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Am Scheideweg

Brennstoffzellenheizgeräte: Die Herstellerbranche ist gespalten – weitermachen oder aussteigen?

Brennstoffzellenheizgeräte wie „Vitovalor 300-P“ von Viessmann haben im Vergleich zu herkömmlichen KWK-Lösungen einen deutlich höheren elektrischen Wirkungsgrad. Bild: Viessmann

Das Brennstoffzellenheizgerät „BlueGen“ von Solidpower lässt sich als Beistell­lösung mit anderen Energieerzeugern kombinieren, beispielsweise, wie im Bild gezeigt, mit dem Gasbrennwertgerät „Thermo Condens“ von Weishaupt. Bild: Solidpower

Der Einbau eines Brennstoffzellenheizgeräts wird von der KfW-Bank im Programm 433 „Zuschuss Brennstoffzelle“ gefördert. In den Genuss der Förderung können neben Hausbesitzern auch kleinere und mittlere Unternehmen, Kommunen und Contracting-Firmen kommen. Bild: Initiative Brennstoffzelle

Bosch Thermotechnik bietet unter seiner Marke Buderus mit der Energiezentrale „Logapower F10“ eine stromerzeugende Heizung auf SOFC-Basis an. Ins Gehäuse sind neben der Brennstoffzelleneinheit das Gasbrennwert-Hybridgerät „Logamax plus GBH172“, ein Trinkwasserspeicher und ein Pufferspeicher integriert. Bild: Buderus

KWK-Spezialist Senertec hat seine „Dachs“-Familie vor zwei Jahren um das PEM-Brennstoffzellenheizgerät „Dachs InnoGen“ erweitert. Zeitweise anfallende Bedarfsspitzen an Wärme und Trinkwarmwasser decken ein Pufferspeicher und ein Gasspitzenlastkessel ab. Bild: Senertec

Anbieter von Brennstoffzellenheizgeräten.

Das Schweizer Unternehmen Hexis entwickelt derzeit ein Nachfolgemodell des Brennstoffzellenheizgeräts „Galileo 1000 N“ (SOFC) zum Einsatz in kleineren Einfamilienhäusern. Bild: Hexis

Nach der Insolvenz von Elcore hat der Dichtungshersteller Freudenberg Sealing Technologies Teile des Unternehmens aufgekauft. Das Brennstoffzellenheizgerät „Elcore 2400“ – auf dem Bild mit zusätzlichem Kombi-Schichtenpufferspeicher – soll weiterhin angeboten werden. Bild: Elcore

Das Innere des Brennstoffzellenheizgeräts „Vitovalor 300-P“ von Viessmann: Links oben das Gasbrennwertgerät, daneben der Warmwasserspeicher, darunter der Pufferspeicher mit Heizwendel zur Trinkwassererwärmung. Rechts im Gehäuse befindet sich unten der Reformer, darüber der Brennstoffzellenstack. Bild: Viessmann

 

Die Markteinführung von Brennstoffzellenheizgeräten ist angelaufen. Von der Bundesregierung wird der Markthochlauf mit Fördergeldern kräftig unterstützt, denn die Mikro-KWK wandeln Erdgas besonders effizient in Strom und Wärme um. Die Gerätehersteller bewerten die Zukunftsaussichten der Anlagen jedoch unterschiedlich. Während einige Unternehmen mit einem Zubau von jährlich bis zu 75 000 Geräten rechnen und kräftig investieren, ziehen sich andere aus dem Markt zurück.

Familie Dönges aus Hessen gehört zu den Pionieren in Sachen Brennstoffzelle: Bereits seit 2013 versorgt das Brennstoffzellenheizgerät „Vitovalor 300-P“ von Viessmann ihr Eigenheim mit Energie. Die Anlage besteht aus zwei Einheiten: einem Brennstoffzellenmodul, das den Grundbedarf an Strom und Wärme deckt, sowie einem Gasbrennwertgerät, das zusätzlich benötigte Heizwärme liefert.
Das Brennstoffzellenmodul enthält einen Reformer, der zugeführtes Erdgas in ein wasserstoffreiches Brenngas umwandelt. In einem Brennstoffzellenstack reagiert das Gas mit Luftsauerstoff zu Wasser. Dabei entstehen Wärme und Gleichstrom. Der Gleichstrom wird mit einem Wechselrichter in die übliche Netzspannung umgewandelt und im Haus verbraucht. Eine Fußbodenheizung verbreitet die erzeugte Wärme.
Da eine wachsende Zahl von Verbrauchern auf der Suche nach einer neuen Heizung zuerst im Internet recherchiert, präsentiert Viessmann die Anlage von Familie Dönges im Videoportal YouTube.
Über mangelndes Interesse kann sich das Unternehmen nicht beklagen. Das Video wurde bisher über 30000-mal abgerufen.

