auf regenerative Energien konzentrieren.“ Gemeinsam mit Studenten entwickelte er Bewertungssysteme für nachhaltiges Bauen und befürwortet die Einführung eines deutschen Gütesiegels für Nachhaltigkeit bei Wohngebäuden.
Dass rund 80% des Gebäudebestands das EnEV-Niveau nicht erfüllen und die energetischen Werte teilweise um das Fünffache darüber liegen, weiß Christian Stolte von der Deutschen Energie-Agentur (dena). Er setzt auf umweltschonende Gewinnung und Anwendung von Energie sowie auf Entwicklung zukunftsfähiger Energiesysteme, die den Menschen eine möglichst autarke Lebensweise ermöglichen.
Seine Kernaussage: „Die bisherige Aufklärung über den Mehrverbrauch bei Wärme und Strom ist für viele Hausbesitzer nicht transparent und stellt sie vor ein unlösbares Rätsel. Wir brauchen daher mehr und bessere Marktinstrumente, die Klarheit und Vertrauen schaffen, Hemmnisse beseitigen und Investitionen anregen.“ Auch er plädiert für ein Qualitäts-Zertifikat für den Wohnungsbau in Deutschland. Eines hat die dena bereits selbst ins Leben gerufen: das „dena-Gütesiegel Effizienzhaus“. 
Tajo Friedemann, strategischer Berater beim internationalen Immobilienmakler Jones Lang LaSalle, legte in seinem Vortrag den Schwerpunkt auf gewerbliche Immobilien und deren lebenszyklusorientierte Planungs-, Bau- und Bewirtschaftungsphase. Er zeigte auf, was Technik und Immobilienwirtschaft verbindet – und was sie trennt. „Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es von Vorteil, wenn Nutzungs- und Energiekosten sinken. Gleichzeitig müssen aber Arbeitsplatz- und Aufenthaltsqualität steigen, Vermietung und Vermarktbarkeit gesichert sein. Die Werterhaltung ist dabei genauso wichtig wie die Umbaufähigkeit von Immobilien.“ Deshalb sind Gebäude-Zertifikate wie DGNB, BREEAM und LEED wichtig. International anerkannt, stehen sie für Nachhaltigkeit und sind ein Marktsignal für Green Buildings. Dabei haben langjährige Erfahrungen Friedemann überzeugt: Dokumentierte Nachhaltigkeit macht sich bezahlt – bislang vor allem in den USA und in Großbritannien.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: