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Auslegungsfragen auf dem Prüfstand - BHKW-Abwärmenutzung mit ORC-Anlagen

Bei der Energieerzeugung aus Biomasse haben sich in den letzten Jahren BHKW-Anlagen bewährt. Als eine neue Möglichkeit gelten Organic-Rankine Verfahren, die erstmals auch im novellierten EEG 2012 in die Positivliste aufgenommen wurden. Gerade bei der Nutzung von BHKW-Anlagen sind aber mehr als acht Anwendungsverordnungen zu beachten.

Rechts- und KWK-Experte Prof. Dr. Martin Maslaton.

Integration einer BHKW-Anlage.

 

Schon nach dem EEG 2009 wurde die Nutzung von ORC-Technologien mit dem sogenannten Technologiebonus von 2,0 ct/kWh gefördert. Nach dem novellierten EEG 2012 gelten jetzt zwar andere Fördersätze und Rechtauslegungen, doch eignen sich bei genauer Betrachtung im besten Fall nur Einzelfallprüfungen für eine rechtssichere Investition.
Unklare Begriffsdefinitionen bei der KWK sorgen weiterhin für Verunsicherung bei Anlagenbetreiber und -hersteller. Aktuelle Trends und Lösungsansätze bei der  Umsetzung in die Praxis beleuchtet der Rechts- und KWK-Experte Prof. Dr. Martin Maslaton von der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Leipzig, in einem Gespräch.
IKZ-ENERGY: Herr Maslaton, anders als im Sport, wo einheitliche Regeln gelten, scheinen sich bei Gericht schon bei der Anlagendefinition verschiedene Sichtweisen und Begriffsauslegungen des EEG 2012 durchzusetzen. Da der Anlagenbegriff und das Inbetriebnahmedatum bei der Vergütungsdauer von 20 Jahren nach dem EEG als Basis des Anerkennungsanspruchs gilt, sind Investoren besonders verunsichert. Wie rechtssicher können Investoren ihre Anlagen heute planen?
Maslaton: Eine komplette Rechtssicherheit zum Anlagenbegriff wird es wohl erst in einem zu erwartenden Urteil des BGH geben. Allgemein sollte jede seriöse Investitionsplanung auf die möglichen Rohstoffpreisentwicklungen (Brennstoff), bezogen auf die Vergütungs-Laufzeit und dabei vorsichtshalber mit geringerer Vergütung  nach EEG oder KWK kalkuliert werden.
Schon am Anlagenbegriff scheiden sich die Geister. Als aktuelles Beispiel sei hier vertretend ein Urteil des OLG Brandenburg genannt. Hier wird der Anlagenbegriff komplett ausgehebelt und auf die  „Medienerzeugungsanlage“, sprich Biomasseumwandlungsanlage, abgestellt. Demnach würden Umwandlungsanlagen wie bsw. Generatoren, BHKWs und auch ORC-Anlagen aus dem Anlagenbegriff komplett raus fallen.
Dieses Urteil entspricht nicht unserer Rechtsauffassung, vielmehr folgen wir der Auslegung durch die Clearingstelle EEG, die durch Urteile des LG Duisburg und Regensburg bestätigt wurde. Demnach gilt eine „Einrichtung“ bereits dann als eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009, wenn sie über Komponenten verfügt, die zur Erzeugung von Strom zwingend erforderlich sind. Generatoren werden demnach nicht nach § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu einer Anlage „verklammert“, auch wenn sie gemeinsame Einrichtungen (z.B. Fermenter) nutzen. Diese Definition ist auch auf eine ORC-Anlage anwendbar, wobei die Anlage als „Eigene Anlage“ gilt und der Mehrertrag an Strom oder Wärme mit den Erträgen aus dem vorgeschalteten BHKW addiert werden.
Ein Beispiel: Eine BHKW-Anlage erzeugt 500kWel plus ein Drittel Mehrertrag durch eine ORC-Anlage = ORC Bonus aus der Grundvergütung auf den Mehrertrag (erzeugte Energie elektrisch oder thermisch).
IKZ-ENERGY: Wie ist die Auslegung bei der Nachrüstung von ORC-Anlagen zu bewerten? Gibt es hier noch einen Bezug zu Satelliten-BHKWs? Muss eine ORC-Anlage auch einen eigenen Abwärmeanteil von 60% nachweisen?
Maslaton: Die Brisanz liegt hier neben dem Anlagenbegriff auch beim Inbetriebnahmedatum. Den Begriff Satelliten-Anlage gibt es im EEG 2012 nicht mehr. Hier ist nach dem Urteil des OLG Brandenburg von einer Verklammerung zu sprechen.
