Werbung

Bivalente Betriebsweisen von Wärmepumpen – Multifunktionales Einsatzpotenzial von Wärmepumpen-Systemen

Die Einsatzmöglichkeiten von Heizungswärmepumpen erschöpfen sich nicht auf das moderne Einfamilienhaus mit Niedrigtemperaturheizungssystemen, wo sie in der Nutzung von Erdwärme durchaus monovalent betrieben werden können. Im Mehrgeschosswohnungsbau stößt die monovalente Betriebsweise mit herkömmlichen Wärmepumpen allein schon wegen der nutzerspezifischen Spitzenlastzeiten in der Warmwasserbereitstellung an ihre Grenzen. Sie bietet sich aber dennoch als Grundlast-Wärmeerzeuger an, oder allein nur für die zentrale Raumheizung, die sodann wieder monovalent zu realisieren wäre.

Bild: Stiebel Eltron

Art der bivalenten Betriebsweisen.

 

Noch komplexere Anforderungsprofile stellen Industrie- und Gewerbebauten. Sie halten mannigfache Einsatzmöglichkeiten für Wärmepumpensysteme bereit. Nicht zuletzt, da hier auch oft ein Kältebedarf besteht oder diverse unnatürliche Wärmequellen – wie z.B. die Kühlung eines Serverraumes und das daraus zu generierende Wärmepotenzial – zur Verfügung stehen.

Bivalenzpunkt

Eine bivalente Betriebsweise verlangt als wesentlichen Parameter den sogenannten Bivalenzpunkt. Der Bivalenzpunkt bezeichnet einen Betriebspunkt (zumeist Temperatur), bei dem die Wärmepumpe einen weiteren (bivalenten) Wärmeerzeuger anfordert bzw. in Betrieb
setzt. Ergo bildet die Wärmepumpe die Grundlast und ist, sobald die geringste Anforderung besteht, in Betrieb. Als bivalenter Wärmeerzeuger für eine Wärmepumpe eignen sich Verbrennungskessel besonders als kongeniale Sparringspartner. Um den Bivalenzpunkt zu definieren, ist ein genaues Anforderungsprofil zu erstellen, das beispielsweise festlegt, welche Art der bivalenten Betriebsweise anzustreben ist. Zu unterscheiden sind im Wesentlichen:
a) Die alternativ-bivalente Betriebsweise,
b) Die parallel-bivalente Betriebsweise,
c) Die teilparallele-bivalente Betriebsweise.

