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Ablängen statt abschlagen - Wird die „HD“-Technologie in der Pelletproduktion Standard?

Die ersten Pelletproduzenten produzieren bereits mit der HD-Technologie. In Zukunft könnte die Technologie in der Pelletproduktion ein Standard werden, da sich die Brennstoffqualität als besser erweist.

Die neue Zauberformel in der Pelletproduktion heißt HD. Erste Unternehmen (wie ante Holz­pellets) setzen diese Technik bei der Produktion bereits ein und haben ihre Pressen umgerüstet. Bild: Koop

Welche Kräfte beim Abschlagen der Holzpellets wirken, zeigen deutliche Spuren im Eisen der Brecherleisten. Nicht ohne Folgen für die Pellets selbst: Sie werden weiter zerkleinert und zeigen Spuren von Rissen. Bild: HD Pelletstechnologie

Zufallsgenerator Brechleisten: Die Technik des Abkappens von Pelletsträngen über Brecherleisten wurde von der Pelletproduktion aus der Futtermittelproduktion übernommen, ist aber für sie nicht adäquat. Denn im Gegensatz zum Futtermittel kommt es beim Brennstoff Holzpellets sehr wohl auf optimale Längen an. Die kann diese Technik aber nicht gewährleisten. Bild: HD Pelletstechnologie

Mit der „HD“ Pelletstechnologie sollen statt bisher 45 % nun 75 % im idealen Längenbereich bei der Holzpelletproduktion liegen. Das hat große Auswirkungen nicht nur auf die Produktion, sondern auf den gesamten Markt. Bild: HD Pelletstechnologie

Ist links („HD“) der neue Standard? Die Wissenschaft gibt jedenfalls Recht. Und die ersten prominenten Produzenten ließen sich bereits überzeugen. Bild: HD Pelletstechnologie

Auch die Wissenschaft gibt „HD“ Recht. Die Längenverteilung ist besser, sagt eine Untersuchung des TFZ. Daraus resultieren ein besseres Brennverhalten und weniger Emissionen. Bild: „HD“ Pelletstechnologie

 

Bekannt ist in der Pelletbranche schon lange, dass die einst aus der Futtermittelindustrie übernommene Presstechnik für die Produktion von Holzpellets eigentlich nicht genügt. In vielen Berichten über die Pelletproduktion ist zu lesen, dass sie am Ende in der Presse auf passende Länge „abgeschnitten“ würden. In Wahrheit geht es in der Presse ganz anders, nämlich ziemlich ruppig zu. Wenn die frisch gepressten Pellets wie Spaghetti aus der Pressform (Matrize) sprießen, werden sie von Brecherleisten abgeschlagen. Für Futtermittelpellets ist das ok. Für einen modernen Brennstoff ist es problematisch.
Die Rohmasse wird in der Presse durch eine Ringmatrize gepresst und sie tritt in Form von Strängen radial nach außen. Die Brecherleisten schlagen die Pellets von den Strängen ab, während sie rotieren. Jedes Pellet ist noch heiß und weich. „Die schlagartige Kappung beschleunigt es, bis es an die nächste Brecherleiste prallt und ausgeschleudert wird“, schildert Kai Borgstädt, Mitgesellschafter der HD Pelletstechnologie GmbH & Co KG. Mit welcher Wucht das geschieht und welche Kräfte wirken, davon zeugen Spuren. Die frischen Presslinge schlagen bei voller
Rotationsgeschwindigkeit mit elffachen g-Kräften gegen die Brecherleisten. Die Abdrücke der gegen die Brecherleisten schlagenden Pelletreihen sind gut zu erkennen. Es gibt Bruch und rissige Pellets. „Es ist in der Produktion für Holzpellets eine nur bedingt geeignete Kapptechnik im Einsatz, die schon in der Produktion unnötig viele kurze und rissige Pellets sowie Bruch und Staub entstehen lässt“, sagt Borgstädt.

Risse im Kopf

Die Risse entstehen gehäuft im vorderen „Kopfbereich“. Diese Bruchflächen erhöhen die Reibung in Schüttungen und somit, wenn diese bewegt werden, den Abrieb, z.B. bei Umschlägen in der Transportkette oder beim Einblasen der Holzpellets aus dem Silotankfahrzeug in das Brennstofflager des Heizungsbesitzers.
Zu unterschätzen ist das Problem nicht, wenn man sich klar macht, wie groß die Kopf-Flächen einer durchschnittlichen Tonne Holzpellets zusammengerechnet sind. „1 Tonne konventioneller Pellets besteht im Mittel aus etwa 2,2 Mio.Stück. Sie besitzen eine Gesamt-Stirnfläche von etwa 70 m²“, sagt Borgstädt. Damit die Vorgaben der Pellet-Norm und der Zertifizierungen ENplus sowie DINplus eingehalten bleiben, müssen die Pellets abgesiebt werden – was alle in gleicher Weise ärgert: die Produzenten, die Händler und, falls doch zuviel Abrieb entsteht, auch Verbraucher, die sich gegebenenfalls mit streikenden Heizungen herumärgern, weil die Transportsysteme verstopfen.

