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„Auf die Wartung kommt es an“ - Erfahrungsbericht zum Einsatz von acht Regenwassernutzungsanlagen in Hamburg

Eine halbtägige Exkursion mit Christian Rusche zu acht Regenwassernutzungsanlagen in Hamburg ist wie ein Streifzug durch 20 Jahre Historie der Regenwassernutzung. Rusche, seit Kurzem im Ruhestand, installierte selbst Anlagen, beriet aber auch Planer und Hersteller von Komponenten. Seine Erfahrung zeigt, dass Anlagen nur mit Inspektion und Wartung über viele Jahre zuverlässig funktionieren.

Anlagenschema Instandsetzung Rinderschlachthalle in Hamburg. Zwischen den Jahren 1998 und 2001 wurden sechs Regenwassernutzungsanlagen im Karolinenviertel instandgesetzt, u.a. mit Vorfilter, beruhigtem Zulauf zum Regenspeicher und schwimmender Entnahme.

Regenspeicher aus Kunststoff für 43 Wohneinheiten. Nach etwa acht bis zehn Jahren sollte eine Speicherreinigung durchgeführt werden.

Bei den Instandsetzungsarbeiten im Karolinenviertel wurden Fallrohrfilter installiert, die sich unkompliziert nachrüsten lassen und leicht zu reinigen sind.

Handelskammer Hamburg. Das Regenwasser vom Dach des Gebäudes wird in alten unterirdischen Kavernen gespeichert und für die Toilettenspülung genutzt.

Unterirdische Regenwasserzisterne des Instituts für Lasertechnik Hamburg-Bahrenfeld. Der senkrecht stehende Filtereinsatz und der Schacht werden durch externe Dienstleister periodisch gereinigt, unabhängig von den Wartungsintervallen.

Druckerhöhungsanlage mit Pumpentechnik, Zwischenbehälter (schwarz) und Trinkwassernachspeisung in den Zwischenbehälter.Die Wärmedämmung an den kalten, Regenwasser führenden Leitungen verhindert Kondenswasser.

Druckerhöhung der Regenwassernutzungsanlage mit zwei selbstansaugenden Kreiselpumpen inklusive Druckschaltautomatik (gelb) und Druckausgleichsbehälter in der Versorgungsleitung. Zur Körperschall-Dämmung sollte beachtet werden, dass Schaumstoffpuffer unter den Pumpen und flexible Anschlussleitungen am Druckausgleichsbehälter sowie an den Pumpen verwendet werden.

Steuerung der Pumpentechnik, gekoppelt mit einem Wasserstandsanzeiger in der Zisterne und einer automatischen Trinkwassernachspeisung. Im Rahmen von Wartungsarbeiten wird hier eine Funktionskontrolle durchgeführt.

 

Auf der Fahrt ins Karolinenviertel erinnert sich Rusche an die Zeit Anfang der 90er-Jahre, als er sich selbstständig machte. Er gehört zum Urgestein der Wassersparszene. Sein inhabergeführtes Ingenieurbüro in Elmshorn war Mitglied in der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr) seit 1995, dem Jahr der Gründung des Verbandes. 2013 erhielt er die fbr-Ehrennadel für sein Engagement in Sachen Regenwasser. Im Auftrag der fbr half er Expertenschulungen durchzuführen. Dabei wurde in Tagesseminaren Fachwissen vermittelt, aus der Praxis für die Praxis. Die Themen waren vor allem Planung, Installation, Betrieb und Wartung. Eine der Botschaften Rusches: „Billige Hauswasserwerke aus Discountangeboten gehören nicht in die Hausinstallation.“ An die Hersteller von hochwertigen Pumpen appelliert er bis heute, die gute Qualität ihrer Produkte nicht durch falsches Sparen im „Cent-Bereich“ zu mindern.

