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Berufliche Weiterbildung: Gebäudeenergieberater/in (HWK)

Beim Gebäudeenergieberater/in handelt es sich um eine qualifizierte Fachkraft für die energietechnische Erstausstattung von Gebäuden und die wärmetechnische Sanierung von Altbauten. Wie der Weg zu diesem Beruf aussieht und wer dafür in Frage kommt, erläutert unser Autor H.G. Winter in seinem Beitrag.

 

Der rationelle Energieeinsatz gewinnt zunehmend an Bedeutung, zumal über 75 Prozent des Gebäudebestands in Deutschland den Ansprüchen eines modernen baulichen Wärmeschutzes nicht genügen. Maßnahmen, die Energie einsparen und wirtschaftlich verwenden, sind aus ökonomischen wie ökologischen Gründen dringend geboten, denn die Reduzierung des Ener-gieverbrauchs mindert den Ausstoß von Kohlendioxid. Etwa ein Drittel der CO2-Emission wird dem Energieverbrauch im Gebäudebereich beim Heizen der Wohnungen und bei der Warmwasserbereitung zugerechnet. Überdies belasten steigende Energiepreise und eine wachsende Importabhängigkeit die Wirtschaft immer mehr.

Der Gebäudeenergieberater (HWK) ist mit seiner gewerkeübergreifenden und gebäudeumfassenden Kompetenz nicht nur fachlich qualifiziert für die energietechnische Erstausstattung von Gebäuden, sondern auch für die wärmetechnische Sanierung privat oder gewerblich genutzter Altbauten. Angesprochen, diese anspruchsvolle Zusatzqualifikati-on zu erwerben, sind Fach- und Führungskräfte, die Energie einsparen durch Informieren und Beraten als Marktchance und Auftragspotenzial für das Handwerk erkannt haben. Vorrangige Zielgruppen sind Betriebsinhaber und leitende Angestellte der Bauhaupt- und Ausbaugewerbe, des Sanitär Heizung Klima (SHK)-Handwerks, der Elektrogewerbe oder eines anderen einschlägigen Handwerks.

Struktur der Fortbildungsmaßnahme

Die Lehrgänge zur Vorbereitung auf diese Fortbildungsprüfung vermitteln die grundlegenden fachspezifischen Kenntnisse, um Kunden in allen Fragen des baulichen Wärmeschutzes, der umweltverträglichen wie energiesparenden Anlagetechniken kompetent zu beraten und konkrete wirtschaftliche Modernisierungskonzepte erstellen zu können. Den bundeseinheitlichen Rahmenlehrplan erarbeiteten die Zentralverbände des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) und der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). Er sieht für die Qualifizierung 200 Unterrichtsstunden vor. Tatsächlich schwankt die Lehrgangsdauer bei den einzelnen Kammern zwischen 200 und 270 Unterrichtsstunden. Je nach Bildungsanbieter werden die Lehrgänge in Vollzeit- und/oder Teilzeitform durchgeführt, auch als Fernlehrgänge mit begleitenden Präsenzseminaren. Lehrgangs- und Prüfungsinhalte sind weitgehend identisch.

Neben dieser bundeseinheitlichen Fortbildungsmaßnahme projektierten einzelne Handwerkskammern und Fachverbände gewerkespezifische Lehrgänge zur Energieberatung im Handwerk. Sie können sich von der vorgestellten Konzeption unterscheiden.

Deutliche Steigerung der Teilnehmerzahlen

In der breiten Palette der Zusatzqualifikationen im Handwerk ist die Fortbildung zum Gebäu-deenergieberater (HWK) erst im letzten Jahrzehnt entwickelt worden. Folgt man den "Statistiken der beruflichen Fortbildungsprüfungen" des Deutschen Handwerkskammertages (DHKT), dann wurden Abschlussprüfungen erstmals 1997 in drei, 2000 in acht, 2006 in fünfzehn Bundesländern durchgeführt (in Klammern stehen die Teilnehmerzahlen des Prüfungsjahrgangs 2006. Die Daten für 2007 lagen bei Fertigstellung des Beitrags noch nicht vor.): Nordrhein-Westfalen (913), Baden-Württemberg (717), Niedersachsen (673), Rheinland-Pfalz (315), Hessen (292), Hamburg (241), Sachsen (206), Thüringen (198), Brandenburg (131), Berlin (116), Schleswig-Holstein (108), Sachsen-Anhalt (94), Mecklen-burg-Vorpommern (49), Saarland (36) und Bremen (28). Unter den 4.117 Kandidaten (nach 2.135 im Jahr zuvor) waren 247 Frauen (6,0 %). Die Prüfung bestanden 3.794 Bewerber. Das sind 92,2 %.

In den zehn Jahren von 1997 bis 2006 wurden demnach insgesamt 10.504 Prüfungen abge-nommen, davon in Nordrhein-Westfalen allein 1.958 (18,6 %), gefolgt von Niedersachsen mit 1.897 (18,1 %) und Baden-Württemberg mit 1.842 (17,5 %) Prüfungen. Für 2006 erscheint in den "Statistiken der beruflichen Fortbildungsprüfungen" gesondert die Fortbildungsmaßnah-me "Energieberater im Handwerk". Sie nennt für Bayern 852 und für Mecklenburg-Vorpommern 17 Prüflinge mit einer Erfolgsquote von 91,1 %.

Die folgenden Ausführungen orientieren sich an den "Besonderen Rechtsvorschriften" für diese bundesweit anerkannte Fortbildungsprüfung. Verbindlich ist die Fortbildungsprüfungsregelung der prüfenden Kammer. Darauf wird ausdrücklich hingewiesen. Eine "Übersicht aller im Handwerk erlassenen Fortbildungsprüfungsregelungen" ist im Internet unter www.zdh.de/Bildung/Weiterbildung/Fortbildungsprüfung/Übersicht ... zu finden (mittlere Spalte), dann in der Excel-Tabelle nach "Gebäudeenergieberater/in (HWK)" suchen. Die dort genannten Handwerkskammern sind potenzielle Anbieter dieser Bildungsmaßnahme.

Zulassungsvoraussetzungen

Zur Abschlussprüfung wird zugelassen, wer die Meisterprüfung in einem einschlägigen Handwerksberuf erfolgreich abgelegt hat, alternativ gleichwertige Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen durch entsprechende Zeugnisse nachweist. Das kann beispielsweise für Techniker, Ingenieure oder Architekten zutreffen. Infrage kommende Handwerke sind unter anderem Dachdecker, Elektrotechniker, Estrichleger, Fliesenleger, Installateure und Heizungsbauer, Kälteanlagenbauer, Maler und Lackierer, Maurer und Betonbauer, Metallbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer, Parkettleger, Schornsteinfeger, Stuckateure, Tischler, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer sowie Zimmerer. Die den genannten Handwerksberufen als Zulassungsvoraussetzung für diese Fortbildungsprüfung zugeordneten Bau-, Ausbau- oder anlagetechnischen Gewerbe variieren bei den Kammern.

Prüfungsziel

§ 1 der 2001 aktualisierten "Besonderen Rechtsvorschriften" formuliert das Prüfungsziel so: Durch die Prüfung "ist festzustellen, ob der Prüfungsteilnehmer die notwendige Qualifikation besitzt, um eine qualifizierte Gebäudeenergieberatung durchzuführen. Dabei soll der Prüfungsteilnehmer das Bauwerk - Baukonstruktion und technische Anlagen - unter bauphysikalischen, bautechnischen, baurechtlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten untersuchen, beurteilen und hierzu Konzepte entwickeln und darstellen, die die Energiebilanz eines Bauwerks nachhaltig verbessern. Es ist festzustellen, ob der Absolvent sachkundig ist, den Energiepass nach der geltenden Energieeinsparverordnung auszustellen"

Fachpraktischer Prüfungsteil

Die Prüfung gliedert sich in den fachpraktischen und den fachtheoretischen Teil. Beide Teile sind  innerhalb von drei Jahren abzulegen. Im Mittelpunkt des fachpraktischen Teils steht eine Modernisierungsplanung anhand eines Fallbeispiels, einer Projektarbeit. Die Planung beinhaltet:

  • Bestandsaufnahme und Dokumentation des Objekts.
  • Berechnungen zur bauphysikalischen und energetischen Beurteilung des Gebäudebe-stands.
  • Entwicklung, Berechnung und Darstellung eines Konzepts zur Verbesserung der Energiebilanz des Bauwerks unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen und Nachweise der geltenden Energieeinsparverordnung.
  • Kosten-/Nutzenrechnung der Modernisierungsmaßnahme.
  • Aufstellen eines Entsorgungskonzepts.
  • Baurechtliche Bewertung der Maßnahme.
  • Konzept und Planungsergebnis hat der Kandidat dem Prüfungsausschuss in einem Fachgespräch (Beratergespräch) vorzutragen, das Teil der fachpraktischen Prüfung ist.

Fachtheoretischer Prüfungsteil

Dieser Prüfungsteil umfasst die folgenden vier Fächer, unter anderem mit diesen Themen-schwerpunkten:

  • Bauwerk und Baukonstruktion: Baustoffkunde, Baukonstruktion, Umweltschutz/Baustoff-recycling.
  • Bauphysik: Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz.
  • Technische Anlagen: Energie- und Umwelttechnik, Anlagentechnik (Heizung, Lüftung).
  • Energieeinsparverordnung (EnEV): Anforderungen und Nachweise, Luftdichtheit, Wärmebrücken.
  • Die fachtheoretische Prüfung ist schriftlich durchzuführen. Sie kann durch eine mündliche Prüfung ergänzt werden, sofern sie für das Bestehen der (Gesamt-)Prüfung ausschlaggebend wird.

Bestehen der Prüfung und Berechtigungen

Die Prüfung vor dem zuständigen Ausschuss der Handwerkskammer ist bestanden, wenn im fachpraktischen und fachtheoretischen Teil mindestens ausreichende Leistungen erzielt wurden. Über die erfolgreich abgelegte Prüfung er-halten die Teilnehmer ein Zeugnis (Zertifikat) der Kammer, aus dem die Gesamtnote ersichtlich sein muss. Der erfolgreiche Abschluss berechtigt dazu, den bundesweit anerkannten Titel "Gebäudeenergieberater/in (HWK)" zu führen.

Anträge im Vor-Ort-Energiesparberatungsprogramm des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu stellen, ist dem Gebäudeenergieberater (HWK) ebenso möglich wie Energiepässe auszustellen oder als Sachverständiger in den wohnwirtschaftlichen Programmen der KfW Förderbank tätig zu werden.

Ergänzende Informationen

Rund um das Thema "Energieeinsparen" einschließlich des Energieausweises und der neuen EnEV sind im Internet unter www.dena-energieausweis.de, www.bmvbs.de, www.bmwi.de und www.zdh.de weitere Informationen zu finden.

Vereinzelt bieten Handwerkskammern den Absolventen die-ser Bildungsmaßnahme weiterführende Seminare an, um deren Wissen über neue Normen, innovative Energietechnologien, Verfahren zum Ausstellen von Energiepässen und anderes zu aktualisieren und gegebenenfalls zu ergänzen.

Weiterführende Literatur

Winter, H.: Berufsperspektiven im Handwerk - Zusatzqualifikationen, Aufstiegsfortbildungen, Förderprogramme, 6. Auflage, 25, 80 Euro, F. H. Kleffmann Verlag, Bochum 2007.

 


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