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Dachentwässerung mit (Unter)druck: Regenentwässerung von Dachflächen mithilfe von Druckströmung - die häufigsten Fragen

Über Dachentwässerung mit Druckströmung wird viel gesprochen. Teilweise erscheint sie wie das Allheilmittel aller Regenentwässerungsprobleme. Dabei müssen für das Funktionieren der Druckströmung zahlreiche Grundbedingungen zusammentreffen, und vor allem werden tiefgehende Fachkenntnisse benötigt. So ist es ganz natürlich, dass die wenigsten TGA-Fachplaner und SHK-Handwerker bei diesem Thema den vollen Durchblick haben. Die Fragen, die dem jeweiligen Hersteller gestellt werden, sind daher oft grundsätzlicher Natur. Das Unternehmen Düker, Hersteller von gusseisernen Entwässerungssystemen, hat für die IKZ-HAUSTECHNIK die wichtigsten Fragen gesammelt und beantwortet.

Gegenüberstellung der zwei möglichen Dacheinläufe für die Ableitung von Regenwasser.

Die Darstellung macht es deutlich: Eine Druckströmungsentwässerung kommt im Vergleich zu einer Freispiegelentwässerung mit weniger Fallleitungen und weniger Grundleitungen aus. Außerdem ist die Rohrdimension geringer.

Unteransicht einer Produktionshalle. Das Dach wird über ein Druckströmungssys­tem mit SML-Rohren und -Formstücken entwässert.

Montage einer Druckentwässerung unter einem Hallendach: Genaues Arbeiten ist unumgänglich.

Regeln für den Einsatz von Formstücken, Verbindungen und Krallen beim System „Aquaperfect“ mit SML-Rohren und -Formstücken von Düker.

Die nachträgliche Einbindung von Dachabläufen erfordert eine vorherige Neuberechnung der Hydraulik. In dem hier dargestellten Fall führen zwei weitere Dacheinläufe zu Änderungen in der kompletten Installation.

Druckströmungssystem mit Verziehung. Im illustrierten Fall war der Verzug in einem Zwischengeschoss möglich. Der Verzug wird wie die Leitung unter dem Dach ohne Gefälle ausgeführt.

 

Was ist eine Entwässerung mit Druckströmung?
Grundsätzlich handelt es sich um eine Schwerkraftentwässerung. Anders als bei der herkömmlichen Freispiegelentwässerung wird das Rohrsystem unter Planungsbedingungen vollgefüllt betrieben. Als Druckhöhe (?h) zur Überwindung der Strömungsverluste – durch Rohrreibung und Einzelwiderstände der Formstücke – steht maximal der Höhenunterschied zwischen der Wasserlinie über dem Dachablauf und dem Übergang in die Freispiegelentwässerung, oft auf Höhe der Rückstauebene, zur Verfügung. Bei reiner Freispiegelentwässerung dagegen resultiert die Druckhöhe lediglich aus dem Rohrsohlengefälle. Somit kann ein Entwässerungssystem mit Druckströmung erheblich mehr Wasser ableiten als ein Freispiegelsystem.
In der Praxis kann man sich das so vorstellen: Bei geringen Regenfällen funktioniert das System wie eine Freispiegelleitung. Sobald sich jedoch bei stärkerem Regenaufkommen eine gewisse Wassermenge auf dem Dach angestaut hat, in etwa 1 cm, sorgt der spezielle Aufbau des Dacheinlaufes für einen Luftabschluss. Im Rohrsys­tem wird eine 100%-Füllung erreicht, und durch die Schwerkraft entsteht ein Unterdruck, der das Wasser von der Dachfläche regelrecht absaugt.

Welche Vorteile bietet die Entwässerung mit Druckströmung?
Das System benötigt erheblich kleinere Rohrdimensionen als ein Freispiegelsystem, verbunden mit einer beachtlichen Material- und damit Kosteneinsparung. Des Weiteren ist charakteristisch, dass die Sammelleitungen unterhalb der Dachdecke ohne Gefälle verlegt werden und an nur wenigen Stellen als Fallleitungen in die Grundleitungen eingebunden werden. Dies ergibt Platzeinsparungen unter dem Dach, weitere Material- und Arbeitskosten­einsparungen an Fallleitungen und geringeren Bedarf an Erdarbeiten.

