Alternatives Energiekonzept umgesetzt Sole-Wärmepumpe liefert Heiz- und Kühlenergie für OBI-Baumarkt
Eigentlich hätte der neue OBI-Markt in Waldshut so beheizt werden sollen wie die anderen Häuser der Baumarktkette: mit Erdgas. Doch die Verhältnisse vor Ort legten die Nutzung einer Wärmepumpe nahe. Die Lösung spart nicht nur Kosten und schont die Umwelt, sie bietet außerdem einen angenehmen Nebeneffekt: Mit dem verwendeten Grundwasser lässt sich der Markt im Sommer kostengünstig kühlen.
Reiner Oberle führt in Villingen-Schwenningen sein „Ingenieurbüro für Haustechnik“. Dabei darf man ihn durchaus als einen Fachmann für Erneuerbare Energien bezeichnen. Das Engagement für grüne Energie beweisen nicht nur viele Referenzen, sondern auch seine Öffentlichkeitsarbeit. Immer wieder lässt der Planer den Schreibtisch ruhen, um vor interessiertem Publikum über neue Techniken zu referieren. Bei einem solchen Vortrag erfuhr Oberle auch von einem Projekt, dessen Planung eigentlich schon abgeschlossen war: dem OBI-Baumarkt in Waldshut.
Standardplanung im Detail hinterfragt
Wie andere Marktketten vertraut auch OBI auf eine weitgehend einheitliche Gebäudetechnik. So lassen sich Erfahrungen aus anderen Märkten übertragen und Fehler bei der Planung und Ausführung weitgehend vermeiden. Auch beim neuen Markt in Waldshut sollte eine bewährte Planung umgesetzt werden: Vorgesehen waren eine Erdgasheizung sowie Lufterhitzer und Torluftschleier in der Halle. Und genau so wäre der Markt heute ausgestattet, wenn Geschäftsführer Michael Schelle im Sommer 2008 nicht Oberles Vortrag über regenerative und effiziente Technologien gehört hätte. Schelle war beeindruckt von den Möglichkeiten, die der Planer vorstellte, und beauftragte ihn, das Technikkonzept des damals gerade im Rohbau befindlichen Marktes zu hinterfragen.
Rheinuferfiltrat liefert Brauchwasser mit 11°C
Energieexperte Oberle recherchierte, dass im Gewerbegebiet Brunnen existierten, die früher Rheinuferfiltrat als Brauchwasser bereitgestellt haben. Diese Brunnen ließ die Gewerbepark Hochrhein GmbH reaktivieren, um den Betrieben im Gewerbegebiet Waldshut-Tiengen Grundwasser mit 11°C Temperatur über ein Netzwerk anzubieten. Der Planer erkannte die Chance zum Energiesparen: So lässt sich das Wasser hervorragend für den Betrieb einer Wärmepumpe nutzen. Dem Bauherrn fiel die Entscheidung zugunsten dieser Lösung leicht: Sie macht den Markt nicht nur unabhängiger von steigenden Energiekosten für Erdgas, sondern überzeugte auch durch ihren ökologischen Ansatz und die Nachhaltigkeit. Oberle wählte also eine für den Markt passende Wärmepumpe aus – eine Maschine des Typs: „GLWH 3602 BA2“ der GEA Happel Klimatechnik GmbH mit etwa 1090 kW Heizleistung – und plante die Heiztechnik entsprechend um.
Rund 66 km Rohre für die Fußbodenheizung (bzw. -kühlung) wurden in dem Markt in Waldshut verbaut.
Haustechnik während des Rohbaus korrigiert
Die erste Hürde war der Aufstellort: Der Rohbau war schon fertig und für die Wärmepumpe kein Platz vorgesehen. Ein Technikraum im ersten Obergeschoss bot zwar genügend Raum, aber keine Tür, um die Wärmepumpe einzubringen. Sie wurde erst nachträglich eingebaut. In dem Technikraum befindet sich nun auch der Übergabepunkt vom Kaltwassernetz. Ein Wärmetauscher von GEA-„Ecoflex“ trennt das Kaltwassernetz von dem hausinternen Wasserkreislauf und beugt so einem Verschlammen des Heizungssystems durch das Brauchwasser vor.
66 km Rohrnetz für die Fußbodenheizung
Bei einer Wärmepumpenlösung sind niedrige Vorlauftemperaturen wie die einer Fußbodenheizung von Vorteil. Darauf war der Zeitplan jedoch nicht ausgelegt. „Der Termin für die Markteröffnung stand bereits fest, und nun kamen wir mit der Idee, eine Fußbodenheizung zu installieren“, so Oberle. „Das führte zu einem ehrgeizigen Timing.“ Auf den Tag genau musste das Verlegen der rund 66 km 20er-Rohre in der rund 10.000 m² großen Halle erledigt sein, damit der Fußboden rechtzeitig fertiggestellt und die Regale aufgebaut werden konnten. Das Rohrgeflecht ist unterteilt in fünf separate Kreise, die Kunststoffrohre liegen mäanderförmig mit einem Abstand von etwa 15 cm im Beton.
Gegenüber der konventionellen Gasheizung spart die GEA-Wärmepumpe soviel Betriebskosten, dass sich die Mehrinvestitionen innerhalb von sieben Jahren amortisieren.
