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Das Bohren in der Tiefe besser kontrollieren

Geologische Schichten können Risse und Spalten aufweisen. Trifft beim Bohren für eine Geothermieanlage der Bohrkopf auf eine solche Formation, verursacht das häufig unerwünschte Schwingungen im Bohrgestänge. Dies verteuert den Bohrprozess. Forscher am Drilling Simulator Celle wollen dieses Problem auf dem Teststand genauer analysieren und Gegenstrategien entwickeln. Dazu wird das Center um Anlagen erweitert, mit denen Versuche unter Praxisbedingungen möglich sind.

 

Bei Anlagen der tiefen Geothermie entfallen bis zu 90 Prozent der Investitionen auf die Bohrungen, abhängig von Gesteinsart und Tiefe. Jede Senkung der Bohrkosten trägt dazu bei, die ökonomische Bilanz von Geothermieanlagen zu verbessern. Im August 2016 startete daher ein auf dreieinhalb Jahre angelegtes Forschungsprojekt am Drilling Simulator Celle. Das Projekt hat das Ziel, die mechanisch-dynamischen Bohrbedingungen besser zu kontrollieren. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der Technischen Universitäten in Clausthal und Braunschweig. Wissenschaftler werden auf dem erweiterten Teststand unter praxisnahen Druckverhältnissen den Bohrprozess in typischen Gesteinsschichten mit Rissen und Spalten untersuchen.

Derartige geologische Verhältnisse treten beim Bohren für Geothermieanlagen häufig auf. Diese Störzonen lösen unerwünschte Schwingungen und andere dynamische Vorgänge besonders im unteren Teil des Bohrgestänges aus. Dadurch verlangsamt sich der Bohrfortschritt und die Bohrgeräte verschleißen schneller. Die Bohrmannschaft muss dann beispielsweise den Anpressdruck auf die neuen Bedingungen einregeln. Im schlimmsten Fall verklemmt sich das Bohrgerät in der Tiefe und Material und Bohrung werden beschädigt. Professor Joachim Oppelt, Leiter der Forschungsanlage in Celle, erklärt: „Gerade die dynamischen Funktionsstörungen in typischen Geothermie-Gesteinshorizonten sind bisher nicht ausreichend untersucht.“ Der große Vorteil eines oberirdischen Teststands ist, dass sich die Vorgänge, die in der Praxis in mehreren Tausend Metern Tiefe ablaufen, in der Halle betrachten, kontrollieren und ändern lassen.

Das Schwingungsverhalten untersuchen

Das neu gestartete Forschungsprojekt wird die Schwingungsprobleme analysieren und Handlungsempfehlungen zur Vermeidung erarbeiten. Zu Beginn werten die Wissenschaftler das Schwingungsverhalten des Bohrgeräts bei realen Bohrungen aus. Weiterhin entwickeln sie einen Teststand mit einer neuen dynamischen Ansteuerung. Dieser ist mit einem virtuellen Bohrstrangmodell verbunden. Damit lassen sich die Einflussfaktoren und die damit verbundenen Wechselwirkungen zwischen den Teilsystemen Testkörper und virtuellem Bohrstrangmodell untersuchen, um Zusammenhänge aus den Laborergebnissen herauszufiltern. Hierbei steht auch eine flexible Hochdruck-Probenkammer zur Verfügung, um die Versuche unter In-Situ-Bedingungen durchzuführen. Die Ergebnisse fließen in ein Simulationsmodell ein, um beispielsweise den anteiligen Einfluss von Bohrstrang, Meißel und Probenkörper auf die Schwingungen zu identifizieren. Am Ende werden Handlungsempfehlungen für die Bohrpraxis erarbeitet. Ziel ist ein computergestütztes System für Bohrteams, das bei realen Bohrungen Zwischenfälle infolge von Störzonen schneller identifiziert. Dabei soll es sich nicht nur auf die Messwerte der Sensoren am Bohrgerät stützen, sondern auch in Echtzeit auf eine Datenbank mit charakteristischen Ergebnissen des Forschungsprojekts zurückgreifen.

Störzonen sind in der Geothermie gesucht

Geothermische Anlagen nutzen Thermalwasservorkommen oder heiße Gesteinsschichten in der Tiefe. Besonders aussichtsreich ist die Suche nach solchen geologischen Wärmevorkommen dort, wo von Natur aus die tiefen Gesteinsschichten Spalten, Risse und Störzonen aufweisen. An diesen Stellen liegen durch aufsteigende Wärme aus dem Inneren der Erde oft vergleichsweise hohe Temperaturen in relativ geringer Tiefe vor. Im Forschungsprojekt wird ein Zielhorizont zwischen 4.000 und 6.000 Metern zugrunde gelegt, um den künftig erwarteten Bohrtiefen in Süddeutschland und in der norddeutschen Tiefebene gewachsen zu sein. In diesen Tiefen liegt die Temperatur um die 180 Grad Celsius und damit ist auch eine geothermische Stromerzeugung möglich. (bine/mi)

 


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