Karolinenviertel (sechs Anlagen)

Zwischen den Haltestellen Feldstraße und Sternschanze der U-Bahn Linie 3 liegt das Karolinenviertel. Behutsam instandgesetzte, mehrgeschossige Wohnhäuser, im Erdgeschoss jeweils eine bunte Mischung alternativer Läden und Lokale, dazwischen Baulücken und Hinterhöfe mit Gewerbe oder öffentlichen Durchgängen als spontan begrünte Passagen. An der Zahl abgestellter Fahrräder, zum Trocknen aufgehängter Wäschestücke und der Graffiti auf Fassaden wird deutlich, dass die Bewohner der alternativen Szene angehören. Insofern passt es, dass bei der Renovierung Mitte der 90er-Jahre mit Beratung durch die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) der Hansestadt Hamburg Regenwassernutzungsanlagen in vielen Gebäuden installiert wurden. Trinkwasser sparen mithilfe von Regenwassernutzung war damals in Hamburg ein Thema mit politischer Priorität, daher auch mit öffentlichen Mitteln bezuschusst. 1998 begann die BSU stichprobenartig 50 geförderte Anlagen auf mögliche Fehler zu untersuchen. Rusche erhielt den Auftrag. Dabei gewonnene Erkenntnisse wurden von der BSU in Fachzeitschriften publiziert und finden sich heute zum Teil in der DIN 1989-1 „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 1: Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“ wieder, die seit April 2002 als allgemein anerkannte Regel der Technik in unveränderter Form gilt.
Die Stadtentwicklungs-Gesellschaft Hamburg (STEG) ist verantwortlich für die sechs Häuser im Karolinenviertel, in denen Regenwasser verwendet wird. Zwischen 1998 und 2001 wurden die Anlagen auf Rusches Empfehlung dem heutigen Stand der Technik angepasst. Bis heute ist er zuständig für die regelmäßige Wartung. Er protokolliert die Zählerstände und kann so auch Angaben machen über die jährlichen Betriebskosten und Einsparungen. Alle sechs Anlagen des Karolinenviertels zusammen haben ein Einzugsgebiet von 4700m² Dachflächen, einen durchschnittlichen Nutzungsgrad von ca. 50% und sparen nach Abzug von Strom- und Wartungskosten etwa 6000 Euro pro Jahr ein. In Hamburg musste für genutztes Regenwasser, das via Toilette oder Waschmaschine zu Abwasser wird, bis zum 1. Mai 2012 die dafür fällige Abwassergebühr nicht bezahlt werden, sodass der gesamte Wasserpreis von 4,28 Euro (Stand 2012) pro genutztem Kubikmeter gespart wurde.
Das Regenwasser im Karolinenviertel wird überwiegend für WC-Spülung verwendet, was laut Rusche sehr sinnvoll ist, denn „im Norden Deutschlands regnet es ziemlich gleichmäßig übers Jahr verteilt. Da diese Gleichmäßigkeit für die Spülung von Toiletten ebenfalls gilt, müssen keine großen Wasservorräte vorhanden sein, das heißt, es können preiswerte kleine Speicher installiert werden.“ Nach heute üblicher Auslegung der Tanks mit exakteren Wetterdaten und Verbrauchssimulation per Software würde der Nutzungsgrad deutlich besser sein und vermutlich bei 80 bis 90% liegen. „Wir sollten nicht vergessen“, so Rusche, „es handelt sich bei den sechs Anlagen im Karolinenviertel um Pilotanlagen. Solche amortisieren sich in der Regel langsamer, da bei der Planung meist wenig Erfahrung vorliegt und Sicherheitszuschläge eher größer gewählt werden. Umso wichtiger ist es auch, durch regelmäßige fachkundige Wartung die Ausfälle auf ein Minimum zu reduzieren und die bestmögliche Nutzungsdauer zu erreichen.“

Universität Hamburg

Das Institut für Lasertechnik entstand 2002 als Erweiterung des Fachbereichs Physik im Stadtteil Bahrenfeld. Die städtische Kanalisation in der Luruper Chaussee und das auf dem Gelände vorhandene Regenrückhaltebecken waren bereits am Limit, als durch die Fachingenieure des Neubaus Dachbegrünung in Kombination mit Regenwassernutzung vorgeschlagen wurde. Rusche ermittelte im Auftrag der BSU mithilfe der mittlerweile verfügbaren Bemessungsprogramme die Größe der heute vorhandenen Zisterne mit 18m³. Der Nutzungsgrad beträgt dabei 97%, das heißt, es reicht für den Bedarf bis auf wenige Tage im Jahr. „Das Verhältnis von Wasserertrag zu Wasserbedarf ist ideal. Die Belegschaft von 100 Beschäftigten und zeitweise zusätzlichen Praktikantinnen und Praktikanten nutzen in der Regel 1m³, in Ausnahmen auch mal bis zu 2 m³ pro Tag“, erklärt Rusche. Und wenn die Zisterne am Ende einer regenarmen Periode für kurze Zeit zu wenig Regenwasser vorhält, wird automatisch Trinkwasser nachgespeist.
„Die Anlage ist seit mehr als zehn Jahren im störungsfreien Betrieb“, sagt der für Gebäudetechnik auf dem Campus zuständige Reinhard Mielck, „dank der halbjährlichen Inspektion und Wartung durch unseren externen Experten.“ Dieser wertet Betriebszeiten und Füllstandsanzeige elektronisch aus und stellt fest, dass pro Jahr hier 300 bis 350 m³ Regenwasser genutzt werden. Das zusätzlich nachgespeis­te Trinkwasser wird auf ca. 3%, also 10m³ pro Jahr, beziffert. Neben den Kosten für Wartung und Pumpenstrom entstehen Betriebskosten lediglich für periodisches Reinigen des unterirdischen Filterschachtes. Dies wird durch externe Dienstleister erledigt und ist mit entsprechend ausgerüs­tetem Fahrzeug ähnlich unkompliziert wie das Reinigen eines Straßeneinlaufs, berichtet Rusche.
Regenrückhaltung bei diesem Universitätsinstitut war eine Voraussetzung für die Baugenehmigung und muss deshalb den Baukosten zugerechnet werden. Damit entfällt die Frage nach der Amortisation. Eine entsprechende Investition war Voraussetzung für Bau und Betrieb der Immobilie. „Die Einsparung nach Abzug der Betriebskosten für die jährliche Inspektion der extensiven Dachbegrünung und für die Wartung der Regenwassernutzungsanlage ist demnach seit Betriebsbeginn ein tatsächlicher Gewinn, der sich bei diesem Projekt innerhalb der letzten 10 Jahre auf ca. 5000 Euro summiert haben dürfte“, sagt Rusche.

Handelskammer Hamburg

Die Handelskammer, errichtet in den Jahren 1839 bis 1841, ist Gesamtvertretung der Hamburger Wirtschaft und der Hamburger Börsen. Nach starken Kriegszerstörungen erfolgte der Wiederaufbau von 1949 bis 1961. Unterhalb des Tiefgeschosses befinden sich baukonstruktionsbedingt große Hohlräume (sogenannte Kavernen), die seit Jahrzehnten bereits als Regenrückhaltebecken und Regenspeicher genutzt werden. Der Vorrat reicht nahezu vollständig für die WC- und Urinal-Spülungen im ganzen Haus (15 WCs, zehn Urinale für 3 bis 500 Besucher pro Tag). Genutzt werden pro Jahr ca. 400 m³ Regenwasser. Aufzeichnungen, die seit 2008 erfolgen, belegen, dass im Durchschnitt in den Jahren von 2008 bis 2010 und von 2012 bis 2013 rund 98% des Spülwassers über den Regenwasserzähler gelaufen ist. Nur etwa 2% stammen aus dem Trinkwassernetz, automatisch zugespeist bei leerem Regenspeicher. Im Jahr 2011 wurden länger andauernde Instandhaltungsarbeiten ausgeführt. Während dieser Zeit konnte Regenwasser nicht genutzt werden.
Durch regelmäßige Inspektion und Wartung, insbesondere Rückspülen des Filters und Kontrolle des Druckausgleichsbehälters, funktioniert die Anlage heute noch zuverlässig und problemlos.

Ausblick

Auf die Frage, wie zukünftig in Hamburg und im Rest von Deutschland mit Regenwasser umgegangen werden sollte, antwortet Experte Rusche: „In Zeiten zunehmender Starkregenereignisse halte ich die Regenrückhaltung kombiniert mit der Regenwassernutzung – Stichwort Kombizisterne mit verzögert entleertem Teilvolumen – für hoch interessant. Hierbei sind große professionelle Anlagen mit vielen Nutzern die richtige Lösung. Jedoch scheint diese Technik für kommunale Entscheidungsträger immer noch zu wenig bekannt zu sein.“


Tipps zur Planung, Ausführung und Wartung

Christian Rusche, Planer und Installateur für Regenwassernutzung, gibt Hinweise, die bei der Planung, Ausführung und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen beachtet werden sollten:

  • Beratungsgespräch zwischen Installateur/Planer und Kunde zwecks Auswahl der gewünschten Komponenten führen. Dabei auf langlebige, solide und hochwertige Komponenten (schwimmende Entnahme, Saugleitung, Trinkwassernachspeisemodul, Pumpe etc.) achten. Darüber hinaus sollten die Vorgaben der DIN 1989 zur Grundlage gemacht werden.
  • Für die Speichergrößen-Kalkulation sind Berechnungsprogramme hilfreich.
  • Alle Bauteile, die mit Regenwasser in Berührung kommen, sollten in nicht korrodierenden Materialien (Edelstahl, Messing) ausgeführt werden.
  • Leicht zu reinigendes Filtersystem auswählen, bei dem ggf. die Reinigungsarbeiten auch durch den Kunden ausgeführt werden können.
  • Saug-/Druckleitung und Elektrokabel vom Erdspeicher ins Haus im Leerrohr verlegen. Wanddurchführung mittels Dichtungseinsatz (nicht Montageschaum) wasserdicht verschließen.
  • Einbau von Wasserzählern in die Leitungen zu den Entnahmestellen und zur Trinkwassernachspeisung (zur Kontrolle der Anlage und Gebührenabrechnung).
  • Speicherinnenraum für spätere Wartungs- und Reparaturarbeiten durch Einstieg zugänglich belassen.
  • Regelmäßige Wartung durchführen, u.a. mit Filterreinigung und Kontrolle aller Funktionen sowie der Zählerstände. Nach acht bis zehn Jahren sollte eine Speicherreinigung durchgeführt werden.

Förderrichtlinie „Unternehmen für Ressourcenschutz“ in Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert durch die Hamburgische Investitions- und Förderbank IFB u.a. Maßnahmen zur Einsparung von Wasser oder zur Substitution von Trinkwasser sowie zur Verringerung der Abwassermenge (z.B.: Kreislaufführung oder Mehrfachnutzung von Wasser).
Die Förderung (gemäß Förderrichtlinie vom 1. November 2013) erfolgt als Festbetrag pro jährlich eingespartem Kubikmeter Wasser:

  • bis 3000 m³/a: 10 Euro/m³
  • über 3000 m³/a: 0,40 Euro/m³ + 28800 Euro einmalig.

Vorhaben mit einer Amortisationszeit von bis zu drei Jahren werden grundsätzlich nicht gefördert. Die bewilligende Stelle behält sich vor, bei geringen Amortisationszeiten rückzahlbare Zuschüsse zu gewähren.
Die Zuschüsse sollen eine Bagatellgrenze von 1000 Euro nicht unterschreiten und 100000 Euro für Einzelvorhaben nicht überschreiten.
Die Richtlinie ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten und ist zunächst bis zum 31. Dezember 2020 befristet.

Auszüge ohne Gewähr.

Quelle:
www.hamburg.de/contentblob/1077484/data/foerderrichtlinie-antrag-2014.pdf


 Autor: Klaus W. König, Überlingen

Bilder: König

 


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