Hoher elektrischer Wirkungsgrad
Auch für die Politik sind Brennstoffzellenheizgeräte seit Jahren ein Thema. In der 2015 veröffentlichten „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ bescheinigt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) den Mini-KWK mit elektrischen Leistungen um die 1 kW ein großes Potenzial zur Energieeinsparung. Im Vergleich mit aktueller Brennwerttechnik und dem Strombezug aus dem Netz lassen sich die Energiekosten beim Betrieb um bis zu 40 % und die CO2-Emissionen um bis zu 50 % senken. Das kommt den Klimazielen der Bundesregierung entgegen, die bis zum Jahr 2020 den deutschen Primärenergieverbrauch um 20 % und bis 2050 um 50 % gegenüber dem Stand von 2008 reduzieren will.
Um die Alltagstauglichkeit und Marktfähigkeit der Geräte zu optimieren, startete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zusammen mit Unternehmen aus der Heizungs- und Energiewirtschaft 2008 den Praxistest „Callux“. Rund 500 Brennstoffzellenheizgeräte wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren in Ein- und Zweifamilienhäusern installiert und messtechnisch begleitet. Gleichzeitig bauten die Gerätehersteller und Komponentenzulieferer Serienfertigungen auf. Im Rahmen der Tests gelang es, die Lebensdauer von Reformer und Brennstoffzellenstacks zu erhöhen, den Installationsaufwand zu senken und die Wirkungsgrade zu steigern.
Durch die geringere thermische Leis­tung eignen sie sich besonders für moderne Gebäude wie Niedrigenergiehäuser und energetisch sanierte Bestandsgebäude mit niedrigem Raumwärmebedarf. Die höhere Stromausbeute macht sich bezahlt, denn anders als bei der erzeugten Wärme, die vor Ort verbraucht werden muss, sind Anlagenbesitzer bei der Verwertung des selbst produzierten Stroms flexibel. Was nicht im Gebäude benötigt wird, lässt sich gegen Vergütung ins öffentliche Netz einspeisen.

Kommerzieller Marktdurchbruch angestrebt
Nachteilig für die Vermarktung der Brennstoffzellenheizgeräte sind die hohen Investitionskosten. Das BMWi hat deshalb 2016 ein Programm gestartet, mit dem der kommerzielle Marktdurchbruch gelingen soll. Seit August 2016 fördert die staatseigene KfW-Bank den Einbau von Brennstoffzellenheizgeräten mit einer elektrischen Leistung von 0,25 kW bis 5 kW in neuen oder bestehenden Wohngebäuden. Käufer erhalten einen Grundbetrag von 5700 Euro und zusätzlich 450 Euro je angefangener 100 W elektrischer Leistung. Die Zuschusshöhe bewegt sich damit zwischen 7050 und 28 200 Euro. Im Juli 2017 hat die Bundesregierung die Förderung auf Nichtwohngebäude ausgeweitet. Dadurch können auch kleinere und mittlere Unternehmen, Kommunen und Contracting-Unternehmen in den Genuss der Zuschüsse kommen.
Zweck der bis Ende 2018 befristeten Förderung ist es, durch finanzielle Hilfen den Absatz von Brennstoffzellenheizgeräten anzukurbeln und die Geräte auf dem Markt zu etablieren. Steigt die Nachfrage, können die Hersteller kostengüns­tiger produzieren und die Gerätekosten sinken. Langfristiges Ziel ist es, die Kos­ten der Gesamtsysteme zu halbieren, um sie ohne staatliche Subventionen zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können.