Kompromiss bei Vorlauftemperatur notwendig
Das Umplanen der Haustechnik verlangte an manchen Stellen Zugeständnisse, unter anderem wegen der Frischluft-Frage: Zu Anfang war das Beheizen der Halle mit Mischluft- und Umluft-Lufterhitzern vorgesehen. Die Umluftgeräte waren nun wegen der Fußbodenheizung entbehrlich, aber die Mischluftgeräte wurden dennoch benötigt. Sie schaffen während der Publikumszeiten rund 6 m³/h m² konditionierte Zuluft in den Verkaufsraum. Um diese Luft im Winter auf angenehme Temperaturen zu bringen, sind geringe Vorlauftemperaturen ungeeignet. Daher liefert die Wärmepumpe Wasser mit etwa 42°C. „So haben wir einen Mittelweg eingeschlagen zwischen dem energieoptimalen Betrieb der Wärmepumpe und der hohen Vorlauftemperatur, mit der Lufterhitzer normalerweise betrieben werden.“ Der Betrieb der Lufterhitzer unter 50°C Vorlauftemperatur ist möglich, weil die Geräte nun keine volle Heizleistung erbringen müssen, sondern ihr Heizregister ausschließlich zum Temperieren der Zuluft dient. Für die Fußbodenheizung wären die 42°C jedoch ungewöhnlich warm, daher wird das warme Wasser gemischt, bis es eine Vorlauftemperatur von 28 bis 32°C hat.
Wärmepumpenlösung rechnet sich in sieben Jahren
Trotz der ungewöhnlichen Betriebsbedingungen arbeitet die Wärmepumpe mit einer Leistungszahl (COP) von etwa 4,3. Im Frühling und im Herbst, wenn die Heizleistung geringer ist, erreicht die Wärmepumpe sogar eine deutlich bessere Energieeffizienz. Der ESEER-Wert liegt etwa bei 6. Sie bietet gegenüber einer Erdgasheizung ein hohes Einsparpotenzial: Gleichbleibende Gaspreise angenommen, wird in nur sieben Jahren so viel an Betriebskosten gespart, dass die Investitionsmehrkosten für die Wärmepumpe und die Fußbodenheizung kompensiert sind. Die höheren Investitionen sind vor allem in der erforderlichen Niedertemperaturheizung (Betonkernaktivierung) begründet. Steigt der Gaspreis, sieht die Rechnung noch günstiger aus.
Der blaue Wärmetauscher von GEA-„Ecoflex“ trennt den Wasserkreislauf des Kaltwassernetzes vom Netz der Fußbodenheizung und beugt so einer Verschlammung vor.
Klimaneutral heizen dank Sonnenstrom
Ein Plus an Umweltfreundlichkeit konnte OBI auf dem Dach des Waldshuter Marktes umsetzen: Die riesige Fläche bietet Platz für eine Photovoltaikanlage (PV), die etwa 220 kW Peak-Leistung hat. „Die im Jahresverlauf zeitversetzt ins Netz gespeiste Strommenge entspricht etwa dem Bedarf an elektrischer Energie für den Antrieb der Wärmepumpe“, erläutert Oberle. Daher arbeitet die Heizung sozusagen CO2-neutral, denn es fallen nicht nur die lokalen CO2-Emissionen der Gasheizung weg, der Sonnenstrom ersetzt außerdem in der Energiebilanz konventionell – also im Kraftwerksmix erzeugte – elektrische Energie.
Komfortgewinn durch die Kühlfunktion
Schelle zu weiteren Vorzügen der Niedertemperaturheizung mit Wärmepumpe: „Diese Art des Heizens, die in großflächigen Handelshäusern eher selten angewendet wird, bietet einen hohen Komfort. Der gesamte Betonboden gibt eine wohltuende Strahlungswärme an den Raum ab, ganz im Gegensatz zu der sonst üblichen Warmluftheizung. Unsere Kunden und Mitarbeiter schätzen dieses Raumklima sehr.“ Die umgesetzte Haustechnik bietet einen weiteren Vorteil: Dank des Kaltwassers steht auch eine Kühlfunktion bereit. Hierzu wird das Wasser in der Technikzentrale gemischt, bis es eine Vorlauftemperatur von etwa 17°C hat. Das ist wichtig, um Kondenswasser auszuschließen. „Wenn mehr Kühlleistung erforderlich ist, kann OBI die Vorlauftemperatur auch noch ein wenig absenken“, versichert Oberle. „Taupunktwächter sorgen dafür, dass Bausubstanz und Ware keinen Schaden nehmen.“
Saubere Bilanz - Die Photovoltaikanlage auf dem Dach speist im Jahresverlauf etwa so viel Strom in das Netz ein, wie die Wärmepumpe zum Antrieb benötigt.
Auch bei der Kühlung gestalten sich die Kosten attraktiv, denn der Preis je m³ des Kaltwassers ist deutlich niedriger als die Kosten für die Kaltwassererzeugung in einem Chiller. „Und effektiver“, ergänzt Planer Oberle und überschlägt im Kopf den Quotient aus Kühl- und Pumpleistung: „Beim Kühlen beträgt der COP etwa 30.“
Autor: Ralf Dunker, München
Bilder: GEA-Happel Klimatechnik GmbH, Herne
www.gea-happel.de