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Bundesnetzagentur: Integration von „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ ab 1.1.2024

Um Überlastungen von Niederspannungsnetzen zu vermeiden, hat die Bundesnetzagentur die Integration von Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos geregelt 

Bild: Wolf

 

 

Berlin. Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und private Ladeeinrichtungen für E-Autos haben höhere Leistungen als die meisten Haushaltsgeräte. Auch beziehen sie häufiger gleichzeitig Strom. Das Niederspannungsnetz ist zwar in der Lage, einzelne neue Anwendungen aufzunehmen. Auf einen schnellen Hochlauf ist der größte Teil der Niederspannungsnetze allerdings nicht ausgelegt. Die Netze müssen daher in einem hohen Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden. 

Die Bundesnetzagentur hat Ende November dieses Jahres die Regelungen festgelegt, wie steuerbare Verbrauchseinrichtungen sicher und zügig in das Stromnetz integriert werden können. Danach darf der Netzbetreiber den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“. Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten. Die Netzzustandsermittlung stellt die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit-Messwerten dar. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig.

Dabei muss eine Mindestleistung immer zur Verfügung stehen, sodass Wärmepumpen betrieben und Elektroautos weiter geladen werden können. Die Netzbetreiber dürfen dabei den Bezug für die Dauer der konkreten Überlastung auf bis zu 4,2 kW senken. Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 km Strecke nachgeladen werden. Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen werden berücksichtigt.

Die Bundesnetzagentur spricht davon, dass diese Eingriffe nur in Ausnahmefällen erfolgen müssten und ohne wesentliche Komforteinbußen verbunden sein würden. Vollständige Abschaltungen der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sind nicht mehr zulässig.

Die Bundesnetzagentur erhöht in der Festlegung die Handlungsmöglichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können einzelne Anlagen direkt vom Netzbetreiber ansteuern lassen. Alternativ können sie wählen, von ihrem Netzbetreiber den Wert für einen zulässigen Strombezug zu erhalten, der insgesamt nicht überschritten werden darf. In diesem Fall koordinieren sie die Reduzierung durch ein Energiemanagementsystem für mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen eigenständig. Selbst erzeugte Energiemengen können eingerechnet werden. Eine Wallbox darf also zum Beispiel mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage stammt.

Netzbetreiber müssen Steuerungseingriffe in einem einheitlichen Format auf einer gemeinsamen Internetplattform detailliert ausweisen. So ist auch für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar, wenn in einzelnen Netzbereichen Überlastungsprobleme auftreten. Die Regelungen gelten ab 1. Januar 2024.

Unterschiedliche Regelungen bei Bestandsanlagen

Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.

Auch für den Netzbetreiber gibt es Übergangsregelungen. Solange der Netzbetreiber noch nicht die notwendigen Vorbereitungen für die netzorientierte Steuerung getroffen hat, kann er maximal 24 Monate unter Beachtung einiger Rahmenbedingungen vorsorglich steuern. Diese sogenannte präventive Steuerung ist eine regelmäßige Maßnahme aufgrund einer prognostizierten Überlastung.

Reduzierung des Entgelts

Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Das Netzentgelt verlangen Netzbetreiber für die Nutzung ihrer Stromnetze und ist nicht zu verwechseln mit dem Strompreis. Im gesamtdeutschen Durchschnitt liegt das Netzentgelt bei 22 Prozent des Strompreises. Angesichts der großen Unterschiede der Anschluss- und Verbrauchssituationen legt die Bundesnetzagentur verschiedene Module zur Entgeltreduzierung fest. Die Reduzierung besteht entweder 

  • aus einem netzbetreiberindividuellen pauschalen Betrag (Modul 1) oder 
  • einer prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2). 

Der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung kann zwischen Modul 1 und 2 auswählen.

Für die Variante eines pauschalen Rabatts auf das Netzentgelt (Modul 1) gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 Euro (brutto) im Jahr betragen. Das entspricht einer Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2500 kWh) zu zahlenden Netzentgelts. Diesen pauschalen Rabatt sieht die Bundesnetzagentur als „sehr attraktiv für die E-Mobilität“.

Das Modul 2 beinhaltet eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent. Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für die steuerbare Verbrauchseinrichtung. Dieses Modell lässt sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) und „dürfte sich daher in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen eignen“.

Hat der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung Modul 1 gewählt, kann er sich zusätzlich ab 2025 für ein zeitvariables Netzentgelt entscheiden (Modul 3). Durch dieses neu hinzugekommene zeitvariable Netzentgelt sollen Lastspitzen im Netz reduziert werden. Der Netzbetreiber legt unterschiedliche Preisstufen innerhalb eines Tages fest, die die typische Auslastung seines Netzes berücksichtigen. Der Verbraucher wird über ein besonders niedriges Entgelt angereizt, seine Verbräuche in Zeiten zu verschieben, in denen die Netzauslastung niedrig ist. Modul 3 muss von den Netzbetreibern ab dem 1. April 2025 abgerechnet werden, da hierzu die Digitalisierung in der Niederspannung weiter ausgebaut werden muss. 

Zur Abrechnung der reduzierten Entgelte soll die bestehende Struktur des Stromliefervertrages genutzt werden. Der Stromlieferant ist verpflichtet, die genutzten Module auf der Verbraucherrechnung transparent auszuweisen. Es wird kein neues Abrechnungsverhältnis zwischen Letztverbraucher und Netzbetreiber geschaffen.

 


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