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Alles, was Recht ist

Eine Auswahl an Urteilen rund um Auto, Verkehr und Straße

Bild: AdobeStock - Photo 5000

Eine Beschädigung an einem geleasten Fahrzeug kann unangenehme Folgen nach sich ziehen. Bild: Fotolia - phanuwatnandee

Gesetze regeln das Miteinander im Straßenverkehr. Wer gegen sie verstößt, muss mit Strafen rechnen. Bild: IKZ

Springt die Ampel von Grün auf Gelb, sollte man besser nicht in die Kreuzung hineinfahren. Bild: project-photos - Reinhard Eisele

 

Wer im Recht ist, kann es sich leisten, die Ruhe zu bewahren; und wer im Unrecht ist, kann es sich nicht leisten, sie zu verlieren! Diese Aussage, die einst Mahatma Ghandi getroffen hat, ist damals wie heute gültig. Das gilt auch dann, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Hier kann schnell die Frage aufkommen, was im Einzelfall rechtens ist und welche Konsequenzen im Zweifelsfall drohen. Ein Blick auf die aktuelle Rechtsprechung hilft dabei, sich gesetzeskonform zu verhalten.

Handy in der Hand – Geldbuße?
Das bloße Halten eines Mobiltelefons nach § 23 Abs. 1a StVO (Straßenverkehrsordnung) erfüllt bereits den Tatbestand der vorschriftswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes. Diese Auffassung vertrat ein Amtsgericht und verurteilte einen Autofahrer deshalb zu einer Geldbuße von 100 Euro. Dieser hatte während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand gehalten. Auch wenn nicht klar festgestellt werden konnte, ob der Fahrer tatsächlich gesprochen hat, war das Gericht überzeugt, er habe das Mobiltelefon „benutzt“. Das OLG Celle (Oberlandesgericht) folgte dieser Auffassung nicht (Beschluss vom 7. 2. 2019 - 3 Ss (OWi) 8/19)
In der Fachliteratur ist nach der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO noch umstritten, ob bereits das bloße Halten eines elektronischen Gerätes ausreicht, um ein Bußgeld zu verhängen. Zwar regelt die Vorschrift, unter welchen Bedingungen ein elektronisches Gerät während der Fahrt benutzt werden darf und verbietet, es hierzu aufzunehmen oder zu halten. Fehlt jedoch das Element der Benutzung, ist das Aufnehmen oder Halten nicht verboten, solange der Fahrer das Gerät nicht bedient, um zu kommunizieren, zu organisieren oder um Informationen abzurufen.

Hohes Haftungsrisiko bei Unfall mit geleastem Fahrzeug
Wer ein Fahrzeug finanziert oder least, ist lediglich der Halter eines Autos. Ist der Eigentümer eine Leasinggesellschaft, kann die Versicherung im Falle eines Unfalls unter Umständen den Halter oder Fahrer eines Autos in Regress nehmen. Eine Versicherung springt in diesem Fall nicht ein. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.
Als Eigentümerin des Fahrzeugs kann die Leasinggesellschaft zudem Schadensersatzansprüche gegen den Unfallgegner des Halters geltend machen. Während Gerichte und Versicherungen oftmals allen Unfallbeteiligten eine Mitschuld zusprechen und die Schäden in Quoten aufteilen, muss sich die Leasinggesellschaft in diesem Fall weder das Mitverschulden des Halters bzw. des Fahrers am Unfall noch die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs anrechnen lassen. Damit kann die Versicherung des Unfallgegners nach Regulierung des vollen Schadens das Geld unter Gesamtschuldnergesichtspunkten vom Fahrer beziehungsweise dem Halter eines geleasten Fahrzeugs zurückfordern. In diesem Fall springt weder die Vollkaskoversicherung noch die Haftpflichtversicherung ein.
Auch die gegebenenfalls zusätzlich für Leasingfahrzeuge abgeschlossene Differenz- oder GAP-Deckung1) ist laut Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hier nicht eintrittspflichtig. Für Halter von geleasten Fahrzeugen bestehen damit erhebliche und unüberschaubare Haftungsrisiken.

Fahrzeug versperrt die Hofeinfahrt – einfach wegschieben?
Das Amtsgericht München hatte darüber zu entscheiden, ob ein Anwohner ein unverschlossenes Fahrzeug beiseiteschieben durfte, das die Zufahrt zu seiner Garage versperrte. Weil dabei das Automatikgetriebe des in der Einfahrt abgestellten Autos beschädigt wurde, klagte der Fahrzeugeigentümer auf Schadenersatz.
Im konkreten Fall hielt der Kläger mit seinem älteren Automatik-Wagen samt Anhänger direkt vor einer Hofeinfahrt. Während er mit einem Helfer einen privat gekauften Schrank abholte, kam ein Anwohner mit seinem Fahrzeug und wollte über die Hofeinfahrt zu seiner Garage fah­ren. Er stieg in das fremde, die Einfahrt versperrende Auto ein, dessen Fahrertür nicht verschlossen war, stellte das Automatikgetriebe von P auf N, schob das Gefährt samt Anhänger zur Seite und zog die Handbremse an. Der Zündschlüssel des Autos steckte dabei nicht im Schloss. Kurz darauf kam der Eigentümer zu seinem Fahrzeug zurück. Bei der späteren Weiterfahrt bemerkte der Fahrer, dass das bis dahin intakte Getriebe durch das Schalten bei abgezogenem Zündschlüssel beschädigt worden war. Weil er für Reparatur und Mietwagen 1332,94 Euro bezahlen musste, klagte er.
Das Amtsgericht München (Az. 132 C 2617/18) wies die Klage auf Schadenersatz wegen fehlender Anspruchsgrundlage ab. Das Verhalten des Beklagten war nach Auffassung des Gerichts durch besitzrechtliche Selbsthilfe gedeckt. Deshalb habe der Anwohner nicht widerrechtlich, sondern lediglich fahrlässig gehandelt. Es sei nicht für jeden offensichtlich gewesen, dass das fremde Auto durch das Umstellen des Schalthebels auf Fahrt und das anschließende Wegschieben beschädigt werden würde. Der Kläger dagegen störte den Anwohner in dessen Besitzrecht an seiner Garage, weshalb der Beklagte zur Selbsthilfe greifen durfte. Diese unterliegt allerdings den Schranken des Übermaßverbotes. Weil jedoch nicht ersichtlich war, wann der Kläger zum Auto zurückkommen würde und auch keine sofortige Erreichbarkeit über eine hinterlegte Handynummer gegeben war, musste der Beklagte nicht abwarten, wann der Kläger zum Auto zurückkommen würde.

Haftung bei Kollision mit Poller
Eine Gemeinde hatte hinter dem Einmündungsbereich einer mit einem Sackgassenschild ausgewiesenen Straße drei etwa 40 cm hohe Betonpoller als Durchfahrtssperre aufgestellt. Dabei waren lediglich die äußeren beiden Poller mit jeweils drei Reflektoren versehen.
Ein Autofahrer fuhr mit seinem Fahrzeug gegen den mittleren Betonpoller. Er verklagte die Gemeinde, weil sie gegen die Straßenverkehrssicherungspflicht verstoßen habe. Das Landgericht Braunschweig gab ihm Recht und verurteilte die Gemeinde nicht nur zu einer Schadensersatzleis­tung, sondern bewertete das Mitverschulden des Fahrers mit lediglich 25 %.
Das Oberlandesgericht Braunschweig bestätigte das Urteil (10. 12. 2018 - 11 U 54/18). Es war der Auffassung, die Gemeinde hätte die zur Verkehrsberuhigung dienenden Poller mittels Markierungen und ausreichender Beleuchtung gut sichtbar aufstellen müssen. Gerade Poller mit einer geringen Höhe von ca. 40 cm seien aus dem Sichtwinkel des Autofahrers nur schwer zu erkennen. Außerdem bestätigte ein Sachverständigengutachten anhand von Videosequenzen, dass der mittlere und der rechte Poller für einen Rechtsabbieger unabhängig von der Geschwindigkeit auch bei Tageslicht nicht erkennbar waren. Im Übrigen konnte der Autofahrer dem Sackgassenschild nicht entnehmen, dass die Straße durch Poller versperrt sein würde. Somit habe die beklagte Gemeinde in eklatanter Weise gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstoßen.

Bei Gelb über die Kreuzung
Ist es trotz Vollbremsung nicht möglich, vor der Haltelinie anzuhalten, sobald eine Ampel Gelb zeigt, fahren viele Autofahrer noch über die Kreuzung. Mit der Frage, ob das Überfahren der Haltelinie ein entscheidendes Kriterium ist, haben sich bereits Gerichte verschiedener Instanzen befasst. Dabei lautet die Regelung in der Straßenverkehrsordnung: „Vor der Kreuzung auf das nächste Zeichen warten“ (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 StVO).
Bei einem vor dem 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm verhandelten Fall ging es am 30.5.2016 um ein erst­instanzliches Urteil des Landgerichts Dortmund. Der Kläger fuhr mit einem Motorroller auf der rechten von drei Fahrspuren und wollte eine Kreuzung überqueren. Dabei fuhr er in die Kreuzung, als das Ampelsignal von Grün auf Gelb wechselte. Aus der Gegenrichtung kam ihm ein Lkw entgegen, der an der Kreuzung links abbiegen wollte und deshalb die Fahrspur des Klägers queren musste. Die für den Beklagten geltende Ampel war ungefähr 0,5 Sekunden vor dem Erreichen der Haltelinie von Grün auf Gelb umgesprungen. Trotz Vollbremsung konnte der Fahrer des Motorrollers eine Kollision mit dem Sattelzug nicht mehr vermeiden.
Der Fahrer des Motorrollers trug Verletzungen davon, weshalb er vom Lkw-Fahrer und dessen Versicherung Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangte. Das Landgericht Dortmund und später auch das OLG Hamm (Urteil vom 30. 5. 2016 – 6 U 13/16) urteilten zugunsten des Motorrollerfahrers. Sein Mitverschulden wurde mit 30 % der Haftungsquote festgelegt. Dem Lkw-Fahrer sprachen die Gerichte ein Verschulden in Höhe von 70 % zu, da dieser nach Ansicht des Gerichts den Lastwagen mit einer normalen Bremsung vor der Ampel hätte anhalten können. Die Haltelinie sei dabei nicht das entscheidende Kriterium. Das für den Unfall ursächliche Einfahren des Klägers in den Kreuzungsbereich ohne auf den sich ebenfalls im Bereich der Kreuzung bewegenden Sattelzug zu achten, wurde dagegen als weniger gewichtig eingestuft.
Das zeigt: Wer die Haltelinie überquert, darf nicht in jedem Fall die Gelb zeigende Ampel passieren. Andernfalls kann es sein, dass er den Querverkehr gefährdet. Somit sollte man beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb unbedingt anhalten, wenn das mit einer normalen Bremsung möglich ist. Wer aber nach einem Wechsel der Lichtzeichen von Grün auf Gelb in eine Kreuzung einfährt, obwohl mit einer normalen Bremsung ein Stoppen zwar erst nach der Haltelinie, jedoch noch vor der Ampel möglich ist, verstößt schuldhaft gegen diese Regelung.

Vollbremsung aus dem Nichts
Bei einem Auffahrunfall liegt erst einmal die Vermutung nahe, dass der Auffahrende zu schnell, unaufmerksam oder ohne den erforderlichen Abstand unterwegs war. Allerdings kann den Vorausfahrenden eine Mitschuld treffen. So hatte ein Autofahrer stark abgebremst, um in seine Hauseinfahrt einzubiegen. Während zwei nachfolgende Fahrer gerade noch abbremsen konnten, fuhr ein dritter Fahrer auf das vor ihm fahrende Auto auf. Das Oberlandesgericht Oldenburg sprach in seinem Urteil dem Auffahrenden einen Anteil von 2/3 und dem Abbremser von 1/3 am Unfallverschulden zu (26. 10. 2017 - Az. 1 U 60/17). Schließlich müsse ein Autofahrer immer mit einem abrupten Anhalten eines vorausfahrenden Fahrzeugs rechnen. Das sei den beiden vorausfahrenden Autos gelungen.
Allerdings treffe in diesem Fall auch den Abbremser ein erhebliches Mitverschulden, weil er laut Zeugenaussagen ohne Blinken eine „Vollbremsung aus dem Nichts“ heraus gemacht habe. Vorangegangen war ein Überholversuch seines Hintermannes, durch den er sich provoziert gefühlt habe. Weil er den nachfolgenden Fahrer durch das plötzliche Abbremsen maßregeln wollte, sei er an dem Auffahrunfall zu 1/3 mitschuldig urteilte das Gericht.

Autorin: Carola Tesche, freie Journalistin

 

1) Die GAP-Deckung schließt die Lücke zwischen Wiederbeschaffungswert und den aus einem Leasingvertrag entstehenden Restbeträgen.

 


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