Chancen und Grenzen Solarer Kühlung
Solare Kühlung ist wirtschaftlich, wenn die Rahmenbedingungen stimmen
Das Kühlen oder Klimatisieren von Gebäuden mit solarer Wärme hat einen besonderen Charme, denn Wärmebedarf und Wärmeangebot stehen meist im Einklang. Der Einsatz von solarthermischer Kühlung anstelle von elektrischen Kältemaschinen entlastet das Stromnetz, insbesondere zu Spitzenlastzeiten. Doch die junge Branche befindet sich im Wettbewerb – auch mit Photovoltaik. Dies und einiges mehr hemmen ihr Wachstum. Dabei kann solarthermische Klimatisierung dennoch sinnvoll sein, wie eine Studie des Fraunhofer ISE zeigen konnte.
Zu wenig Experten und die gegenwärtig noch zu hohen Kosten einzelner Komponenten sind Hemmnisse für die Verbreitung solarthermischer Kühlung. Eine hohe Qualität in der Auslegung sowie in der Errichtung und Betriebsführung sind zwingend. Solare Kühlung ist eine anspruchsvolle Technik, die viel Kommunikation zwischen Planer und den installierenden Firmen auf der Heizungs- und Kälteseite erfordert. Ein gutes Zusammenspiel also, das auch einer stärkeren Standardisierung bedarf, um einen optimalen Anlagenbetrieb in der Breite zu gewährleisten.
Dabei kommt die Technologie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in diversen Projekten zum Einsatz. So sagt Dr. Uli Jakob, Geschäftsführer des Green Chiller Verbandes für Sorptionskälte e.V. in Berlin: „Die Solare Kühlung wurde maßgeblich in den letzten zehn Jahren in Deutschland von Forschungseinrichtungen sowie innovativen Firmen von ersten Prototypen zu marktreifen Produkten entwickelt und vermarktet. Heute haben wir eine Vielzahl von Absorptions- und Adsorptionskältemaschinen speziell im kleinen und mittleren Kältebereich am Markt verfügbar.“
Solarthermie unter Wettbewerbsdruck
Doch seit ein paar Jahren herrscht ein doppelter Preis-Wettbewerb. Auf der einen Seite drängen aus der Kältebranche bekannte Anbieter, insbesondere aus Asien, auf die internationalen Märkte. Zum anderen erwächst auch technologisch eine neue Konkurrenz angesichts stark gesunkener Preise für Photovoltaik. Damit werden auch solarelektrische Systeme mit Kompressionskältemaschinen immer attraktiver. Der Großteil der Wissenschaftler sieht aber Platz für beide Technologien.
Denn einige Vorteile der solarthermischen Kühlung gelten nach wie vor. Eine hohe Belastung des Stromnetzes bleibt aus. Dies ist neben den hohen Potenzialen zur Vermeidung klimaschädlicher Emissionen ein weiteres Argument für Bemühungen, die Marktdurchdringung zu erhöhen. Außerdem ist sie flexibel auch mit anderen Wärmequellen kombinierbar. Beispielsweise können auch industrielle Abwärme oder Energie aus der Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden.
Grundsätzlich gilt, dass die Solare Kühlung im Vergleich zur konventionellen Kühltechnik hohe Anfangsinvestitionen aufweist, dann aber vergleichsweise niedrige Betriebskosten. Hinsichtlich der konkurrierenden Möglichkeiten mit Nutzung Erneuerbarer Energien durch PV-Anlagen seien aber laut der Studie vom Fraunhofer ISE erweiterte Konzepte notwendig, um die Vorteilhaftigkeit der solarthermischen Kühlung auch wirtschaftlich zu unterstreichen. Etwa durch zusätzliche Nutzung der Kollektorwärme für andere Prozesszwecke und durch Effizienzfortschritte in der Rückkühlung.
Daher kommt den Fachplanern, welche die haustechnischen Anlagen für größere Bauprojekte planen sowie die Installationen koordinieren und überwachen, eine Schlüsselrolle zu. Eine Hauptaufgabe von Wissenschaftlern und Marktplayern wird es daher in Zukunft sein, dieser Gruppe geeignete Werkzeuge und Planungsinstrumente an die Hand zu geben, damit sie sich mit der komplexen Technik vertraut machen können.
