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Besonderer Schutz für besondere Orte

Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Praxisbeispiel: Freiverlegte nichtbrennbare gusseiserne Entwässerungsleitungen innerhalb einer Tiefgarage.

Beispiel einer geprüfte Rohrabschottung für waagerecht verlegte nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohre mit ABP P-MPA-E-05-032, hier von der Firma Saint-Gobain Isover. Bild: Saint-Gobain Isover

Brandschutz­technische Kapselung von brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungswegen.

Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen.

Tabelle 1: „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“.

Nichtbrennbare Leitungen, wie gusseiserne Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden. Bild: IKZ-Archiv

 

Für den Bau und Betrieb von Garagen bestehen in den Bundesländern Sonderbauverordnungen, die in starker Anlehnung an die Mus­ter-Garagenverordnung (M-GarVO) der ARGEBAU eingeführt wurden. In die aktuellen Überarbeitungen der Garagenverordnungen (GarVO) sind erstmals Auswirkungen aus besonderen Schadens-Ereignissen eingeflossen, insbesondere zu Brandschutzmaßnahmen von Leitungsanlagen. Die wichtigsten Anforderungen sind in diesem Beitrag zusammengefasst.

In erster Linie ist es notwendig, die wichtigsten Begriffe gemäß Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) zu kennen. Offene Garagen beispielsweise sind Garagen, „die unmittelbar ins Freie führende nichtverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, bei denen mindestens zwei sich gegenüberliegende Umfassungswände mit den ins Freie führenden Öffnungen nicht mehr als 70 m voneinander entfernt sind und bei denen eine ständige Querlüftung vorhanden ist“. Offene Kleingaragen sind per Definition Kleingaragen, „die unmittelbar ins Freie führende nichtverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben“. Garagen, die die Voraussetzungen für offene Garagen und offene Kleingaragen nicht erfüllen, werden als geschlossene Garagen definiert.
Oberirdische Garagen sind Garagen, deren Fußboden im Mittel nicht mehr als 1,50 m unter der Geländeoberfläche liegt. Garagen ohne Personen- und Fahrverkehr, in denen die Kraftfahrzeuge mit mechanischen Förderanlagen von der Garagenzufahrt zu den Garageneinstellplätzen befördert und ebenso zum Abholen an die Garagenausfahrt zurückbefördert, werden unter dem Begriff automatische Garagen gebündelt. Zu guter Letzt gibt es noch den Einstellplatz. Hierbei handelt es sich um eine Fläche, die dem Abstellen eines Kraftfahrzeuges in einer Garage oder auf einem Stellplatz dient.

Flächendefinition der Garagenarten
Die Nutzfläche einer Garage ist die Summe aller miteinander verbundenen Flächen der Garageneinstellplätze und der Verkehrsflächen. Die Nutzfläche einer automatischen Garage ist die Summe der Flächen aller Garageneinstellplätze. Einstellplätze auf Dächern (Dacheinstellplätze) und die dazugehörigen Verkehrsflächen werden der Nutzfläche nicht zugerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Es sind Garagen mit einer Nutzfläche…

  • …bis 100 m² Kleingaragen.
  • …über 100 m² bis 1000 m² Mittelgaragen.
  • …über 1000 m² Großgaragen.

Rauch- und Brandabschnitte gemäß § 11 der M-GarVO
Geschlossene Garagen, ausgenommen automatische Garagen, müssen durch mindestens feuerhemmende, aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehende Wände in Rauchabschnitte unterteilt sein. Die Nutzfläche eines Rauchabschnitts darf in oberirdischen geschlossenen Garagen höchs­tens 5000 m², in sonstigen geschlossenen Garagen höchstens 2500 m² betragen. Sie darf höchstens doppelt so groß sein, wenn die Garagen Sprinkleranlagen haben. Ein Rauchabschnitt darf sich auch über mehrere Geschosse erstrecken.
Garagenflächen sind grundsätzlich von anderen Nutzungen brandschutztechnisch zu trennen (z. B. brandschutztechnische Trennung zwischen Garagen- und Wohnbereich durch F90-Decken). Für Leitungsanlagen in Garagen gelten die Anforderungen der Leitungsanlagen-Richtlinien der Länder. Die Abschottungen müssen entsprechend der geforderten Feuerwiderstandsdauer der Bauteile ‒ gemäß dem projektspezifischen Brandschutzkonzept ‒ ausgeführt werden. Nach der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR), Fassung November 2005, sind beispielsweise Abschottungen von Abwasserleitungen entweder nach den entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen (Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen (Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen.

Rettungswege gemäß § 13 der M-GarVO
Im Baurecht spricht man von Rettungswegen und meint damit in der Regel sowohl Wege zur Eigen- als auch zur Fremdrettung (Flucht- und Rettungswege). Wichtige Festlegungen hinsichtlich der Zahl und der Ausbildung von Rettungswegen befinden sich in der Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002. Nach § 33 „Erster und zweiter Rettungsweg“ Abs. 1 gelten folgende Anforderungen: „Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum, wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen“. Bei der Forderung nach zwei voneinander unabhängigen Rettungswegen geht man davon aus, dass bei einem Brand einer der beiden Flucht- und Rettungswege ausfallen kann (Redundanz).
Jede Mittel- und Großgarage muss in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege nach § 33 Abs. 1 MBO haben. In oberirdischen Mittel- und Großgaragen genügt ein Rettungsweg, wenn ein Ausgang ins Freie in höchstens 10 m Entfernung erreichbar ist. Der zweite Rettungsweg darf auch über eine Rampe führen. Bei oberirdischen Mittel- und Großgaragen, deren Einstellplätze im Mittel nicht mehr als 3 m über der Geländeoberfläche liegen, sind Treppenräume für notwendige Treppen nicht erforderlich.
Von jeder Stelle einer Mittel- und Großgarage muss in demselben Geschoss mindestens ein Treppenraum einer notwendigen Treppe oder, wenn ein Treppenraum nicht erforderlich ist, mindestens eine notwendige Treppe oder ein Ausgang ins Freie bei offenen Mittel- und Großgaragen in einer Entfernung von höchstens 50 m, bei geschlossenen Mittel- und Großgaragen in einer Entfernung von höchstens 30 m erreichbar sein. Die Entfernung ist in der Luftlinie, jedoch nicht durch Bauteile zu messen.
Info: Bei Garagen ist die Verbindung zu Rettungswegen über eine Sicherheitsschleuse zwingend vorgegeben. Die geforderte Sicherheitsschleuse ist schon seit vielen früheren Ausgaben der GarVO ein bewährter Sicherheitsbestandteil. Durch die zwei hintereinander liegenden Feuerschutztüren wird das Eindringen von Rauchgasen in den Rettungsweg deutlich reduziert.

Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen
In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung November 2005 sind im Abschnitt 3 die grundlegenden Voraussetzungen für sichere Flucht- und Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen, z. B. Kunststoffrohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine brandschutztechnische Kapselung durch die Verlegung innerhalb von Unterdecken, Bodenkanälen oder Installationsschächten mit einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Min. (F30) erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, wie gusseiserne Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden.

Brandlasten und Brandklassifizierung
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusammenhang mit dem Brandschutz von Gebäuden verwendet. Unter der Brandlast eines Gegenstandes versteht man die Energie, die bei dessen Verbrennung frei wird und damit bei Schutzmaßnahmen für einen möglichen Gebäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brandlast entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist von der Menge und vom Heizwert der Stoffe abhängig. Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und ist das auf eine bestimmte Grundfläche – z. B. eine Brandabschnittsfläche – bezogene Wärmepotenzial aller vorhandenen brennbaren Stoffe. Eine Lis­te mit „Brandlasten für verschiedene Nutzungen“ steht beispielsweise unter www.bauforumstahl.de zur Verfügung.
Hohe Brandlasten entstehen u. a. schon durch die falsche Auswahl von Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Planungsphase des Gebäudes auf eine Reduzierung unnötiger Brandlasten geachtet werden. Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoffklasse A sollten immer bevorzugt werden.
Bezüglich der Brandlasten in Garagen wird in der Praxis noch häufig mit dem Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (3. aktualisierte und erweiterte Auflage aus dem Jahre 2007) argumentiert, nach dem die Montage von brennbaren Leitungswerkstoffen und deren Dämmung inkl. einer brennbaren Isolierbeschichtung zulässig sei. Das Verhältnis der Brandlasten in Form von Fahrzeugen zu den Leitungsanlagen sei relativ gering. Diese Erläuterung ist mit der Ausgabe des Kommentars zur Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (4. komplett überarbeitete Auflage aus dem Jahre 2011) entfallen.
In Deutschland ist momentan die Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN 13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterliegen, ist eine Brandklassifizierung nach der DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
Info: Bei nichtbrennbaren guss­eisernen Abflussrohrsystemen müssen keine Brandlasten berücksichtigt werden. Beim Werkstoff Polyethylen (PE) entsteht beispielsweise pro kg eine Brandlast von 12 KWh.

Anforderungen aus Sicht der Feuerwehren
Mit der erheblichen Zunahme an Fahrzeugen in den letzten Jahrzehnten nimmt auch die Anzahl und Größe von Garagen zu. Insbesondere unterirdische Garagen – mit sehr tief angeordneten Ebenen – haben zugenommen. Hierdurch haben sich für die Feuerwehren die Anforderungen an den abwehrenden Brandschutz deutlich erhöht. In den letzten Jahren ist eine Zunahme von größeren Brandereignissen in Garagen festzustellen.
Nach Informationen der Feuerwehren werden Garagen häufig für die Installationsführung von sämtlichen Leitungsanlagen des Gebäudes genutzt, ohne dass eine brandschutztechnische Trennung vorgenommen wird. Zunehmend werden auch Anlagen, wie Fettabscheider oder Kühlgeräte, ohne brandschutztechnische Trennung aufgestellt. Zur Minimierung des Gefahrenpotenzials sollte für Garagen, die unter die Garagenverordnungen fallen, immer ein projektspezifisches Brandschutzkonzept erstellt werden.

Zusammenfassung
Garagen stellen aufgrund zahlreicher Zündquellen für eine Brandentstehung, hoher Brandlasten sowie der Gefahr einer schnellen Brandausbreitung ein besonders hohes Gefahrenpotenzial dar. Dies zeigt sich an der deutlich erkennbaren Zunahme von größeren Brandereignissen in Garagen. Aufgrund der Komplexität muss für Garagen, die unter die Garagenverordnungen fallen, ein projektspezifisches Brandschutzkonzept erstellt werden. Das ist die Basis für eine brandschutztechnisch einwandfreie Ausführung der Garage einschließlich der Rettungswege und der Leitungsanlagen.
Brennbare Bau-, Rohrleitungs- und Dämmmaterialien sind erfahrungsgemäß nicht nur an der Entstehung von Bränden beteiligt, sondern unterstützen zusätzlich einen Brand bei seiner Ausbreitung innerhalb der Garage und den angrenzenden Gebäudeteilen. Daher sollte das verwendete Material vorzugsweise aus nichtbrennbaren Werkstoffen der Brandklasse A bestehen. Nichtbrennbare Leitungen, wie gusseiserne Abflussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden.

Autor: Bernd Ishorst, IZEG Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss e.V., Bonn

Bilder, sofern nicht anders angegeben: IZEG

www.izeg.de

 


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