Werbung

Baustellen der Elektromobilität

Die weitere Entwicklung des Markts wird von Standardisierungen bestimmt sein

Ei oder Henne? Hapert es bei der Entwicklung des Markts der E-Mobilität an mangelnder Infrastruktur – sprich Ladesäulen – oder an der Verfügbarkeit günstiger E-Autos? Weder noch. Das Problem ist die Standardisierung. Bild: Mennekes

Es muss gewährleistet sein, dass der ­Tankstrom aus Quellen der ­Erneuerbaren Energien stammt, sonst führt sich die Elektromobilität selbst ad absurdum. Bild: Solar Promotion

Schon in der Gegenwart und noch mehr in Zukunft werden sämtliche Sektoren verknüpft sein – das E-Auto spielt dann eine Stabilisierungs-Rolle im großen Puzzle der Energieversorgung. Bild: VDE

Das eigentliche Problem der Elektromobilität sind die unterschiedlichen Bezahl- und Abrechnungssysteme. Bild: VDE

Bild: Sonepar

 

In Deutschland sind derzeit weniger als 1 % der Neuwagenzulassungen Elektrofahrzeuge. Faktoren wie infrastrukturelle Probleme bei der Ladesäulenverfügbarkeit und nicht-standardisierte Abrechnungsmodi schüren Unsicherheiten und verhindern einen bedeutenden E-Auto-Anteil. Ein Modell zeigt, wie sich die Problembereiche umgehen lassen und mit grüner Energie zumindest lokal klimaneutral gefahren wird.

Im Gegensatz zu Deutschland ist die Mobilitätswende in anderen Ländern deutlich weiter. In Norwegen sind 28,8 % (2016) aller Neuzulassungen E-Autos. Das skandinavische Land mit 5,3 Mio. Einwohnern gilt als Leitmarkt der Elektromobilität. Das Erfolgsrezept der Norweger ist die starke staatliche Förderung. Durch sie entfallen die Umsatzsteuer (25 %), Zulassungsgebühren und Importabgaben. Darüber hinaus müssen E-Autofahrer bislang keine Mautgebühren zahlen.

Woran hakt es in Deutschland?
Dass hierzulande die E-Mobilität nur langsam Fahrt aufnimmt, zeigt sich auch in der geringen Inanspruchnahme der Bundesfördermittel: Insgesamt 75 339 Anträge auf die Kaufprämie für Elektro- und Hybridfahrzeuge hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) inzwischen bewilligt. Gefördert werden könnten 300 000. Neben hohen Anschaffungskosten und dem überschaubaren Modellangebot sind aber vor allem zwei Kernfaktoren für den bisher nicht erfolgten Durchbruch verantwortlich: die geringe Verfügbarkeit von Ladepunkten, vor allem in ländlichen Regionen, und nicht standardisierte Abrechnungssys­teme.

Was es zu tun gilt
Damit der E-Auto-Marktanteil von 1,6 % wächst, muss die Ladeinfrastruktur durch größere Flächendeckung verbessert werden. Im zweiten Quartal 2018 gab es in Deutschland laut Chargemap rund 9400 Ladestationen. Auf technischer Seite sollten 3,7-kW-Anschlüsse wegen der gestiegenen Kapazitäten der E-Autos nicht mehr verwendet werden. Stattdessen sollten Anschlüsse mit 11 kW neuer Standard werden, denn damit ist ein gängiges 80-kWh-Auto in annehmbarer Zeit geladen. Während die Verfügbarkeit der Ladepunkte eine Frage der Zeit ist, sind die unterschiedlichen Abrechnungsmodi ein komplexeres Problemfeld.

Die Welt der Anbieter
Es gibt über 30 Anbieter und Abrechnungsmodi, was für den Nutzer unübersichtlich und unpraktisch ist. Modelle reichen von Pre-Paid-Karten, vertraglich fixierten, an den Verbrauch gekoppelten Monatstarifen bis hin zu Flatrates. Auch Zahlungen per App oder über kostenpflichtige SMS, die über die Mobilfunkrechnung abgerechnet werden, sind möglich.
Es gibt momentan zu viele Standards, obwohl die Ladesäulenverordnung II das punktuelle Laden vorschreibt. Dies bedeutet, dass ich an jeder Ladesäule, egal ob Vertrag oder nicht, sicherstellen muss, dass ein Kunde sein E-Fahrzeug laden kann. Aber da sind wir noch nicht.
Rein technisch sind Inkompatibilitäten ausgeräumt. In der Ladesäulenverordnung I sind die technischen Anforderungen an Ladesäulen klar definiert. Der Typ2-Stecker für das Laden mit Wechselspannung hat sich in der EU als Standard durchgesetzt. Ein neuer CCS-Kombistecker ermöglicht neben dem Laden über Wechselspannung auch das Aufladen über Gleichspannung. CCS (Combined Charging System) wird sich auf lange Sicht sicherlich durchsetzen. Bei der Abrechnungspraxis steht ein solcher Standard noch aus. E-Roaming-Plattformen wie HUBJECT, ein gemeinsames europaweites Projekt u. a. von BMW, Bosch, Daimler, EnBW, Innogy und Siemens, zeigen Bestrebungen, Ladestationen verschiedener Anbieter zu vernetzen.

Ansatz E-Roaming
E-Roaming ermöglicht den Nutzern von E-Fahrzeugen den Zugang zu den Ladestationen verschiedener Anbieter. Über diesen Datenaustausch erfolgt die Verrechnung der Ladekosten zwischen Endkunde, Mobilitätsanbieter und Ladestationsbetreiber. Nutzt der Kunde eine Ladekarte oder App eines an ein solches E-Roaming-Netzwerk zugehörigen Anbieters, kann er mittlerweile deutschland- und auch europaweit auf ein großes Netzwerk an Ladestationen zugreifen. Doch derzeit bieten immer noch viele Stadtwerke den Strom kostenlos bzw. über eigene Vertragsmodelle an, um die Problematik der Bezahlmodelle zu umgehen. Das wird sich künftig mit zunehmender Standardisierung der Abrechnungsmodi ändern.

Smartes Konzept mit Ladesäule und Back-End
Sonepar setzt auf ein System aus effizientem Energiemanagement und damit verbundener Elektromobilität. Über den Weg der lokalen Energieerzeugung mit einer Photovoltaik-(PV)-Anlage wird reiner Ökostrom gewonnen. Als Teil eines Gesamtsystems, bestehend aus PV-Anlage, Speicher und Ladepunkt, sowie einem in das Gebäude integriertes Lademanagement entstehen somit ganz neue Modelle zur Nutzung der Gebäudeinfrastruktur.
Ein übergeordnetes Gebäudemanagement regelt, dass nicht nur das E-Auto an der Ladesäule auflädt, sondern auch alle anderen Verbraucher, wie beispielsweise die Büroinfrastruktur eines Gewerbes oder die elektrischen Geräte eines Haushalts bedarfsgerecht versorgt werden.
Die Lademanagementlösungen unterschiedlichen Umfangs stehen für Privatpersonen und für das produzierende sowie nichtproduzierende Gewerbe zur Verfügung. Demnach können auch Arbeitgeber Ladepunkte zur Verfügung stellen, die öffentlich allen zur Verfügung stehen oder als private Ladestationen die privaten Pkws der Mitarbeiter oder aber die Fahrzeuge der eigenen Betriebsflotte aufladen.

Perspektive und Ausblick
Perspektivisch werden elektrische Großspeicher im gewerblichen Umfeld aber auch in Quartierskonzepten eine wichtige Rolle in Bezug auf die Pufferung von Leis­tungsspitzen haben. Sonepars über die beschriebene Roamingtechnologie organisiertes Back-End rechnet den Ladevorgang ab. Bezahlt werden kann über eine RFID-Kundenkarte oder direkt über eine Web-App. Eine Abrechnung erfolgt dann über ein hinterlegtes Bezahlmedium und kann je nach Wunsch des Ladestromanbieters nach Ladezeit, Strommenge oder über einen Pauschalbetrag angeboten werden. Mit der Lösung Eigenstromgewinnung wird die klimaneutrale Mobilität faktisch umsetzbar. Es fehlt allerdings an Transparenz und Klarheit, wie eine eichrechtskonforme Abrechnung zu erfolgen hat. Hier müssen seitens der Politik endlich Fakten geschaffen werden, damit für Investoren eine entsprechende Sicherheit gegeben ist.

Autor: Christian Teipel ist Prokurist/Leiter Erneuerbare Energien und Elektromobilität bei der Sonepar Deutschland Technical Solutions GmbH


Sektorkopplung hilft der Elektromobilität
Zu Testzwecken hat Sonepar in Osnabrück und Augsburg durch Ökostrom versorgte Ladesäulen mit Back-End-Anbindung errichtet. Zukünftig sollen diese auch öffentlich verfügbar werden. Abgerechnet wird der Ladevorgang per QR-Code. Elektromobilität wird als Baustein der Mobilitätswende gesehen, der funktionieren kann, wenn weiterhin die Sektorkopplung von Elektrizität, Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie vorangetrieben wird und darauf basierende Lösungen für Fahrstrom aus Erneuerbaren Energien die E-Autos von morgen bewegen.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: