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Damoklesschwert für Holzkessel

Am 1. Januar 2015 tritt die 2. Stufe der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) in Kraft.

Der Schnitt in den Oekotube zeigt das Prinzip der elektrischen Abscheidung: Eine Hochspannungselektrode setzt im Abgaskanal Elektronen frei. Durch elektrostatische Kräfte bewegen sie sich zur Kaminwand. Feinstaubpartikel werden geladen und ebenfalls zur Wand bewegt. Er sammelt sich an der Kaminwand und verklumpt zu groben Flocken. Die Ablagerungen werden durch den Schornsteinfeger entfernt. Bild: Schräder Abgastechnologie

Der Oekotube ist ein mündungsbasiertes System, das heißt er wird am Kaminkopf montiert. Es gibt ihn sowohl zur Montage für Edelstahlschornsteine als auch für gemauerte Züge. Bild: Schräder Abgastechnologie

Der KW Partikelabscheider (Weiterentwicklung des Zumikron) von Kutzner + Weber wird zwischen Feuerstätte und Schornstein ans Abgasrohr gesetzt. Auch dieser Abscheider arbeitet nach dem elektrostatischen Prinzip. Er ist geeignet für handbeschickte Holzfeuerungen – auch Öfen – mit Wärmeleistungen bis 25 kW, für Pelletfeuerungen bis 50 kW. Bild: Kutzner + Weber

Aufbau im Detail des KW Partikelabscheiders von Kutzner + Weber. Die Luftspülung dient dazu, den Isolator frei von Ruß zu halten, um Überschläge zu vermeiden. Bild: Kutzner + Weber

 

Und sie bringt schärfere Grenzwerte für Kessel ab 4 kW Nennleistung beim Staub und beim Kohlenmonoxid. Das ist gewiss. Ungewiss ist, wie sich die Kunden verhalten werden. Werden Hausbesitzer Abstand vom avisierten Kauf einer Holzfeuerung nehmen, aus Furcht vor den strengeren Grenzwerten der BImSchV, weil sie glauben, dass die Holzkessel diese aus eigener Kraft nicht packen? Droht dann der nachträgliche Einbau eines Abscheiders?

Die Vergangenheit lehrt, dass Kunden zu Verallgemeinerungen neigen und spezielle Sachverhalte schnell auf das Gesamte übertragen. So war es bei der Feinstaub-Debatte vor ein paar Jahren, als alle Holzfeuerungen über einen Kamm geschoren wurden. „Wenn sich herausstellen sollte, dass Hackschnitzelfeuerungen doch nicht das halten können, was sie versprechen, auch unter Bestbedingungen nicht, dann könnte diese Erfahrung schnell auf das Gesamtimage von Holzfeuerungen übertragen werden“, warnt Niels Alter, Hackschnitzelexperte beim bayerischen Ener­gieberatungszentrum C.A.R.M.E.N.-e.V.

Wackelkandidat
Bemerkenswert ist, dass die Hersteller selbst ein Grenzwertproblem bei Hackschnitzelfeuerungen sehen. Doch sie sehen das Problem nicht bei der Technik. Sie sehen die Unwägbarkeit wegen der großen Spanne in der Qualität der Hackschnitzel am Markt. Was zu unterschiedlich hohen Emissionen führe. Experte Alter ist da aber einer anderen Meinung: „Hersteller von Hackschnitzelfeuerungen suggerieren teilweise, dass die Erfüllung der 2. Stufe der 1. BImSchV allein ein Problem der Hackschnitzelqualität und damit des Betreibers sei. Wir hingegen gehen davon aus, dass hinsichtlich des Feinstaub­ausstoßes die meisten Hackschnitzelfeuerungen ohne nachgeschaltete, effiziente Feinstaubabscheider auch bei hochwertiger Brennstoffqualität durch die Prüfung fallen werden.“
Und obwohl Hackschnitzelfeuerungen im kleinen Leistungsbereich ein Nischenmarkt sind – in Ein- und Mehrfamilienhäusern werden sie selten verbaut, die kleinsten Wärmeleistungen beginnen bei 15 kW, Kunden sind mehr Landwirte und Kommunen – könnte sich eine Verunsicherung dort auch auf Kunden der anderen Holzfeuerungssysteme übertragen: auf Pellets und Scheitholz. Eine stichprobenartige Umfrage im Auftrag der IKZ-Redaktion unter Herstellern von Holzfeuerungen (Windhager, KWB, Guntamatic, ETA, Buderus) zeigt indes, dass diese Hersteller keine Probleme mit der 2. Stufe für ihre Holzpelletfeuerungen sehen. Andere Top-Unternehmen wie Ökofen, Hargassner oder Fröling hätten wohl genauso reagiert.
Scheitholzfeuerungen sind übrigens von der 2. Stufe am 1. Januar 2015 nicht betroffen. Für diese Feuerungstechnik gilt die 2. Stufe erst ab 2017, was den Herstellern eine weitere Entwicklungs-Atempause verschafft.
Aber selbst wenn Interessierte zwischen den verschiedenen Holzbrennstoffsystemen zu unterscheiden wissen, nagt der Zweifel, ob die unter Idealbedingungen gemessenen Emissionswerte der Hersteller in der Praxis tatsächlich erreicht werden. Die Erfahrung, dass Prüfstandswerte Idealwerte sind, die in der Praxis selten erreicht werden, ist ja eine Alltagserfahrung der Menschen, vom Auto (Spritverbrauch) bis zur Waschmaschine (Stromverbrauch). Bei der 1. BImSchV zählen für Holzkessel nicht die am Prüfstand ermittelten Werte, sondern die vor Ort vom Schornsteinfeger gemessenen.

