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Alles was Recht ist

Fragen und Antworten rund um die dreieinhalb Jahre währende Ausbildung (Teil 1)

Seinen Urlaub möchte wohl jeder gerne frei wählen. Aber der Betrieb hat ein Wörtchen mitzureden.

Mit klaren Regeln, die jeder kennt, kommt man gut durch Ausbildungszeit. Bild: ZVSHK

Ohne geht’s nicht: der Ausbildungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Auszubildendem.

 

Im August beginnt das neue Ausbildungsjahr und für Auszubildende ein neuer Lebensabschnitt mit neuen Aufgaben und Herausforderungen. Wer dann weiß, was man muss und was nicht, findet sich besser zurecht und verhindert Konflikte. Deshalb sollten Auszubildende ihre Rechte und Pflichten kennen. Als Orientierungshilfe haben wir immer wiederkehrende Fragestellungen aus dem Ausbildungsalltag in einer Serie zusammengestellt. Im ersten Teil stehen der Ausbildungsvertrag, die Probezeit und der Urlaub im Fokus.

Was regelt mein ­Berufsausbildungsvertrag?
Zur Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses ist der schriftliche oder mündliche Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden erforderlich. Obwohl der Berufsausbildungsvertrag zunächst auch mündlich geschlossen werden kann, sind unverzüglich nach Abschluss des Vertrags, spätestens vor Beginn der Ausbildung, die wesentlichen Inhalte schriftlich niederzulegen und von dem Ausbildenden und dem Auszubildenden zu unterschreiben. Ist der Auszubildende noch nicht volljährig, hat also das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, ist auch die Unterschrift der Eltern oder Erziehungsberechtigten erforderlich.
Der Ausbildungsvertrag muss bestimmte Mindestangaben enthalten. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestinhalt umfasst:

  • Art, sachliche und zeitliche Gliederung (Ausbildungsplan) sowie Ziel der Berufsausbildung, insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll,
  • Beginn und Dauer der Berufsausbildung,
  • Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte,
  • Dauer der regelmäßigen, täglichen Ausbildungszeit,
  • Dauer der Probezeit,
  • Zahlung und Höhe der Vergütung,
  • Dauer des Urlaubs sowie
  • Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann.

Wo finde ich wichtige Vorschriften in Sachen Ausbildung?
Wichtige Vorschriften zum Thema Ausbildung enthalten u. a.

  • das Arbeitszeitgesetz (ArbZG),
  • das Berufsbildungsgesetz (BBiG),
  • das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG),
  • die Handwerksordnung (HwO) und
  • das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).

Häufig gibt es auch Tarifverträge, die bestimmte Regelungen für Auszubildende treffen. Hierbei ist zu beachten, dass für Auszubildende der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche in Deutschland kein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag existiert. Grundsätzlich gelten solche Tarifverträge daher nur unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise dann, wenn der jeweilige Tarifvertrag im Ausbildungsvertrag vereinbart wird.

Wie lange dauert die Probezeit?
Eine Probezeit von mindestens einem und höchstens vier Monaten ist für jedes Berufsausbildungsverhältnis vorgeschrieben (§ 20 BBiG). In dieser Zeit sollen sich beide Seiten darüber klar werden können, ob sie die richtige Wahl getroffen haben. Daher kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit sowohl von den Ausbildenden als auch von den Auszubildenden ohne Angabe von Gründen und ohne Einhalten einer Frist schriftlich gekündigt werden.
Eine Verlängerung der Probezeit über vier Monate hinaus ist grundsätzlich nicht möglich. Nur in wenigen Ausnahmefällen, beispielsweise wenn die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen wird, kann sich die Probezeit um diesen Zeitraum verlängern.
Beispiel: Das Ausbildungsverhältnis beginnt am 1. 8. 2017. Im Vertrag wurde eine Probezeit von vier Monaten vereinbart, sodass die Probezeit laut Vertrag am 30. 11. 2017 ausläuft. Der Auszubildende erkrankt während der Probezeit insgesamt sechs Wochen. Die Probezeit kann sich hier entsprechend verlängern. Keine Verlängerung wäre allerdings möglich, wenn der Auszubildende nur drei Wochen erkrankt.
Meist enthalten die Ausbildungsverträge eine Regelung, wonach sich die Probezeit bei längeren Unterbrechungen automatisch verlängert: „Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.“

Wie viel Urlaub steht mir zu?
Sofern nicht günstigere tarifvertragliche Regelungen bestehen und im konkreten Fall gelten, ergibt sich der Mindesturlaubsanspruch für Jugendliche aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz und für Erwachsene aus dem Bundesurlaubsgesetz.
Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch für Jugendliche beträgt gem. § 19 JArbSchG:

  • noch nicht 16 Jahre alt: mindestens 30 Werktage,
  • 16 Jahre alt: mindestens 27 Werktage,
  • 17 Jahre alt: mindestens 25 Werktage.

