Auf dem Weg zum Standard
Marktübersicht: Stromspeicher für Photovoltaikanlagen
Die Eigenstromversorgung gewinnt an Fahrt. 2016 werden Prognosen zufolge bereits 50 % aller neuen Photovoltaik-Anlagen im häuslichen Bereich in Kombination mit einem Solarstromspeicher installiert. Gut, wenn Installateure Bescheid wissen und dem Kunden einen Überblick verschaffen können.
Die Entwicklung ist eindeutig. Während Verbraucher den Strom früher vollständig ins Netz einspeisten, werden PV-Neuanlagen immer häufiger zum Eigenverbrauch genutzt. Das hat triftige Gründe: Die Politik schraubt die Vergütung von Solarstrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) immer weiter nach unten. Zwar werden PV-Module immer günstiger. Aber über das EEG lassen sich im Jahr 2016 neue PV-Anlagen nicht mehr rentabel refinanzieren. Parallel steigen in den Haushalten die Stromkosten. Jede eigen erzeugte und selbst verwertete Kilowattstunde (kWh) Strom ersetzt den sonst notwendigen Fremdbezug. Das Ganze wird zum Rechenexempel aus Kosten der Eigenversorgung im Vergleich zu vermiedenen Strombezugskosten.
Solarstromspeicher in den eigenen vier Wänden werden in diesem Zusammenhang zum Standard bei neu installierten Anlagen. Denn die Akkumulatoren heben massiv die Eigenversorgungsquote. Sie parken wertvollen Solarstrom, wenn der gerade nicht gebraucht wird. Das Dilemma der häuslichen PV ist die Asynchronität zwischen Erzeugung und Verbrauch. Die Batterien vermitteln dazwischen durch das Mittel Speicherung. Die Batterie-Preise sinken – zugleich wird die Technik immer besser. „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland ab 2016 über 50 % der PV-Anlagen im Bereich der Einfamilienhäuser mit Speichern ausgestattet werden. Nominal schätzen wir den Markt mittelfristig so ein, dass etwa 80 000 bis 100 000 Anlagen jährlich mit Speichern ausgestattet werden“, sagt Thomas Neumann, Geschäftsführer beim PV-Batteriehersteller Q3 Energie aus Laupheim. Mittelfristig würden im Bereich von Kleinanlagen nahezu 100 % mit Speicher ausgestattet, prognostiziert er. Ähnlich wie bei der thermischen Nutzung von Sonnenenergie werde ausschließlich der eigene Energiebedarf im Vordergrund für die Kaufentscheidung stehen.
Türöffner fürs Handwerk
Viele der im Markt tätigen Installateure haben sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt und die PV-Speicherinstallation in ihr Angebot aufgenommen. Auf der Seite www.die-sonne-speichern.de, eine vom Bundesumweltministerium geförderte Speicher-Infoplattform im Internet, sind aktuell bereits rund 350 Betriebe registriert.
Die Speicher werden für den Handwerker beim Kunden zum Türöffner. Wenn tatsächlich schon in diesem Jahr jede zweite PV-Anlage mit einem Speicher gebaut werden wird, dann wird die Hälfte des Marktes nur dem Installateur offen stehen, der auch auf diesem Gebiet firm ist.
Zu fürchten ist der Schritt nicht. „Die Installation selbst sollte für einen entsprechend geschulten PV-Installateur kein Problem darstellen – insbesondere dann nicht, wenn es sich um ein Komplettsystem mit aufeinander abgestimmten Komponenten handelt“, sagt Iris Meyer von der IBC Solar AG. „Die Installation eines Energiespeichersystems inkl. Wechselrichter, Batteriemodulen, Energie- und Batteriemanagementsystemen ist in cirka 2 bis 3 Stunden durch einen zertifizierten Installateur möglich“, sagt Simone Uhl von der Varta Storage GmbH.
Blei- oder Lithium-Akkus?
Wer sich mit dem Thema befasst, der stellt zu seinem Leidwesen schnell fest: Der Speichermarkt ist unübersichtlich und voller Möglichkeiten. Blei oder Lithium? Erklärter Trend sind Lithium-Ionen-Akkus. Sie haben eine höhere Energiedichte, ja – und eine längere Lebensdauer, aber wie verbrieft ist das? Insbesondere zu Lebensdauer und Zyklenfestigkeit der Batterie gibt es bei Blei bereits jahrzehntelange Erfahrungswerte. Die fehlen bei Lithium-Ionen-Akkus. Doch über Langzeitzyklentests lassen die sich sehr gut simulieren. „Die Lithium-Ionen-Batterien werden mit Tausenden von Zyklen getestet, bis der EOL („End of Life“) erreicht ist. Unabhängige Prüfinstitute wie das KIT beispielsweise führen diese Tests durch“, sagt Solarwatt-Geschäftsführer Detlef Neuhaus.
Doch „Lithium-Ionen“ ist lediglich Oberbegriff der Batterietechnologie und darunter gilt es zu sortieren (siehe Infokasten „Lithium-Ionen-ABC“). Die Anbieter von Lithium-Akkusystemen für PV haben sich im Wesentlichen auf zwei Typen konzentriert. Hersteller wie die Sonnen GmbH (es handelt sich um die umfirmierte Sonnenbatterie GmbH) und andere verwenden Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LiFePO4). Sie gelten als langlebig und sicher. „Unsere LiFePO4-Batterien erreichen eine Lebensdauer von 10 000 Ladezyklen“, sagt Mathias Bloch von Sonnen. Andere Unternehmen setzen (teilweise neben LiFePO4) Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (LiNiMnCoO2, auch: NMC)-Akkumulatoren ein. Auch diese Akkus gelten als langlebig und sicher. Entscheidend ist die Batteriequalität des einen oder anderen Batterietyps. Das Geheimnis einer guten NMC-Batterie beispielsweise liegt in der Kombination von Nickel mit Mangan in entsprechenden Verhältnisanteilen. Die Hersteller hüten das als ihr Geheimnis.
Bleibatterien längst nicht vom Tisch
Bleibatterien sind damit noch lange nicht vom Tisch. Die IBC Solar AG, einziger Systemanbieter, der in der IKZ-Übersicht neben einem Lithium-Ionen-Speicher noch eine Blei-Gel-Batterie präsentiert, liefert wertvolle Hinweise, worauf geachtet werden sollte, wenn es um die Entscheidung Blei oder Lithium geht und wenn Blei, dann welche: „Bei Blei-Systemen haben aus unserer Sicht verschlossene Blei-Gel-Batterien entscheidende Vorteile. Insbesondere sind Blei-Gel-Systeme nahezu wartungsfrei und deutlich sicherer als Blei-Säure-Batterien“, sagt Iris Meyer. Für nicht belüftete Räume komme allerdings kein Bleispeicher infrage, denn aus den Batterien könnten Gase entweichen. Bei offenen Systemen sei zudem ein Säureaustritt möglich.
Großer Vorteil von Blei ist aber dennoch die Bewährtheit der Technologie: Bleibatterien werden schon seit vielen Jahren in der Industrie und im Fahrzeugbau eingesetzt. Die Technologie ist erprobt und es gibt einen hohen Erfahrungsschatz. Aber: Blei-Akkus können weniger häufig geladen und entladen werden. Wichtig für den Solarstromnutzer: Die Blei-Akkus können auch nur weniger tief entladen werden als Lithium-Ionen-Akkus. Dem Nutzer steht damit ganz allgemein deutlich weniger gespeicherter Solarstrom abrufbar zur Verfügung.
Speicher-Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind immer sehr mit Vorsicht zu genießen. Denn es gibt viele Stellschrauben. Konkret gilt es die Kosten genau zu ermitteln, besser bezogen auf die kWh-Speicherkosten (siehe Infokasten „Wirtschaftlichkeit/Preis“). Aber exemplarisch dienen überschlägige Vergleichsrechnungen schon dazu, den Kunden weg von der engen Fokussierung auf die einmaligen Anschaffungskosten für die Batterie zu bewegen.
Autarkiegrad und Wirtschaftlichkeit
Ob Lithium oder doch Blei: Die Frage ist natürlich auch, welchen Anteil zur Eigenstromversorgung die Systeme heute leisten können. Ein Autarkiegrad von 100 % lässt sich kaum erreichen, sagt Markus Michelberger, Geschäftsführer der Knubix GmbH aus Bodnegg: „Denn bei der Berechnung wird eine gleichmäßige Solarstromerzeugung vorausgesetzt. In der Realität sieht das leider anders aus. Wenn im Winter mehrere Tage hintereinander durch schlechtes Wetter oder Schnee auf den Modulen kein Solarstrom erzeugt wird, muss wieder auf Netzstrom zurückgegriffen werden.“
Realistisch in einem Einfamilienhaus mit 4 Personen sind Eigennutzungsanteile von rund 60 %. Detaillierte Aussagen aus dem Bauch heraus sind kaum möglich, denn die Berechnung hängt von vielen Faktoren: Verbraucherverhalten, Kollektorfläche, der Qualität des Batteriespeichers usw. Je höher der Autarkiegrad, desto mehr Netzstrom kann vermieden werden. Das ist das Plus. Allerdings muss für mehr Autarkie auch eine höhere Investition getätigt werden. Machbar ist vieles. „Die wichtigste Überlegung im Vorfeld ist: Welchen Bedarf möchte der Betreiber mit einem Speicher abdecken?“, sagt Iris Meyer von IBC. Daraus ergibt sich letztlich die Dimensionierung. Die Erstellung eines Lastprofils ist immer zu empfehlen. „Vor der Speicherauslegung im Privathaushalt muss sich der Installateur einen Überblick über das Stromnutzungsverhalten der Bewohner verschaffen. Das Mittel der Wahl ist hierzu ein ausführliches Beratungsgespräch“, sagt Meyer: „Wer es genauer wissen will, kann eine mindestens 14 Tage lange Messung am Zählerschrank durchführen und die so gewonnenen Daten auf das Jahr extrapolieren. Wenn vorhanden, können auch Smart Meter-Daten hinzugezogen werden. Im gewerblichen Bereich nimmt ab einem Verbrauch von 100 000 kWh/Jahr
der Energieversorger eine registrierende Leistungsmessung vor, bei der Daten im Viertel-Stunden-Takt erfasst werden. Dieses Lastprofil kann das Unternehmen vom EVU anfordern“, sagt Meyer.
Wie vollzieht sich die Installation?
Stand der Technik ist Plug & Play. „Die Installation sollte in der Regel nicht länger als einen Mann-Tag dauern“, sagt Thomas Neumann von Q3 Energie. Die Hersteller forschen und entwickeln weiter an detaillierten Vereinfachungen. Bei dem neuen Speicher von Solarworld befindet sich die Leitungseinführung erstmalig im oberen Bereich des Speicherschranks. „Damit spart der Installateur Material und Zeit. Auch eine spätere Nachrüstung von weiteren Batterien ist sehr einfach, da diese Plug & Play eingesteckt werden können“, berichtet Milan Nitzschke von Solarworld. Die Nachrüstung von Batteriemodulen für die family- und home-Energiespeichersysteme von Varta sind laut Unternehmen jederzeit und einfach möglich. „Einschieben, anmelden, fertig“, sagt Simone Uhl. Bei Kostal Industrie Elektrik werden die einzelnen Module in einem Rack verbaut sowie miteinander und mit dem Wechselrichter verkabelt. Die Installation des Sunny Boy Smart Energy von SMA ist vergleichbar der Installation eines PV-Wechselrichters – in nur vier Schritten.
Schlussbemerkung
Die Anbieter liefern voll-integrierte Komplettsysteme, auch die gesamte Messtechnik für die Überwachung der Photovoltaikanlage und die Ermittlung des Hausverbrauchs ist bereits enthalten. Da der Installateur nur ein System und nicht mehrere verschiedene Komponenten extra anschließen muss, verringert sich die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich. Teures Spezialwerkzeug ist außerdem nicht notwendig, da die Batteriemodule per Steckverbinder verbunden werden. Die IKZ-Marktübersicht zeigt eine Auswahl der am Markt aktuell erhältlichen Systeme.
Autor: Dittmar Koop, Fachautor für Erneuerbare Energien
Wirtschaftlichkeitsberechnung/Preis
Insbesondere für das Thema PV-Speicher gilt die alte Direktive „Holzauge sei wachsam“. „Eine Zahl für Euro/kWh ist missverständlich, da sie keinerlei Auskunft über die Qualität oder den Umfang eines Speichersystems gibt“, sagt Mathias Bloch von Sonnen. Eine günstige Batterie könne diese Kosten natürlich nach unten drücken, dafür aber eine kurze Lebensdauer haben. „Manche Hersteller nennen nur den Preis für das Batteriemodul und haben dann einen sehr günstigen Preis/kWh. Allerdings fehlen darin dann noch die Kosten für den Wechselrichter, den Energiemanager oder die Messtechnik, ohne die ein Betrieb nicht möglich ist“, sagt Bloch. So eine Aussage könne man also nur unter identischen Vorbedingungen treffen, die aber angesichts der Vielfalt im Speichermarkt sehr schwierig sei. Bloch: „Wir geben die Wirtschaftlichkeit daher im Preis für die gespeicherte kWh an.“ Detlef Neuhaus von Solarwatt sagt: „Ein Blei-System hält beispielsweise nur zwischen fünf und zehn Jahren; ein Lithium-Ionen-Akku mehr als fünfzehn.“ Dazu komme, dass bei einer Lithium-Ionen-Batterie deutlich mehr gespeicherter Solarstrom zur Verfügung stehe. Weit mehr als 90 % Entladung seien möglich – bei Bleispeichern bis zu 50 %. „Das hat natürlich einen großen Einfluss auf die Systemkosten, denn ein Blei-Gel-Speicher muss dadurch deutlich größer dimensioniert sein, um die gleiche Energie wie ein Li-Ionen-System zu liefern“, sagt er. Wenn man die wirtschaftliche Seite betrachte, koste eine Kilowattstunde Strom bei einer gewöhnlichen Solaranlage für das Eigenheim mit passendem Blei-Gel-Speicher knapp 40 Cent. „Bei einer Anlage mit einem günstigen Lithium-Ionen-System liegt eine Kilowattstunde bereits bei etwa 24 Cent. Dadurch ist die „Grid parity“ bereits erreicht – der Solarstrom ist günstiger als der Strombezug aus dem öffentlichen Netz.“
Studie: Stromspeicher vermeiden Netzausbaukosten
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos AG hat im Januar eine Kurzstudie zu den Auswirkungen von Batteriespeichern auf das Stromsystem in Süddeutschland veröffentlicht. In der 22-seitigen Studie kommen die Autoren Leonard Krampe und Frank Peter zu dem Ergebnis, dass der weiter für die Klimaschutzziele notwendige Ausbau der Photovoltaik kleinere Netze erforderlich macht, wenn die Solaranlagen mit intelligenten Batteriespeichern kombiniert werden, die z. B. Wetterprognosen berücksichtigen. Erstens im Vergleich zu PV-Anlagen, die ohne Speicher ausgestattet sind und die eine relativ niedrige Eigenstrom-Nutzungsrate haben. Aber es werden auch Anforderungen an die Speicher formuliert. Intelligente Speicher können Mittagsspitzen vorausschauend abfedern, weil sie in den Vormittagsstunden nur teilweise gefüllt werden, heißt es. Die Autoren zeigen einerseits an einem exemplarischen Rechenbeispiel von PV-Anlagen mit und ohne Speicher, dass Neuanlagen mit Speicher und mehr Eigenstromnutzung rentabler sind als solche ohne. Das ist die betriebswirtschaftliche Sicht. Die Studie erweitert das auf die volkswirtschaftliche Sicht. Download unter www.prognos.com.
Kleines Lithium-Ionen-ABC
Der Begriff „Lithium-Ionen“-Batterie steht für eine umfangreiche Gruppe verschiedener Batterietypen. Die sechs weitverbreitetsten Lithium-Ionen-Batterietypen sind:
Lithium-Kobalt-Oxid (LiCoO2)
-> Hauptsächlich verwendet in Mobiltelefonen, Laptops und Digitalkameras. Die Energiedichte ist hoch. Allerdings ist Kobalt sehr teuer und die Lebensdauer dieser Batterien relativ kurz.
Lithium-Mangan-Oxid (LiMn2O4)
-> z. B. verwendet in Instrumenten für die Medizin, aber auch in Elektroantrieben. Geringere Lebensdauer als Li-Kobalt, dafür aber sicherer.
Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (LiNiMnCoO2 oder NMC)
-> NMC wird bevorzugt z. B. in E-Bikes eingebaut. Batterie für größere Anwendungen. Das Geheimnis einer guten NMC-Batterie liegt in der Kombination von Nickel mit Mangan in entsprechenden Verhältnisanteilen. Die Hersteller hüten das als ihr Geheimnis.
Lithium-Eisen-Phosphat (LiFePO4)
-> Eine der sichersten und stabilsten Li-Ionen Batterien mit hoher Lebensdauer.
Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminium-Oxid (LiNiCoAlO2)
-> E-Auto-Pionier Elon Musk wählte diesen Batterietyp für seinen Tesla. Relativ teure Li-Ionen-Batterie, die durch lange Lebensdauer und hohe Energiedichte besticht. Bevorzugter Kandidat für elektrische Antriebstechnik.
Lithium Titanat (Li4Ti5O12)
Eine der sichersten Li-Ionen Batterien. Sehr lange Lebensdauer, aber vergleichsweise noch teuer. Bevorzugte Anwendungen bisher in der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV), z. B. in Krankenhäusern; außerdem Antriebstechnik.
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