Marktausstieg und Insolvenzen
In Deutschland wurden laut Brancheninitiative „Zukunft Erdgas“ in den 16 Monaten seit der Einführung des KfW-Förderprogramms rund 1500 Anlagen verkauft. „Die zur Verfügung stehenden Mittel werden abgerufen, die Brennstoffzelle kommt im Markt an. Das Förderprogramm wirkt“, sagt Timm Kehler, Vorstand bei „Zukunft-Erdgas“. Der Interessenverband zitiert Gerätehersteller, die in den kommenden Jahren mit einem exponentiellen Marktwachstum rechnen. Ab 2023 sollen jährlich rund 75 000 Brennstoffzellenheizungen verbaut werden. Das entspräche einem Anteil am Heizungsmarkt von rund 10 %. Die Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen im VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.) geht von einem jährlichen Zuwachs von bis zu 70 000 Systemen aus.
Diese Einschätzung vertritt nicht jeder, z. B. Vaillant. Im letzten Jahr kündigte das Unternehmen an, die Markteinführung seines Kompaktgeräts „xellPower“ bis auf Weiteres auszusetzen. Auch die Entwicklungskapazitäten im Bereich Brennstoffzellen sollen reduziert werden. Nach Ansicht von Vaillant können Immobilienbesitzer Brennstoffzellenheizgeräte derzeit nicht wirtschaftlich betreiben. „Sollten sich die Bedingungen grundlegend ändern (...), wird die Vaillant-Group entsprechend reagieren“, teilte das Unternehmen mit. Bereits installierte Anlagen werden aber von Vaillant weiterhin betreut.
Nicht mehr auf dem Markt vertreten ist auch Ceragen. Das Fraunhofer-Spin-off-Unternehmen, das ein Nano-KWK-Gerät mit Brennstoffzelle und Trinkwasserspeicher anbot, ist im Juli 2017 liquidiert worden. „Wir haben anderthalb Jahre nach Investoren gesucht, sind zwar fündig geworden, aber die Vorstellungen gingen zu weit auseinander“, sagt Oliver Freitag, ehemaliger Geschäftsführer von Ceragen.
Elcore, Hersteller des Brennstoffzellen-BHKWs „Elcore 2400“, ist insolvent. Über das Vermögen des Unternehmens ist im Januar 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet worden und die Gesellschaft wurde aufgelöst. Elcore hatte zuletzt eine neue Version seines BHKWs mit höheren Vorlauftemperaturen sowie ein gemeinsames Hybridgerät mit Solvis vorgestellt und eine Vertriebspartnerschaft mit E.ON bekanntgegeben. Mittlerweile hat der Dichtungshersteller Freudenberg Sealing Technologies aus Weinheim einzelne Vermögenswerte von Elcore erworben. Das Unternehmen will nach eigenem Bekunden „Elcore 2400“ weiterhin auf dem Markt anbieten. Die Muttergesellschaft Freudenberg ist zusammen mit ihren Tochterunternehmen ein führender Komponentenhersteller für Brennstoffzellen. Die Kooperation mit Solvis liegt vorerst auf Eis.

Potenzial noch nicht ausgereizt
Anders als Vaillant sieht Viessmann, die mit Japan-Marktführer Panasonic zusammenarbeitet, in der Technologie weiterhin großes Zukunftspotenzial. Das Unternehmen hat sein PEM-Gerät „Vitovalor 300-P“ entsprechend weiterentwickelt. 2017 wurde die Gehäusehöhe der Gasbrennwerteinheit auf 1,80 m abgesenkt. Damit ist nun auch die Aufstellung in Räumen ab einer Deckenhöhe von etwa 2 m möglich. Zusätzlich zum bisher angebotenen Spitzenlastmodul mit 19 kW Nennwärmeleistung ist mittlerweile eine Ausführung mit 25,2 kW verfügbar. So lässt sich das Gerät auch in Häusern mit höherem Wärmebedarf einsetzen. Parallel zu „Vitovalor 300-P“ entwickelt das zu Viessmann gehörende Schweizer Unternehmen Hexis derzeit ein Nachfolgegerät des bisher vertriebenen Brennstoffzellenheizgeräts „Galileo 1000 N“ (SOFC) für den Einsatz in kleineren Einfamilienhäusern.
Auch die italienische Unternehmensgruppe Solidpower, die 2015 die Firma Ceramic Fuel Cells mit ihrem Brennstoffzellenheizgerät „BlueGen“ übernommen hatte, setzt auf weitere Expansion. Im September 2017 informierte das Unternehmen über den Einstieg eines neuen Inves­tors, der 40 Mio. Euro bereitstellt. Rund 19 Mio. Euro will Solidpower in den Ausbau der Produktionsanlagen in Mezzolombardo (Italien) stecken. Statt wie bisher 1500 sollen dort bis zum Jahr 2020 bis zu 16 000 Brennstoffzellenheizgeräte pro Jahr produziert werden. „Dadurch werden die Produktionskosten gesenkt und wir sind in der Lage, unsere Vision für eine wirtschaftlich tragfähige Technologie für den Massenmarkt umzusetzen“, sagt Alberto Ravagni, CEO von Solidpower. „Blue­Gen“ ist als Beistell-Lösung für bestehende Heizsysteme konzipiert.