Erwachsene (ab 18 Jahre) haben einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen. Wer zu Beginn des Kalenderjahres schon 18 Jahre und älter ist, erhält Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Wer aber erst im Laufe des Kalenderjahres 18 Jahre alt wird oder wurde (z. B. am 1. 3. 2017), gilt 2017 urlaubsrechtlich noch als Jugendlicher, erhält also 25 Werktage Urlaub.
Der gesetzliche Mindesturlaub wird sowohl im Jugendarbeitsschutzgesetz als auch im Bundesurlaubsgesetz in Werktagen angegeben. Werktage sind alle Tage außer Sonn- und gesetzliche Feiertage, also auch Samstage. Daher werden die Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche entsprechend herabgesetzt.
Beispiel: Der 19-jährige Auszubildende erhält nach dem Gesetz 24 Werktage Urlaub. In dem Ausbildungsbetrieb besteht allerdings nur eine 5-Tage-Woche. Der Azubi hat daher einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen. Rechnung:
24 : 6 (Werktage) = 4
4 x 5 (Arbeitstage) = 20 Urlaubstage.
Dem Auszubildenden kann darüber hinaus natürlich mehr Urlaub, beispielsweise nach den jeweils gültigen Tarifverträgen, gewährt werden. Dies ist dann im Berufsausbildungsvertrag festzulegen.

Wann darf ich Urlaub nehmen?
Der Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach Erfüllung der Wartezeit. Die Wartezeit beträgt 6 Monate ab Vertragsbeginn. Der Betrieb kann auch schon in der Wartezeit Urlaub gewähren, er muss es aber nicht. Bereits genehmigter Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht einseitig wiederrufen werden.
Den Zeitpunkt des Urlaubs bestimmt der Ausbildungsbetrieb, wobei die Wünsche des Auszubildenden zu berücksichtigen sind. Bei Jugendlichen, also Auszubildenden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soll der Urlaub während der Berufsschulferien gewährt werden (§ 19 Abs. 3 JArbSchG).
Der Auszubildende ist in keinem Fall berechtigt, eigenmächtig Urlaub anzutreten. Der eigenmächtige Urlaubsantritt ist eine Vertragsverletzung, die den Ausbildenden zur Abmahnung und im Einzelfall sogar zur fristlosen Kündigung berechtigt. Daher sollte immer versucht werden, Konfliktsituation in Sachen Urlaub gemeinsam zu lösen.

Steht mir in bestimmten Fällen Sonderurlaub zu?
Sonderurlaub hat nichts mit dem regulären Urlaubsanspruch zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine Freistellung von der Arbeitspflicht, die der Ausbilder unter bestimmten Umständen zusätzlich gewährt. Dabei gibt es auch keine Sonderregeln für Azubis. Stattdessen gilt für alle Arbeitnehmer und Auszubildende § 616 BGB.
Aus § 616 BGB geht hervor, dass ein Arbeitnehmer kurze Zeit von der Arbeit abwesend sein darf. Der Grund dafür muss immer persönlich sein. Was das für Gründe sein können, regelt § 616 BGB aber nicht genau. Vielmehr haben sich in der Praxis einige Anlässe etabliert, wegen denen Beschäftigte bezahlt der Arbeit fern bleiben können. Normalerweise wird Sonderurlaub bei wichtigen familiären Ereignissen gewährt, z. B.:

  • die eigene Hochzeit,
  • die Beerdigung eines nahen Angehörigen,
  • die Geburt eines Kindes,
  • auch schwere Erkrankungen naher Angehöriger gelten i. d. R. als ausreichender Grund für Sonderurlaub,
  • ebenso die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten wie die Vorladung zu einem Gerichtstermin
  • oder die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter beziehungsweise Schöffe.

Wenn ein Tarifvertrag diese Fälle regelt, so ist diese Regelung meist abschließend. Das heißt: Nur für das, was im Tarifvertrag genannt wird, gibt es eine bezahlte Freistellung.

Autorin: Rechtsanwältin Felicitas Floßdorf; sie arbeitet im SHK-Handwerksverband NRW (Fachverband SHK NRW)

 


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