Werbung

Besser schriftlich und rechtskonform

Haftungsfalle für den Auftragnehmer: Berliner Kammergericht hatte über eine objektiv unzureichende Heizleistung zu entscheiden

 

Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin beschäftigte sich mit der Frage, ob der Unternehmer auch dann für eine objektiv zu geringe Leistung der von ihm ausgeführten Heizungsanlage haftet, wenn er den Bauherren hierüber im Vorhinein belehrt hat. Grundsätzlich gilt bei Vertragsänderung: Der Auftragnehmer – ob Planer oder ausführender Handwerksbetrieb – muss rechtssicher vorgehen, will er sich vor Mängel- und Haftungsansprüchen schützen.

Was war passiert?
In einem vor dem Kammergericht Berlin im Jahr 2014 anhängigen Verfahren (Aktenzeichen: 7 U 54/13, Urteil vom 20. März 2014) ging es um den Einbau einer Heizungsanlage in eine Werkstatt, an die weitere Lagerräume angegliedert waren. Nach Auffassung des Auftraggebers heizte die eingebaute Anlage nicht ausreichend. Sie sei nicht in der Lage, die Räumlichkeiten auf eine genügende Raumtemperatur – behauptet wurden maximal 15 °C – zu bringen. Fest stand jedenfalls, dass die Anlage nicht die rechtlichen Vorgaben gemäß der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) verlangte Mindesttemperatur für Werkräume erreichte. Sie liegt bei (mindestens) 17 °C bis 20 °C – je nach Tätigkeit.
Die Parteien stritten sich vor Gericht vor allem auch darum, was im Vertrag bezüglich der Heizleistung konkret vereinbart worden sei. Der Auftragnehmer behauptete, er habe den Auftraggeber darauf hingewiesen, dass die Räumlichkeiten nur dann mit einem akzeptablen Energieverbrauch beheizt werden könnten, wenn gleichzeitig die Räume energetisch saniert würden. Außerdem habe man angeblich vereinbart, dass einige Räume gar nicht beheizt werden sollten und im Lager nur 15 °C und in der Werkstatt 18 °C erreicht werden müssten. Die Anlage sei also gar nicht mangelhaft, sondern erreiche den vertraglich vereinbarten Rahmen und im Übrigen auch den gewöhnlichen Vertragszweck. Zur Untermauerung seiner Behauptungen legt der Auftragnehmer Zeichnungen vor, in denen er die Vorgaben hinsichtlich der Temperatur, die angeblich seitens seines Auftraggebers gemacht worden seien, handschriftlich eingetragen hätte.
Der Auftraggeber sah dies völlig anders. Die vonseiten des Auftragnehmers vorgelegten Unterlagen habe er vorher noch nie gesehen. Sie seien erst nach Vertragsschluss entstanden. Eine entsprechende Vereinbarung über die gesetzlich abweichenden, niedrigeren Raumtemperaturen habe es nicht gegeben. Er verlangte vom Auftragnehmer im Rahmen des Schadensersatzes eine Vorauszahlung für die entstehenden Kosten zur Nachbesserung der Heizungsanlage in Höhe von rund 10 000 Euro.
In erster Instanz vor dem Kammergericht Berlin obsiegt er. Die hierauf seitens des Auftragnehmers eingelegte Berufung vor dem Kammergericht bestätigt das Urteil dem Grunde nach, kürzt jedoch den Kos­tenvorschuss auf ca. 4500 Euro aufgrund von enthaltenen „Sowieso-Kosten“. (Sowieso-Kosten sind Kosten, die „sowieso“ – d. h. auch bei ordnungsgemäßer Leis­tung, entstanden wären und daher nicht zu einem Schaden zählen.)

Beschaffenheitsvereinbarung und übliche Verwendung
Die wesentliche Begründung des Gerichts stützt sich darauf, was sich als Vertrags-Soll aus den konkreten vertraglichen Vereinbarungen ergibt. Hier stellt sich die Frage nach der geschuldeten Heizleistung und somit auch nach der Raumtemperatur.
Ist eine solche konkrete vertragliche Vereinbarung jedoch zwischen den Parteien nicht vorhanden, bestimmt sich die Frage des Vertrags-Solls nach der gewöhnlichen Verwendungseignung. Dabei spielen insbesondere einschlägige technische Regelwerke und gesetzliche Vorgaben wie hier die Arbeitsstättenverordnung und die hieraus resultierenden Arbeitsstättenrichtlinien eine wichtige Rolle. Deren Vorgaben sind im Rahmen der gewöhnlichen Verwendungseignung einzuhalten.
Eine von der gewöhnlichen Verwendungseignung abweichende Vereinbarung konnte der Auftragnehmer vor Gericht gerade jedoch nicht nachweisen. Vielmehr beschränkte sich seine Argumentation darauf, er habe seinen Auftraggeber auf die Notwendigkeit einer energetischen Sanierung der Räumlichkeiten hingewiesen. 

Bloßer Hinweis reicht nicht aus
Selbst wenn dem so gewesen wäre: Dies reicht nicht aus, um eine konkrete vertragliche Vereinbarung zu schließen. Man spricht von einer sogenannten „Beschaffenheitsvereinbarung“. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen den Parteien – Auftraggeber und Auftragnehmer – eine echte vertragliche Vereinbarung geschlossen wird. Die oftmals in der Praxis anzutreffende Rechtfertigung, der Auftraggeber habe ja schließlich gewusst, was er bekomme, bzw. er sei sich über die Leistungen klar gewesen, erweist sich hier als stumpfes Schwert. Einzig und allein eine konkrete, möglichst schriftlich und damit auch nachweisbar getroffene Beschaffenheitsvereinbarung lässt eine solche Rechtsfolge zu.
Stattdessen verlässt sich der Auftragnehmer als ausführender Handwerksbetrieb oder als Fachplaner in der Praxis jedoch oftmals darauf, dass er ja seinen Auftraggeber beraten habe bzw. dass der Auftraggeber die nunmehr angeblich mangelhafte Vertragsleistung habe vorhersehen können. Auch scheut man sich auf Auftragnehmerseite davor, deutliche Fakten zu benennen und hinsichtlich etwaiger Einschränkungen auch noch eine neue vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber zu fordern. Dies mag aus der Befürchtung heraus resultieren, den „Auftrag in der Tasche“ nicht noch dadurch zu gefährden, indem man mit derartigem „Vertragsgehändel“ den Auftraggeber eventuell doch noch verprellt.
Leider geht diese Sichtweise in der Praxis oftmals da nicht auf, wo sich im Nachhinein die schon gemutmaßten Probleme hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Anlage oder anderer Kriterien tatsächlich herausstellen. Problematisch ist insofern, dass nicht nur Nacherfüllungsansprüche geltend gemacht werden können, sondern auch zusätzliche Schadensersatzansprüche. Diese resultieren z. B. daraus, dass bestimmte gewerbliche Räumlichkeiten nicht genutzt werden können und deshalb betriebswirtschaftliche Schäden entstehen. Wenn gesetzliche oder andere Vorgaben nicht eingehalten werden, dürfen dort die Arbeitnehmer nicht arbeiten. Solche finanziellen Schadensersatzansprüche können weitaus höher sein als nur die Beseitigung des Mangels.

Praxishinweis
Der Auftragnehmer muss wissen, dass er sich auf einem juristisch sehr dünnen Eis bewegt, wenn er entweder gesetzliche Leistungskriterien nicht einhält oder einschlägige technische Regelwerke bzw. die anerkannten Regeln der Technik ignoriert. Er muss wissen, dass eine solche Leistung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von ihm gefordert werden kann. Hier greift das Bürgerliche Gesetzbuch, dass nicht nur die Nacherfüllung regelt, sondern auch dem Auftraggeber einen Schadensersatzanspruch zubilligt.
Etwas anderes ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass Auftraggeber und Auftragnehmer eine konkrete vertragliche Vereinbarung im Sinne der oben dargestellten sogenannten „Beschaffenheitsvereinbarung“ schließen. Bloße Belehrungen oder Hinweise reichen hier nicht aus. Allerdings darf der Auftragnehmer keine den technischen Regeln widersprechende Vertragsleistung vereinbaren, wenn hierbei Personen gefährdet werden. In dem konkreten Fall ist das bereits sehr schnell anzunehmen gewesen. Denn bei der Nichteinhaltung von Raumtemperaturen nach ASR (Technische Regeln für Arbeitsstätten) ist von einer Gefährdung der betroffenen Arbeitnehmer auszugehen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Erbringung von vornherein nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen­den Leistungen lässt sich nicht einfach im Rahmen der Beratung mit dem Auftraggeber „unter den Tisch belehren“. Einzig durch eine konkrete, vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung, die nicht gegen anderes geltendes Recht verstößt, lassen sich Mängel- und Schadensersatzansprüche seitens des Auftraggebers vermeiden.

Autor: Dr. Till Fischer, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Henkel Rechtsanwälte, Mannheim

www.henkel-rae.de

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: