Bavaria Towers in München
Vernetzte Gebäudeautomation, Wettervorhersageregelung und Geothermie reduzieren Energiekosten. Green Building Monitor soll Mieter zum bewussteren Umgang mit Ressourcen anregen
Im Münchener Osten entsteht auf 23 000 m² Gesamtfläche das Hochhausensemble Bavaria Towers. Bei der Premium-Immobilie am Eingang zum Stadtteil Bogenhausen legten die Verantwortlichen schon in der Planung Wert auf Nutzerkomfort, Qualität und Energieeffizienz. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei Gebäudeautomation und Facility Management. Zum Einsatz kommen unter anderem eine Wettervorhersage-basierte Klimaregelung und eine umfangreiche Verbrauchsdatenerfassung mit Energiemanagement.
Bereits in der Planungsphase wurde für den Turm B, den sogenannten Blue Tower, eine Zertifizierung in LEED Gold angestrebt. Um das Ziel zu erreichen, sahen die mit der Planung betrauten Energieexperten von Sauter Deutschland u. a. eine integrale Gebäudeautomation vor. Im Blue Tower wird für die Beleuchtung pro Raum ein Helligkeits- und Präsenzsensor eingesetzt, über den das Licht ein- und ausgeschaltet sowie auf die richtige Helligkeitsstufe geregelt wird. Da die Systeme miteinander verbunden sind, können auch Heizung und Kühlung sowie Beschattung den Melder mitnutzen, was eine systemübergreifende automatische Präsenzerfassung ermöglicht.
Energiekostenreduktion um 20 %
In der Praxis bedeutet das: Sobald der Nutzer den Raum verlässt, wird das Licht erst gedimmt und – etwa bei einer längeren Abwesenheit ab 30 min – ausgeschaltet. Auch Heizung und Kühlung reagieren sofort; sie gehen vom Präsenzbetrieb (beispielsweise 22 °C) erst in den sogenannten Pre-Komfort-Betrieb, aus dem schnell wieder die Temperatur des Präsenzbetriebs erreicht werden kann (im Winter zum Beispiel 18 °C), und anschließend in den Absenkbetrieb. Auf diese Weise können die Energiekosten deutlich reduziert werden, wozu auch die Verschattung beiträgt: Verlässt der Nutzer beispielsweise an einem sonnigen Wintertag den Raum, wird der Blendschutz hochgefahren, um das wärmende Sonnenlicht in den Raum zu lassen und so Heizenergie zu sparen. Im sommerlichen Kühlbetrieb dagegen bleiben die Jalousien geschlossen. Insgesamt verbessert sich die Energieeffizienz des Blue Towers durch den bedarfsabhängigen und integralen Anlagenbetrieb entsprechend der EN15232:2012-09 von Kategorie C auf B. Die Kostenreduktion, die sich dadurch ergibt, lässt sich auf etwa 20 % gegenüber einem Regelungssystem ohne diese Kombinations- und Abstimmungsmöglichkeiten schätzen.
Für die Mieter sind Präsenz- und Thermoautomatik zudem besonders komfortabel: Statt mehrerer verschiedener Schaltergarnituren ist im Raum nur ein Bediengerät vorhanden, an das der eingesetzte Multisensor angebunden ist. Der Nutzer muss über die intuitive Touch-Oberfläche des Geräts nur einmalig seinen Wunsch-Sollwert für Temperatur und Helligkeit einstellen. Bei jedem Betreten des Raums wird diese Wunschkonstellation – ausgelöst vom Präsenzmelder – sofort vom System abgerufen.
Nachhaltigkeit durch Geothermie und Wettervorhersageregelung
Die Klimatisierung im Blue Tower erfolgt über zwei Hauptkomponenten. Neben den Umluftheiz- und Umluftkühlkonvektoren (ULK) für die individuelle und schnelle Anpassung der Raumtemperatur ist auch eine Bauteilaktivierung (BTA) vorhanden. Dieses relativ träge System wird für die Grundtemperierung des Gebäudes eingesetzt. Für die Beheizung der BTA wird eine Grundwasserwärmepumpe mit 110 kWh genutzt. Zusätzlich ist ein Fernwärmeanschluss mit 650 kW vorhanden, über den die flinken Heizsysteme sowie Spitzenlasten abgedeckt werden.
Während der Sommerzeit wird das Grundwasser über einen Wärmeübertrager direkt für die Kühlung der Bauteilaktivierung eingesetzt. Reicht die Leistung des Brunnens nicht aus, kommt die eine Kompressionskältemaschine zum Einsatz.
Um die schnellen Heiz- und Kühlsysteme möglichst wenig nutzen zu müssen, wird die Bauteilaktivierung auf Basis der Wettervorhersage geregelt. Da sich Temperaturänderungen bei der BTA erst acht bis zehn Stunden später auf den Raum auswirken, wird die geeignete Betontemperatur auf Grundlage der Vorhersagedaten bereits am Vorabend für den Folgetag berechnet und über Nacht konditioniert.
Moving-Wall-Funktion in SVC erleichtert Umnutzung
Auch das Gebäudemanagementsystem trägt zur Nachhaltigkeit des Hochhausturms bei, da es seine flexible Nutzung begünstigt. Das eingesetzte „Sauter Vision Center“ umfasst eine sogenannte Moving-Wall-Funktion, die es ermöglicht, den Aufwand für Umbauten in der Bürofläche des Blue Towers gering zu halten. Wird die räumliche Aufteilung aufgrund von Nutzungsänderungen verändert, muss für die Klimatisierung lediglich das Raumbediengerät neu angebracht werden. Darüber hinaus ist eine Anpassung in der Software notwendig. Die Raumsegmente werden dabei zu neuen Räumen gruppiert, sodass beispielsweise aus zwei Einzelbüros ein Zweierbüro gemacht werden kann, indem im Grundriss eine Wand gelöscht wird. Damit wird die Technik in den Räumlichkeiten automatisch verbunden und sichergestellt, dass alle vorhandenen Jalousien synchron laufen. Die Anpassung ist im laufenden Betrieb möglich, Klimatisierung, Beschattung und Licht sind somit direkt wieder einsatzbereit.
Um die Gebäudeperformance nachweisbar zu machen und zukünftig weitere Optimierungen zu ermöglichen, führt die Sauter FM GmbH als verantwortlicher Gebäudemanager über das EMS zudem eine umfangreiche Verbrauchserfassung mit Zählern im Primär- und Sekundärnetz der Energieversorgung durch. Dieses System wird auch für die LEED-Zertifizierung zum Nachweis des Energieverbrauchs verwendet und sorgt dafür, dass sämtliche Zähler fortlaufend ausgelesen und ausgewertet werden. Ebenso gibt es Reports und Alarme aus, über die der Betreiber auf dem Laufenden gehalten wird.
Nachhaltiges Nutzerverhalten fördern
Auch die Mieter können sich zukünftig über einen Green-Building-Monitor im Eingangsbereich des Blue Towers über den Anlagenbetrieb, den aktuellen Energieverbrauch und den CO2-Footprint des Gebäudes informieren. Die technischen Anlagen und deren Betrieb, beispielsweise Wärme- und Kälteversorgung, werden in der Regel im Alltag nicht wahrgenommen. Auf dem Green-Building-Monitor sind diese Informationen aus dem EMS jedoch in Echtzeit visuell erfahrbar. Zu sehen ist dort beispielsweise, wie viel Strom gerade verbraucht oder wie viel Grundwasser zur Heizung oder Kühlung des Gebäudes gefördert wird. Dies verdeutlicht, wie viel Verbrauch auch aufgrund des eigenen Nutzerverhaltens produziert wird.
Bilder: Sauter
www.sauter-cumulus.de