Werbung

Branche auf Innovationskurs

Internationale Automobil-Ausstellung für Nutzfahrzeuge in Hannover zeigt neueste Fuhrparktrends

Im Licht der Scheinwerfer: Welche Entwicklungen bei Lieferwagen, Transportern und weiteren Nutzfahrzeugen in den nächsten zwei Jahren zu erwarten sind, zeichnet sich auf der Branchenschau vom 20. bis 27. September in Hannover ab. Bild: Thomas Dietrich

Der Opel „Combo“ kommt mit markentypischer Front aus der gemeinsamen Fertigung mit Citroën „Berlingo“ und Peugeot „Partner“ und besitzt bereits die Zulassung „Euro 6d Temp“. Bild: Opel

 

In Hannover öffnen vom 20. bis 27. September 2018 die Messetore für die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge. Für Insider und Kaufentscheider geht es weniger um das äußere Erscheinungsbild als vielmehr darum, welche Zulassungsart der Hersteller jeweils für sein edel herausgeputztes Fahrzeug anpreisen kann.

„Euro 6“ wäre eine Antwort, die allein nicht zufrieden stellen darf. Denn der Trend ist klar: In gut zwei Jahren, wenn Schadstoffgrenzen für Ballungsgebiete und die Zulassungsbestimmungen für Neufahrzeuge nochmals deutlich verschärft worden sind, wird sich der Marktwert eines Diesels oder Benziners an der exakten Bezeichnung seiner Zulassungsart orientieren.

Fahrzeugemissionen werden genauer geprüft
Was genau ist momentan regelkonform? Unterschiede bei der Zulassung gemäß „Euro 6“ sind einem Laien kaum vermittelbar. Nur ein paar Details: Um relevante Abgaswerte für eine Typzulassung eines neuen Automodells zugrunde zu legen, hat sich das Kraftfahrtbundesamt (KBA) in der Vergangenheit nicht auf den tatsächlichen Spritverbrauch, sondern auf Laborwerte eines Motorprüfstands gestützt. Dieses sogenannte NEFZ-Verfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus) hat sich längst als lückenhaft erwiesen und wurde deshalb ersetzt.
Ab September 2018 müssen die Hersteller für die Typzulassung eines Fahrzeugs die Emissionen im längeren und aufwendigeren WLTP-Verfahren bei unterschiedlichen Betriebszuständen ermitteln lassen (WLTP = Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure). Und dies gilt für die verschiedensten Kombinationen von Karosserie, Motor, Getriebe und Reifendimension. Werden dabei definierte Grenzwerte eingehalten, gibt es die Freigabe gemäß „Euro 6c“. Weil den Herstellern nur eine begrenzte Zahl von Prüfständen und Institutionen zur Verfügung steht, wirkt sich dies wie ein Flaschenhals aus. In den kommenden Wochen warten vorproduzierte Serienfahrzeuge darauf, dass Hunderte von Musterzulassungen offiziell akzeptiert werden und die Vorbestellungen an Händler und Kunden ausgeliefert werden können. Dieses Dilemma bezieht sich vorwiegend auf Pkws. Leichte Nutzfahrzeuge wie Lieferwagen und Transporter müssen die gleiche Hürde nehmen, doch derzeit stehen nur wenige neue Modelle vor der Markteinführung und damit vor der Typzulassung.

„Euro 6d Temp“ wie ein Gütezeichen
Etliche Hersteller messen der Zulassungsart „Euro 6c“ allerdings keine entscheidende Bedeutung bei, sondern streben gleich die wertigere Zulassung gemäß „Euro 6d Temp“ an. Hierbei kommt zum WLTP-Verfahren noch ein zertifizierter Testzyklus hinzu, der die Realemissionen des Fahrzeugs in einem eingehenden RDE-Prüfverfahren im Straßenverkehr ermittelt (RDE = Real Driving Emissions). Dabei dürfen Benziner den NOx-Grenzwert (Stickoxid) von 126 mg pro km nicht überschreiten. Für Diesel gelten 168 mg. Diese Zulassungsart gesteht den Verbrennern auch noch eine etwas großzügigere Toleranzbreite bei den Emissionen zu. Befris­tet hat das KBA diese Zulassungsart bis Ende 2019.
Ab dem 1. Januar 2020 gilt „Euro 6d Final“ mit nur noch geringen Toleranzen der vorgegebenen Grenzwerte. Das bezieht sich wiederum zunächst auf die Typ­zulassung einer Fahrzeugreihe. Alle daraufhin in Serie gebauten Fahrzeuge müssen diese Bedingungen spätestens zum 1. Januar 2021 erfüllen. In größeren und teureren Fahrzeugen, gemeint sind sowohl Pkws als auch Transporter, wird man den nötigen Aufwand in der Abgasreinigung mit einem zweistufigen Katalysator samt Thermomanagement offenbar zufriedenstellend realisieren können. Davon zeigten sich Motorenexperten im Frühjahr 2018 auf einem jährlich stattfindenden Fachkongress überzeugt. Zweifel bestehen jedoch, ob dies aus Platz- und Kostengründen auch bei kleineren Pkws und Lieferwagen machbar ist.

