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Bis zur letzten Minute

Unternehmensnachfolge aus Sicht eines Geschäftsübergebenden

Familienbindungen können einen Einfluss auf die Entscheidungen bei der Unternehmensnachfolge haben, die aber nicht ­unbedingt für das Unternehmen die besten Lösungen sind.

Zusammenfassung der wichtigsten Aufgaben zur Umsetzung der Nachfolgerschaft aus den verschiedenen Abteilungen eines Betriebs mithilfe einer Aufgabendrehscheibe.

 

Ein Frühlingsmorgen gegen 5 Uhr. Hans M. kann nicht mehr schlafen, wie öfters, seit er die 60 überschritten hat. In seinem Kopf baut sich wie üblich eine Liste mit den wichtigsten Aufgaben für den Tag zusammen. „Stopp!“, denkt Hans M. Denn etwas ist anders als sonst: Hans M. hat frei. Der Grund: Er hat vor ein paar Tagen sein Unternehmen endgültig übergeben. Und seine Gedanken wandern zurück, wie die Nachfolge abgelaufen ist

Das Thema Nachfolgereglung war für Hans M. lange Zeit seiner Unternehmensjahre nicht präsent und auch für ihn nicht wichtig. Der Handwerksmeister und Vater von zwei Kindern führte einen SHK-Betrieb, der zu Beginn der 1990er-Jahre gegründet wurde. Zwölf Beschäftigte, zwischendurch waren es auch schon mal 20. Nach einigem Hin und Her hat Hans M. seine Firma schließlich an einen langjährigen Mitarbeiter übergeben. Für den Gründer wie für den Nachfolger fand sich eine finanziell akzeptable Lösung, zu der auch einige Stolpersteine überwunden werden mussten.

Rückblick
Mit den ersten Betriebsjahren wuchs das Bewusstsein, etwas erschaffen zu haben: Ein Unternehmen, Arbeitsplätze, erste feste Kunden, anerkennende Nebensätze von Bekannten. „Man kann das wohl Stolz nennen, wenn es auch holprige Geschäftsjahre gab“, sagt Hans M. heute und stellt dabei fest, dass es eine Zeit war, in der bestimmt kein Funke für das Thema Nachfolge hätte aufkommen können. Nach wellenartigen Entwicklungen über mehr als 15 Jahre hinweg stabilisierte sich das Unternehmen und hat heute ein gutes Ansehen bei Kunden und Unternehmen.
Auf die Frage, wann es mit dem Thema Nachfolge angefangen hat, hält Hans M. kurz inne und erklärt: „Im Rückblick kann ich das gar nicht mehr so genau sagen. Irgendwann schlichen sich vor ein paar Jahren Fragen in meinen Kopf: Was kommt noch? Was habe ich noch vor in meinem Leben? Und dazu kamen die „Einschläge“ im Freundes- und Bekanntenkreis, wie Krankheiten, Rückzug aus dem Arbeitsleben, Verrentung und Geschäftsaufgabe. Für mich wurde dabei zunehmend klar, das – nämlich eine Geschäftsaufgabe – wollte ich nicht.“

Erste Gedanken
Hans M. hatte Arbeitsplätze geschaffen, fühlte sich insbesondere für die langjährigen Beschäftigten verantwortlich, hat Mitarbeiter entwickelt und deren Vertrauen sowie Unterstützung in Krisenzeiten erfahren. „So entstand allmählich die Klarheit, dass ich eine Nachfolgeregelung treffen muss. Aber ich bin ja kein König, der einfach seinem Kronprinzen zuruft „mach mal, ich danke ab und fertig““, sagt der SHK-Meister und weiter: „Immerhin hing viel, ziemlich viel, an mir, wie z. B. wichtige Kundenbeziehungen, das Vertrauen meiner Mitarbeiter und das Funktionieren des Arbeitsalltags.“ Zu diesem Zeitpunkt war allerding noch völlig offen, wie eine Nachfolgeregelung aussehen könnte. Denn der oft übliche Weg der Familiennachfolge schied schnell aus: Die Kinder hatten sich anderweitig orientiert. Doch es gab schon eine Alternative. Dazu der Handwerksmeis­ter: „Mein Neffe war im Unternehmen angestellt, ein guter Fachmann, ging auch ganz gut mit Kunden um, war anerkannt im Team, aber womöglich noch zu jung. Solche Gedanken gingen mir gelegentlich durch den Kopf. Gespräche über eine Nachfolge gab es aber kaum. Es gab gefühlt ja auch keinen Zeitdruck. Ich war gesund und mir machte meine Arbeit Freude.“
Bei Unternehmerveranstaltungen hörte der Handwerksmeister gelegentlich Vorträge zum Thema Unternehmensnachfolge – allerdings nicht gezielt und nicht wirklich mit Aufmerksamkeit. „Ziemlich bald interessierte es mich nicht mehr, dieses Gerede von Erbschaftssteuer, Notfallkoffer und Unternehmensverkauf. War ja auch gar nicht mein Thema. Doch irgendwann schob mir meine Frau verstohlen wieder eine Vortragsankündigung „Unternehmensnachfolge kompetent regeln“ unter. Ich bin zwar nicht hingegangen, aber ich habe mit ihr darüber gesprochen. Im Nachhinein betrachtet, war das wohl der Wendepunkt.“

Coachs für Unternehmensnachfolge
Nach wenigen Gesprächen und der Einsicht, die Nachfolge-Aufgabe nun endlich angehen zu müssen, begab sich der SHK-Unternehmer im Internet auf die Suche nach Informationen, wie eine solche Aufgabe am effizientesten gelöst werden kann: „Ich bin bei meiner Internetrecherche schließlich auf ein Seminar gestoßen „Unternehmenszukunft next Generation“, das zwei erfahrene Coachs anboten. Nach der Kontaktaufnahme kamen die Experten auch nicht einfach mit Checklisten und Lösungen um die Ecke, sondern hatten einen ganz anderen Ansatz: Erst einmal haben wir die ganze Situation von mehreren Seiten beleuchtet.“

Fragen über Fragen
Die Berater erörterten zunächst zahlreiche Punkte, wobei viele Fragen aufgeworfen und beantwortet wurden, z. B.: Vor welchen Entscheidungen steht das Unternehmen? Wie lässt es sich zukünftig führen? Wer kann es führen? Wie steuert oder begleitet man den Übergang? Welche Perspektive hat der Unternehmer nach dem Übergang? Was sind die weiteren Intentionen der Kinder in den nächsten Jahren? Hans M.: „Mir war wichtig, diese Ungewissheiten zu erkennen und damit besprechbar zu machen. Weiter haben wir meine verschiedenen Rollen beleuchtet. Wenn ich für die Unternehmensnachfolge Entscheidungen getroffen habe, dann war es wichtig zu unterscheiden, ob man gedanklich gerade in der Familienrolle oder in der Unternehmerrolle ist.“
In der Unternehmerrolle ist Geld die Währung. In der Familienrolle gibt es auch eine „Währung“ – die Bindungen. Aus Bindungen können Erwartungen und Verpflichtungen entstehen. Dies bedeutet, dass der Unternehmer unter Umständen einen Mitarbeiter kündigen kann, während ein Familienmitglied hingegen nur schwer „kündbar“ ist.
Im weiteren Verlauf wurden die persönlichen und finanziellen Unternehmenswerte ermittelt. „Über solche Dinge hatte ich bis dahin noch nie nachgedacht“, sagt Hans M. und weiter: „Damit mein Nachfolger das Unternehmen „in meinem Sinne“ weiter führen kann, musste ich auch meine persönlichen Werte benennen, z. B. die Arbeitszeitenregelungen und das mir in diesem Zusammenhang die familiären Belange meiner Mitarbeiter wichtig waren.“ Dies sollte auch nach der Übergabe an einen Nachfolger so bleiben.
Vor dem Hintergrund solcher Fragen und Diskussionen wurden Möglichkeiten für die Nachfolgeregelung entwickelt. Im Einzelnen waren dies:

  • die Kinder als Gesellschafter, die einen Geschäftsführer anstellen,
  • der Einstieg eines der Kinder in die Firma als Nachfolger,
  • die Übernahme der Firma durch den Neffen und
  • der Verkauf des Unternehmens an einen Externen.

