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Abwasserwärme birgt erhebliche Potenziale

Kühlt man im Winter 12-gradiges Abwasser auf 10°C ab, liefern diese 2 Kelvin Temperaturdifferenz einen Ertrag von gut 2 kWh/m³. Die relativ hohe Wärmequellen-Temperatur verspricht in Verbindung mit einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe zudem einen COP um 5. Die Heizkosten reduzieren sich dadurch erheblich. Ein Pilotprojekt in Oldenburg will offene Fragen hinsichtlich Auslegung und Betrieb der Anlagen in der Praxis ausloten.

15m Taucherbleche liefern bis 50 kW.

Mit einem COP um 5 beheizt die Abwasser-Wärmepumpe die vier Etagen (inklusive beheiztes Untergeschoss) des Instituts für Rohrleitungsbau, ein An-Institut der Fachhochschule Oldenburg.

Eintritt ins IRO-Gebäude mit Anschluss an die Wärmepumpe (links).

 

Die Nutzung der Abwasserwärme bedarf einer sorgfältigen Planung. So bedarf die Erlaubnis zur Anbindung an das unterirdische Energiereservoir der Zustimmung der Behörden und Institutionen – und zwar nicht nur des Wasser/Abwasser-Versorgers. Unter Umständen, je nach Lage des Kanals und des Grundstücks, müssen ebenfalls das Ordnungs- oder Verkehrsamt die Baumaßnahme bewilligen. Einfach deshalb, weil die Mehrheit der Kanäle nun mal in Straßen liegen und die Brücke zur Wärmepumpe ins Haus Straßenbauarbeiten voraussetzt.

Als das IRO Institut für Rohrleitungsbau, Oldenburg, in Zusammenarbeit mit dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband OOWV solch eine Anlage zur Beheizung des vierstöckigen IRO-Gebäudes andachte, legte ihnen die Stadt jedoch keine Steine in den Weg, obwohl die zuständige Behörde die viel befahrene innerstädtische Ofener Straße auf einer Länge von vielleicht 50m verengen musste. Da dieses Nadelöhr auch weiterhin Gegenverkehr zuließ, stand einer Installation nichts im Wege. Allerdings machte die Kommune Auflagen hinsichtlich des Zeitpunkts der Baggerarbeiten: im Dezember mit relativ dünnem Verkehr.

Das Projekt, das komplett 120.000 Euro kostete, wird in den nächsten zwei Jahren wissenschaftlich vom IRO und von Studierenden des Rohrleitungsbaus an der Jade-Hochschule Oldenburg begleitet. Dabei geht es unter anderem um die Frage der Energieeffizienz von strömenden Medien, ferner um die Betriebssicherheit – etwa bezogen auf den Wärmetauscher im Abwasserrohr, der eventuell durch Kanalreinigungsarbeiten beschädigt werden könnte –, natürlich ebenfalls um die Optimierung der verschiedenen Komponenten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kanalfüllung: Wie sollten Speicher und Wärmepumpe dimensioniert sein, um die Taktzahl niedrig zu halten?

Überlegenswert ab etwa 50 kW

Die Boos Haustechnik GmbH, Varel, verantwortet im Pilotprojekt die angeschlossene Haustechnik. Die entsprechende Schnittstelle zu den Tiefbau- und Kanalarbeiten ist letztlich ein Schieber am Eingang in die Technikzentrale des IRO-Gebäudes. Für Geschäftsführer und Planer Jens Tammen indes ist eine Trennung der Zuständigkeiten nichts Unübliches. Man müsse sich vielleicht ein wenig mehr mit den verschiedenen Beteiligten abstimmen. „Der Wärmetauscher liegt außerhalb unseres Bereichs. Die gebogenen Hohlbleche im Kanal müssen allerdings eine Mindestleis­tung zulassen. Wir benötigen einen Mindestdurchfluss, sonst friert uns die Wärmepumpe ein. Folglich muss ein Strömungswächter den Durchfluss kontrollieren und eventuell die Wärmepumpe ausschalten.“

Die Tauscherstrecke im Kanal hat eine Länge von 15 m und besteht aus einzelnen Edelstahl-Segmenten. Die wurden über den Kanalschacht in die Abwassertrasse, Nennweite 1,20 m, eingebracht, zusammengesteckt und auf der Sohle verlegt.

Für Projektleiter Mike Böge vom IRO bietet eine Großstadt wie Oldenburg mit einem 835 km langen Kanalnetz noch genügend weitere Möglichkeiten, die strömende Wärme unterhalb der Straßen für Heizzwecke wirtschaftlich einzusetzen, etwa für Schulen, Sporthallen, größere Gebäude mit entsprechend hohem Energiebedarf. „Es kommt einiges an Peripherie zusammen. Wirtschaftlich gesehen dürften sich solche Systeme ab etwa 50 kW rechnen. Redundanz in Form eines Spitzenlastkessels ist ja ebenfalls notwendig.“

www.boos-varel.de

www.iro-online.de

 


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