Wann Solare Kühlung in Gebäuden lohnt
Heute muss die solarthermische Kühlung kritischer als noch vor einigen Jahren gesehen werden, als die PV-Module deutlich teurer waren. Eine Forschungsgruppe des Fraunhofer ISE hat 2012/2013 ausführlich untersucht, wann solarthermische Kühlung – auch unter den genannten Konkurrenzbedingungen – noch geeignet sein kann. Dabei erfolgte der Wirtschaftlichkeitsvergleich der Studie auf Basis der spezifischen Kosten der Primärenergieeinsparung bzw. der CO2-Vermeidung für einen 20-jährigen Betrachtungszeitraum. Kältemittelverluste in elektrisch betriebener kompressionsgestützter Kühlung über den Lebenszyklus wurden ebenfalls berücksichtigt.
Es konnte gezeigt werden, dass Solare Kühlung zu hohen Primärenergieeinsparungen und CO2-Vermeidungen im Vergleich zu konventionellen Kühlverfahren beitragen kann. Die Einsparpotenziale sind dabei anwendungs- und standortabhängig und differieren auch je nach Technologie, also solarthermisch oder konventionell plus PV. In Gesamtlösungen mit Brauchwarmwasserversorgung sind solarthermische Optionen teils deutlich überlegen. Generell, so konnte das Institut belegen, liegen günstige Standorte für solarthermische Kühlung in Klimazonen mit hoher Betriebsstundenanzahl wie im südlichen Europa, in Nordafrika, Nahen Osten und Asien. Die Technologieentwicklung Solare Kühlung scheint somit eher ein Exportprodukt und damit aussichtsreicher als die Entwicklung mit Schwerpunkt auf dem deutschen Markt. Die Fraunhofer Studie führt an, dass Einsparung von ausschließlich Elektroenergie durch solarthermische Kühlung auch mit Kostensenkungsprognosen schwierig wirtschaftlich darstellbar sei. Dies betrifft aber hauptsächlich die Anwendungsarten ohne Brauchwarmwasserbedarf und Heizungsunterstützung.
Die Ergebnisse der Studie kurz zusammengefasst zeigen, dass aber unter bestimmten Voraussetzungen eine solarthermische Kühlung gegenüber der konventionellen Kühlung bzw. der konventionellen Kühlung in Verbindung mit Photovoltaik wirtschaftlich interessant sein kann, z. B. durch:
- Eine optimale ganzjährige Ausnutzung des Kollektorfelds durch weitere Wärmeabnehmer (z. B. hoher Brauchwarmwasserbedarf, Speisewasservorwärmung, Heizungsunterstützung; wie etwa bei der Planung von Hotels und Kliniken). Durch den Aufbau einer Verwertungskette solarer Wärme kann so der Verbrauch fossiler Energieträger vermieden werden.
- Sorgfältige Auslegung der thermisch angetriebenen Kältetechnik insbesondere bei großen Anlagen. Das bedeutet, dass nicht auf Spitzenlast ausgelegt wird, wenn ein Kälte-Backup-System (konventionelles Kühlaggregat) vorhanden ist. Optimierte Auslegungen auf Kälteleistungen deutlich unterhalb der Spitzenlast sparen wirksam Kosten ein, ohne signifikant an Primärenergieeinsparung zu verlieren.
- Verzicht auf ein Kälte-Backup-System, sofern dies mit den Anforderungen an die Raumluftqualität und dem täglichen Kühllastprofil vereinbar ist, bei gleichzeitiger Zulassung gelegentlicher Überschreitung der Raumluft-Sollzustände.
- Solarthermische Konfigurationen, die tendenziell die Senkung der Fluktuation im Strombezug aus dem Netzanschluss unterstützen. Dies ist insbesondere in Regionen mit hoher Auslastung der Stromnetze durch Kapitalisierungsaufwand zu berücksichtigen.