Unglückliches Eigentor
Hinzu kommt eine unglückliche Kampagne, die wohl das Gegenteil dessen bewirken könnte, was sie bewirken wollte. Die Holzpelletbranche versuchte in den vergangenen Monaten, unter dem Eindruck der nahenden 2. Stufe der 1. BImSchV eine Sonderkonjunktur beim Absatz von Pelletkesseln zu erzielen. Als Kaufargument wurde die 1. BImSchV genannt. Motto: Investieren Sie jetzt, noch vor der 2. Stufe der 1. BImSchV. Nicht nur, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde – der erhoffte BImSchV-Absatz scheint ausgeblieben zu sein – jedenfalls gab es keine Berichte, dass der Verkauf plötzlich angezogen hätte. Auch wurde auf dem Industrieforum Pellets in Berlin Anfang Oktober – eine der Leitveranstaltungen der weltweiten Pelletbranche – weiter über den Modernisierungsstau auf dem Wärmemarkt diskutiert. Warum auch Sondereffekt? Wenn doch die Kesselhersteller angeben, dass ihre Holzpelletfeuerungen diese Hürde nehmen. Bald könnte sich rächen, dass mit der Botschaft wohlmöglich eher Misstrauen beim Kunden erzeugt wurde. Dass es auch bei Holzpelletfeuerungen eine Torschlusspanik gibt. So dürfte nicht Absatz gefördert, sondern Skepsis geschürt werden.

Furcht vor dem Knall
Der Knall wäre, wenn der Schornsteinfeger dem Anlagenbesitzer bescheinigen müsste, dass er Sekundärmaßnahmen durchzuführen hätte – der nachträgliche Einbau eines Abscheiders. In den Fällen würden dann bei Lösungen von Abscheiderspezialisten wie Kutzner + Weber, Schräder und Oekosolve helfen. Eine Marktauf­listung von am Markt vorhandenen Produkten – auch nur, um eine Übersicht zu gewinnen – ist nicht möglich, da selbst die einschlägigen Verbände nicht über entsprechende Herstellerauflistungen verfügen. Deshalb sollte man nach derzeitigem Stand auf diese Anbieter verweisen.
Der Oekotube beispielsweise ist ein Feinstaubfilter für Feuerungsleistungen bis 40 kW. Er ist einsetzbar bei den Brennstoffen Scheitholz und Holzpellets, für Hackschnitzel nicht. Er wurde von Oekosolve entwickelt und wird in Deutschland von der Schräder Abgastechnik vertrieben. Erfahrungswerte gibt es in der Schweiz – der Heimat von Oekosolve – seit mehreren Jahren. Beide Unternehmen verbinden außerdem Entwicklungsgemeinschaften für weitere Filter in anderen Leistungsklassen. Der Oekotube ist ein elektrostatischer Abscheider. Das Funktionsprinzip eines solchen lässt sich schematisch in vier Schritten erläutern: Die Feinstaubpartikel strömen mit der Abluft durch den Abgaskanal. Eine Hochspannungs­elektrode setzt Elek­­tronen frei. Die Elektronen bewegen sich durch elektrostatische Kräfte zur Kaminwand. Dabei werden die Feinstaubpartikel geladen und ebenfalls zur Wand bewegt. Der Feinstaub sammelt sich an der Kaminwand und verklumpt zu groben Flocken. Diese Ablagerungen werden bei der Wartung durch den Schornsteinfeger entfernt. Beim Oekotube handelt es sich um ein sogenanntes mündungsbasiertes System. Das heißt, dass der Abscheider auf den Kaminkopf montiert wird und nicht zwischen Kessel und Kamin. Er kann auf gemauerten Zügen und auf Edelstahlzügen angebracht werden. Die Sorge, dass mündungsbasierte Systeme in Deutschland ungeeignet sein könnten, weil an ihnen nicht gemessen werden könnte, teilt Matthias Hanschke, Vertriebsleiter bei Schräder, nicht: „Es stimmt zwar, dass es bei einem mündungsbasierten System keine Auslaufstrecke für eine Abgasmessung gibt. Die zugelassenen Messgeräte der Schornsteinfeger sind für einen Außeneinsatz auch nicht zugelassen. Die VDI-Richtlinie 4207 Blatt 2 wird diese Problematik aber aufgreifen und für die Behandlung von mündungsbasierten Systemen durch die Schornsteinfeger festlegen, sodass für den Anwender dort keine Probleme entstehen werden.“
Anders als der Oekotube wird der KW Partikelabscheider von Kutzner + Weber zwischen Feuerstätte und Schornstein ans Abgasrohr gesetzt. Auch dieser Abscheider arbeitet nach dem elektrostatischen Prinzip. Er ist geeignet für handbeschickte Holzfeuerungen – auch Öfen – mit Wärmeleistungen bis 25 kW, für Pelletfeuerungen bis 50 kW. Voraussetzung für die Montage sind Abgasrohrdurchmesser von 150 bis 300 mm und dass nach dem Partikelabscheider mindestens 1,5 Meter der Abgasleitung aus Metall sind.