Krux mit kurz & lang

Hinzu kommt, dass Holzpellets keinesfalls zu kurz oder zu lang sein dürfen. Hintergrund: Der Ideallängenbereich (auch Sollbereich genannt) für ein gutes Holzpellet liegt zwischen etwa 14 bis 32 mm. Darin sollten die meisten Holzpellets liegen, denn bei dieser Länge ist eine gute Förderung zur und eine gute Verbrennung in der Brennkammer sicher. Weder zu kurze Pellets noch zu lange Pellets sind wünschenswert. Kurze Pellets und Feinanteile können Schnecken-Transportsysteme lahm legen. Bei Saugzugsystemen sind es wiederum zu lange Pellets, die die Förderung behindern können. Im Glutbett setzen sich die Probleme fort: Kürzere Pellets haben eine höhere Dichte und sie erzeugen im Brennraum im Glutbett kleinere Poren. Die Folge: Die Luftdurchlässigkeit des Glutbetts wird geringer oder schwankt. Die Heizung muss permanent auf die Schwankungen reagieren und die Einstellparameter nachregeln.
Ein weiterer Punkt: Sinkt die Luftdurchlässigkeit, verschlechtert sich die Verbrennung. Man kennt das vom Lagerfeuer, in dem die Scheite zu eng aufgestellt wurden – es qualmt und kokelt. Die Emissionen steigen, z.B. die Menge an Kohlenmonoxid (CO). Bei einer besseren Längenverteilung und zudem im Ideallängenbereich sinken die Emissionen. Die Pellet-Norm lässt aber eine Brandbreite zu, die über den Ideallängenbereich weit hinaus geht (3,15 bis 40 mm). Außerdem gibt sie keinen Mindestanteil für die Pellets vor, die sich im Ideallängenbereich befinden. Die ENplus-Zertifizierung hat die Vorgaben aus der Norm für den Längenbereich übernommen. Das Resultat kann sein, dass selbst ENplus-zertifizierte Pellets in der Praxis Ärger erzeugen können, obwohl sie alle Qualitätsvorgaben der Zertifizierung erfüllen. Ein Ärgernis für Borgstädt, weil auch ein Wettbewerbsnachteil: „Die Problematik ist, dass die herkömmliche Technik mit den Brecherleisten bei den Rundmatrizenpressen dazu führt, dass gute Produzenten sehr kurze Pellets produzieren müssen, um Überlängen zu vermeiden und dadurch ihr eigentliches Potenzial verschenken“, sagt er. „Denn je stabiler der Pelletstrang ist, desto näher müssen die Messer herangestellt werden“, erläutert er. Eine fatale Situation: „Stellt man die Messer etwas weiter von der Matrize weg, schleichen sich unvermeidbar lange Pellets zwischen den Brecherleisten durch. Geht man zur Sicherheit etwas näher an die Matrize heran, entstehen zunehmend kurze Pellets sowie Pelletbruch und Staub.“ Technisch bedingt müssten die besten Pellethersteller folglich die größten Qualitätseinbußen hinnehmen, weil ihre stabilen Endlosstränge am stärksten mechanisch beansprucht würden.

Hand & Fuß

Damit soll jetzt Schluss sein. Kai Borgstädt und Franz Blieninger gründeten im Mai 2014 die „HD“ Pelletstechnologie GmbH & Co KG. Mit ihrer Firma setzen sie das nun am Markt um, was ihnen schon lange im Kopf herumschwirrte: Die Holzpellets in der Presse nicht nur optimal, sondern auch millimetergenau zu längen. Das Ziel: deutlich mehr Pellets pro Charge im Ideallängenbereich als bisher.
Über eine zweijährige Entwicklungsphase brachten sie das „HD“-System zur Industrietauglichkeit. „HD“ steht für „Helix Design“. Auch technisch bleibt geheim, wofür die geheimnisvolle Bezeichnung steht: Es handele sich um ein geschlossenes System, in welchem die Pellets mit der Drehbewegung abgelängt würden. Das System bestehe aus Segmenten, die anstelle der Brecherleisten installiert werden, skizziert Borgstädt. Die „HD“-Technologie verspricht, Presslinge von einer Länge herzustellen, die zuvor auf den Millimeter genau eingestellt wurde. Der Fortschritt: Laut Borgstädt sind Pellets mit „HD“ produziert zu 75% im Ideallängenbereich. Mit der bisherigen Kapp-Technik sind es nur 45%.
Geheimhaltung hin oder her – die Praxis gibt dem Unternehmen Recht: Explizit mit den „HD“ Pellets hat sich das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) 2014 in seiner Studie: „Feuerungs- und fördertechnische Bewertung von Holzpellets mit verbesserten physikalischen Eigenschaften“ befasst. In der abschließenden Betrachtung der Untersuchung des TFZ heißt es wörtlich: „Einer der wesentlichen Vorteile des verbesserten Brennstoffes „HD“-Pellets liegt in seiner gleichmäßigen Pelletlänge und dem deutlich geringeren Feinanteil. Dadurch ist unter anderem mit weniger Abrieb während des Umschlagprozesses und der Beschickung zu rechnen. Bei der Verbrennung kommt es hinsichtlich des CO-Ausstoßes ebenfalls zu Vorteilen für die „HD“-Pellets, was auf die gleichmäßigeren Pelleteigenschaften zurückzuführen ist.“
Borgstädts und Blieningers Ziel ist, mit der „HD“-Technologie die guten Holzpellets am Markt hervorzuheben und noch besser zu machen. Das Unternehmen bietet sein System auch nur zur Miete an. „Ein interessierter Hersteller muss zu ‚HD‘ passen, d.h. die Qualität muss grundsätzlich sehr gut sein, der Produktionsstandort spielt eine Rolle, und der Betreiber muss ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein für sein Produkt haben und unserem technischen Ansatz samt strategischer Ausrichtung positiv gegenüberstehen. Ob ein interessierter Produzent zu einem ‚HD‘-Hersteller wird, ist also ein beiderseitiger Entscheidungsprozess, welchem wir gerne die nötige Zeit einräumen“, sagt Borgstädt. Bisher sind 6 Produktionsstätten mit einer Gesamtjahresproduktionskapazität von ca. 500000 Tonnen pro Jahr mit der „HD“-Technologie ausgerüstet. Verwender der „HD“-Technologie sind bislang die Produzenten ante-Holz, Schwaiger und Baust. Seit Kurzem auch die Werke von Binderholz in Kösching sowie die dänische Produktion von Dansk Traeemballage A/S in Ribe.