Welche Gebäude und Flächen eignen sich für das System?
Es sind in der Regel Flachdächer mit einer genügend großen Fläche pro Ablauf notwendig, damit sich eine Vollfüllung beim planungsgemäßen Betrieb einstellt. Ein Ablauf verlangt eine Fläche von ca. 150 m². Zum Beispiel sind erfahrungsgemäß Balkone und Loggien in der Regel nicht groß genug, um mit einer Druckströmung entwässert zu werden. Aber auch hier gilt, die Ausnahme bestätigt die Regel.
Außerdem müssen die Gebäude eine Mindesthöhe aufweisen, eine Fallleitungshöhe von ca. 4 m sollte nicht unterschritten werden. Bei sehr hohen Gebäuden kann meistens nicht die komplette Fallhöhe genutzt werden. Der Übergang auf Teilfüllung erfolgt dann oft nicht im Erdgeschoss, sondern verschiebt sich nach oben.
Ebenfalls gibt es Einschränkungen bei bestimmten, begrünten Dachflächen. Spezielle Systeme, die planmäßig Regen auf dem Dach zeitlich zurückhalten, dürfen nach Norm nicht mit einer Druckströmung entwässert werden. Erfahrungsgemäß sind auch intensiv begrünte Dachflächen unter bestimmten Voraussetzungen nicht mit einer Druckströmung zu entwässern. Grund: Durch die Regenrückhaltung auf dem Dach gelangt einfach zu wenig Wasser zu den Abläufen, sodass eine Vollfüllung und damit ein bestimmungsgemäßer Betrieb und auch die Selbstreinigungsfähigkeit nicht gewährleistet sind.

Wie wird ein solches Entwässerungssystem ausgelegt und berechnet?
Grundsätzlich beruht die Berechnung auf der DIN 1986-100. Neben der Anwendung einiger Normenanforderungen ist das Herz der Berechnung die Bernoulli-Gleichung.
Als Berechnungsregenspende nimmt man aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Selbstreinigung die höchste Regenmenge während fünf Minuten an, die statistisch gesehen am Ort des Gebäudes innerhalb von fünf Jahren zu erwarten ist, z. B. 300 l/(s ha). Der sogenannte Jahrhundertregen, der statistisch gesehen einmal in einhundert Jahren zu erwarten ist, muss über Attika-Abläufe oder ein Notentwässerungssystem abgeleitet werden.
Die Regenspende vor Ort, die Ablaufleis­tung der Abläufe, die Einzelwiderstände der Formstücke etc. müssen detailliert berücksichtigt werden. Ziel ist es, die berechnete Abflussleistung aller Abläufe einer Dachfläche möglichst identisch zu gestalten, damit die Druckströmung sich ungehindert aufbauen kann. Ungenaues Arbeiten führt in der Praxis zu Strömungsabrissen oder überplanmäßigem Aufstauen des Wassers auf dem Dach mit entsprechender statischer Belastung. In der Praxis kann ein solches System meist nur mit entsprechender Software und persönlicher Erfahrung ausgelegt werden. Deshalb hat es sich bewährt, dass die Hersteller von Dacheinläufen und/oder Rohrsystemen die Berechnung als Dienstleistung anbieten.

Nach welchen Kriterien sollte sich die Materialwahl bei Rohren und Abläufen richten?
Grundsätzlich sollte diese Entscheidung vor der Auslegung des Rohrsystems getroffen werden, da die unterschiedlichen Materialien unterschiedlich behandelt werden müssen. Für Gusseisen spricht die Materialfestigkeit auch bei Temperaturschwankungen, die eine unaufwendige Befestigung ermöglicht. Auch reagieren Gussrohre auf Unter- oder Überdruck in der Leitung nicht mit Ausdehnung oder Zusammenziehen, sodass hierfür bei der Auslegung keine Sicherheitsreserven einge­plant werden müssen.

Zu bedenken ist auch, dass der Trend, Bürogebäude und Krankenhäuser mit Druckentwässerung auszustatten, den Schallschutz immer weiter in den Vordergrund stellt. Gusseiserne Abflussrohre sind effektive Schallschutzrohre und sind in der Dachentwässerung mit Druckströmung uneingeschränkt zugelassen. Hinzu kommt der unkomplizierte Brandschutz.

Kann man Dachabläufe oder Rohrkomponenten anderer Hersteller verwenden als in der Berechnung angegeben?
Bei den Abläufen muss diese Frage ganz eindeutig mit Nein beantwortet werden. Denn die hydraulische Berechnung ist speziell auf die geplanten Abläufe abgestimmt.
Bei den Rohrleitungen kann ebenfalls definitiv kein anderes Rohrmaterial eingebaut werden, wegen der unterschiedlichen Reaktion auf die Druckverhältnisse. Normprodukte wie gusseiserne Abflussrohrsys­teme sind zwar technisch gesehen untereinander austauschbar, aufgrund der herstellerbezogenen Berechnung sollte aber aus Gewährleistungsgründen auch hier nicht vom geplanten und ausgeschriebenen Fabrikat abgewichen werden.

Was muss bei der Montage beachtet werden?
Für die Montage von Entwässerungssystemen mit Druckströmung werden von den jeweiligen Herstellern detaillierte Verlegeanweisungen ausgegeben. Zunächst einmal sind die Leitungsführung und die Nennweiten im Detail einzuhalten, damit die berechneten Druckverhältnisse in der Leitung auch erreicht werden. Außerdem sind bei den Verbindungen und Befestigungen häufig besondere Maßnahmen zu treffen, die Unter- und Überdruck abfangen sollen.
Im Falle von gusseisernen Abflussrohrleitungen ist mit normalen Rapid-Verbindungen zu arbeiten, wobei die Formstücke im Unterdruckbereich unter der Decke sowie der Überdruckbereich ab ca. der Hälfte der Fallleitung inklusive Übergang auf die Freispiegelentwässerung mit Krallen zu sichern sind. Die Befestigung folgt den Grundregeln der Befestigung gusseiserner Abflussrohrleitungen, wobei die horizontalen Leitungen regelmäßig mit Festpunkten zu versehen sind.

Sind Abweichungen von den Vorgaben aus der Planung zulässig?
Werden Rohrleitungen entgegen der Planung verlegt, führt das zu hydraulischen Veränderungen im gesamten Entwässerungssystem. Mitunter erfüllt die Dachentwässerung mit Druckströmung dann nicht mehr ihre volle Funktion, sodass es zu Störungen kommt. Bevor also Änderungen im Leitungsverlauf oder in der Anzahl von Dacheinläufen vorgenommen werden, ist eine Neuberechnung zwingend notwendig.

Können mögliche Verzüge in unteren Geschossen mit Druckströmung ausgeführt werden?
Nicht immer – letztendlich kommt es auf den Einzelfall an. Je nach Höhen, Literleistungen bzw. nach Aussage der hydraulischen Berechnung sind Verziehungen möglich.

Das Dach wird anders als ursprünglich geplant nicht begrünt. Was ist zu beachten?
Durch den Dachaufbau (extensive Begrünung oder Kiesdach) wird in der Norm DIN 1986-100 ein Abflussbeiwert von C = 0,5 berücksichtigt. Dies bedeutet, dass sich die abzuführende Wassermenge durch das Begrünen oder bei Kiesdächern halbiert. Entfällt dieser Dachaufbau, aus welchen Gründen auch immer, wäre die vorhandene Dachentwässerung viel zu klein bemessen. Hieraus können sich erhebliche Probleme ergeben, die zu Gebäudeschäden führen können. Eine Neuberechnung und -Auslegung ist also unvermeidlich.
Typisch für begrünte Dachflächen ist, dass Regenwasser von ihnen zeitlich verzögert abfließt. Daher können die Unterdruckentwässerungen begrünter und nicht begrünter Flächen nicht an denselben Fallstrang angeschlossen werden. Wenn die Begrünung also nur auf einem Teil der Dachflächen durch einen anderen Dachaufbau ersetzt wird, können noch aufwendigere Änderungen nötig sein, als wenn komplett umgestellt wird.

Kann eine Notentwässerung als Unterdrucksystem geplant und gebaut werden?
Grundsätzlich ja. Sie muss aber ebenso hydraulisch berechnet werden wie die Hauptentwässerung. Die Ableitung der Notentwässerung muss auf eine schadlos überflutbare Fläche auf dem Grundstück erfolgen – nicht auf öffentliche Flächen, nicht in die Kanalisation und nicht auf andere Dachflächen.

Kann die Druckströmung im Sanierungsfall angewendet werden?
Es können grundsätzlich Sanierungen mit einer Druckströmung durchgeführt werden – Voraussetzung ist die komplett neue Planung und Ausführung der Anlage. Es können in keinem Fall bestehende Abläufe und in der Regel keine vorhandenen Leitungen genutzt werden.
Bei der Umstellung von Freispiegel- auf Druckströmungsentwässerung ist dies sofort einzusehen, da natürlich komplett unterschiedliche Leitungsführungen benötigt werden. Doch selbst wenn eine alte Druckströmungsentwässerung durch eine neue ersetzt werden soll, sind Änderungen vorprogrammiert. So wurde die Berechnungsregenspende durch die Einführung der überarbeiteten DIN 1986 Teil 100 erhöht: von zwei auf fünf Jahre. Auch die Vorschriften zur Notentwässerung haben sich geändert, da sie heute für jede Dachfläche vorgeschrieben ist (außer für Dächer, die planmäßig zur Regenrückhaltung vorgesehen sind) und nicht mehr an das örtliche Abwassernetz angeschlossen sein darf.

Autoren: Dipl.-Ing. Klaus Weber, Objektberatung und Berechnung „Aquaperfect“, Ursula Hereth, Marketing Service, beide Düker GmbH & Co. KGaA, Karlstadt

Bilder: Düker


www.dueker.de

 


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