Die Einbindung erfolgt über einen Pufferspeicher.
Ebenfalls weiter mit Brennstoffzellenheizgeräten am Markt vertreten sind Bosch Thermotechnik, Senertec und die Riesaer Brennstoffzellentechnik. Bosch Thermotechnik bietet unter seiner Marke Buderus mit der „Logapower F10“ eine stromerzeugende Heizung auf SOFC-Basis an. Ins Gehäuse sind neben der Brennstoffzelleneinheit das Gasbrennwert-Hybridgerät „Logamax plus GBH172“ mit 14 kW oder 24 kW Nennwärmeleistung, ein 75-l-Trinkwasserspeicher und ein 135-l-Pufferspeicher integriert.
Bei Bosch Junkers ist die Brennstoffzellenheizzentrale „Cera-Power FC“ erhältlich. Ihr Brennstoffzellenmodul ist mit Ausnahme des Designs baugleich mit der „Logapower F10“ von Buderus. Spitzenlasten beim Heizen deckt die integrierte Gasbrennwertheizung „CSW 24/75“.
KWK-Spezialist Senertec hat seine „Dachs“-Familie vor zwei Jahren um das PEM-Brennstoffzellenheizgerät „Dachs InnoGen“ erweitert. Entwickelt wurde es in Kooperation mit Toshiba und mit Baxi, das wie Senertec zur BDR-Thermea-Gruppe gehört. Zu den Systemkomponenten des „Dachs InnoGen“ zählen neben dem Brennstoffzellenmodul ein Gas-Brennwertkessel, ein 300-l-Pufferspeicher, eine Trinkwarmwasserstation und ein Energiemanager.
Das Brennstoffzellenheizgerät der Firma Riesaer Brennstoffzellentechnik (RBZ) „Inhouse5000+“ ist ein gemeinsames Entwicklungsprodukt mittelständischer Unternehmen, Institute und Universitäten aus Sachsen. Mit der relativ großen Leis­tung von 5,0 kWel und 7,5 kWth eignet es sich für die Energieversorgung von größeren Liegenschaften wie Mehrfamilienhäuser, Gewerbebetriebe und Hotels mit einem Wärmebedarf von mehr als 36 000 kWh/a.
Um den Markthochlauf von Brennstoffzellenheizgeräten zu unterstützen, hat sich das Aktionsbündnis „Initiative Brennstoffzelle (IBZ)“ in 2018 neu aufgestellt. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) wird künftig die politische Arbeit der IBZ führen. Die Brancheninitiative „Zukunft Erdgas“ übernimmt die Marktkommunikation. Auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) und die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) sind beteiligt. Ziel ist es, mit den etablierten Strukturen der Verbände möglichst viele Akteure der Gaswirtschaft und der Geräteindustrie einzubinden.

Schlussbemerkung
Das laufende Jahr wird zeigen, ob sich genügend Heizungskäufer durch die hohen Fördersummen von Brennstoffzellenheizsystemen begeistern lassen. Ende 2018 läuft die KfW-Förderung aus. Sollte die neue Bundesregierung das Zuschussprogramm nicht verlängern, hätten Brennstoffzellenheizgeräte schlechte Karten auf dem deutschen Heizungsmarkt. 

Autorin: Almut Bruschke-Reimer, freie Energiejournalistin

 


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