Neues Qualitätsmerkmal

Der Pelletmarkt wird mehr und mehr über den Preis bestimmt. Denn die Quellen mehren sich und das Zertifikat ENplus (genauso DINplus) ist zwar angetreten, die Qualitäten international vergleichbar zu machen, aber das ist auch eine Krux. Es weicht die vorherige Argumentation für Holzpellets – Brennstoff aus der Region – auf, weil es nun ENplus-Pellets überall auf der Welt gibt. Neu ist z.B., dass nun auch Pellets aus Nordamerika und osteuropäischen Ländern in den deutschen Wärme-Pelletmarkt fließen und mit den regional erzeugten Holzpellets konkurrieren. Die Handelsbarriere ist nur noch der Preis. Die lokalen Produzenten versuchen sich über neue Merkmale zu positionieren – auch weil sie gegen ungleichgewichtige Rohstoffpreise kämpfen.
Laut Borgstädt zeigen die ersten Erfahrungen aus der Praxis, dass der Abrieb in den Pelletwerken durch die Umstellung auf die „HD“-Technik deutlich reduziert wird. Er erreicht dies über Reduktion in der Stückzahl: „Eine Tonne ‚HD‘-Pellets besteht aus rund 1,4 Mio Pellets, bei 44 m² Stirnfläche. Das sind etwa 800000 Stück Pellets, oder 26 m² weniger pro Tonne als bei konventionellen Pellets.“ Weniger Stirnfläche bedeutet weniger Abriebfläche: Die messbare und sichtbare ‚HD‘-Qualität bleibt bis ins Kundenlager erhalten. Der Feinanteil im Kundenlager (<3,15 mm) liegt laut Borgstädt regelmäßig unter 1%. Die Norm gibt <1% im Lkw nach dem letzten Umschlag vor dem Einblasen ins Kundenlager vor. Der Feinanteil im Lager selbst hängt dann von der Pelletqualität und den Einblasbedingungen ab.

Ein Fazit

„HD“ ist ein System bisher obendrauf: Das HD-Qualitätssystem baut auf den bestehenden Zertifizierungsprogrammen auf. Jeder „HD“-Pellethersteller muss grundsätzlich nach den Anforderungen der DINplus oder ENplus-A1 zertifiziert sein. Zusätzlich gelten im „HD“-Qualitätssystem mit Abriebwerten kleiner 1,0% strengere Zielwerte. Der sauerländische Pelletproduzent ante Holz (ante-pellets) vermarktet „HD“ offensiv, um neue Alleinstellungsmerkmale im ENplus-Einerlei zu gewinnen („Optimaler Längenmix – bessere Verbrennung – reduzierte Emissionen – maximale Heizleistung“). Doch andere werden nachziehen. In Zukunft könnte die Technologie in der Pelletproduktion ein Standard werden, wenn sich die Qualität im Vergleich zur Qualität der Produktion mit Brecherleisten als vorteilhaft erweist. Nicht nur für den Produzenten, sondern für alle Teilnehmer. „Unsere Entwicklung auf dem Markt verläuft planmäßig“, berichtet Borgstädt. Was das Unternehmen auf jeden Fall tut: Es teilt den Markt. In Produzenten, die mit „HD“ produzieren und solche, die nicht „HD“ produzieren. Die ersten haben einen Vorsprung. Aber andere werden nachziehen. Müssen? Ja und Nein. Zugleich ist es die Chance, sich selbst und die ganze Branche zu verbessern.

Autor: Dittmar Koop

 


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