Bei ORC-Nachrüstungen von Altanlagen wird es schon komplizierter. Nach dem EEG 2004 wird der volle Anteil der Energieerzeugung der ORC-Anlage auf die Gesamtleistung angerechnet. Hier gilt das Inbetriebnahmedatum der Erstanlage und die integrierte ORC-Anlage hat demnach den Status einer eigenen Anlage. Nachrüstungen im Jahr 2012 bei Inbetriebnahme nach dem EEG 2009 – also Inbetriebnahme 2009 – 2011 – erhalten keine Vergütung, da die ORC-Technik noch nicht auf der EEG Positivliste stand. Geltend gemacht werden könnte jedoch der Technologiebonus nach dem KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) in Höhe von 3 ct/kWh vermindert um die Degression auf den erzeugten Strom. Wird hier aber der Anlagenbegriff als „Eigene Anlage“  auf die nachgerüstete ORC-Anlage angewendet, werden die Mehrerträge nach der EEG-Grundvergütung je nach Anlagenleistung mit bis zu 14,3 ct/kWh berechnet. Als eigenständige Anlage müsste sie jedoch die Voraussetzungen des EEG erfüllen. Dass es sich um eine eigenständige Anlage handelt, ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut. Jedoch darf nicht verkannt werden, dass die Nutzung der Abwärme technisch derzeit nicht möglich ist. Daher dürfte diese Pflicht aufgrund der Nichterfüllbarkeit nicht zur Voraussetzung der Vergütungsfähigkeit gemacht werden.
Bei der Betrachtung der Abwärmenutzung liegt die Antwort in der eigentlichen Aufgabe einer ORC-Anlage – der Nachverstromung. Diese erzeugt in erster Linie aus der Abwärme eines BHKWs elektrische Ener­gie, und die im Umwandlungsprozess entstehende Abwärme der Anlage kann dann mit 3 ct/kWh aufgrund des Technologiebonus vergütet werden. Ein Zwang zur Abwärmenutzung besteht in Anwendung der Rechtsprechung des OLG Brandenburg hier nicht.
IKZ-ENERGY: Für welchen Weg der Förderung sollten sich  Investoren entscheiden?
Maslaton: Die Frage muss sich jeder selber stellen. Entscheidend ist hier der Zweck der BHKW-Anlage und die energetische Beurteilung. Besteht ein großer kontinuierlicher Wärmebedarf, der vorzugsweise  aus eigenen Beständen wie Energieholz etc. gespeist werden sollte, ist der Weg über das KWKG zu empfehlen.  Mit der Integration einer ORC-Anlage können mit dem zusätzlichen Stromanteil die vorgeschriebenen Vollbenutzungsstunden – 30000 VbH werden maximal vergütet – schneller erreicht werden.
Bei der Wahl des EEG müsste demnach die Stromerzeugung im Mittelpunkt stehen, diese lässt sich derzeit am besten mit  den Randbedingungen über die Biomethanumwandlung erzielen. Generell gilt hier aber auch der Blick auf vorhandene Brennstoffe der jeweiligen Einsatzstoffklasse.
IKZ-ENERGY: Für Biomasseanlagen, die  von fossilen auf EE umstellen gilt nach dem EEG grundsätzlich der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage. Welche Auswirkungen lassen sich bei einer Umrüstung 2012 ableiten?
Maslaton: Hier ist die Inbetriebsetzung mit fossilen Brennstoffen nach nicht unumstrittener Ansicht entscheidend. Läuft eine Anlage beispielsweise bereits 15 Jahren mit Gas und wird diese in 2012 auf Biomethan umgestellt, können nur noch 5 Jahre vergütet werden.
IKZ-ENERGY: Herr Maslaton, welches Fazit ziehen Sie?
Maslaton: Generell sollte die Projektplanung auf den vorhandenen Energiepark und die Zielstellung der Energieerzeugung abgestellt werden und nicht die Vergütung im Vordergrund stehen. Besser beraten ist hier jeder, der die weitreichenden Möglichkeiten der Eigenversorgung und somit dezentraler Unabhängigkeit in den Fokus rückt und die Vergütung als Zubrot sieht.
Die Auslegungen sind am Beispiel der ORC-Anlage beschrieben, gelten aber auch für BHKWs und andere stromerzeugende Generatoren.


Gesetzliche Rahmenbedingungen
Für BHKW-Anlagen sind zahlreiche gesetzliche Rahmenbedingungen zu beachten, wie z.?B.:

  • Energiewirtschaftsgesetz (EnWG),
  • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG),
  • Konzessionsabgabenverordnung (KAV),
  • Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG),
  • Bundes-Immisionsschutz-Gesetz (BImschG),
  • Treibhausemissionshandelsgesetz (TEhG),
  • Stromsteuergesetz (StrStG),
  • Energiesteuergesetz (EnergieStG).

 


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