Billiganbieter statt Fachbetrieb
Ärger nach dem Wärmepumpeneinbau: Wenn vermeintliche Schnäppchen zu hygienischen und technischen Schäden führen
Wärmepumpen gelten als Schlüsseltechnologie der Energiewende – und das völlig zu Recht. Doch mit dem Boom steigt auch die Zahl der fehlerhaften Installationen. Thomas Becker, Sachverständiger SHK-Meister aus Brilon, beobachtet eine zunehmende Zahl von gutachterlichen Fällen, bei denen Bauherren mit vermeintlich günstigen Komplettangeboten über das Internet regelrecht hereingelegt wurden.1) IKZ-Chefredakteur Markus Sironi hat mit ihm gesprochen.
„Viele Bauherren verzichten heute auf eine fundierte Beratung und Planung durch SHK-Fachfirmen und entscheiden sich stattdessen für Komplettangebote über Internetportale oder Generalunternehmer“, berichtet Thomas Becker gegenüber IKZ-Chefredakteur Markus Sironi. „Die Preisersparnis gegenüber dem örtlichen Fachhandwerk scheint auf den ersten Blick attraktiv – oft mehrere tausend Euro.“
Doch die Realität vor Ort auf der Baustelle sehe häufig anders aus: Der Einbau erfolge durch schlecht geschulte Subunternehmer, meist aus dem Ausland, mit denen eine fachliche Kommunikation kaum möglich sei. „Statt technischer Abstimmung dominieren Sprachbarrieren und Übersetzungs-Apps – mit vorhersehbarem Ergebnis“, so die Erfahrungen des Gutachters.
Ein Fallbeispiel aus NRW
Becker verdeutlicht die Risiken anhand eines aktuellen gutachterlichen Praxisfalls: In einem Einfamilienhaus in Nordrhein-Westfalen wurde eine Luft-Wasser-Wärmepumpe über ein Onlineportal bestellt. Der Einbau erfolgte durch ein Subunternehmen aus Osteuropa – ohne nachvollziehbare Planung, ohne hydraulischen Abgleich, ohne Rücksprache mit dem Bauherrn. „Das ergab die Recherche im Rahmen der Prüfung für die gutachterliche Stellungnahme“, so Becker.
Besonders bitter im konkreten Fall: Sowohl die bestehende Gasheizung als auch der Holzkessel wurden laut Becker hy draulisch und regeltechnisch nicht in das neue Wärmepumpensystem integriert. Der zur Wärmepumpe gehörende neue Trinkwassererwärmer wurde nicht genutzt, stattdessen der bestehende Trinkwassererwärmer erneut angeschlossen. Die Zirkulation war ohne Funktion, die maximal mögliche Auslauftemperatur betrug aufgrund der falschen hydraulischen Einbindung 45 °C. Die Dämmung war völlig unzureichend und teilweise mit Kabelbindern befestigt, berichtet der Sachverständige.
„Die Konsequenz war eine massive hygienische Beeinträchtigung mit nachgewiesener Legionellenbelastung “, so Becker. Seinen Erfahrungen nach seien solche Fälle inzwischen keine Ausnahme mehr. Auffällig häufig fehlten bei derartigen Projekten:
- eine hydraulisch und hygienisch korrekte Planung,
- die Einbindung eventuell vorhandener Wärmeerzeuger,
- die Einhaltung geltender Normen (u. a. DIN 1988-200, VDI 6023, DIN EN 12828),
- eine fachgerechte Dämmung der Warmwasserleitungen sowie
- eine klare Verantwortlichkeit für Ausführung und Gewährleistung.
Ein weiteres Risiko bei Internetangeboten seien versteckte Vertragsdetails. Becker: „In vielen Fällen werden in den AGB der Anbieter extrem kurze Fristen zur Mängelanzeige festgelegt – oft nur 7 Tage nach Einbau oder Übergabe. Versäumt der Bauherr diese Frist, kann er seine Gewährleistungsrechte verlieren, selbst wenn gravierende Mängel vorliegen.“ Diese Klauseln seien für Laien schwer erkennbar und tauchten meist versteckt im „Kleingedruckten“ auf. In der Konsequenz ließen sich im Schadensfall Gewährleistungsan-sprüche oftmals gar nicht oder nur mit juristischem Beistand und einem entsprechenden Sachverständigengutachten durchsetzen, so Becker.
Hygiene ist nicht verhandelbar
Besonders kritisch beurteilt er die Situation im Bereich der Trinkwasserhygiene. „Ohne eine regelkonforme Zirkulation und bei Temperaturen weit unter 60 °C drohen Legionellen-Kontaminationen. Die VDI 6023 sowie die DIN 1988-200 fordern eine hygienisch sichere Warmwasserbereitung – unabhängig davon, ob es sich um ein Ein- oder Mehrfamilienhaus handelt oder ob ein Gaskessel oder eine Wärmepumpe die Beheizung übernehmen.“
Fazit: Wärmepumpen ja – aber nur mit Fachverstand
„Wer beim Wärmepumpeneinbau auf Qualität verzichtet, spart am falschen Ende“, sagt Becker und schlägt die Brücke zum Fachhandwerk: „Die Investition in eine hochwertige Anlage lohnt sich nur dann, wenn Planung, Installation und Inbetriebnahme durch qualifizierte SHK-Fachfirmen erfolgen – mit nachgewiesener Erfahrung und Kenntnis der technischen Regelwerke. Vermeintliche Schnäppchen über das Internet entpuppen sich in der Praxis oft als Kostenfalle – mit hygienischen Risiken, Komfortverlusten und rechtlichen Problemen. Nur wer auf Fachkompetenz setzt, erhält ein sicheres, effizientes und gesundes Heizsystem.“
1) Kontakt: www.xn--xb-sachverstndiger-wtb.de, Tel.: 02963 9677686.