Unterscheidungen in Last- und Anforderungsprofilen

In Einfamilienhäusern und kleinen Mehrfamilienhäusern mag das Anforderungsprofil noch überschaubar sein, obgleich bei steigender Anzahl von Nutzern in Wohngebäuden der Warmwasserbedarf steigt und somit auch der Bereitstellungskomfort bald eine Bivalenz fordert, die auch die Sperrzeiten des Energieversorgers überbrücken können. Die Sperrzeiten müssen unbedingt in das Anforderungsprofil aufgenommen und entsprechend berücksichtigt werden. Ein Ausgleich allein über den Pufferspeicher wird schon in einem Zweifamilienhaus schwierig, wenn die Sperrzeit ausgerechnet in die Abendstunden mit dem höchsten Warmwasserbedarf fällt. Der Nutzer tut mit seinem gewünschten Warmwasserkomfort ein Übriges.
Fallen die Nutzungszeiten auch noch zusammen ergeben sich Spitzenlasten, die es ebenso energieeffizient abzudecken gilt, wie es die Nutzung von Umweltwärme bei entsprechenden Rahmenbedingungen zweifelsfrei leisten kann. Also macht eine bivalente Betriebsweise nicht nur bezüglich der Wärmequellentemperatur Sinn, sondern ebenfalls auf der Wärmenutzungsseite, wo die Trinkwassererwärmung nach wie vor einen hohen Stellenwert im Anforderungsprofil stellt.
Das Entweder-Oder einer alternativ-bivalenten sowie einer parallelen bzw. teilparallelen Betriebsweise ergibt sich aus dem spezifischen Anforderungsprofil, das für jedes Gebäude entsprechend den Nutzungsanforderungen erstellt werden muss und natürlich auch die Lasten markieren und detailliert unterscheiden sollte. In Nichtwohngebäuden und Sonderbauten kann dagegen der Warmwasserbedarf dezentral elektrisch effizient und hygienisch bereitgestellt werden. Die Wärmeübertragung an den Raum aber ist oft viel komplexer als im Wohnungsbau. Es gibt Büroräume, Arbeitsräume, Lagerräume, Werkstätten usw., die allesamt verschiedene Wärmeübertragungssysteme aufweisen können. Dies kann im Lastprofil Heizkreistemperaturen im Auslegungsfall (tiefste  Außentemperatur) von einer Fußboden- oder Deckenheizung mit Niedrigtemperatur (35°C?/?28°C?/?20°C) bis zu einem Heizkreis mit Lufterhitzern und Hochtemperatur (70°C?/?55°C?/?18°C) bedeuten und für eine parallel-bivalente Betriebsweise sprechen. In der Übergangszeit beginnt die Wärmepumpe und bedient die Lasten entsprechend den Heizkurven der verschiedenen Heizkreise bzw. Systemtemperaturen der Wärmenutzungsanlage. Wird beispielsweise eine Temperatur jenseits von 50°C von einem der Heizkreise gefordert, ist hier der Bivalenzpunkt für den 2. Wärmeerzeuger zu setzen.
Das könnte jetzt eine Zeit lang so weitergehen und sich besonders in der Übergangszeit so abspielen. Sobald aber ein konstant niedriges Außentemperaturniveau ansteht und entsprechende Systemtemperaturen für die Wärmeübertragung an den Raum verlangt werden, kann im Sinne einer ganzheitlichen Anlagenaufwandsbetrachtung darüber nachgedacht werden, hier in eine teilbivalente Betriebsweise zu gehen, wo sich die Wärmepumpe zurücknimmt und der zweite Wärmeerzeuger die Gesamtlast bereitstellt.
Der Anteil von Grundlasten wird allgemein noch sehr unterschätzt. Nur selten ist es Planungspraxis, dass unterschiedliche Lastaufteilungen in Abhängigkeit der klimatischen Bedingungen (witterungsgeführt/prognosengesteuert) explizit ausgewiesen werden. Berücksichtigt man in den Regelstrategien interne Gewinne und thermische Eigenschaften von Baumaterialien, um ein Auskühlen bzw. Aufheizen des umbauten Raums zu vermeiden, können Grundlastanteile von mehr als 80?% durch eine Wärmepumpe abgedeckt werden.

Vorbereitungen für eine bivalente Betriebsweise
Um auch im Nachgang noch eine bivalente Betriebsweise durch die Integration einer Wärmepumpe (beispielsweise dezentral) zu ermöglichen, sollte eine Schnittstelle hierfür geschaffen werden, die eine Nachrüstung erleichtert. Gleichsam steht hierfür der Pufferspeicher als Zentrum eines multiplen Heizungssystems exemplarisch und kann bereits vorgesehen werden.
Multiple Betriebsweisen verschiedener Wärmeerzeugungsarten, Wärmequellen und Wärmesenken, wie sie in der Industrie, in Sonderbauten oder Gewerbeobjekten anstehen, können durchaus auch für die bivalente Betriebsweise für den Wohnungsbau Pate stehen. Eine kluge Analyse des Anforderungs- und Nutzungsprofils vermag sämtliche Komponenten des Gesamtsystems zu einem in vielen Fällen optimierten Betrieb der jeweiligen Akteure und ergo einen guten Gesamtwirkungsgrad herbeiführen. Und sei es der überdimensionierte Heizkessel, der dank Wärmepumpe sich nun allein auf jene Zeit fokussieren kann, wo seine Leistung auch wirklich ausgeschöpft wird. Ein wesentlich besserer Wirkungsgrad und mehr Energieeinsparung sind die Folge, auch bei älteren Kesseln.
Allein in der Gebäudesanierung drängt sich nicht selten die Frage auf: Warum nicht den bestehenden Verbrennungskessel mit in das Anlagenkonzept einbinden? Oder durch die Nachrüstung eines Heizeinsatzes im Kachelofen diesen zu einem Zentralheizungskessel machen, der als 2. Wärmeerzeuger etwaige Spitzenlasten abdeckt.

Autor: Frank Hartmann

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: