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Auf dem Weg zu Smart Buildings

Neue VDI-Richtlinie 3814 Blatt 4.2: Gebäudeautomation – Methoden und Arbeitsmittel für Planung, Ausführung und Übergabe

Bild: Siemens

Im Januar 2020 ist die VDI-Richtlinie 3814 Blatt 4.2 als Weißdruck erschien. Sie befasst sich im Bereich der Gebäudeautomation mit den Bereichen Bedarfsplanung, Planungsprozess und Systemintegration. (Beuth Verlag)

Für die Planung eines Smart Buildings bietet ein sogenannter „Digital Twin“ (digitaler Zwilling eines Gebäudes) Vorteile, bei dem alle Gewerken parallel und abgestimmt geplant und im virtuellen Digitalmodell simuliert, getestet und bei Bedarf optimiert werden können. (Siemens)

 

Bereits vor über vier Jahrzehnten erschien das erste Blatt der Richtlinienreihe VDI 3814 zum Thema Gebäudeautomation. Seitdem hat die Bedeutung automatisierter Systeme in Gebäuden und Infrastrukturen in einem Ausmaß zugenommen, das seinerzeit kaum abzusehen war und heute bis zu Smart Buildings und deren Vernetzung reicht. Diese gesamte Entwicklung haben die VDI-3814-Richtlinien durch regelmäßige Aktualisierungen nachvollzogen und mitgestaltet. Zuletzt erschien im Januar 2020 die VDI-Richtlinie 3814 Blatt 4.2 als Weißdruck. Sie befasst sich mit den Bereichen Bedarfsplanung, Planungsprozess und Systemintegration.

Die für die Gebäudeautomation (GA) relevante Richtlinienreihe ist die VDI 3814. Sie beschreibt in mehreren Blättern die Abläufe für Planung, Errichtung, Funktionalitäten und Anwendungen entsprechender Anlagen und Systeme. In den letzten Jahrzehnten wurde die Richtlinie laufend erweitert und Teile daraus in die weltweit gültige Norm ISO 16484 übernommen. Ob das auch dieses Mal der Fall sein wird, ist noch offen. Die Abstimmung mit der sich ebenfalls ändernden DIN EN ISO 16484 sowie mit der EN ISO 52120 steht aktuell noch aus.

Überarbeitung der Richtlinienreihe

Die Richtlinienreihe VDI 3814 wurde bereits in großen Teilen überarbeitet und neu strukturiert. Dabei wurden und werden insbesondere die bisherigen Richtlinien VDI 3813 (für Raumautomation) und VDI 3814 (für Gebäudeautomation) in der neuen Richtlinienreihe VDI 3814 zusammengeführt. Insgesamt sechs Blätter decken dabei alle Aspekte der GA ab – im Einzelnen:

  • Blatt 1 – Grundlagen (Ausgabe Januar 2019),
  • Blatt 2 – Planung (Blätter 2.1 und 2.2 Ausgabe Januar 2019, Blatt 2.3 Ausgabe September 2019),
  • Blatt 3 – Funktionen (Blatt 3.1 Ausgabe Januar 2019),
  • Blatt 4 – Arbeitsmittel (Blatt 4.1 Ausgabe Januar 2019, Blatt 4.2 Ausgabe Januar 2020),
  • Blatt 5 – Energieeffizienz (noch nicht erschienen),
  • Blatt 6 – Qualifizierung von Personen (noch nicht erschienen).

Ziel der laufenden Überarbeitungen ist es, die gesamte Prozesskette der Gebäudeautomation mit allen Themenkontexten abzubilden und dies unter Berücksichtigung der Digitalisierung in eine breite Umsetzung und Anwendung zu bringen.

Blätter der VDI 3814, Reihe 4

Die Blätter 4.1, 4.2 und das geplante Blatt 4.3 bieten erstmalig detaillierte Arbeitsmittel und Methoden für Planung, Ausführung und Übergabe für die GA. Sie begleiten die praktische Anwendung der Blätter 2.1 und 2.2 mit geeigneten Methoden und einheitlichen Checklisten. Das Blatt 4.1 unterstützt bei der Planung und Anwendung von Kennzeichnungssystemen und erläutert die Unterschiede zwischen Anlagen- und Betriebsmittelkennzeichnungssystem sowie Benutzeradressierungssystem. Das Blatt 4.2 dient zur Bedarfsplanung und Systemintegration. Das sich zurzeit noch in Bearbeitung befindende Blatt 4.3 soll die in den Blättern der Reihe 3 neu beschriebenen Funktionen in das Automationsschema und die Funktionsliste der GA abbilden. Im Vergleich zur Vorgängerversion ist zu erwarten, dass sich die GA-Funktionsliste deutlich verändern wird.

Der Anwendungsbereich der VDI 3814 ist die gesamte GA. Darunter fallen alle Prozesse und Funktionen, die die Funktionalität der Räume und Anlagen betreffen. Die Richtlinie gilt zudem für die Managementfunktionen im Rahmen der Gebäudeautomation. Als Ziel verfolgt das Regelwerk die Qualität der GA im Gesamtprozess zu steigern und die Kosten für die Projektbeteiligten zu senken. Gleichzeitig setzt es herstellerübergreifend den Rahmen dafür, wie entsprechende leistungsfähige Lösungen aussehen können oder sollen.

Herausfordernd für Planer und Anbieter von GA-Systemen wird zukünftig auch die Umsetzung des Blatts 4.3 mit dem zu erwartenden Automationsschema und der Funktionsliste der GA, da diese die wichtigsten Arbeitsmittel zur Ausschreibung, Angebotserstellung, Ausführung und Abrechnung sind. Hier bleibt auch mit Spannung abzuwarten, wie die anstehende Abstimmung dieser Arbeitsmittel mit den internationalen Normierungsgremien der DIN EN ISO 16484 umgesetzt wird.

Smart Buildings

Inwieweit die aktuellen Richtlinienüberarbeitungen den zukünftigen Herausforderungen der Digitalisierung bereits Rechnung tragen, muss sich in der Praxis zeigen. Die Digitalisierung prägt zunehmend mehr die Baubranche und die Gebäudetechnik. Sie birgt erhebliches Potenzial, um Gebäude von eher passiven Strukturen zu aktiven Lebensräumen zu entwickeln, die mit ihren Nutzern interagieren und sich immer besser an ihre Erfordernisse und Wünsche anpassen lassen. Solche Smart Buildings sind nicht nur in der Lage, einen aktiven Beitrag zum Erfolg und Wohlbefinden der Menschen im Gebäude zu leisten, sondern sie bieten gleichzeitig Vorteile für die unterschiedlichsten Zielsetzungen, sei es von Eigentümern, Investoren, Betreibern oder Facility-Managern. So lassen sich beispielsweise die Arbeitsbedingungen im Gebäude optimieren und auf diesem Weg die Produktivität der Beschäftigten verbessern. Zudem können Einsparungen bei den Betriebskosten erzielt werden. Smart Buildings bieten somit einen Wettbewerbsvorteil.

Für die Planung eines Smart Buildings bietet ein sogenannter „Digital Twin“ (digitaler Zwilling eines Gebäudes) Vorteile, bei dem auch das Building Information Modeling (BIM) eine wichtige Rolle spielt. Mit dem digitalen Zwilling wird das gesamte Gebäude mit allen Gewerken parallel und abgestimmt geplant und im virtuellen Digitalmodell simuliert, getestet und bei Bedarf optimiert, bevor das Bauvorhaben entsteht. Der digitale Zwilling ermöglicht zudem auch eine vernetzte digitale Darstellung eines bestehenden Gebäudes. Er führt dynamische und statische Daten aus unterschiedlichen Quellen (z. B. Sensoren) zusammen, um effektive Entscheidungen zu ermöglichen. So lässt sich die Leistung des Gebäudes in Echtzeit ermitteln, damit bei Bedarf sofort Anpassungen vorgenommen werden können.

Ausblick: Verknüpfung von Gebäudeautomation und BIM

Digitales Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden wird die Weiterentwicklung der VDI-3814-Richtlinien in der Zukunft bestimmen. In diesem Zusammenhang stellt die Verknüpfung von Gebäudeautomation und BIM den nächsten logischen Schritt dar. Tatsächlich treiben die Gremien die Harmonisierung der BIM-relevanten VDI 3805 und der VDI 3814 derzeit aktiv voran. Das Ziel besteht darin, weltweit einen einfachen, gemeinsamen Datenaustausch zwischen BIM, Gebäudeautomation und Facility-Management zu ermöglichen.

Um ein gutes Ineinandergreifen der Richtlinien zu gewährleisten, wurde u. a. mit einer Begriffssammlung der GA innerhalb der VDI 3805 verwendeten Begriffe begonnen. Die Begriffsdefinitionen aus der Richtlinienreihe VDI 3805 sollen dann mit den vorhandenen Begriffen der DIN EN 16484-2 und der Richtlinienreihe VDI 3814 verglichen und ggf. angepasst bzw. in die VDI 3814 aufgenommen werden.

Die zentrale Herausforderung besteht dabei in der Datensemantik. Denn im Moment beschränkt sich das BIM-Datenmodell noch auf statische, konstruktive Geometrieinformationen der Gebäude. Daten wie Temperatur, Feuchte oder Betriebsstunden sind noch nicht Teil der BIM-Standards. Für die TGA sind hingegen erst die Produkte abgebildet, nicht deren Funktion oder gar Echtzeitwerte. Es ist aber nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das ändert und das BIM-Modell auf der Basis vorhandener Standards auch Applikationen vollumfänglich berücksichtigen kann.

Damit öffnet sich die Perspektive auf ein herstellerübergreifendes VDI-3814-Planungstool. In einem solchen Szenario könnte dann BIM die Geometrien und den Einbau im Gebäude liefern und die nach VDI 3814 spezifizierte Gebäudeautomation die Daten zur Anwendung, Installation und zum Betrieb.

Autor: Uwe Großmann, Senior Lead Consultant Siemens Smart Infrastructure RSS Germany

www.siemens.de/smart-infrastructure

 

Unterstützung für Fachplaner

In der Praxis begleitet Siemens Fachplaner auf dem Weg zum digitalen Gebäudezwilling – und natürlich auch bei konventionellen Planungsfragen – mit dem „Planer & Architekten Office“, in dem deutschlandweit 24 Experten beschäftigt sind. Zudem stehen entsprechende Planungstools auch online zur Verfügung.

Der QR-Code und Kurzlink führen direkt zur Website des „Planer & Architekten Office“.

bit.ly/Planer-Hilfe

 


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