BVF-Symposium 2024: Stromheizungen legen zu, SHK und Elektro verschmelzen
Zum jährlichen BVF-Symposium hat der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen (BVF) unter dem Motto „Behagliche Wärme mit Verantwortung: Die Zukunft der Wärmeprozesskette“ am 6./7. November nach Weimar geladen. Namhafte Experten und Vertreter der Branche skizzierten die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich Flächenheizung und Flächenkühlung. Große Diskussionen blieben aus, denn die aufgezeigten Wege aus der aktuellen Lage waren so prägnant wie einleuchtend. Ein Rückblick.
Traditionsgemäß wurde die Veranstaltung mit einem Get together und gemeinsamem Abendessen gestartet. Als Besonderheit wurde dieses Jahr eine Führung durch das Bauhaus Museum angeboten, die auf reges Interesse traf. Die Gruppen lernten von überaus engagierten Museumsguides Wissenswertes sowohl über das Prinzip Bauhaus, als auch die dahinterstehende Grundeinstellung und -idee.
Aufgegriffen wurde die Verbindung auf dem BVF Symposium von Dipl.-Ing. Heike Bouillardt, die es als Bauingenieurin und Stadtführerin verstand, die Bereiche miteinander zu verknüpfen. Sie unterstrich, dass Wohnen ein Schutzraum ist, in dem es behaglich sein soll. Nachdem dann Ulrich Stahl als Vorstandsvorsitzender des BVF die Veranstaltung mit den Worten „behagliche Wärme ist ein Grundbedürfnis“ eröffnet hatte, war das Thema des Tages gesetzt.
Quo vadis Flächenheizung und Flächenkühlung?
Hans-Arno Kloep von der Querschiesser Unternehmensberatung stellte als erster Sprecher die entscheidende Frage: Quo vadis Flächenheizung und Flächenkühlung? Zurückblickend auf die letzten Monate stellte er fest, dass bei der Diskussion um die Wärmepumpe als Heilsbringer vergessen wird, „dass die Effizienz der Wärmepumpe aus der Hydraulik dahinter kommt“. Erst die sinnvolle Einbindung in ein Hydraulikkonzept führe zur versprochenen Effizienz und hier sieht Kloep das Potenzial für die Flächenheizungshersteller, über ein Service- und Leistungsportfolio rund um die Wärmepumpe die Aufträge einzufangen, die andere nicht anbieten können oder wollen. Perspektivisch ist für ihn klar: „In 10 Jahren hängen wir alle an der kühlen Decke und sind gleichzeitig im strombasierten Heizen unterwegs!“ Die Kombination Kühlen und Heizen über die Decke einerseits und eine prognostizierte Migration von Warmwasser zu Elektro in (hoch-) gedämmten Gebäuden bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Aspekte der Kreislaufwirtschaft und Rückbaubarkeit sind seiner Meinung nach die Zukunft.
In der anschließenden Publikumsdiskussion stellt er sich den Fragen des Publikums. Auf die Frage, wie die Versorger mit dem Mehr an Strombedarf umgehen sollen, stellt er einen Wandel von nationalen zu regionalen Stromkonzepten in den Raum, da es weiterhin an innovativen Ideen für die Stromspeicherung fehle. Der hybride Handwerksbetrieb, der sowohl Wasser als auch Elektro abdecken könne, sei der Betrieb der Zukunft, da „die Optimierung der Prozesskette über Digitalisierung laufen muss und somit ein Faktor für das Überleben der SHK-Betriebe ist.“
Die große Frage „wie soll das alles gehen?“ wurde anschließend von BVF-Mitgliedsunternehmen beantwortet, die innovative Referenzprojekte für Flächenheizung und -kühlung im Neubau und in Bestandsgebäuden vorstellten.
Verleihung der BVF Awards
Ein Highlight der Veranstaltung war wie in jedem Jahr die feierliche Verleihung der BVF Awards. Den Auftakt machte in der Kategorie Nachhaltiger Neubau mit Flächenheizung und -kühlung die Luisenhöhe – das Gesundheitsresort im Schwarzwald - die mit einem nachhaltigen Konzept der Aquatherm GmbH temperiert wird. Das Konzept basiert auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit und dem Einsatz von ressourcenschonenden Materialien, Techniken, Energien und Arbeitsweisen. Mit 55 Erdwärmesonden unter der Tiefgarage wird der gesamte Energiebedarf für die Kühlung und Beheizung des Hotels und des Außenpools gedeckt. Die öffentlichen Räume werden auf 1620 m2 über eine Heiz- und Kühldecke temperiert. Die Konferenzbereiche und die Spa- und Fitnessflächen im Erdgeschoss werden zusätzlich über aktivierte Wandflächen gekühlt.
Im Anschluss wurde der BVF Award in der Kategorie Schaffung von Wohnraum durch energetische Sanierung mit Fußbodenheizungssystemen verliehen. Das Unternehmen EQtherm Planung und Montage GmbH hat durch Umbau und energetische Sanierung einer Scheune ein Mehrfamilienhaus mit 18 Wohnungen geschaffen. Dabei wurden unterschiedliche Nachrüstlösungen für die Modernisierung verwendet und so konnte das bestehende denkmalgeschützte Gebäude in eine neue Nutzung übergehen. EQtherm liefert mit den Renovierungssystemen „EQ Reno Klett 4.0“ und „EQ Trockenbausystem“ eine Flächenheiztechnik, die speziell für schwierige Sanierungen und fehlende Aufbauhöhen entwickelt wurde.
In der Kategorie Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden mit Flächenheizung und -kühlung wurde die GeoClimaDesign AG ausgezeichnet. Um dem historischen Kaiserbahnhof Caputh von 1908 ein zweites Leben einzuhauchen, bedurfte es eines integrierten technischen Gesamtkonzeptes, da eine Fassaden- oder auch Innendämmung nicht möglich war. Es wurde ein Mischkonzept für die Nutzung entwickelt: Der Bahnhof bietet zukünftig Raum für fünf Ferienwohnungen, Büros zum Arbeiten und für Events sowie zur Erholung. Auch das gesamte neue Energiekonzept ist auf einen langfristig nachhaltigen, energieeffizienten und wirtschaftlichen Betrieb ausgelegt. Vier Sole-Wasser-Wärmepumpen sorgen für die Wärmeversorgung des Gebäudes und 10 Erdsonden nutzen die vorhandene geothermische Energie, um das Gebäude zu beheizen. Die Wärmeverteilung im Gebäude erfolgt über das in den Deckenflächen verlegte Kapillarrohrsystem der GeoClimaDesign. Auch die erneuerbare Kühlung des Gebäudes kann dadurch gewährleistet werden.
Für sein Lebenswerk ausgezeichnet: Ulrich Stahl
Der letzte Award des Tages wurde für das Lebenswerk von Ulrich Stahl vergeben. Er ist seit 1987 aktiv im BVF, seit 1997 stimmberechtigter Vertreter eines BVF-Mitgliedes, seit 2003 im Vorstand des BVF, seit 2011 Vorstandsvorsitzender und seit 2018 Ehrenmitglied des BVF. Darüber hinaus arbeitet er seit Jahrzehnten an neuen und verbesserten Systemen der Flächenheizung und -kühlung und ist stets neuen Konzepten gegenüber aufgeschlossen, wenn er sie nicht sogar selber mit entwickelt.
Nach der Mittagspause wurde das BVF All Electric House Konzept von Michael Muerköster, Danfoss/DEVI, vorgestellt. Strom als alles verbindendes Element der Gebäudetechnik und die elektrische Flächenheizung als die Lösung im Niedrigstenergiegebäude zeichnen das All Electric House als Unterstützer der Energiewende und Energiespeicher der Zukunft aus. Wärmepumpen und wasserbasierte Flächenheizungen sind für die Beheizung (und Kühlung) von Gebäuden in Neubau und Bestand eine weitere Option in diesem Konzept.
Der Vortrag „Neue Wege im Umgang mit Energie – Stromdirektheizungen in Neubau und Modernisierung“ von Prof. Timo Leukefeld beschäftigte sich mit Gebäudekonzepten, die auf den „Rohstoff“ Sonne zur Eigenversorgung mit Wärme, Strom und Mobilität bauen. Aufbauend auf den bereits thematisierten Zukunftsaussichten von Arno Kloep und dem All Electric House-Konzept des BVF beleuchtete er das Thema „Energieautarkie“. Hier stellte er zunächst fest, dass eine 100%ige Energieautarkie zu teuer sei, das Optimum liege bei 50 - 60 %. erreichbar durch ausgefeilte Gebäudekonzepte mit der Eigenerzeugung von Strom am Gebäude. Um zukünftig eine höhere Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten, führt sein Ansatz weg von der teuren Energieabrechnung über Dritte hin zu Strom- und Heizkostenpauschalen, die das Wohnen sowohl für Vermieter als auch Mieter kalkulierbarer machen und sogar eine Gewinnausschüttung Richtung Vermieter und Mieter ermöglichen. Die Kommunikation müsse zukünftig besser sein, „intelligentes Verschwenden“ sei das motivierende Ziel und Strom die Zukunft. Dies funktioniere nur mit radikaler Vereinfachung der Prozesskette. Auch er prognostiziert die Verschmelzung von SHK- und Elektro-Betrieben.
Wärmeübergabe first
Zum Abschluss der Veranstaltung beleuchtete Florian Wiemeyer von der Oventrop GmbH & Co. KG, wie der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen in Zukunft die umfassenden Vorteile der Niedertemperaturübergabe über die Fläche kommunizieren wird. „Wärmeübergabe first“ lautet das Motto für 2025. Damit soll auch unterstrichen werden, dass nicht die Größe des ersten Schrittes entscheidend ist, sondern dass dieser in „die richtige Richtung führt“.