Und der Preis?
Der Oekotube kostet 1700 bis 2000 Euro inklusive Montage, exklusive Mehrwertsteuer, sagt Hanschke. Plus Wartungs- und Betriebskosten (z. B. Strom). Der KW Partikelabscheider von Kutzner + Weber etwa 1200 bis 1300 Euro, exklusive Montage (laut Kutzner + Weber dauert diese in der Regel etwa 1 Stunde), exklusive Mehrwertsteuer. Das wird keiner mögen, der betroffen ist, aber dennoch sollten Heizungsbauer und -installateure dem Kunden auf seine Frage Antwort geben, dass es gute Lösungen im Fall eines Falles gibt und woran man sie erkennt. Denn was auf die Betroffenen auch zukommen wird ist, zwischen guten und schlechten Filtern zu unterscheiden. Katrin Vetsch, Mitglied der Geschäftsleitung bei Oekosolve, sagt: „Der Käufer sollte darauf achten, dass nebst einem guten Abscheidegrad auch die Filterverfügbarkeit gegeben ist. D. h. keine Lösungen, welche nur für die erste Messung genügen und nach kurzer Zeit nicht mehr funktionieren oder nur während der Messung eingeschaltet werden. Es ist zu erwarten, dass Anbieter auf den Markt treten, welche solche Messungslösungen anbieten werden und der Filter im Alltag gar nicht läuft. Ebenfalls wichtig für den Käufer ist die Wartung. Gerade im kleinen Leis­tungsbereich sollten es wartungsarme Geräte sein, sodass für den Betreiber nicht ein allzu hoher Mehraufwand und -kosten entstehen.“

Holz ohne Filter
Die Angst davor könnten Pelletkesselhersteller dem Kunden ab sofort nehmen, indem sie die Einhaltung der Werte der 2. Stufe der 1. BImSchV mit ihrem Produkt dem Kunden über eine Werbekampagne garantierten – unter bestimmten Bedingungen natürlich (z. B. dass nur DINplus- oder ENplus-Ware verfeuert wird und die Installation von einem geprüften Installateur durchgeführt wird). Des Weiteren bleibt die dringliche Aufgabe für alle Beteiligten bestehen, dem Kunden die Unterschiede zwischen High-Tec und Low-Tec-Anlagen (Baumarkt-Öfen) in der Qualität der Holzfeuerungen am Markt zu schildern. Doch es kommt noch eine weitere Aufgabe hinzu: Da der Markt zur Verallgemeinerung neigt und Holz als Brennstoff schnell über einen Kamm schert, müssen die Unterschiede zwischen den am Markt befindlichen Holzbrennstoffarten im Namen der 2. Stufe der 1. BImSchV aufgezeigt werden und die dazugehörigen Einsatzfelder sowieso. Und für den Fall, dass das am Ende alles nicht reicht, gilt es darauf hinzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland die Investition in Staubabscheider fördert. Über das Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien, das beim Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (Bafa) und der KfW-Bank angesiedelt ist. Die derzeitige Richtlinie ist unbefristet. „Dies wird also auch für 2015 gelten, solange keine neue Richtlinie etwas anderes bestimmt“, teilt ein Sprecher des Bafa mit.
Viele Holzkesselhersteller und Installateure – ja selbst die Hersteller von Staubabscheidern – würden gerne einen Blick in die Glaskugel werfen. Ob die Abgaswerte der Holzkessel auch in der Praxis eingehalten werden, muss sich erst zeigen. Bei Holzpellets herrscht eine große Zuversicht, bei Hackschnitzeln nicht. Scheitholzfeuerungen bleiben noch zwei Jahre.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energie

Die 2. Stufe der 1. BImSchV

Die 2. Stufe der 1. BImSchV tritt am 1.1.2015 in Kraft. Die Veränderungen betreffen Kleinfeuerungen, die mit Holz heizen, Pellets und Hackschnitzel mit Nennwärmeleistungen ab 4 kW. Der Grenzwert für Staubemissionen wird auf ein Fünftel des Werts der 1. Stufe gesenkt, der Grenzwert für Kohlenmonoxid mehr als halbiert. Scheitholz ist von der Stufenverschärfung ausgenommen bis 2017. Kesselhersteller wie Windhager geben Auskunft, dass ihre Kessel die 2. Stufe gemäß Typenprüfung einhalten. Bild: Windhager Zentralheizung

 


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