Im Verlauf mehrerer Monate kam eine weitere Variante hinzu: Die Übertragung des Unternehmens an einen langjährigen Mitarbeiter. Diese Option entwickelte sich schließlich als die realisierbare heraus. Erst als dies klar war, konnte der Übergangsprozess geplant und umgesetzt werden.

Vier Handlungsfelder
Bei dem Übergabe-/Übernahmeprozess wurden neben den notwendigen Formalitäten vier Handlungsbereiche definiert:

  • den Nachfolger zum „Chef“ aufbauen,
  • Mitarbeiter bei der Neuverteilung von Aufgaben und Verantwortung einbinden,
  • Kundenbeziehungen schrittweise übergeben,
  • eine Neujustierung des Leistungsangebots prüfen.

Fazit
„Mit der gezielten Unterstützung des Übergabe-/Übernahmeprozesses durch die Coachs für Unternehmensnachfolge ist der Prozess gut gelungen, wenn auch gefühlt in der letzten Minute“, sagt Hans M. „Im Nachhinein bin ich froh, auch mein „Loslassen können“ zum Thema gemacht zu haben. Denn so ganz ohne Emotionen ging es dann doch nicht.“

Notfallkoffer

Einen Notfallkoffer mit den nachfolgenden Daten und Unterlagen für das Unternehmen sollte insbesondere in kleineren inhabergeführten Unternehmen jederzeit verfügbar sein. Die Unterlagen sollten dazu jeweils separat in versiegelten Umschlägen am Aufbewahrungsort vorhanden sein, damit nicht benötigte Daten im Einsatzfall weiterhin geschützt bleiben. Der Inhalt kann je nach Unternehmen variieren, wie z. B.:

  • geregelte Stellvertretung,
  • Vollmachten für alle Konten,
  • Unternehmertestament,
  • Liste der wichtigsten Lieferanten und Kunden,
  • Anweisung für wichtige Projekte,
  • Passwörter, Codes und PINs für Computer, Online-Banking usw.,
  • wo finden sich die wichtigen Unterlagen, Schlüssel usw. des Unternehmens.


Fragen zum Nachfolge-Prozess

Was kommt auf die Familie(n) des / der bisherigen Inhaber zu?

  • Wie wird die Nachfolgerin / der Nachfolger aufgebaut?
  • Welche Rolle hat der bisherige Inhaber künftig?
  • Wie lässt sich der Übergang der Verantwortung konkret gestalten?
  • Wie ist die künftige Führungsstruktur zu gestalten?
  • Welchen Einfluss hat der Inhaberwechsel auf die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten? Was folgt daraus?
  • Welche Abläufe im Unternehmen sind an Know-how und Persönlichkeit des bisherigen Inhabers gekoppelt? Wie lassen sich diese neu gestalten?
  • Welche Änderungen im Geschäftsmodell des Unternehmens könnten sich ergeben?
  • Wie lässt sich der Generationswechsel als Prozess gestalten, um der Komplexität gerecht zu werden und ggf. rechtzeitig nachjustieren zu können?

     


Seminare zur Unternehmensnachfolge

Das Nachfolge-Beratungsunternehmen Fuchs & Krötenheerdt (www.fuchs-kroetenheerdt.de) bietet regelmäßig Seminare zur Unternehmensnachfolge an. In konkreten Praxisfällen (auf Wunsch auch von den Teilnehmern) werden wichtige Maßnahmen, Besonderheiten und Leitfäden für einen anstehenden Nachfolgeprozess diskutiert und erarbeitet.
Die Workshops finden in Leipzig statt, jeweils Mittwochs von 14 bis 17 Uhr. Die nächsten Termine sind am:
8. Oktober 2014,
19. November 2014 und
17. Dezember 2014.

Weitere Informationen und Anmeldung unter Telefon: 0341 9261353.

www.fuchs-kroetenheerdt.de

 


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