- Moderate bis ausgeprägte Kostenreduktion des Kollektorsystems und in den Hauptkomponenten thermisch angetriebene Kühlung. Der Umfang der Kostenreduktion, um konkurrenzfähig gegenüber anderen Systemen zu sein, ist dabei auch von den verwendeten energetisch-wirtschaftlichen Bewertungsgrößen abhängig. Verwenden Planer einen energetisch-wirtschaftlichen gleichgewichtigen Kosten-Wirkungs-Index, ist in einigen Anwendungen mit hohem zusätzlichen Wärmebedarf bereits Konkurrenzfähigkeit ohne Kostensenkungsprognosen erreicht.
Generell sind laut der Studie große Systeme durch sinkende spezifische Komponentenkosten vorteilhafter als kleine Systeme im Kälteleistungsbereich kleiner als 30 kW.
Als weitere Ergebnisse sind zu nennen:
- Effizienzerhöhung in der solarthermischen Kühlung auf Komponentenebene und auf steuerungs-/regelungstechnischer Ebene.
- Anwendung effizienter zweistufiger Absorptionskältetechnik an geeigneten Standorten.
- Wenn möglich, sollte der Rückkühlkreis zur Vorwärmung von Brauchwarmwasser genutzt werden. Dies sei jedoch derzeit kaum realisierbar.
Fazit, Potenziale und Ausblick
Ein lohnendes Ziel könnte z. B. sein, integrierte und standardisierte Konzepte für die Brauchwassererwärmung und Klimatisierung in Hotels an der Mittelmeerküste zu entwickeln. Unter den heutigen Bedingungen haben auch solarthermische Verfahren zur Luftentfeuchtung bei latenten Kühllasten eine gute Chance, da hier offene Sorptionsverfahren zur Anwendung kommen, die naturgemäß einem klassischen Prozess mit Taupunktunterschreitung überlegen sind und die zugleich Wärme zum Antrieb benötigen. In den meisten Fällen, insbesondere bei kleineren Anlagen, wo es ausschließlich um eine sensible Kühlung geht, also die Bereitstellung niedriger Temperaturen, sind Kompressionskreisläufe, die im Falle einer erwünschten Solarenergienutzung mit Photovoltaik betrieben werden können, unter den gegebenen Randbedingungen wohl überlegen.
Allerdings kann die Anwendung solarthermischer Kühlung trotz mangelnder Wirtschaftlichkeit vorteilhaft sein, wenn in der Region durch instabile Netze ein weiterer Ausbau der konventionellen Kälteversorgung problematisch ist. Darüber hinaus ist die Netzeinspeisung mit PV-Generatoren nicht in allen Regionen einfach zu realisieren. Hier könnte die Solare Kühlung zu einem wirtschaftlich nicht exakt darstellbaren Komfortanstieg führen. Auch durch weitere lokale Rahmenbedingungen kann sie vorteilhaft oder auch im Einzelfall durch stark abweichende Komponenten- oder Installationskosten favorisierbar sein.
Autorin: Angela Kanders, freie Fachjournalistin
Vereinfachtes Schema zur technologischen Vorauswahl
Bereits im Task 25 „Solar Assisted Air-Conditioning“ des Solar Heating and Cooling Programms der internationalen Energieagentur IEA wurde vor einigen Jahren ein vereinfachtes Schema zur Vorauswahl der grundlegenden Technologie für eine solarthermisch unterstützte Gebäudeklimatisierung erstellt. Das Schema ist als Entscheidungsbaum dargestellt und setzt Kenntnisse über hygienische Luftwechsel und Kühllasten in einem Gebäude voraus. Nicht betrachtet werden die Notwendigkeit von Back-up-Systemen, wirtschaftliche Aspekte sowie die detaillierte Auswahl der Technik. Dem Schema können aber Argumente für ein reines Kaltwassersystem, für ein reines sorptiv gestütztes Lüftungssystem oder für ein Mischsystem entnommen werden.
Ausgehend von gebäudetechnischen Fragen wird das Verteilmedium festgelegt und danach die grundlegende Technologie ausgewählt. Die mit dem farbigen Punkt markierte Technologie könnte mit Entfeuchtungsgrad oder mit Verfahren der Flüssigsorption umgesetzt werden.