Strategien und Markteinführungen
Zurück zum Messegeschehen: Die Hersteller leichter Nutzfahrzeuge konzentrieren sich aufgrund der zuvor beschriebenen Fristen darauf, dass sie spätestens Ende 2019 ihre Typzulassungen für „Euro 6d Temp“ erreichen. Ausnahmen gibt es aber auch. Citroën „Berlingo“, Peugeot „Partner“ und Opel „Combo“ feiern in ihren neuen Nutzfahrzeug-Varianten in Hannover Weltpremiere und werden mit einer „Euro 6d Temp“-Zulassung zum Marktstart am Jahresende zu den Händlern kommen. Bei den Transportern vermarktet Iveco bereits seit etlichen Monaten die Serie „Daily Blue Power“. Dazu gehört der erste in Europa zugelassene Transporter mit Dieselmotor, dessen Realemissionen nach zertifizierten RDE-Kriterien geprüft wurden.

Umstiegs-Prämie
Zahlreiche Käufer haben sich in den vergangenen Monaten für ein neues Fahrzeug entschieden, weil ihnen die Vergüns­tigung von einigen Tausend Euro für die Stilllegung eines alten Wagens verlockend erschien. Da mag auch mitunter die Entscheidung für ein neues Erdgasfahrzeug leichter gefallen sein.

Elektromobilität
Bei der Elektromobilität spielt Leasing eine große Rolle, um die hohen Kosten der teuren und nicht alterungsbeständigen Fahrzeug-Akkus zu kompensieren. Die Marken Citroën, Peugeot, Renault, Nissan, Mercedes-Benz Vans, Iveco, VW Nutzfahrzeuge und weitere Hersteller besetzen dieses Geschäftsfeld mit hohen Investitionen und schnüren Pakete, die Akzeptanz und Absatz im Bereich der E-Mobilität fördern sollen.
Mit den verlängerten Reichweiten bei etlichen Modellen konnte in den ver­gangenen Monaten ein wichtiger Schwachpunkt abgefedert werden. Im Flotten­einsatz sammeln derzeit die E-Versionen von Mercedes „Vito“ und „Sprinter“, der VW „Crafter“ sowie der Ford „Transit“ Alltagserfahrungen bei Kurierdiensten. Auf der IAA Nutzfahrzeuge wird zur jeweiligen Vermarktung der Stromer und deren Einsatzmöglichkeiten für den Gewerbetreibenden mehr zu erfahren sein.

Viele Eindrücke auf kurzen Wegen
Nur Hannover bietet dem Interessenten für eine Nutzfahrzeug-Einrichtung solche Möglichkeiten zum unmittelbaren Vergleich. Ob man sich auf den Ständen der Ausrüster in Halle 13 umschaut, im Freigelände Branchenvariationen studiert oder die Lösungen in kleinen und größeren Fahrzeugen bei den einzelnen Marken inspiziert – auf kurzem Weg lassen sich wichtige Eindrücke gewinnen. So bekommt man heraus, welcher Anbieter durch Qualität bis ins Detail auffällt, wer Trends setzt und neue Ideen hat – oder wer nur nachholt, was andere längst im Programm haben. Allein der Erfolg, an den richtigen Anbieter zu kommen, um ein alltagstaugliches Handwerkerauto einzurichten, kann die Fahrt nach Hannover lohnenswert machen.

Autor: Thomas Dietrich, freier Journalist

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: