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Beigestellte Materialien – Risikofelder für Auftragnehmer

Die „Geiz ist geil“-Mentalität hat längst auch die Haustechnik erfasst und bereitet SHK-Unternehmern bei der Abwicklung von Bauverträgen zusätzliche Schwierigkeiten. Es ist für viele Auftraggeber in Mode gekommen, sich Angebote unterbreiten zu lassen und anschließend via Internet oder Baumarkt eine Preisüberprüfung vorzunehmen. Ergebnis ist dann leider allzu häufig eine Materialbeschaffung außerhalb der werkvertraglichen Beziehung und die Reduzierung des Auftrages auf die Einbauleistung der dann beigestellten Materialien. Eine sachliche Auseinandersetzung zu diesem Problemfeld beinhaltet für den SHK-Unternehmer neben einem ausgeprägten Risikobewusstsein auch die Kenntnis der rechtlichen Konfliktpotenziale, die mit dem Einbau beigestellter Materialien verbunden sind.

Neben der Beratung gehört die Lieferung und Montage von Materialien zu den originären Aufgaben des Handwerks.

Vorprogrammierter Konflikt: Liefert der Auftraggeber zum Einbau bestimmte Materialien, so trifft ihn die Hauptpflicht, taugliche Materialien zu liefern. Nichts desto trotz bleibt der Auftragnehmer weiter in der Pflicht, ein mangelfreies Werk zu errichten.

 

Was für andere Situationen im Baurecht auch gilt, ist auch hier der Grundsatz: Der sicherste Weg zum Haftungsausschluss ist die Ablehnung risikobeladener Aufträge. Wie in der Praxis allerdings ebenso oft festgestellt werden kann: Das rechtliche Gewissen wird durch betriebswirtschaftliche Zwänge oder andere Begehrlichkeiten in den Hintergrund gedrängt. Deshalb macht es Sinn, die rechtlichen Risiken zu beleuchten und Anregungen zu vermitteln, wie man mit dem Thema der Materialbeistellung durch den Kunden – wenn man es denn schon nicht vermeiden kann, so doch wenigstens haftungsminimierend – umgehen kann.

Vertragsdifferenzierung

Zunächst sind zum Thema „Einbau von beigestellten Materialien“ zwei vertragstypologische Grundlinien auseinanderzuhalten: das Kaufrecht und das Werkvertragsrecht. Der Kunde bezieht das Material – aus welchen Quellen auch immer – im Rahmen eines Kaufvertrages. Auf dieses Geschäft hat der SHK-Unternehmer, der anschließend eine Einbauleis­tung im Zuge eines Werkvertrages vornehmen soll, keinen Einfluss. Dennoch kann es von Vorteil sein, wenn sich der SHK-Unternehmer zu den Grundsätzen des Kaufrechts auskennt. So könnte der frühzeitig erteilte Hinweis an den Kunden zu den Gewährleistungsfristen aus einem Kauf von Baumaterialien später streitvermeidend wirken. Dem Kunden, als Käufer von neuen Materialien, die später im Rahmen eines großen Werkvertrages verbaut werden (z.B. Errichtung einer Heizungsanlage oder eines kompletten Bades), steht gegenüber dem Verkäufer des Materials eine 5-jährige Gewährleistungsfrist für etwaige Gewährleistungsmängel zur Seite. Das legt der §438, Abs. 1 Nr. 2b BGB fest. Ist der Kunde auch noch Verbraucher, hat der Verkäufer von Materialien ein weiteres Problem: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. So steht es in §476 BGB zur Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf. Darüber hinaus ist dem Verkäufer von Materialien in Verbrauchergeschäften verwehrt, dass er vom gesetzlichen Leitbild abweichende Gewährleistungsfestlegungen in den AGB vornimmt. Schließlich hat der EuGH im Sommer 2011 die Verbraucherrechte gestärkt, indem im Falle von mangelhaften Materiallieferungen, der Verbraucher vom Verkäufer auch die notwendigen Aus- und Einbaukosten ersetzt bekam. Diese Grundkenntnisse kann der SHK-Unternehmer nutzen, um einerseits den Kunden über seine Rechte gegenüber den Materialverkäufern aufzuklären und sich andererseits vor einer eigenen Inanspruchnahme zu schützen, wenn es um Materialmängel gehen sollte. Im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrages zum Einbau beigestellter Materialien könnte der SHK-Unternehmer den Kunden demnach wie folgt aufklären: „Wir weisen Sie darauf hin, dass wir für die von Ihnen beigestellten Materialien aus unserem Vertragsverhältnis nicht haften, sondern Ihnen als Verbraucher gegenüber dem Verkäufer der Materialien im Falle deren Mangelhaftigkeit, Rechte aus dem Verbrauchsgüterkauf gemäß §§ 474 ff BGB zustehen…“ (ein entsprechendes Formular ist auf der Onlineplattform des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima – ZVSHK – www.shk-musterschreiben.de verfügbar).
Das beigestellte Material baut der SHK-Unternehmer dann im Wege eines Werkvertrages ein, der zumeist in Form eines Stundenlohnvertrages abgeschlossen wird. Als Werkunternehmer erfüllt er entweder – wenn es um Reparaturen oder z.B. das Auswechseln einzelner Armaturen oder Bauteile geht – einen sogenannten „kleinen“ Werkvertrag oder – wenn es um Neuerrichtungen geht – einen „großen“ Werkvertrag. Aus den unterschiedlichen Werkvertragsarten ergeben sich bekanntermaßen unterschiedlich lange Gewährleistungsfristen (2 Jahre oder 5 Jahre). In der Werkvertragsbeziehung schuldet der SHK-Unternehmer seinem Auftraggeber ein mangelfreies Werk. Das schließt im Fall beigestellter Materialien grundsätzlich auch deren Mangelfreiheit ein. Der SHK-Unternehmer trägt demnach ein Haftungsrisiko für Sachen, die er nicht besorgt hat, deren Herkunft er demzufolge nicht einschätzen kann und für die etwaige Gewährleistungsrisiken nicht in die Preisbildung eingeflossen sind. In Kenntnis dieser zusätzlichen Haftungsrisiken ist der SHK-Unternehmer gut beraten, wenn er dies durch ein Anheben seines Stundenlohnes zu kompensieren versucht und in Form einer Bedenkenanmeldung (siehe 4. Schritt – Prüf- und Hinweispflicht wahrnehmen) seine Haftung begrenzt.

Ermittlung der Vertragskonstellation

Denkbar sind im Wesentlichen zwei Konstellationen, in denen SHK-Unternehmer mit dem Einbau beigestellter Materialien konfrontiert werden können: Im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages kommt der Kunde auf die Idee, Materialien beistellen zu wollen, oder es wird erst ein Vertrag zum Einbau beigestellter Materialien angeregt. Bei der ers­ten Variante handelt es sich um eine Störung eines abgeschlossenen Vertrages, in dem ein Teil der bereits vereinbarten Leis­tung gekündigt wird und ein neues Vertrags­element, nämlich der Einbau beigestellter Materialien, dazu kommt.
Beides hat, rechtlich gesehen, negative Folgen für den Auftraggeber. Denn der SHK-Unternehmer behält bezogen auf die gekündigte Teilleistung den gesamten ursprünglichen Vergütungsanspruch. Er muss sich nur das anrechnen lassen, was er nun infolge der Teilkündigung erspart. Der Gewinn z.B. bleibt dem Unternehmer hinsichtlich des gekündig­ten Leistungsteils erhalten. Zudem hat er die Möglichkeit (wenn sie denn aktiv genutzt wird…), für die Einbauleistung der beigestellten Materialien nun einen anderen (höheren) Preis durchzusetzen. Im Ergebnis sind das Argumente, die die Materialbeistellung während eines Vertrages für den Kunden im Effekt nicht billiger, sondern teurer machen würde. Wenn das allerdings nicht vermittelt wird, wandert die Schwarzer-Peter-Karte auf die Seite des SHK-Unternehmers, und zwar betriebswirtschaftlich und haftungsrechtlich.
Bei der anderen Variante, wenn ein konkreter Vertrag zum Einbau beigestellter Materialien abgeschlossen wird, weiß der SHK-Unternehmer von Anbeginn, worauf er sich einlässt. Hier sollte er seine Gestaltungs- und Verhandlungsmöglichkeiten ausschöpfen. In dieser Situation besteht die beste Chance, den Kunden vom Ansinnen der Materialbeistellung mit sachlich nachvollziehbaren Argumenten abzubringen. Gelingt das nicht, wird der Unternehmer entweder einen reinen Stundenlohnvertrag vereinbaren oder diesen mit einem Angebot von weiteren fehlenden Materialien oder Kleinteilen kombinieren. In jedem Fall sollte der SHK-Unternehmer der präzisen Beschreibung der von ihm geschuldeten Leis­tung große Aufmerksamkeit widmen.

Vertragsinhalt festlegen

Liefert der Auftraggeber zum Einbau bestimmte Materialien, trifft ihn die Hauptpflicht, taugliche Materialien zu liefern (§642 BGB). Der Auftragnehmer bleibt auch bei beigestellten Materialien in der Hauptpflicht, dass letztlich das von ihm errichtete Werk mangelfrei ist (§631 BGB). Gerade weil sich hier ein Konfliktfeld auftut, wirkt eine klare Absprache zu den beabsichtigten vertraglichen Inhalten streitvermeidend. Ausgehend von den Hauptpflichten ist es ein Gebot der Vertragsklarheit und Haftungsbegrenzung, Leistungsumfang und ggf. Schnittstellen zu bestimmen, und zwar schriftlich. Das beginnt mit dem präzisen Hinweis, dass bezogen auf die beigestellten Materialien nur der Einbau geschuldet ist. Zur Abgrenzung der Verantwortung ist das vom Kunden beigestellte Material nach Position, Art, Menge, usw. genau zu bezeichnen. Vorausschauend handelt der Unternehmer, wenn er mit dem Kunden Absprachen zur Prüfung der Materialien schriftlich festhält und über Transport- oder Baustellenrisiken spricht. Natürlich hat er mit den beigestellten Materialien sorgsam umzugehen und ggf. schuldhaft verursachte Schäden zu begleichen. Konflikte entstehen aber, weil dies gerade im Fall von beigestellten Materialien oft nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. War die Ecke des Waschbeckens bereits abgebrochen, als der Unternehmer die Verpackung öffnete, oder ist es ihm bei der Montage passiert? Der Kunde ist in diesem Moment in der Regel nicht vor Ort. Dieses Vertragsproblem ist eng mit dem Einbau beigestellter Materialien verbunden und kann praktisch nicht gelöst werden. Weder ein genereller Haftungsausschluss für den Auftragnehmer, noch die Übernahme der Verantwortung für etwaige Transsportschäden durch den Auftragnehmer wären hier sachgerecht. Was hier wie vereinbart werden kann, wird ein „Ritt durch den Nebel“ bleiben. Als vertraglich vereinbart gilt nur das, worüber Willensübereinkunft zwischen den Parteien erzielt wurde. Beschränkt sich der Unternehmer auf mündliche Hinweise bzw. Vereinbarungen, muss er wissen, wie das später gegebenenfalls bewiesen werden kann. Ergeben sich aus dem Verlangen des Auftraggebers zur Verwendung beigestellter Materialien Gefahren für Leib und Leben, sollte der Unternehmer dazu keinen Vertrag abschließen, bzw. einen bestehenden Vertrag kündigen. In diesem Fall würde auch eine deutliche Bedenkenanmeldung nicht vor einer Haftung schützen.

Prüf- und Hinweispflicht wahrnehmen

Hinsichtlich der beigestellten Materialien trifft den Auftragnehmer eine Prüf- und Hinweispflicht. Diese Pflicht hat er immer, unabhängig davon, ob Material im Verlaufe eines Vertrages beigestellt oder ein Vertrag dazu erst abgeschlossen wird. Die Rechtsprechung verlangt vom Unternehmer, dass er den unerfahrenen Auftraggeber über eine für dessen Bedürfnisse zweckmäßige Gestaltung der Werkleistung aufzuklären und ihn bei Reparaturen über die optimalen Realisierungsmöglichkeiten zu informieren hat. Er muss den Auftraggeber darauf hinweisen, wenn zu befürchten ist, dass die Materialien nicht geeignet sind. Das sollte er tun, sobald er von den beizustellenden Materialien Kenntnis nehmen kann, also entweder bereits bei den Vertragsverhandlungen oder spätestens bei Übergabe der Materialien. Die Rechtsprechung zu den Aufklärungs- und Hinweispflichten ist umfangreich. Die Tendenz aus diesen Entscheidungen lässt erkennen, dass die Ansprüche an die Erfüllung dieser Pflicht immer höher gesetzt werden. Es gilt der Grundsatz: Je mehr desto besser; oder: Wer schreibt, der bleibt. Im Mai letzten Jahres hat sich das OLG Koblenz (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.05.2011 - 5 U 141/11) zur differenzierten Hinweispflicht des Auftragnehmers geäußert: Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung sind hinreichend konkret zu fassen. Was dabei im Einzelfall erforderlich ist, hängt auch davon ab, ob der Auftraggeber selbst sachkundig ist. Ist er nicht sachkundig, muss der Unternehmer intensiver aufklären.
Der Unternehmer muss auch ein eigenes vitales Interesse an der ordnungsgemäßen Wahrnahme der Prüfpflicht haben, denn schließlich hängt die Erfüllung seines Werkvertrages daran. Allein wegen Verletzung der Prüfpflicht können auf den Unternehmer Schadenersatzansprüche zukommen, wenn aus dieser Verletzung Mängel entstehen. Die Anmeldung von Bedenken des SHK-Unternehmers bei beigestellten Materialien ist Voraussetzung für eine Haftungsbefreiung. Mit den Bedenken wird dem Auftraggeber unmissverständlich mitgeteilt, dass sich mit den beigestellten Materialien möglicherweise der beabsichtigte Erfolg nicht einstellt. Dazu genügt bereits die begründete Vermutung. Eine solche Mitteilung muss inhaltlich eindeutig, zutreffend, umfassend, klar und verständlich sein. Reagiert der Auftraggeber darauf nicht oder ablehnend, sollte der SHK-Unternehmer nochmals seine Bedenken anmelden. Die erforderlichen Schreiben dazu sind auf der Internetplattform des ZVSHK „Musterschreiben für den Baurechtsverkehr“ unter www.shk-musterschreiben.de mit entsprechenden Verwendungshinweisen verfügbar. Vor einer Prüfpflicht kann sich der SHK-Unternehmer allenfalls durch eine individuelle ausdrückliche vertragliche Verabredung befreien.
Tipp: Eine weitergehende Behandlung des Themas finden organisierte Betriebe im ZVSHK-Merkblatt „Verarbeitung und Einbau der von Auftraggebern beigestellten Materialien sowie die Haftungssituation des SHK-Mitgliedsunternehmens“.

Autor: RA Dr. Hans-Michael Dimanski, Geschäftsführer der SHK-Landesverbände Sachsen-Anhalt und Thüringen.

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