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Thema: Belüftung von Abwasserleitungen

 

Über- oder Unterdruck in Abwasserleitungen beeinflusst das Abfließen von Schmutzwasser erheblich. Während es in Fließrichtung gesehen vor dem abfließenden Wasser zu Überdruck kommen kann, bildet sich auf der anderen Seite ein Unterdruck. Die Folgen sind Störungen im Ablaufverhalten des Abwassers. Diese zeigen sich in Glucker- und Absauggeräuschen sowie in Rückspülungen oder Absaugungen von Geruchsverschlüssen bzw. Einrichtungsgegenständen. Neben der falschen Dimensionierung, falsch ausgewählten oder falsch eingebauten Ablaufformstücken sowie fehlerhaftem Gefälle spielt die Be- und Entlüftung von Entwässerungsanlagen eine wesentliche Rolle beim störungsfreien Ablaufen des Schmutzwassers.

Leitungsgrößen
Die Mindestanschlussgrößen sind in der DIN 1986-100 festgelegt. Im häuslichen Sanitärbereich kommen in der Regel Abwasserleitungen in den Dimensionen DN 30 bis DN 150 zum Einsatz. Die DN gibt den ungefähren Innendurchmesser in mm an. Jede Ablaufstelle bzw. jeder Einrichtungsgegenstand besitzt einen Ablaufanschluss, der an eine Mindest-DN der Entwässerungsleitung angeschlossen wird.
So besitzen Handwaschbecken beispielsweise Anschlussventile der Nennweite DN 30. Das Anschlussventil wird über einen Röhren- oder Tassengeruchverschluss mithilfe einer Anschlussdichtung an die in der Wand befindliche Einzelanschlussleitung angeschlossen. Die Einzelanschlussleitung sollte hierbei jedoch bereits 1 DN (eine Nennweite) größer (DN 40) als die DN des Ablaufventils bzw. des Geruchverschlusses (DN 32) sein.
Im Geruchverschluss kommt es gewollt zu einer Vollfüllung. Die sich anschließende Leitungserweiterung soll hingegen verhindern, dass es zu einem Luftabschluss bzw. Über- oder Unterdruck am Anschlusspunkt und in der Anschlussleitung kommt.
Fallleitungen für fäkalienfreies Abwasser sind mindestens in DN 70 und für fäkalienhaltige Abwässer in DN 100 auszuführen. Grundleitungen sind mindestens in DN 90 auszuführen.

Füllgrad
Der Füllgrad in % gibt die Nutzung des Querschnittes einer Rohrleitung im Betriebszustand bzw. einer Ablaufsituation in liegenden Leitungen an. Bei einem Füllungsgrad von 50% ist der Querschnitt zur Hälfte mit Abwasser gefüllt. Bei einer Rohrleitung DN 50 würde das Schmutzwasser in einer Höhe von 25 mm durchfließen, bei DN 100 wären es 50 mm.
Einerseits muss beim Abfließen von Schmutzwasser sichergestellt werden, dass Schwemmteile abgeführt werden. Andererseits darf es nicht zu einem Luftabschluss (Vollfüllung) in der Leitung kommen. Der Füllgrad liegender Leitungen sollte deshalb zwischen 25 und 75% liegen. Mit Zunahme der angeschlossenen Einrichtungsgegenstände oder der Zuführung von Niederschlagswasser sind die Leitungsquerschnitte entsprechend zu erweitern.

Spülvolumen WC
Bei der Betätigung eines WCs mit 6-10 l Spülvolumen nimmt das abfließende Wasser Einfluss auf die Abwasseranlage. Es durchströmt zunächst den Geruchverschluss bis zum Wandanschlussbogen bei einem Füllungsgrad zwischen 90% und 100%. Danach bildet sich ein Ablaufschwall in der waagrechten Leitung, der diese ca. zu 75% bis 90% füllt. Je nach mitgeführten Inhalten werden die Fäkalstoffe schwimmend oder an den Rohrwandungen schleifend mitgeschwemmt. Hinter diesen kommt es in Abhängigkeit der Konsistenz der Schwemmkörper zu einem Höhenanstieg oder einem Vorbeifließen des Spülwassers an den Fäkalien.
In Abhängigkeit der Leitungslänge und dem Gefälle bildet sich so eine Abwasserzunge von 0,5 bis 2 m Länge. Vor den Schwemmstoffen strömt eine geringe Menge Spülwasser schnell voraus, es bildet sich ein geringer Überdruck. Im Bereich der Schwemmstoffe staut sich das Spülwasser daneben und dahinter auf. Die Fließgeschwindigkeit nimmt entsprechend ab. Mit zunehmender Länge wird der Wasserschwall am Ende immer flacher. Durch Richtungsänderungen kommt es zu Turbulenzen. Bei Luftabschluss entstehen Über- und Unterdruckzonen.
An der Fallleitung angekommen, läuft das Wasser nur teilweise an der Rohrwandung der senkrechten Leitung hinab. Der größte Teil des Spülwassers mit den Fäkalien fällt frei durch den umschlossenen Rohrkörper. Die darin befindliche Luft bremst bzw. spaltet den Wasserschwall mit zunehmender Länge immer weiter auf. Ein Wasser-Luft-Gemisch fällt so im Leitungskörper (senkrecht) nach unten. Dieses schiebt eine Luftsäule vor sich her, wodurch es zu einem Überdruck kommt. Dieser verstärkt sich vor Richtungsänderungen erheblich.
Mitunter sind in den Leitungsabschnitten, in denen der Überdruck herrscht, Entwässerungsgegenstände angeschlossen. Bei einer falschen Dimensionierung kann das Sperrwasser im Geruchverschluss herausgedrückt werden.
Hinter dem Wasser-Luft-Gemisch kommt es zwangsweise zu einer Unterdruckbildung, die Luft mit sich reißt. Bei angeschlossenen Ablaufeinrichtungen können Geruchverschlüsse leer gesaugt werden.
Bei dem Spülen einer Toilette kann Luft bis zum 35-Fachen der Spülwassermenge erforderlich werden. Bei einem WC mit 6 l Spülvolumen macht das etwa 200 l Luft aus. Die muss über eine Lüftungsleitung (über Dach) störungsfrei zugeführt werden. Die hierbei erreichten Geschwindigkeiten können bei über 10 m/s liegen. Aus diesem Grund müssen Lüftungsleitungen möglichst gerade und in ausreichendem Durchmesser (DN der Lüftungsleitung = DN der Fallleitung) ausgeführt werden. Der freie Querschnitt am Ende der Lüftungsleitung darf nicht durch Gitter oder Abdeckungen verringert werden.
Fallleitungen müssen generell über Dach entlüftet werden (Hauptlüftung A). Um die Be- und Entlüftung weit verzweigter bzw. längerer Einzel- oder Sammelanschlussleitungen zu gewährleisten, können weitere Lüftungsleitungen (Nebenlüftungen B), die ebenfalls über Dach geführt werden, eingebaut werden. Eine weitere Möglichkeit ist der Einbau von Umlüftungen (C). Bei diesen werden vom entferntesten Punkt der Sammelleitung Lüftungsleitungen zurück in die entlüftete Fallleitung geführt und angeschlossen.
Die seit ca. 1970 verbotenen Abwasser-Belüfter wurden durch die Novellierung der DIN 1986-100 bzw. DIN EN 12056 zum Einbau wieder zugelassen. Diese können bei entsprechender Ausführung der Abwassersysteme zur Verbesserung der Ablaufleistung durch sekundäres Belüften Anwendung finden. Sie werden am Endpunkt von Sammel- und Einzelanschlussleitungen oder direkt auf das Anschlussrohr eines Geruchverschlusses montiert. Belüftungsventile sollen auftretenden Unterdruck abbauen und sind so zu installieren, dass sie im Falle eines Defektes ohne bauliche Maßnahmen ausgetauscht werden können. Mit anderen Worten: Sie müssen zugänglich sein.

Funktionsweise ­Rohrbelüfter
In einem senkrecht einzubauenden Gehäuse befindet sich ein Ventil, das bei Überdruck in der Abwasserleitung oder im Ruhezustand geschlossen ist. Bei auftretendem Unterdruck öffnet dieses und Luft wird in die Abwasserleitung gesaugt.
Der Einsatz bzw. die Einsatzmöglichkeit von Belüftern ist von Fall zu Fall zu prüfen bzw. zu planen. Sie können Umlüftungs- oder indirekte Nebenlüftungsleitungen ersetzen. Auch kann die Leitungsstrecke von Sammel- oder Einzelanschlussleitungen verlängert werden.
Der Einbau in rückstaugefährdeten Bereichen ist generell unzulässig. An Behälter von Hebe- und Abscheideranlagen können Be- und Entlüftungsventile mit Aktivkohlefiltern zum Einsatz kommen, die die Aufgabe einer über Dach geführten Entlüftungsleitung übernehmen können. Hier sind aber die Angaben der Hersteller zu beachten.

 


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